Rasch progrediente Glomerulonephritis
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die rasch progrediente Glomerulonephritis (Crescentic Glomerulonephritis) ist eine Form der Glomerulonephritis. Sie ist durch ihren schnell fortschreitenden Verlauf charakterisiert.
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Was ist eine rasch progrediente Glomerulonephritis?
Die Glomerulonephritis ist eine abakterielle Entzündung, die in der Regel beide Nieren betrifft. Bei der rasch progredienten Glomerulonephritis (RPGN) treten die typischen Symptome der Nierenentzündung auf. Allerdings verschlimmern sich die Beschwerden bei dieser Form sehr rasch, sodass es innerhalb kürzester Zeit zum Nierenversagen kommen kann.
Die rasch progrediente Glomerulonephritis ist deshalb ein Notfall, der eine schnelle intensivmedizinische Behandlung erfordert. Anhand ihrer Ursachen lässt sich die rasch progrediente Glomerulonephritis in drei Typen unterteilen.
Ursachen
Häufiger entsteht eine rasch progrediente Glomerulonephritis durch die Ablagerung von Immunkomplexen. Ein Immunkomplex ist ein Komplex aus einem Antikörper und einem Antigen. Er entsteht durch eine Antigen-Antikörper-Reaktion. Meistens entwickeln sich diese Antigen-Antikörper-Komplexe bei Infekten. Sie zirkulieren im Blut und lagern sich dann an der Basalmembran der Nierenkörperchen ab.
Dort verursachen sie eine Immunreaktion mit nachfolgender Entzündung. Dieser Typ entwickelt sich auch häufig im Rahmen von Autoimmunerkrankungen. Ein Beispiel für eine solche Autoimmunerkrankung mit Nierenbeteiligung ist der Lupus Erythematodes. Bei 44 Prozent aller Patienten mit einer rasch progredienten Glomerulonephritis fehlen Immunkomplexe und Antikörper. Dieser Typ der RPGN wird auch pauci-immune-nephritis genannt.
Die genauen Pathomechanismen sind hier noch unbekannt. Ein Teil der Patienten leidet aber unter autoimmunbedingten chronischen Gefäßentzündungen wie Morbus Wegener oder der mikroskopischen Polyangiitis. Entzündungen der Glomeruli sind in jedem Lebensalter möglich. Während sich die postinfektiöse Glomerulonephritis eher bei jüngeren Patienten zeigt, ist die rasch progrediente Glomerulonephritis typisch für Patienten höheren Lebensalters.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Charakteristisch für eine RPGN ist Makrohämaturie. Bei der Makrohämaturie wird Blut mit dem Urin ausgeschieden. Dieses ist mit bloßem Auge sichtbar. Der Urin ist also rötlich gefärbt. Durch die Schädigung der Nierenkörperchen kommt es zum sogenannten nephrotischen Syndrom. Dabei besteht eine Proteinurie. Die Patienten scheiden also vermehrt Eiweiße mit dem Urin aus.
Aufgrund des Eiweißmangels sammelt sich Flüssigkeit in den Geweben an, sodass Ödeme entstehen. Die Ödeme treten bevorzugt an den Unterschenkeln und an den Augenlidern auf. Den Eiweißverlust versucht der Körper durch eine vermehrte Produktion von Hyperlipoproteinen auszugleichen. Deshalb entsteht eine Hyperlipoproteinämie mit erhöhten Triglycerid- und Cholesterinwerten. Die dazugehörigen Lipoproteine sind ebenfalls erhöht.
Im Rahmen der rasch progredienten Glomerulonephritis kommt es auch zu einem Anstieg des Blutdrucks (Hypertonie). Im Gegensatz zur normalen Glomerulonephritis kommt es bei der rasch progredienten Glomerulonephritis fast immer zu einer Erhöhung der Retentionswerte. Die Retentionswerte sind die Nierenwerte, die die Funktionsfähigkeit der Niere widerspiegeln. Dazu gehören Kreatinin, die Kreatinin-Clearance, Harnstoff und Cystatin C.
Bei der RPGN steigen die Retentionswerte schnell an, da die Niere innerhalb kürzester Zeit schwer geschädigt wird. Eventuell kommt es zu einem kompletten Harnverhalt. Es droht die Niereninsuffizienz. Bei einer terminalen Niereninsuffizienz müssen die Patienten zur Dialyse. Es entwickelt sich eine Urämie mit Symptomen wie Kopfschmerzen, Erbrechen, Benommenheit, Anämie oder Herzinsuffizienz.
Bei komplizierten Verläufen der RPGN kann sich zudem ein Lungenödem ausbilden. Dabei tritt Flüssigkeit in die Lungenbläschen ein. Die betroffenen Patienten leiden dann unter starker Atemnot.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Bei Verdacht auf eine rasch progrediente Glomerulonephritis wird zunächst ein Urinstatus erstellt. Im Urin finden sich Blutkörperchen und Eiweiße. Mithilfe von serologischen Verfahren wird nach antinukleären Faktoren wie ANF, ANCA und nach Antibasalmembran-Antikörpern gesucht. Zur Sicherung der Niere wird eine Nierenbiopsie durchgeführt.
Dabei werden Zellen aus der Niere entnommen und anschließend histologisch durch einen Pathologen untersucht. Dabei zeigen sich eine Nekrose und eine Thrombose der Glomeruli. Die Endothelzellen, die Podozyten und das Mesangium sind vergrößert. Zudem können halbmondförmige fibrinöse Herde in der Struktur der Glomeruli gefunden werden. Innerhalb der entstandenen Läsionen können T-Zellen und Fresszellen nachgewiesen werden.
Patienten, bei denen weniger als 80 Prozent der Glomeruli halbmondförmige Veränderungen aufweisen, haben bessere Prognosen. Eine deutliche Verbesserung der Prognose kann zudem durch eine frühe Therapie erreicht werden. Ohne eine rechtzeitige Therapie endet die rasch progrediente Glomerulonephritis fast immer in einer chronischen Niereninsuffizienz. Schlimmstenfalls sind lebenslange Dialysen oder eine Nierentransplantation nötig.
Komplikationen
Die rasch progrediente Glomerulonephritis stellt einen medizinischen Notfall dar, der unbehandelt zu einer schweren Niereninsuffizienz führt. Es handelt sich bereits um eine Komplikation bestimmter Autoimmunerkrankungen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass das körpereigene Immunsystem Nierengewebe angreift. Oft ist die Erkrankung ein Teil einer systemischen Störung.
Daher sind häufig auch andere Organe wie unter anderem die Lunge am Krankheitsprozess beteiligt. Die wichtigste Komplikation der rasch progredienten Glomerulonephritis besteht in der schnellen Verschlechterung der Nierenfunktion. Das kann innerhalb von Tagen, Wochen oder Monaten geschehen. Bei einem zu späten Einsetzen der Therapie droht immer die Dialysepflichtigkeit oder gar der völlige Ausfall der Nieren. Dann wird eine Nierentransplantation notwendig.
Den schwersten Verlauf zeigt das sogenannte Goodpasture-Syndrom, bei welchem Antikörper sowohl gegen die Glomeruli als auch gegen Lungenalveolen gebildet werden. Dabei werden gleichzeitig Nieren- und Lungengewebe zerstört. Diese Form der rasch progredienten Glomerulonephritis führt unbehandelt innerhalb weniger Tage zum Tod. Das Goodpasture-Syndrom ist von einer besonders schnellen Einschränkung der Nierenfunktion gekennzeichnet, Lungeninfiltraten und Bluthusten gekennzeichnet.
Bei einer rasch progredienten Glomerulonephritis kann es auch zu schwerem Bluthochdruck und Hyperkaliämie kommen. Der Tod kann sowohl durch Nieren- oder Lungenversagen als auch durch die Folgen von Bluthochdruck und Hyperkaliämie eintreten. Je nach Stärke der Hyperkaliämie treten Lähmungen, Azidose, Darmverschluss, verschiedene zentralnervöse Störungen bis zu schweren Herzrhythmusstörungen mit Herzstillstand oder gar plötzlicher Herztod ein.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei dieser Art der Glomerulonephritis sollte immer ein Arzt aufgesucht werden. Diese Krankheit kann nicht mit Mitteln der Selbsthilfe behandelt werden, sodass der Betroffene immer auf eine ärztliche Behandlung angewiesen ist. In der Regel ist ein Arzt dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an den deutlichen Anzeichen eines Eiweißmangels leidet. Dabei kann es zur Bildung von Ödemen kommen, welche die Ästhetik des Betroffenen beeinträchtigen können. Ebenso kann es zu einem starken Anstieg des Blutdruckes kommen, welcher ebenfalls auf die Glomerulonephritis hindeuten kann.
Die Betroffenen können im schlimmsten Falle auch eine Niereninsuffizienz erleiden. Nicht selten deuten auch eine starke Benommenheit oder ein Blutmangel auf diese Glomerulonephritis hin. Treten diese Beschwerden länger auf, so muss ein Arzt aufgesucht werden. Dadurch können weitere Beschwerden am Herzen vermieden werden, die tödlich ausgehen können. Die Erkrankung wird durch einen Internisten behandelt. Unter Umständen schränkt die Glomerulonephritis auch die Lebenserwartung des Betroffenen ein.
Behandlung & Therapie
Die rasch progrediente Glomerulonephritis ist ein Notfall und muss umgehend behandelt werden. In der Regel ist bei Therapiebeginn die Ursache der Erkrankung noch nicht bekannt. Patienten mit einer Typ-1-RPGN profitieren von der Plasmapherese. Dabei erfolgt ein Plasmaaustausch. Hier werden die schädlichen Antikörper aus dem Blutplasma entfernt. Dadurch kann der Entzündungsprozess häufig gestoppt werden.
Falls Patienten eine Anurie entwickeln, kann eine vorübergehende Dialyse erforderlich sein. Während die einfache Glomerulonephritis gut auf eine Therapie mit Glukokortikoiden anspricht, ist eine Monotherapie mit Glukokortikoiden bei der RPGN nicht erfolgsversprechend. Meistens ist eine zusätzliche Gabe von Zytostatika und Immunsuppressiva nötig.
Vorbeugung
Da die genauen Entstehungsmechanismen der rasch progredienten Glomerulonephritis noch unbekannt sind, kann die Erkrankung nicht verhindert werden. Eine frühzeitige Diagnosestellung ist aufgrund des schnellen und schweren Verlaufs sehr wichtig.
Nachsorge
Der Verlauf der rasch progredienten Glomerulonephritis lässt sich in der Nachsorge sowie bei der Vorbeugung durch eine Ernährungsumstellung verbessern. Die Patienten können mit ausgewogener Kost und ausreichend Flüssigkeit die Gefahr der Niereninsuffizienz verringern. Dabei ist ein enge Absprache mit dem Arzt hilfreich. Die regelmäßigen Untersuchungstermine dienen dazu, eventuelle Komplikationen schnell zu erkennen.
Das ist eine wichtige Basis für frühzeitige Reaktionen. Im Anschluss an die eigentliche Therapie ist ein gesundheitsbewusster Umgang sinnvoll. Dazu gehört die Einnahme der empfohlenen Medikamente. Auch weitere Maßnahmen zur Regulierung des Blutdrucks unterstützen die Nachsorge. Während der Phase der Genesung ist eine Krankengymnastik hilfreich. Diese regt den Stoffwechsel an und lindert dadurch gleichzeitig die Beschwerden.
Wenn wegen einer bereits fortgeschrittenen Erkrankung eine Nierentransplantation stattgefunden hat, sollten sich die Patienten anschließend schonen. Die ärztlich empfohlene Bettruhe ist in diesem Fall unbedingt einzuhalten. Auch eine gute Körperhygiene gehört zur umfassenden Nachbehandlung dazu.
Bei der Überlegung, ob Medikamente aus der Naturheilkunde gegen die Schmerzen helfen, sollte unbedingt der Arzt konsultiert werden. Die Fachärzte kennen sich mit der Wirkungsweise der alternativen Schmerzmittel aus. Darum ist es auch sehr wichtig, sich stets an die ärztlichen Ratschläge zu halten.
Das können Sie selbst tun
Die rasch progrediente Glomerulonephritis muss in jedem Fall von einem Arzt behandelt werden. Die medizinische Therapie kann von den Patienten durch diverse Maßnahmen zur Selbsthilfe begleitet werden. Wichtig ist zunächst eine Umstellung der Ernährung. Durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung kann die drohende chronische Niereninsuffizienz unter Umständen noch abgewendet werden.
Zudem muss der Patient regelmäßig den Arzt konsultieren, um sicherzustellen, dass die Erkrankung keinen schweren Verlauf nimmt bzw. damit bei schwerwiegenden Komplikationen sofort die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden können. Regelmäßiges Trinken sowie die Einnahme von Medikamenten, die den Blutdruck und die Blutdicke regulieren sind ebenso wichtig für eine rasche Genesung. Selbst können die Betroffenen auch Krankengymnastik betreiben, um den Stoffwechsel anzukurbeln und dadurch die Schmerzen zu lindern.
Bei einer fortgeschrittenen Erkrankung ist unter Umständen nur noch eine Nierentransplantation möglich. Nach einem operativen Eingriff gelten Bettruhe und Schonung. Außerdem muss auf eine strikte Körperhygiene geachtet werden, damit sich die Operationswunde nicht entzündet. In Rücksprache mit dem Arzt können alternative Schmerzmittel aus dem Bereich der Naturheilkunde eingenommen werden, zum Beispiel Teufelskralle oder Baldrianpräparate.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013