Morbus Castleman
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Morbus Castleman ist eine sehr seltene schwere Erkrankung der Lymphdrüsen, die in Schüben verläuft. Sie wurde 1954 von dem US-amerikanischen Pathologen Benjamin Castleman klassifiziert. Die Krankheit tritt in zwei Formen auf, einer weniger schweren und einer sehr selten auftretenden schweren mit ungünstiger Prognose.
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Was ist Morbus Castleman?
Bei Morbus Castleman handelt es sich um eine Lymphdrüsen-Erkrankung, bei der auch das umliegende Gewebe betroffen ist. Die Lymphknoten wachsen übermäßig stark und bilden Tumore. Je nachdem, ob ein Lymphknoten/eine Gruppe von Lymphknoten oder mehrere einzelne/mehrere Gruppen betroffen sind, unterscheidet die Medizin bei M. Castleman die uni-zentrische (lokalisierte) und die multi-zentrische Form.
Die Wahrscheinlichkeit, die Krankheit zu bekommen, liegt bei 1:100.000 (Patienten/Jahr). Betroffen sind beide Geschlechter. Die Patienten, die an der schweren Form erkrankt sind, haben ein höheres Lebensalter als die mit uni-zentrischem M. Castleman. Letzteres zeigt sich mit wesentlich weniger Symptomen als die schwere Form, die in der Regel mit einer HIV und einer HHV-8 Infektion gekoppelt ist. Menschen mit HIV-Infektion/AIDS haben ein erhöhtes Risiko, die Lymphdrüsen-Erkrankung zu bekommen. Bei ihnen ist die Prognose deutlich ungünstiger.
Ursachen
Bei ihr existieren verschiedene Varianten des Interleukin-6 Rezeptors nebeneinander, die dementsprechend mehr Zellen beeinflussen können. Da mindestens 60 Prozent der Patienten mit dem schweren Krankheitsverlauf zugleich eine HHV-8 Infektion haben, kommt es bei ihnen zur Bildung eines viralen Interleukins, das dem humanen IL-6 ähnelt.
Virales IL-6 ist außerdem der Verursacher der für die multi-zentrische Form von Morbus Castleman typischen Zytokin-Stürme: Es infiziert eine hohe Anzahl von Plasmazellen, die sich meist in der Umgebung der Lymph-Follikel befinden.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Generell gilt, dass die Erkrankung mit großen Schmerzen der befallenen Lymphknoten einhergeht. Bei der einfacheren Form der Krankheit kommt es zu den B-Symptomen unfreiwillige Gewichtsabnahme, Fieber und nächtliche Schweißausbrüche. Außerdem ist der Patient schwach und müde, fühlt Schmerzen in der Brust und im Bauch - je nachdem, welche Region von der Krankheit betroffen ist. Oft ist noch eine leichte Anämie nachweisbar.
Patienten mit der multi-zentrischen Krankheitsform leiden außer an der B-Symptomatik an Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit und haben eine vergrößerte Leber und Milz. Hinzu kommen Atemprobleme, eine Neigung zu Ödemen, starker Eiweißmangel, schwere Anämie, verschiedene Arten von Entzündungen, sowie eine massive Thrombopenie (Blutplättchenmangel).
Auch das POEMS-Syndrom und - (mit)verursacht durch die zugleich vorliegende HIV Infektion – Lymphadenopathie, Kaposi-Sarkom und bösartige Lymphome. Je nach Schwere und Ausmaß der Symptomatik kann es zum Tod durch Multiorganversagen, schwere Infektion und Lymphome kommen.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Morbus Castleman muss differentialdiagnostisch gegen Lymphome und andere schwere Erkrankungen abgegrenzt werden. Insbesondere die schwere Form wird oft für ein Lymphom gehalten. Mithilfe von Ultraschall und CT wird die Größe des befallenen Gebiets eingegrenzt. Lymphdrüsen-Gewebe wird entnommen und histologisch untersucht. Während eines Krankheitsschubs entnommenes Blut zeigt erhöhte IL-6 und CRP-Werte.
Die leichtere Form der Lymphdrüsen-Erkrankung zeigt nicht so ausgeprägte Symptome und leichtere Schübe. Der CRP-Wert ist niedriger als bei schwerem Morbus Castleman. Der multi-zentrische M. Castleman kann sehr unterschiedlich verlaufen. Manche Patienten sind über Jahre stabil, bei anderen schreitet die Krankheit rasch fort, bis sie lebensbedrohlich wird.
Zwischen den Schüben erlebt der Kranke Phasen mit guter Befindlichkeit, normalen CRP-Werten und sogar eine Rückbildung des befallenen Lymphdrüsen-Gewebes. Je länger der Betroffene jedoch mit der Krankheit lebt, desto häufiger kommt es zu Schüben und desto höher ist sein Risiko, ein malignes Lymphom zu entwickeln.
Komplikationen
Der Morbus Castleman führt auch zu Erbrechen und zu einer Übelkeit beim Patienten, wobei auch eine Appetitlosigkeit eintritt. Die Leber und die Milz vergrößern sich, wodurch es in den betroffenen Regionen ebenfalls zu Schmerzen kommen kann. Durch die Anämie sind die Betroffenen müde und abgeschlagen. Auch die Belastbarkeit des Patienten sinkt durch diese Erkrankung deutlich ab.
Ohne Behandlung führt der Morbus Castleman zu Organversagen und damit schließlich auch zum Tode des Patienten. Auch das Immunsystem des Patienten ist durch die Erkrankung geschwächt, sodass es einfacher zu Infekten oder Entzündungen kommt. In der Regel kann ein operativer Eingriff erfolgen, der die Beschwerden behandeln kann. Weiterhin sind die Patienten nicht selten auf eine Strahlentherapie angewiesen. Ob es dabei zu einem vollständig positiven Krankheitsverlauf kommt, kann nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden. Möglicherweise ist auch die Lebenserwartung durch den Morbus Castleman verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn es Probleme an den Lymphknoten gibt, könnte ein Morbus Castleman dahinterstecken. Es wird empfohlen, bei solchen Problemen umgehend einen Arzt aufzusuchen. Er kann entscheiden, ob ein unizentrischer oder ein multizentrischer Morbus Castleman dahinter steckt, oder eine andere Erkrankung, die das Lymphsystem betrifft.
Diese relativ selten auftretende Erkrankung geht mit unspezifischen Symptomen einher. Gleichwohl sind diese bei längerer Dauer oft nicht mit erkältungsbedingten Lymphknotenschwellungen oder Fieber erklärbar. Auch die anhaltend schmerzhaften Lymphknoten und die damit einhergehenden Organvergrößerungen wiesen darauf hin, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte. Der Morbus Castleman tritt meist in Schüben auf. Auch das ist ein Signal dafür, dass nach der Ursache der geschwollenen Lymphdrüsen gesucht werden muss.
Der Arztbesuch sollte bei jedem Verdacht auf eine ernsthafte Erkrankung nicht lange hinausgezögert werden. Die Feststellung eines Morbus Castleman erfordert eine umfangreiche Diagnostik. Zunächst müssen andere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Darunter fallen zum Beispiel Infektionen, Autoimmunerkrankungen oder tumoröses Geschehen.
Ist nur ein Lymphknoten betroffen, kann dieser operativ entfernt werden. Das ist jedoch bei einem multizentrischen Morbus Castleman nicht möglich. Hier ist die therapeutische Bandbreite durch Chemotherapie, Bestrahlungen oder zielgerichtete, multimodale Therapieansätze skizziert. Dabei ist die Prognose für den Morbus Castleman deutlich schlechter, vor allem, wenn gravierende Immunschwächen wie AIDS bestehen.
Behandlung & Therapie
Beim uni-zentrischen Morbus Castleman bestehen gute Chancen auf Heilung, wenn der Betroffene sich den krankhaft vergrößerten Lymphknoten operativ entfernen lässt. Es kommt dann nur selten zum Wiederauftreten der Erkrankung. Ist keine Operation möglich, kann eine Strahlentherapie durchgeführt werden. Gute Behandlungserfolge zeigt der Einsatz monoklonaler Antikörper gegen das humane IL-6 (Siltuximab).
Bei der multi-zentrischen Form ist die Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung wesentlich geringer. Das liegt zum einen an dem breiten Spektrum an Wirkungen, das die Interleukine 6 und 10 auf die Lymphdrüsen-Zellen haben, zum anderen aber auch daran, dass die meisten Patienten mit der schweren Form zugleich noch HIV und HHV-8 infiziert sind und noch zusätzlich Medikamente gegen diese Erkrankungen einnehmen müssen (Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, größere Schwächung des Körpers).
Außerdem können die erkrankten Lymphknoten nicht operativ entfernt werden, da sie sich an mehreren Stellen des Körpers befinden. Meist therapiert die Medizin mehrgleisig: Bei der anti-inflammatorischen Therapie werden Kortikosteroide verabreicht. Mithilfe des monoklonalen Antikörpers Rituximab (entweder mit oder ohne Einnahme von Zytostatika) werden die Zytokin herstellenden Interleukine 6 und 10 eingedämmt und gleichzeitig ihre Signalwege blockiert. Die Symptome werden mit speziellen Medikamenten behandelt (antivirale gegen HHV-8, anti-retrovirale gegen HIV).
Aussicht & Prognose
Die konkrete Prognose bei Morbus Castleman hängt von der vorliegenden Form, dem Verlauf und der gewählten Behandlungsmethode ab. Zudem ist die allgemeine Gesundheit sowie das Vorliegen weiterer Erkrankungen von Bedeutung. Eine sehr günstige Prognose hat die unizentrische Form von Morbus Castleman, wenn der befallene Lymphknoten operativ vollständig entfernt wird oder durch Strahlentherapie zuvor behandelt wird.
Die Gesamtüberlebensrate liegt bei Betroffenen mit dieser Krankheitsform insgesamt bei 90 Prozent. Eine krankheitsfreie Fünfjahres-Überlebensrate zeigt sich bei über 80 Prozent der Patienten. Innerhalb von zehn Jahren sterben weniger als fünf Prozent an einem unizentrischen Morbus Castleman. Etwas schlechtere Prognosen haben Patienten, die mittels Chemotherapie behandelt werden.
Über die multizentrische Form von Morbus Castleman können aufgrund der vielfältigen Krankheitsverläufe und der geringen Fallzahl noch keine konkreten Aussagen bezüglich einer Prognose getroffen werden. Generell sind die Aussichten wesentlich schlechter als bei Patienten mit der unizentrischen Form. Nach der Standardtherapie aus einer Behandlung mit Glucocorticoiden und Chemotherapie erleiden mehr als 50 Prozent der Betroffenen innerhalb von drei Jahren einen Rückfall.
Eine besonders schlechte Prognose haben Patienten, die zusätzlich an HIV leiden. Das krankheitsfreie Überleben liegt bei ihnen nach drei Jahren bei 25 Prozent. Im Durchschnitt starben die Patienten 14 Monate nach der Diagnose.
Vorbeugung
Eine Vorbeugung gegen Morbus Castleman ist nicht möglich, es sei denn, dass schon im Vorfeld eine Infektion mit HHV-8, HIV etc. vermieden wird.
Nachsorge
Die Nachsorge von Morbus Castleman bezieht sich vor allem auf die möglichen Vorsorgemaßnahmen. Sie schließt auch die Behandlung von seelischen Belastungen ein. Die Patienten benötigen eine vertrauensvolle Unterstützung durch die Familienangehörigen und Freunde. Nach dem Abschluss der ersten Therapie hilft körperliche Betätigung bei der Kräftigung des Organismus.
Die Anstrengungen sollten im leichten bis moderaten Bereich bleiben. So stärken sie das Immunsystem und verbessern die gesundheitliche Prognose. Als Sportarten bieten sich Ausdauersport oder Wassergymnastik an. Auch eine Atemtherapie kann dabei helfen, das Wohlbefinden zu optimieren. Zudem ist eine möglichst gesunde Ernährungsweise hilfreich. Vor allem die mediterrane Kost hat sich als gesundheitsfördernd erwiesen.
Für den Genesungsprozess ist es sinnvoll, sich von einem Arzt oder Ernährungsberater helfen zu lassen. Selbstverständlich müssen auch die regelmäßigen Kontrolltermine beim zuständigen Arzt eingehalten werden. So lassen sich eventuelle Komplikationen schon frühzeitig erkennen. Im Bedarfsfall leitet der Arzt spezielle Maßnahmen ein, um eine Verschlechterung des Zustandes zu vermeiden.
Eine direkte Vorbeugung gegen die Erkrankung ist aktuell nicht möglich. Die Patienten können lediglich die Schutzmaßnahmen gegen eine HIV-Infektion verstärken. Auch eine psychologische Betreuung kann sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken.
Das können Sie selbst tun
Wenn Morbus Castleman diagnostiziert wird, stellt dies für die Betroffenen mitunter eine große seelische Belastung dar. Die wichtigste Selbsthilfe-Maßnahme besteht in Gesprächen mit Freunden, Angehörigen und anderen Betroffenen.
Während der Erst-Therapie und nach Abschluss der Behandlung empfiehlt sich körperliche Aktivität. Leichte bis moderate Anstrengung gilt als äußerst wirksam, um die Prognose einer Krebserkrankung zu verbessern. Geeignete Sportarten sind beispielsweise Ausdauersport, Kräftigungsgymnastik oder Wassertherapie. Ebenso bieten sich Atemgymnastik, Yoga, Tai Chi, Aerobic und Beckenbodenübungen an. Als Ausgleich dazu sind auch Schonung und Ruhe wichtig. Bei Morbus Castleman ist außerdem eine gesunde Ernährung essenziell. Insbesondere mediterrane Kost gilt als wichtiger Baustein für Wohlbefinden und Genesung. Betroffene sprechen am besten mit einem Ernährungsberater oder dem zuständigen Arzt.
Nach der Therapie sollte der Körper sorgfältig beobachtet werden. Sollten sich Anzeichen eines Rezidivs zeigen oder anderweitige Komplikationen auftreten, ist der Arzt zu informieren. Im Zweifelsfall muss mit den Beschwerden das nächstgelegene Krankenhaus aufgesucht werden, damit bei ernsten Komplikationen, die gerade in den ersten Monaten nach Abschluss der Therapie auftreten können, sofort die notwendigen Maßnahmen eingeleitet werden können.
Quellen
- Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013