Steppergang

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Steppergang ist eine typische Gangbildveränderung infolge einer Lähmung der Fußheber. Dieser kompensatorische Bewegungsvorgang kann durch viele Erkrankungen und Schädigungen hervorgerufen werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Steppergang?

Der Steppergang ist eine typische Gangbildveränderung infolge einer Lähmung der Fußheber.

Der Steppergang tritt auf, wenn die Fußheber (Dorsalextensoren) aufgrund von neurologischen Erkrankungen oder Läsionen ausfallen. Es tritt eine Gangbildveränderung auf, die gekennzeichnet ist durch einen Kompensationsmechanismus, mit dem die fehlende Funktion der gelähmten Muskeln ausgeglichen wird.

Wenn die Fußheber nicht mehr versorgt werden, kann der Fuß beim Gehen nicht mehr angehoben werden, er hängt dann schlaff nach unten und die Zehen schleifen in der Schwungbeinphase über den Boden. Um diesen Vorgang zu vermeiden, heben die betroffenen Menschen die Beine so weit an, dass die Zehen in der Luft schweben. Das vermehrte Anheben geschieht vorwiegend durch eine verstärkte Hüftbeugung.

Der zweite Aspekt, der diese Gangbildveränderung prägt, ist beim Aufsetzen der Füße zu beobachten und bei entsprechendem Schuhwerk auch zu hören. Die Standbeinphase kann nicht wie normal mit dem Aufsetzen der Ferse eingeleitet werde. Vielmehr platscht der Fuß mit dem vorderen Bereich, manchmal auch mit der gesamten Fußsohle auf den Boden.

Üblicherweise wird der Begriff Steppergang nur benutzt, wenn beide Beine betroffen sind. Ein einseitiger Ausfall löst jedoch die gleichen Veränderungen unilateral aus.

Funktion & Aufgabe

Der Steppergang ist ein Schutzmechanismus, der die Sturzgefahr beim Gehen reduzieren soll, insbesondere wenn die motorischen Ausfälle von sensiblen Störungen begleitet werden. Bei manchen Erkrankungen, die die schlaffe Lähmung der Fußheber verursachen, kann auch die Oberflächen- und Tiefensensibilität betroffen sein. In beiden Fällen werden keine oder weniger Informationen über die Gegebenheiten am Fuß von den Rezeptoren zum Zentralnervensystem gesendet. Die Erkrankten spüren nicht, dass der Fuß über den Boden schleift und sie erhalten keine Informationen, in welcher Stellung der Fuß sich in den Gelenken und im Raum befindet.

Gerade in der Anfangsphase, wenn andere Sinne, insbesondere der Sehsinn, die kompensatorische Orientierung noch nicht übernommen haben, ist die Sturzgefahr infolge der sensiblen und motorischen Defizite sehr groß. Durch das Anheben der Beine wird die Gefahr, dass der Fuß beim Gehen hängenbleibt, reduziert und die Sorge zu fallen sinkt.

Die Gangmodifikation hat auch den Zweck, dass der Bewegungsablauf unter den gegebenen Umständen so flüssig und schnell wie möglich absolviert werden kann. Wenn ein Fuß in jeder Schwungbeinphase mit den Zehen über den Boden gezogen wird, behindert dies den Gangfluss und das Gangtempo enorm und die Anstrengung steigt. Dennoch wird in der Regel das normale Gangtempo nicht mehr erreicht, aufgrund der veränderten motorischen Abläufe und da die Bewegungen mit deutlich mehr Bedacht ausgeführt werden. Der Gangautomatismus ist gestört.

Ein weiterer Aspekt, der ebenfalls eine Rolle für das betonte Anheben des Beines spielt, ist das unangenehme Gefühl, das entsteht, wenn der Schuh über den Boden gezogen und beschädigt wird.

Die Kompensationsmöglichkeiten durch den Steppergang geraten beim Bergauf- oder Treppauf-Gehen an ihre Grenzen. Die Höhe, die bei diesen Anforderungen überwunden werden muss, erfordert bereits eine vermehrte Hüftbeugung, die in steilem Gelände auch bei normaler Funktion der Fußheber schon fast komplett ausgereizt wird.


Krankheiten & Beschwerden

Der Ausfall der Fußheber kann verschiedene Ursachen haben. Eine Druckschädigung des Nervus fibularis communis, der ein Ast des Nervus ischiadicus ist und die Dorsalextensoren versorgt, kommt häufig beim Anlegen eines zu festen Gipsverbandes am Unterschenkel vor. Die Beeinträchtigung wird häufig zu spät bemerkt, so dass der Nerv irreversibel geschädigt ist und die motorische Beeinträchtigung nicht rückgängig gemacht werden kann. Infolge von äußerer Gewalteinwirkung oder Fehlern bei Beinoperationen kann es ebenfalls zur Verletzung der Nervenstrukturen und einer vorübergehenden oder bleibenden Lähmung der versorgten Muskeln kommen. Die Folgen der beschriebenen Schädigungen sind rein motorisch und betreffen in der Regel nur eine Seite, so dass ein halber Steppergang entsteht.

Die Polyneuropathie ist eine Erkrankung, die durch Diabetes, vermehrten Alkoholkonsum, Medikamentenmissbrauch oder andere Faktoren verursacht wird. Sie greift sowohl die motorischen als auch die sensiblen Äste von Nerven an und zerstört die schützende Isolierschicht. Dadurch gehen die Impulse zu den Muskeln und die Informationen von den Rezeptoren zum Rückenmark teilweise oder komplett verloren. Die Erkrankung betrifft häufig den Fuß und seine Umgebung und verursacht durch den schleichenden Ausfall der Fußmuskulatur und der Sensibilität eine zunehmende Gangunsicherheit, die eine Zeit lang durch einen gemäßigten Steppergang kompensiert werden kann.

Die Kinderlähmung (Poliomyelitis), die in Europa meist nur noch bei älteren Menschen zu beobachten ist, kann ebenfalls die Fußheber betreffen. Sie ist eine entzündliche Erkrankung, die durch das Poliovirus ausgelöst wird. Dies kann Folgen für das zentrale Nervensystem, aber auch für das 2. Motoneuron haben (die schnelle Nervenleitung, die die Bewegungsimpulse vom Rückenmark zu den Muskeln transportiert).

Ein Ausfall bestimmter Äste führt zur beidseitigen Lähmung der Fußmuskulatur und somit auch der Fußheber.

Seltene Muskelerkrankungen, wie die genetisch bedingten neuralen Muskelatrophien oder die myotone Dystrophie betreffen ebenfalls die Fußheber und führen meist schleichend zu einem Muskelschwund, der sich auf das Gangbild auswirkt. Gerade bei diesen Krankheiten tritt der doppelseitige Steppergang auf.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Krämer, J., Grifka, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Berlin 2013
  • Niethardt, F.U.: Kinderorthopädie. Thieme, Stuttgart 2009

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