Ranibizumab
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. August 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Ranibizumab ist ein Arzneistoff aus der Wirkstoffklasse der monoklonalen Antikörper, der zur Behandlung der Makuladegeneration genutzt wird.
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Was ist Ranibizumab?
Der Arzneistoff Ranibizumab ist ein monoklonales Antikörperfragment (Fab). Monoklonale Antikörper sind Antikörper, die von einem bestimmten Zellklon produziert werden und nur auf einen einzigen B-Lymphozyten zurückgehen. Vor allem in Diagnostik, Therapie und Forschung spielen die monoklonalen immunologisch aktiven Proteine eine wichtige Rolle, da sie in der Lage sind, eine spezifische Anzahl von Molekülen binden zu können. Eine physiologische Immunantwort besteht hingegen immer aus polyklonalen Antikörpern.
Das Unternehmen Genentech entwickelte und vermarktet den Arzneistoff Ranibizumab. Genentech ist ein Tochterunternehmen der Schweizer Pharmaunternehmen Novartis und Hoffman-La Roche. Die Erstzulassung für den Arzneistoff erfolgte im Jahr 2006 in den USA und in der Schweiz. 2007 ließ die EU-Kommission Ranibizumab für alle Staaten der EU zu. Das alleinige Vertriebsrecht liegt, mit Ausnahme von Nordamerika, auch heute noch bei Novartis.
Die Herstellung von Ranibizumab erfolgt mittels rekombinanter DNA, die aus dem Bakterium E. coli (Escherichia coli) durch gentechnische Veränderungen gewonnen wird. Ranibizumab ist ein Fragment des monoklonalen Antikörpers Bevacizumab und unterbindet die Gefäßneubildung im Auge. Ähnliche Wirkstoffe werden immer häufiger auch in der Krebstherapie eingesetzt.
Pharmakologische Wirkung
Das monoklonale Antikörperfragment Ranibizumab hat eine hohe Affinität zu den Isoformen des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors A (VEGF-A) und bindet sich somit an diese. VEGF-A scheint das Schlüsselmolekül bei der Entstehung der exsudativen altersbedingten Makuladegeneration zu sein. Aufgrund der Bindung durch Ranibizumab werden die Rezeptoren VEGFR-1 und VEGFR-2 auf der Oberfläche der endothelialen Zellen nicht aktiviert.
Da Ranibizumab eine sehr geringe Molekülgröße aufweist, gelangt es durch alle Netzhautschichten hindurch und erreicht so die sogenannte chorioidale Neovaskularisation (CNV). Bei der Makuladegeneration neigen diese Veränderungen zu Blutungen. Ranibizumab verhindert, dass die entsprechenden Rezeptoren aktiviert werden und hemmt so das Wachstum der chorioidalen Neovaskularisation. Als Antikörperfragment reduziert Ranibizumab zudem im Bereich der Netzhaut das Entzündungsrisiko.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Ranibizumab wird zur Behandlung der feuchten altersbezogenen Makuladegeneration (AMD) genutzt. Auch bei einer Sehschärfenverschlechterung im Rahmen des diabetischen Makulaödems wird der Arzneistoff genutzt. Bei der AMD bilden sich unterhalb der Netzhaut sogenannte choroidale Neovaskularisationen aus, die schnell bluten. Im Endstadium wandeln sich Teile der Netzhaut narbig um, sodass oft unterblutete Narben entstehen.
Eine AMD führt schnell zur Leseblindheit. Die Lesefähigkeit nimmt ab, auch das Kontrastempfinden und das Farbensehen sind eingeschränkt. Die Adaption an veränderte Lichtverhältnisse fällt schwer, zeitgleich erhöht sich die Blendungsempfindlichkeit. In schwereren Fällen können auch zentrale Gesichtsfeldausfälle entstehen. Das diabetische Makulaödem entsteht im Rahmen der Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus. Unbehandelt kann dieses Ödem zu starken Sehbeeinträchtigungen oder sogar zum kompletten Sehverlust führen.
Bei beiden Erkrankungen wird Ranibizumab unter örtlicher Betäubung in den Glaskörper des Auges injiziert. Die Dosis beträgt normalerweise 0,05 Milliliter. In den ersten drei Monaten der Behandlung erfolgt monatlich eine Injektion. In der folgenden Phase wird das Präparat nur bei erneutem Sehverlust verabreicht. Beim diabetischen Makulaödem erfolgt hingegen solange eine monatliche Injektion, bis eine maximale Sehschärfe erreicht ist. Da die Anwendung nur unter aseptischen Bedingungen erfolgen sollte, darf ausschließlich ein qualifizierter Augenarzt den Wirkstoff verabreichen.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Ranibizumab, einem monoklonalen Antikörper, der zur Behandlung von Augenerkrankungen wie der feuchten altersbedingten Makuladegeneration (AMD), dem diabetischen Makulaödem (DME) und dem retinalen Venenverschluss eingesetzt wird, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten. Ranibizumab wird intravitreal, das heißt direkt in den Glaskörper des Auges, injiziert. Dies erfordert ein steriles Umfeld und sollte nur von einem erfahrenen Augenarzt durchgeführt werden.
Die Standarddosis beträgt in der Regel 0,5 mg pro Injektion, wobei die Behandlung in monatlichen Intervallen beginnt. Nach den ersten drei Injektionen kann das Intervall je nach Krankheitsverlauf und Ansprechen des Patienten auf die Behandlung verlängert werden. Es ist wichtig, den Patienten regelmäßig zu überwachen und den Behandlungsplan entsprechend anzupassen.
Vor jeder Injektion muss eine gründliche Augenvorbereitung erfolgen, einschließlich einer antiseptischen Reinigung und der Anwendung von Betäubungstropfen. Die Patienten sollten über die Möglichkeit von Nebenwirkungen wie Augenschmerzen, Entzündungen, erhöhtem Augeninnendruck und in seltenen Fällen Endophthalmitis informiert werden.
Eine Überdosierung ist zu vermeiden, da sie das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen erhöhen kann. Es ist daher entscheidend, die empfohlene Dosis genau einzuhalten und den Patienten nach der Injektion zu beobachten, um mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Risiken & Nebenwirkungen
Augenprobleme mit Mouches volantes, Fremdkörpergefühl, Schmerzen und Blutungen gehören zu den häufigsten Nebenwirkungen. Auch eine Erhöhung des Augeninnendrucks mit Kopfschmerzen oder eine arterielle Hypertonie können im Rahmen der Behandlung mit Ranibizumab auftreten. Nur selten kommt es zu Infektionen des Augeninnenraums oder zu Beschädigungen der Netzhaut. Um eine Infektion zu vermeiden, können dem Patienten nach der Behandlung antibiotische Augentropfen verabreicht werden. In seltenen Fällen kann sich nach der Therapie mit Ranibizumab ein grauer Star (Katarakt) entwickeln.
Trotz der eher geringen Nebenwirkungsrate steht die Therapie mit Ranibizumab häufiger in der Kritik. Studien haben die beiden Wirkstoffe Ranibizumab und Bevacizumab miteinander verglichen. Dabei zeigte sich, dass Bevacizumab ebenso wirksam ist wie der deutlich teurere Wirkstoff Ranibizumab. Die Anwendung von Bevacizumab geht zudem mit keinem höheren Risiko oder mehr Nebenwirkungen einher, sodass ein Einsatz des teureren Ranibizumabs eigentlich nicht gerechtfertigt ist.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Ranibizumab betreffen vor allem Patienten mit bestimmten Augenerkrankungen oder systemischen gesundheitlichen Problemen. Eine der Hauptkontraindikationen ist das Vorhandensein einer aktiven oder vermuteten Infektion im oder um das Auge, einschließlich intraokularer Infektionen wie Endophthalmitis. Ranibizumab sollte in solchen Fällen nicht verabreicht werden, da die Injektion das Infektionsrisiko erhöhen oder bestehende Infektionen verschlimmern könnte.
Auch bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber Ranibizumab oder einem der Inhaltsstoffe des Präparats ist die Anwendung kontraindiziert, da es zu schweren allergischen Reaktionen kommen kann, einschließlich anaphylaktischer Reaktionen.
Eine weitere wichtige Kontraindikation ist das Vorliegen einer aktiven intraokularen Entzündung. In solchen Fällen kann die Injektion von Ranibizumab die Entzündung verstärken oder zu weiteren Komplikationen führen.
Zusätzlich sollte bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für Augenkomplikationen, wie z. B. bei vorherigen Augenoperationen oder chronischen Augenerkrankungen, die Anwendung von Ranibizumab sorgfältig abgewogen werden. Diese Patienten müssen engmaschig überwacht werden, um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Schließlich sollte Ranibizumab bei schwangeren Frauen nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden, da die Sicherheit während der Schwangerschaft nicht ausreichend belegt ist.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Ranibizumab wird intravitreal verabreicht, und da es lokal im Auge wirkt, sind systemische Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten selten. Dennoch sollten einige potenzielle Interaktionen berücksichtigt werden, insbesondere bei Patienten, die andere Medikamente einnehmen, die das Blutgerinnungssystem beeinflussen oder das Immunsystem unterdrücken.
Bei Patienten, die Antikoagulanzien (Blutverdünner) oder Thrombozytenaggregationshemmer wie Aspirin oder Clopidogrel einnehmen, könnte das Risiko für Blutungen, insbesondere intraokulare Blutungen, erhöht sein. Obwohl diese Medikamente nicht unbedingt abgesetzt werden müssen, sollte der behandelnde Arzt über die Einnahme informiert sein und das Blutungsrisiko sorgfältig überwachen.
Eine weitere Überlegung betrifft immunsuppressive Medikamente, die bei Patienten verwendet werden, die beispielsweise eine Organtransplantation hatten oder an Autoimmunerkrankungen leiden. Da Ranibizumab das Immunsystem beeinflussen könnte, ist bei gleichzeitiger Anwendung von Immunsuppressiva Vorsicht geboten, da dies das Risiko für Infektionen erhöhen könnte.
Es gibt keine spezifischen Hinweise auf Wechselwirkungen zwischen Ranibizumab und systemischen Arzneimitteln wie Chemotherapeutika oder antiviralen Medikamenten, dennoch sollten Ärzte bei der Verschreibung von Ranibizumab eine umfassende Medikationsliste des Patienten berücksichtigen und den möglichen Einfluss auf die Behandlung und die Gesundheit des Patienten im Auge behalten.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Ranibizumab nicht vertragen wird oder unwirksam ist, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, insbesondere bei der Behandlung von Erkrankungen wie der feuchten altersbedingten Makuladegeneration (AMD) oder dem diabetischen Makulaödem.
Ein häufig verwendeter Alternativwirkstoff ist Aflibercept, ein weiterer VEGF-Inhibitor, der ebenfalls intravitreal injiziert wird. Aflibercept wirkt ähnlich wie Ranibizumab, indem es die Wirkung von VEGF (vascular endothelial growth factor) blockiert, um das Wachstum abnormaler Blutgefäße im Auge zu verhindern. Es kann bei Patienten eingesetzt werden, die auf Ranibizumab nicht ausreichend ansprechen oder Nebenwirkungen entwickeln.
Ein weiteres Alternativmedikament ist Bevacizumab. Obwohl es ursprünglich für die Krebsbehandlung entwickelt wurde, wird es off-label auch zur Behandlung von Augenkrankheiten eingesetzt. Bevacizumab ist kostengünstiger und wirkt ähnlich wie Ranibizumab und Aflibercept.
Neben den VEGF-Inhibitoren können Kortikosteroide wie Dexamethason intravitreal verabreicht werden, insbesondere bei Patienten mit diabetischem Makulaödem. Diese Medikamente wirken entzündungshemmend und reduzieren das Ödem in der Netzhaut.
Für Patienten, die keine Injektionen vertragen, kann Lasertherapie eine Alternative sein. Diese Methode wird insbesondere bei der Behandlung von diabetischer Retinopathie eingesetzt, ist jedoch weniger präzise als die medikamentöse Behandlung.
Die Wahl der alternativen Therapie hängt von der spezifischen Erkrankung, der Schwere der Symptome und der individuellen Patientenreaktion ab. Ein Augenarzt sollte die Optionen sorgfältig abwägen und die bestmögliche Behandlungsstrategie empfehlen.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor