Seneszenz

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Seneszenz beschreibt den degenerativen Prozess, der mit dem natürlichen Altern einhergeht. Sie ist kein Synonym für das Altern selbst, sondern umfasst lediglich dessen degenerative Aspekte.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Seneszenz?

Die Seneszenz beschreibt den degenerativen Prozess, der mit dem natürlichen Altern einhergeht.

Jedes Lebewesen altert. Der Alterungsprozess geht mit der Seneszenz seiner Zellen einher: das bedeutet, sie teilen sich nicht mehr so stark wie am Anfang ihres Lebenszyklus. Ein junger Mensch erlebt noch eine schnelle Wundheilung, Wachstum und Reifung diverser Organe, unter anderem liegt das an der starken Zellteilungsaktivität. Im Alter dagegen erreicht der Mensch einen Punkt, an dem die Wundheilung verlangsamt ist und sogar degenerative Krankheiten auftreten, die meist auf ein geringeres Zellwachstum und somit auf strukturelle Schwächen zurückzuführen sind.

Dieser degenerative Prozess ist die Seneszenz. Von Seneszenz beim Menschen wird allerdings nur dann gesprochen, wenn durch die natürliche (Zell-)Alterung degenerative Entwicklungen in dem Ausmaß zum Tragen kommen, dass der Mensch darunter leidet oder erkrankt. Typische Folgen der Seneszenz sind etwa Osteoporose, die Anreicherung des Pigmentes Lipofuszin ("Altersflecken") oder die höhere Sterblichkeitsrate im Alter durch derartige degenerative Prozesse im Körper.

Meist beginnen die Prozesse der Seneszenz knapp nach dem Ende der reproduktiven Phase, da dann wichtige Hormone wegfallen. Zwischen Alterung und Seneszenz lässt sich nicht immer klar unterscheiden.

Funktion & Aufgabe

Jedes Lebewesen hat eine unterschiedliche Lebensspanne, die abhängig vom Lebenswandel und Einflüssen während seiner Lebenszeit sowie möglichen lebensbedrohlichen Krankheiten ist. Beim Menschen lag diese Lebensspanne deswegen in früheren Jahrhunderten und Jahrtausend bei rund 30 Jahren - mittlerweile gibt es viele Menschen, die über 100 Jahre alt werden.

Auf die individuelle Lebensspanne wirkt sich die Seneszenz aus. Sie ist somit weniger als nützliche Entwicklung für das Individuum zu betrachten, sondern trägt vielmehr im evolutionären Sinne dazu bei, dass Lebewesen sterben. Wären Menschen unsterblich, könnten sie zwar ihre Gene weitergeben, also möglicherweise lebenstüchtigere Nachkommen zeugen, bald wäre jedoch nicht mehr genug Lebensraum für alle Nachkommen und Elterngenerationen auf der Erde.

Das Altern selbst führt nicht zwingend zum Tod. Seneszenz als Bestandteil des Alterungsprozesses dagegen führt die degenerativen Prozesse herbei, die im altersbedingten Tod enden können. Zusammen mit Krankheiten, die entweder durch die körperliche Schwächung der Seneszenz oder aus anderen Gründen im Alter auftreten, ist die Seneszenz langfristig betrachtet eine der häufigsten Todesursachen alter und alternder Menschen.

Aufzuhalten ist sie nicht, allerdings ist es mit den Methoden der modernen Medizin möglich, Degenerationen durch die Seneszenz positiv zu beeinflussen und alternden Menschen damit mehr Lebensqualität zu sichern. Lebenserhaltende und palliative Maßnahmen können am Ende des Lebens Symptome degenerativer Vorgänge lindern und Schmerzfreiheit gewährleisten.

Mit der Behandlung der Folgen der Seneszenz befasst sich ein eigener Zweig der Medizin, die Geriatrie. Sie ist ausschließlich für seneszenzbedingte Erkrankungen bei alten Patienten zuständig und übernimmt daher auch in der psychologischen Betreuung des alternden Patienten eine wichtige Rolle.

Eine möglicherweise positive Perspektive bietet die Seneszenz in der Krebsforschung. Krebszellen teilen sich schnell, schneller als gesunde Zellen. Wenn es gelänge die Zellteilung, wie in der Seneszenz, zu entschleunigen, könnten bereits entstandene Tumore so umprogrammiert werden, dass sie sich nicht teilen. Der Krebs könnte gewissermaßen mithilfe der Seneszenz "eingefroren" werden.


Krankheiten & Beschwerden

Da die Seneszenz ein degenerativer und nicht vollständig aufzuhaltender, aber natürlicher Prozess im Kreislauf des Lebens ist, darf sie nicht als heilbares Phänomen betrachtet werden. Die Seneszenz selbst ist keine Krankheit. Lediglich ihre Ausprägungen können Krankheitswert erhalten oder sogar tödlich enden, während andere keinerlei medizinisch relevante Beschwerden nach sich ziehen.

Zu den harmloseren Erscheinungen der Seneszenz gehören etwa die Hautalterung. Bestimmte Bindegewebszellen teilen sich nach einer bestimmten Anzahl an Zellteilungen nicht weiter, das Bindegewebe der Haut wird schwächer, kann weniger Feuchtigkeit speichern - Fältchen entstehen. Bei alten Menschen sind häufig auch fleckige Verfärbungen der Haut zu erkennen: sie ergeben sich daraus, dass das Pigment Lipofuszin nicht mehr abgebaut werden kann und sich demzufolge sichtbar in der Haut anreichert. Aus ästhetischen Gesichtspunkten mag das alles möglicherweise unangenehm und belastend sein, jedoch ist es medizinisch noch relevant.

Komplizierter sind die Verringerung der Immunaktivität, die in häufigeren und schlimmeren Infektionen endet, die Verringerung bis hin zum Verlust der Sehkraft oder die Erschlaffung der Muskulatur, die den Menschen insgesamt schwächt, da auch innere Muskeln wie der Herzmuskel davon betroffen sein können. Derartige Folgen der Seneszenz können in schweren Krankheiten enden und letztlich auch den Tod des alternden Menschen einleiten.

Aufzuhalten oder zu heilen wären derartige Prozesse nur, wenn die zuständigen Zellen wieder zur Zellteilung bewegt werden könnten. Da das jedoch nicht möglich ist, spielt in der Geriatrie die palliative und lebenserhaltende Medizin eine große Rolle. Schmerzbehandlungen und Medikamente, die die Folgen der Seneszenz zumindest verzögern und somit das Leben länger erhalten, sind dabei die wichtigsten Garanten für eine möglichst hohe Lebensqualität trotz Seneszenz.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016

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