Peristaltischer Reflex

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der peristaltische Reflex ist ein Bewegungsreflex im Darm. Der Reflex wird über Druck auf die im Darm ansässigen Mechanorezeptoren ausgelöst. Das Nervensystem des Darms ist relativ autonom, sodass der Reflex auch an einem isolierten Darm noch zu beobachten ist. Bei Erkrankungen wie Diabetes kann der Reflex zum Erliegen kommen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der peristaltische Reflex?

Der peristaltische Reflex ist ein Bewegungsreflex im Darm. Der Reflex wird über Druck auf die im Darm ansässigen Mechanorezeptoren ausgelöst.

Die Bewegungen des Darms werden als Peristaltik bezeichnet. Verschiedene Bewegungsmuster der Peristaltik werden unterschieden. Die sogenannten Schrittmacherzellen des Darms steuern zum Beispiel langsame Potenzialwellen im Sekunden- oder Minutentakt.

Bei der Verdauung tritt nicht-propulsive Peristaltik in Form von ringförmigen Kontraktionen auf. Der Transport des Darminhalts in Richtung Enddarm findet über propulsive Peristaltik statt. Dauerkontraktionen verschiedener Darmbereiche verhindern unterdes das Aufwärtswandern des Darminhalts.

Der peristaltische Reflex ist die Auslösung der charakteristischen Darmperistaltik durch einen Dehnungsreiz. Physiologischerweise gibt der Darminhalt den Dehnungsreiz zur Auslösung der Verdauungsbewegungen. Je voller der Darm wird, desto mehr stimuliert der Darminhalt die sogenannten Mechanorezeptoren der Darmschleimhaut.

Wenn ein Schwellenpotenzial überschritten wird, schütten die enterochromaffinen Zellen in den Darmwänden Serotonin aus. Dabei handelt es sich um einen Botenstoff des enterischen Nervensystems. Das Serotonin erregt die Nervenzellen der Darmwand und löst so Muskelkontraktionen oder Relaxationen aus. Durch den Botenstoff ist der Reflex unabhängig vom Zentralnervensystem und lässt sich auch am isolierten Darm beobachten.

Funktion & Aufgabe

Im menschlichen Organismus gibt es verschiedene, relativ unabhängig voneinander agierende Nervensysteme. Neben dem Zentralnervensystem ist das vegetative Nervensystem zu nennen. Das enterische Nervensystem bildet zusammen mit dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem das vegetative System. Beim enterischen Nervensystem handelt es sich um das autonome Nervensystem des Magen-Darm-Trakts, das in seinem Aufbau dem Gehirn nahekommt. Aus diesem Grund wird der Magen-Darm-Trakt auch als kleines Gehirn bezeichnet.

Extrinsisch sympathische und parasympathische Nervenbahnen überwachen und regulieren die Darmmotorik zwar, jedoch ist letztlich der Magen-Darm-Trakt als einziges Organ auch isoliert vom Zentralnervensystem noch zur Arbeit in der Lage. Sämtliche Motorik der anatomischen Struktur wird dadurch quasi autonom gesteuert.

Die enterische Motorik ist eine Reflexmotorik. Die Verdauung verläuft demzufolge unwillkürlich und unabhängig von eigenen Entscheidungen. Die Aufrechterhaltung aller Verdauungsbewegungen ist Aufgabe des enterischen Nervensystems.

Zu Kommunikationszwecken synthetisieren enterische Nervenzellen mehr als 25 Transmittersubstanzen. Mehr als 1.000 verschiedene Transmitterkombinationen stehen so theoretisch zur Steuerung der Magen-Darm-Motorik zur Verfügung. Rund 30 Populationen fungieren als sensorische Neurone, Motoneurone und Interneurone und beherbergen Neurotransmitter.

Die Hauptfunktionsweise des enterischen Nervensystems ist die synaptisch vermittelte Aktivierung und Hemmung. Schnell erregende postsynaptische Potentiale sind mit der wichtigste Transmissionsmechanismus. Acetylcholin ist der primäre Neurotransmitter im enterischen Nervensystem. Es aktiviert postsynaptische Nervenzellen durch Bindung an nikotinerge Rezeptoren. Serotonin und Adenosintriphosphat beteiligen sich ebenfalls an der Vermittlung. Serotonin bindet sich an 5-HT3-Rezeptoren.

Das enterische Nervensystem reguliert seine Effektorsysteme durch Reflexschaltkreise. Der peristaltische Reflex formt dabei die propulsive Peristaltik. Die IPAN (intrinsische primär afferente Neurone) im enterischen Nervensystem werden durch den mechanischen Druck des Darminhalts oder durch chemische Reize stimuliert und leiten einen Reflexschaltkreis ein, der eine höhergelegene Kontraktion und eine niedriger gelegene Erschlaffung der Zirkulärmuskulatur bewirkt.

Die Projektionspolarität der enterischen Motorneurone stellt das Funktionieren sicher. Hemmende und erregende Motorneurone können durch die IPAN unmittelbar angesteuert werden. Die IPAN können allerdings auch ein zwischengeschaltetes Interneuron zur indirekten Aktivierung nutzen. Die Verschaltung verläuft über Strecken von Millimetern bis Zentimetern. Mehrere dieser Schaltkreise werden unmittelbar nacheinander aktiviert.

Seine Modulation erhält der Transport des Darminhalts, indem synaptische Kontakte zwischen den Schaltkreiselementen eine Aktivierung oder Hemmung erhalten.


Krankheiten & Beschwerden

Pathologische Hyperaktivitäten von hemmenden Nervenzellen im Darm bringen die Darmmuskeln so extrem zur Entspannung, dass annähernd Atonie besteht. Der peristaltische Reflex kommt dabei im Extremfall zum Erliegen. Sogar eine vollständige Lähmung des Darms kann auf diese Weise eintreten. Der peristaltische Reflex lässt sich dann nicht mehr auslösen. Die ansässigen Mechanorezeptoren registrieren auch bei starker Darmwandspannung keine Reize mehr. Auch der gegenteilige Zustand kann Krankheitswert haben, so zum Beispiel bei einer pathologischen Hyperaktivität des Erregungssystems. Eine solche Hyperaktivität hat beschleunigten Transport und Durchfall zur Folge.

Viele Krankheiten des Darms gehen mit einer funktionalen Obstruktion einher. Einige dieser Erkrankungen entstehen auf Basis von neuronaler Degeneration, die unterschiedliche Ausmaße annehmen kann. Eine generalisierte Degeneration betrifft zum Beispiel die hemmenden und erregenden Nervenzellpopulationen des enterischen Nervensystems. Wenn die hemmenden Nerven ausfallen, hat das schwerwiegendere Folgen als ein Ausfall der erregenden Zellen. Die hemmenden Nervenzellen des Darms halten eine Bremswirkung bei der Darmbewegung aufrecht.

Durch den vollständigen Wegfall des inhibitorischen Tonus können Krankheitsbilder wie Morbus Hirschsprung, Achalasie oder Stenosen der Sphinkteren entstehen. Jeder dieser Krankheiten kann in einer lokalen Aganglionose wurzeln. Bei einer Hypoganglionose entstehen intestinale Pseudoobstruktionen. Diese Zusammenhänge spielen zum Beispiel als Ursachen für Dysfunktionen der Chagas-Krankheit und der Zytomegalievirus-Infektion eine Rolle.

Auch Diabetes mellitus kann die enterischen Schaltkreise stören. Die Dysfunktionen äußern sich in diesem Fall vor allem in einer verlangsamten Magenentleerung, die sich bis hin zu einer scheinbaren Parese steigern kann.

Neurologische Erkrankungen wie die Multiple Sklerose greifen nicht das enterische, sondern das zentrale Nervensystem an. Sämtliche damit assoziierten Darmstörungen haben sympathische oder parasympathische Ursache und liegen nicht im Darm selbst.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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