Morbus Whipple

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Morbus Whipple stellt eine sehr seltene Infektionskrankheit des Darms dar, welcher jedoch sekundär auch alle anderen Organe des Körpers betreffen kann. Über die Pathogenese der Erkrankung ist wenig bekannt. Unbehandelt führt Morbus Whipple zum Tod.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Morbus Whipple?

Der Morbus Whipple ist durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Symptomen gekennzeichnet. Primär handelt es sich bei der Erkrankung um eine Dünndarminfektion, welche im weiteren Verlauf auf den gesamten Körper übergreift.
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Morbus Whipple, auch Wipple-Krankheit oder intestinale Lipodystrophie genannt, ist eine durch den Erreger Tropheryma whipplei ausgelöste Infektionskrankheit des Dünndarms. Die Erkrankung wurde von dem amerikanischen Pathologen George Hoyt Whipple (1878 - 1976) erstmalig beschrieben. Erst nach dessen Tod wurde in den Jahren 1991 und 1992 das auslösende Bakterium entdeckt.

Ausgehend vom Darm entwickelt sich die Krankheit zu einem systemischen Leiden mit Beteiligung vieler anderer Organe. Ohne Behandlung ist die Prognose sehr schlecht. Durch allgemeines Organversagen endet sie dann fast immer tödlich. Die Erkrankung kommt jedoch sehr selten vor. Weltweit wurden bisher nur etwa 1000 Fälle beschrieben.

Meist tritt die Erkrankung zwischen dem 40. und 55. Lebensjahr auf, obwohl auch andere Altersgruppen betroffen sein können. Nur Kinder und Jugendliche scheinen von der Infektion verschont zu bleiben. Es wurde festgestellt, dass Männer acht Mal häufiger als Frauen an Morbus Whipple erkranken. Die Ursache dafür ist nicht bekannt. In ländlichen Gebieten wurden die meisten Fälle entdeckt. Eine Weitergabe der Infektion durch Ansteckung findet nicht statt.

Ursachen

Als Ursache für Morbus Whipple gilt die Infektion mit dem Bakterium Tropheryma whipplei. Wahrscheinlich gelangt der Erreger über eine orale Aufnahme in den Darm. Trotz seiner Häufigkeit erkranken jedoch nur sehr wenige Menschen an Morbus Whipple. Das mag daran liegen, dass zu seiner Auslösung noch ein genetischer Defekt Voraussetzung ist. So wird der Erreger zwar von Makrophagen phagozytiert. Aber die Makrophagen bleiben in der Schleimhaut liegen und erzeugen einen Lymphstau. Dabei schwillt die Dünndarmschleimhaut stark an.

In Untersuchungen wurde durch die PAS-Färbung festgestellt, dass die Makrophagen sichelförmige Einschlusskörper enthalten. Auch in anderen Organen werden die phagozytierenden Makrophagen gefunden. Ursache für den Lymphstau ist wahrscheinlich der unvollständige Abbau der eingeschlossenen Erreger. Daher wird ein genetischer Defekt vermutet, welcher die Funktion der Makrophagen einschränkt. Außerdem wurde die Antigenvariante HLA-B27 sehr häufig bei den Erkrankten festgestellt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Der Morbus Whipple ist durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Symptomen gekennzeichnet. Primär handelt es sich bei der Erkrankung um eine Dünndarminfektion, welche im weiteren Verlauf auf den gesamten Körper übergreift. Daher wird zwischen intestinalen und extraintestinalen Symptomen unterschieden. Die intestinalen Symptome sind unter anderem durch Bauchschmerzen, übel riechenden Stuhl, Fettstuhl, Diarrhö, Meteorismus und Gewichtsabnahme gekennzeichnet.

Es treten typische Malabsorptionsmerkmale auf mit Nährstoff-, Vitamin- und Mineralstoffmangel, Muskelschwäche, Anämie und Schleimhautveränderungen auf. Als extraintestinale Symptome finden sich Fieber, Lymphknotenschwellungen, enteropathische Arthritis, Herzinsuffizienz oder sogar Demenz durch eine Beteiligung des Zentralnervensystems.

Die Erkrankung ist fortschreitend und endet ohne Behandlung immer tödlich. Auch nach einer Therapie kann es noch nach Jahren zu Rezidiven kommen. Dabei ist dann meist nicht mehr der Darm betroffen, sondern das Zentralnervensystem und das Gehirn. Deshalb treten die Rückfälle hauptsächlich in Form von neurologischen Ausfällen auf.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Der Morbus Whipple wird über eine endoskopische Abklärung diagnostiziert. Dabei finden sich zahlreiche, weiße Lymphgefäße, die gestaut sind. Auf den Aufnahmen sieht das wie bei einem Schneegestöber aus. Des Weiteren erfolgt eine Biopsie, bei welcher der SPC-Zell-Nachweis mittels PAS-Färbung erfolgt. Radiologisch wird eine palisadenförmige Aufwertung der Kerckringfalten des Dünndarms festgestellt.

Bei der Untersuchung des Stuhls muss zur abschließenden Diagnostik noch der Erreger Tropheryma whipplei gefunden werden. Dieser Erregernachweis gilt als der einzige abschließende Beleg für die Erkrankung. Um die Beteiligung der inneren Organe beurteilen zu können, werden bildgebende Verfahren wie Röntgenuntersuchungen des Darms, Sonografie und CT des Bauchraums, Kernspintomografie des Gehirns oder Ultraschalluntersuchung des Herzens durchgeführt.

Komplikationen

Der Morbus Whipple muss auf jeden Fall von einem Arzt behandelt werden. Ohne Behandlung kann diese Krankheit im schlimmsten Falle zum Tode des Patienten führen. Die Betroffenen leiden dabei in erster Linie an Beschwerden des Darms und des Magens. Es kommt dabei oft zu einem Fettstuhl und zu Schmerzen im Bauch.

Außerdem ist der Stuhlgang oft übelriechend und es kommt zu einer relativ starken Gewichtsabnahme. Der Morbus Whipple führt auch zu einer allgemeinen Müdigkeit und zu einer Muskelschwäche des Betroffenen. Die Patienten leiden an einem Vitaminmangel und an einem Mineralienmangel, welcher sich im Allgemeinen sehr negativ auf die Gesundheit des Patienten auswirken kann.

Weiterhin kommt es zu einer Herzinsuffizienz, die zum Tode führen kann. Auch Symptome einer Demenz können auftreten und dabei die Lebensqualität des Patienten erheblich verringern. Eine Selbstheilung des Morbus Whipple tritt in der Regel nicht auf. Weiterhin wird auch die Motorik des Betroffenen durch die Krankheit eingeschränkt.

Die Behandlung des Morbus Whipple erfolgt mit Hilfe von Antibiotika und führt in vielen Fällen zu einem Erfolg. Komplikationen treten allerdings dann auf, wenn die Behandlung zu spät in Angriff genommen wird und die Erreger sich bereits in andere Organe ausgebreitet haben. Meistens sind die Patienten dann auf eine langwierige Therapie angewiesen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein Arzt ist aufzusuchen, sobald es zu anhaltenden oder wiederholten Unregelmäßigkeiten der Verdauung kommt. Bei Fettstuhl, Verstopfung oder Durchfall benötigt der Betroffene Hilfe. Stellen sich Bauchschmerzen ein oder kommt es zu einer ungewohnten Geräuschentwicklung innerhalb des Verdauungstraktes, ist ein Arztbesuch anzuraten. Eine ungewollte Gewichtsabnahme gilt stets als Warnsignal des Organismus.

Sie muss ärztlich abgeklärt werden, damit es zu keinem akuten gesundheitsbedrohlichen Zustand des Betroffenen kommt. Eine Abnahme der Muskelkraft, eine verminderte Leistungsfähigkeit sowie eine geringe körperliche Belastbarkeit sind untersuchen und behandeln zu lassen. Eine erhöhte Körpertemperatur, Schwellungen der Lymphe und Störungen des Herzrhythmus weisen auf Unregelmäßigkeiten hin, die von einem Arzt begutachtet werden müssen.

Werden Einbußen der geistigen Kompetenzen festgestellt, kommt es zu Orientierungs- sowie Konzentrationsproblemen oder liegt eine Störung der Gedächtnistätigkeit vor, ist ein Arzt zu konsultieren. Schmerzen der Gelenke oder Einschränkungen der Mobilität sind besorgniserregend und Hinweise einer bestehenden Erkrankung mit Handlungsbedarf. Nehmen die vorhandenen Beschwerden an Umfang und Intensität zu oder stellen sich weitere Unregelmäßigkeiten ein, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Da es ohne eine medizinische Behandlung bei Morbus Whipple zu einem vorzeitigen Ableben des Patienten kommt, sollte bereits bei den ersten Anzeichen einer Unstimmigkeit ein Arztbesuch erfolgen.

Behandlung & Therapie

Zur Therapie von Morbus Whipple werden Antibiotika eingesetzt. Dabei haben sich besonders Penicilline, Sulfonamide, Tetrazykline, Cephalosporine oder Makrolide bewährt. Nach einer Woche Behandlung verschwinden bereits viele Beschwerden wie Durchfall und Fieber. Es hat sich jedoch gezeigt, dass es beim Morbus Whipple häufig zu Rezidiven kommt, wobei jedoch meist neurologische Ausfälle auftreten. Das lässt auf eine unvollständige Beseitigung des Erregers schließen.

Der Erreger setzt sich schließlich in fast allen Organen fest und ist durch Antibiotika dadurch immer schwerer erreichbar. Aufgrund der wenigen Erkrankungsfälle liegen auch wenige Erfahrungen für dessen vollständige Bekämpfung vor. Daher wurde dazu übergegangen, die Antibiotikatherapie auf mindestens ein Jahr in der Hoffnung auszudehnen, alle Erreger erreichen zu können. Abschließende Erfahrungen wurden damit noch nicht gemacht.

Vor allem ist unklar, ob die im Gehirn befindlichen Erreger damit auch bekämpft werden können. Es wird von Fällen berichtet, wo noch nach mehreren Jahren wieder neurologische Symptome aufgetreten sind. Parallel zur Antibiotikabehandlung ist es am Anfang notwendig, den Körper schrittweise aufzubauen. Dazu müssen systematisch Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente verabreicht werden.

Um langfristige Erfahrungen zu sammeln, wird heute der Therapieerfolg durch regelmäßige Nachuntersuchungen ständig überwacht. Das erfolgt durch weitere Kontrollendoskopien. Diese Nachuntersuchungen sollten mindestens zehn Jahre lang durchgeführt werden.


Aussicht & Prognose

Die Prognose bei Morbus Whipple hängt von der Behandlung ab. Diese Auszehrung des Körpers durch Malabsorption und Gewichtsverlust endet unbehandelt tödlich. Es dauert allerdings sehr lange, bis ein gesunder Mensch durch diese Infektion so weit geschwächt ist, dass er stirbt. Dies lässt Raum für Behandlungsansätze.

Die Aussicht auf einen Behandlungserfolg hängt maßgeblich von den Antibiotika sowie von eventuellen Resistenzen ab. Wird richtig ge- und behandelt, kann die Infektion erfolgreich bekämpft werden. Im Folgenden muss der Erkrankten seinen Körper wieder aufbauen, was eine gute Ernährung unabdingbar macht.

Die Gefahr bei Morbus Whipple besteht gar nicht so sehr im Krankheitsbild, das als gut behandelbar gilt. Vielmehr wirkt sich eine verspätete Diagnosestellung häufig negativ auf die Prognose aus. Zudem ist es möglich, dass es Jahre nach einer Behandlung zu einem erneuten Ausbruch der Krankheit kommt. Dies liegt dann an noch vorhandenen Bakterienpopulationen, die sich in aller Regel im Gehirn eingenistet haben und dort für Therapien nicht zugänglich sind. Bei solchen Rückfällen kommt es dann auch häufig zu neurologischen Symptomen.

Derweil die Symptome, die durch Morbus Whipple ausgelöst werden, sehr gravierend sind und tödlich enden können, ist bei behandeltem Morbus Whipple die Prognose sehr gut.

Vorbeugung

Bisher können noch keine Empfehlungen zur Vorbeugung vor Morbus Whipple gegeben werden, zumal wahrscheinlich für die Pathogenese der Erkrankung eine genetische Veranlagung vorliegen muss. Der Erreger kommt überall vor und gelangt über die Nahrung in den Körper.

Nachsorge

Den meisten Betroffenen stehen bei Morbus Whipple nur sehr wenige und in der Regel auch nur sehr eingeschränkte Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Aus diesem Grund sollte der Betroffene bei dieser Krankheit idealerweise schon sehr früh einen Arzt aufsuchen, damit es nicht zu anderen Komplikationen und Beschwerden kommt. Es kann dabei im schlimmsten Fall zum Tod des Betroffenen kommen, wenn Morbus Whipple nicht richtig behandelt oder erst spät erkannt wird.

Da es sich dabei um eine genetische bedingte Krankheit handelt, ist eine vollständige Heilung meist nicht möglich. Der Betroffene sollte im Falle eines Kinderwunsches eine genetische Untersuchung und Beratung durchführen lassen, damit die Erkrankung nicht erneut bei den Nachfahren auftreten kann. In der Regel sind die Betroffenen auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen, um die Beschwerden dauerhaft einzuschränken.

Dabei ist häufig auch die Einnahme von Antibiotika notwendig, wobei der Betroffene keinen Alkohol während der Einnahme trinken sollte. Dabei wirkt sich im Allgemeinen auch eine gesunde Lebensweise mit einer ausgewogenen Ernährung sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Krankheit aus. Viele der Betroffenen müssen trotz Behandlung mit einer verringerten Lebenserwartung durch Morbus Whipple rechnen.

Das können Sie selbst tun

Die von einem Morbus Whipple betroffenen Patienten werden möglicherweise sehr lange mit verschiedenen Antibiotika behandelt. Diese Behandlung sollte vom Patienten auch nicht infrage gestellt oder eigenhändig abgebrochen werden, da die Krankheit sonst tödlich verlaufen kann. Allerdings hat eine lange Antibiotika-Therapie auch den Nachteil, dass sie nicht nur gefährliche Keime und Bakterien abtötet, sondern auch gesunde.

Dies gilt auch für die Keime, die sich im Darm befinden und zu einem gut funktionierenden Immunsystem beitragen. Für eine gesunde Darmflora können Morbus Whipple Patienten während ihrer Antibiotika-Behandlung und auch darüber hinaus lebende Mikroorganismen einnehmen, die als sogenannte Probiotika in Apotheken erhältlich sind. Sie sollen den Keimverlust durch die Antibiotika ausgleichen. Auch weniger Stress, ein geregeltes Leben ohne Nikotin und Alkohol, aber mit viel Bewegung und ausreichend Schlaf kann die Heilung vorantreiben. Möglicherweise wird der behandelnde Arzt Vitamine und Mineralstoffe verschreiben, um den während der Erkrankung aufgetretenen Vitamin- und Mineralstoffmangel zu kompensieren.

Dazu trägt additiv natürlich auch eine bewusste Lebensführung bei, zu der eine gesunde, zuckerarme Ernährung gehört. Sie sollte möglichst viele frische, vitaminreiche Lebensmittel wie Obst und Gemüse enthalten, dazu mageres Fleisch, Eier und Ballaststoffe aus natürlichen Vollkornprodukten wie beispielsweise Haferflocken sowie Omega-3-Fettsäuren aus wertvollem Lein- oder Fischöl.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Messmann, H.: Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart 2012

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