Abacavir

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 17. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Abacavir ist ein Arzneistoff, der die Vermehrung und Freisetzung von Viren hemmt. Speziell Abacavir wird als Virostatikum bei HIV-erkrankten Patienten angewendet. Es handelt sich dabei um ein Element im Rahmen einer Kombinationstherapie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Abacavir?

Abacavir ist ein Arzneistoff, der die Vermehrung und Freisetzung von Viren hemmt. Speziell Abacavir wird als Virostatikum bei HIV-erkrankten Patienten angewendet.

GlaxoSmithKline plc. (GSK) ist als britisches Pharmaunternehmen der Hersteller des Arzneistoffes Abacavir. Als Bestandteil einer antiretroviralen Kombinationstherapie werden damit HIV-1 erkrankte Menschen behandelt.

Abacavir gehört zur Gruppe der nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI). Es handelt sich dabei um Nukleosidanalogon. Das ähnelt dem natürlichen Nukleosiden. Sie setzen in ihrer Wirkung bei dem Enzym Reverse Transkriptase an. Dieses Enzym ist Bestandteil von Retroviren und schreibt das virale RNA-Genom in DNA um.

Abacavir konkurriert mit den natürlichen Nukleosiden. Allerdings besitzt es keine 3te-Hydroxylgruppe. Somit kann auch keine Kettenverlängerung stattfinden. Die Therapie mit Abacavir darf nur nach einem Gentest begonnen werden, da bei einem bestimmten Genmarker (HLA-BSternchen5701) lebensbedrohliche Reaktionen möglich sind.

Pharmakologische Wirkung

Abacavir ist ein Nukleosidanalagon. Es fehlt die 3te-Hydroxylgruppe. Dadurch wird die Kettenverlängerung bei der Transkription verhindert. Unter Transkription wird der biologische Prozess beschrieben, bei dem genetische Information von den DNA-Strängen auf die RNA übertragen wird.

Die Basensequenzen von RNA und DNA müssen dafür komplementär sein. Die Transkription wird dann im Zellkern katalysiert. Abacavir wirkt dagegen. Es hemmt die virale Neubildung. Pharmakodynamisch wird Abacavir zuerst in ein Triphosphat umgewandelt. Das sind chemisch synthetisierte Equivalente der Phosphorsäure. Weiterhin wird der Basenanteil durch körpereigene Enzymsysteme biochemisch umgebaut beziehungsweise abgebaut. Es entsteht ein biochemisch aktives Stoffwechselprodukt.

Dieses Stoffwechselprodukt (Carborvir-triphosphat) hemmt die Kettenverlängerung und blockiert somit die Transkription. Neben der Manipulation der Transkriptase kommt es auch zu einer Beendigung der DNA-Kettenbildung. Die fehlende Hydroxylgruppe verhindert eine Verknüpfung nach 2 Seiten. Die Behandlung mit Abacavir oder eine Kombination aus NRTI senkt die Viruslast.

Gleichzeitig wird eine Vermehrung der CD4- Zellzahl verursacht. Nach wissenschaftlichen Studien bremst die Anwendung von Abacavir das Fortschreiten der Immunschwäche, vermindert AIDS-typische Infektionen und wirkt somit deutlich lebensverlängernd. Nach anderen Studienergebnissen verliert sich jedoch der Nutzen mit der Zeit. Das liegt an der Wandlungsfähigkeit des H-Virus.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Abacavir ist ein synthetisches Molekül, das entsprechende Hemmaktivitäten gegen die Immunschwäche AIDS im Körper aufbaut. Der Abbau von Abacavir im Körper erfolgt nicht durch das Cytochrom-P450-System, sondern durch Alkoholdehydrogenase und weiterhin durch Glucuronyl - Transferase.

Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln werden dadurch weitestgehend vermieden. In vitro zeigt Abacavir eine gute Wirksamkeit gegen HIV-1 und kann in seiner Wirkung mittels Amprenavir, Nevirapin und Zidovudin verstärkt werden. Auch kombinierte Arzneistoffe, wie beispielsweise Lamivudin und Stavudin, verstärken die Wirkung deutlich. Nur langsam entwickelt sich die virale Resistent gegen Abacavir. Sie benötigt eine Vielzahl von Mutationen.

Bei Erwachsenen, die mit einer Kombination aus Abacavir mit Lamivudin und Zidovudin behandelt wurden, hatten 70 Prozent nach 48 Wochen eine Viruslast, die nicht mehr nachweisbar war. Auch stieg die CD-4 Zellzahl deutlich an. Bei Kindern mit HIV-1 wurde eine entsprechende Vergleichsstudie betrieben. Diese Kinder hatten eine unverblindete NRTI und der Anteil der nachweisbaren Viruslast (kleiner als 400 Kopien/ml) war in Kombination mit Abacavir deutlich höher als bei vergleichbaren Arzneistoffen.


Verabreichung & Dosierung

Abacavir ist ein antiretrovirales Medikament, das zur Behandlung von HIV-Infektionen eingesetzt wird. Es gehört zur Klasse der nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs) und wirkt, indem es das Enzym Reverse Transkriptase hemmt, das HIV zur Vermehrung benötigt. Bei der Verabreichung und Dosierung von Abacavir sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten.

Dosierung

Die Standarddosis von Abacavir für Erwachsene beträgt 600 mg pro Tag, entweder als Einzeldosis oder aufgeteilt in zwei Dosen zu je 300 mg. Für Kinder wird die Dosis basierend auf dem Körpergewicht berechnet, typischerweise 8 mg pro Kilogramm Körpergewicht zweimal täglich, bis zu einer maximalen Tagesdosis von 600 mg.

Verabreichung

Abacavir kann unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Es ist wichtig, die Tabletten regelmäßig und konsequent einzunehmen, um eine konstante Medikamentenkonzentration im Blut aufrechtzuerhalten und die Wirksamkeit zu maximieren.

Sicherheitsmaßnahmen

HLA-B*5701-Test: Vor Beginn der Behandlung muss ein Test auf das HLA-B*5701-Gen durchgeführt werden. Patienten, die Träger dieses Gens sind, haben ein erhöhtes Risiko für eine schwere, potenziell lebensbedrohliche Überempfindlichkeitsreaktion (Hypersensitivität) gegenüber Abacavir und sollten das Medikament nicht einnehmen.

Überempfindlichkeitsreaktionen: Patienten müssen über die Symptome einer Hypersensitivitätsreaktion informiert werden, die Fieber, Hautausschlag, Magen-Darm-Symptome (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen) und Atembeschwerden umfassen können. Bei Auftreten solcher Symptome muss die Behandlung sofort abgebrochen und darf nicht wieder aufgenommen werden.

Leber- und Nierenfunktion: Bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion ist Vorsicht geboten, da Abacavir hauptsächlich über die Leber metabolisiert wird. Die Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz ist in der Regel nicht erforderlich, aber regelmäßige Überwachung ist wichtig.

Wechselwirkungen: Abacavir kann mit anderen antiretroviralen Medikamenten und verschiedenen anderen Arzneimitteln interagieren. Eine sorgfältige Überprüfung aller eingenommenen Medikamente ist notwendig, um Wechselwirkungen zu vermeiden.

Durch die Einhaltung dieser Richtlinien kann die Behandlung mit Abacavir sicher und effektiv gestaltet werden, wodurch die HIV-Replikation unterdrückt und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt wird.

Risiken & Nebenwirkungen

Bei bekannten Überempfindlichkeiten gegenüber Abacavir (überprüft durch Gentest) beziehungsweise bei schweren Leberfunktionsstörungen sollte der Arzneistoff nicht eingenommen werden. Nur eingeschränkt empfehlenswert ist die Einnahme von Abacavir während der Schwangerschaft oder Stillzeit.

Weiterhin sprechen Hepatitis, metabolische Azidose oder Hepatomegalie gegen eine Nutzung des Arzneistoffs. Sind bei dem Patienten hohe Risikofaktoren für eine Lebererkrankung bekannt oder trägt der Patient eine sehr hohe Viruslast, so ist die Gabe von Abacavir gerade auch in Kombination mit Lamivudin und Zidovudin bedenklich.

Auch eine mittelschwere Leberfunktionsstörung oder eine Nierenerkrankung im Endstadium gehört zu den relativen Gegenanzeigen von Abacavir. Etwa 5 Prozent der Patienten zeigen Überempfindlichkeitsreaktionen. Zu den Symptomen gehören Hautausschlag, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Husten, erhöhte Leberwerte, Geschwüre im Mund, Kopfschmerzen und ein allgemeines Krankheitsgefühl.

Kontraindikationen

Abacavir ist ein antiretrovirales Medikament zur Behandlung von HIV-Infektionen. Es gibt jedoch mehrere Kontraindikationen, die die Anwendung dieses Medikaments ausschließen oder besondere Vorsicht erfordern.

HLA-B*5701-Positivität

Eine der wichtigsten Kontraindikationen für Abacavir ist das Vorhandensein des HLA-B5701-Allels. Patienten, die Träger dieses Gens sind, haben ein signifikant erhöhtes Risiko für eine schwere Überempfindlichkeitsreaktion auf Abacavir. Vor Beginn der Behandlung muss ein HLA-B5701-Test durchgeführt werden. Bei positivem Ergebnis darf Abacavir nicht verwendet werden.

Überempfindlichkeit

Patienten mit einer bekannten Überempfindlichkeit gegenüber Abacavir oder einem der Inhaltsstoffe des Medikaments sollten es nicht einnehmen. Überempfindlichkeitsreaktionen können schwerwiegend und potenziell lebensbedrohlich sein, wobei Symptome wie Fieber, Hautausschlag, gastrointestinale Beschwerden und Atemprobleme auftreten können.

Schwere Lebererkrankungen

Patienten mit schweren Lebererkrankungen sollten Abacavir nicht verwenden, da das Medikament hauptsächlich über die Leber metabolisiert wird. Eine eingeschränkte Leberfunktion kann zu einer erhöhten Exposition und potenziell toxischen Wirkungen führen.

Mäßige bis schwere Leberfunktionsstörung

Patienten mit mäßiger bis schwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klasse B oder C) sollten Abacavir ebenfalls nicht verwenden, da die Metabolisierung des Medikaments beeinträchtigt sein kann.

Laktoseintoleranz

Abacavir-Tabletten enthalten Laktose. Patienten mit seltenen erblichen Problemen wie Galaktoseintoleranz, Lapp-Laktasemangel oder Glukose-Galaktose-Malabsorption sollten dieses Medikament meiden.

Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen

Bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen oder Risikofaktoren für Herzkrankheiten ist Vorsicht geboten. Einige Studien haben einen möglichen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Abacavir und einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte gezeigt. Patienten sollten über die potenziellen Risiken informiert und regelmäßig überwacht werden.

Durch die sorgfältige Beachtung dieser Kontraindikationen kann die Sicherheit der Patienten gewährleistet und das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen minimiert werden.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Abacavir, ein antiretrovirales Medikament zur Behandlung von HIV-Infektionen, kann mit verschiedenen anderen Medikamenten interagieren, was die Wirksamkeit beeinflussen und das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen kann. Hier sind einige wichtige Interaktionen:

Methadon

Die gleichzeitige Anwendung von Abacavir und Methadon kann die Plasmaspiegel von Methadon verringern. Dies kann eine Dosisanpassung von Methadon erforderlich machen, um Entzugserscheinungen zu vermeiden.

Alkohol

Abacavir und Alkohol werden beide in der Leber metabolisiert, und es wurde festgestellt, dass Alkohol die Metabolisierung von Abacavir nicht signifikant beeinflusst. Dennoch sollten Patienten vorsichtig sein, da übermäßiger Alkoholkonsum die Leber belasten und die allgemeine Gesundheit beeinträchtigen kann.

Rifampicin und andere Enzyminduktoren

Enzyminduktoren wie Rifampicin, Carbamazepin, Phenobarbital und Phenytoin können die Konzentration von Abacavir im Blut verringern, indem sie den Stoffwechsel des Medikaments beschleunigen. Dies kann die Wirksamkeit von Abacavir verringern und die Kontrolle der HIV-Infektion beeinträchtigen.

Lamivudin und andere NRTIs

Abacavir wird häufig in Kombination mit anderen NRTIs wie Lamivudin verwendet. Es gibt keine signifikanten pharmakokinetischen Interaktionen zwischen Abacavir und Lamivudin, was sie zu einer gut verträglichen Kombination macht. Dennoch sollten alle Kombinationstherapien sorgfältig überwacht werden, um Nebenwirkungen zu minimieren.

Protease-Inhibitoren und Integrase-Inhibitoren

Abacavir zeigt keine signifikanten Wechselwirkungen mit Protease-Inhibitoren (wie Ritonavir, Lopinavir) oder Integrase-Inhibitoren (wie Raltegravir, Dolutegravir), was es zu einer flexiblen Komponente in antiretroviralen Therapieschemata macht. Trotzdem ist eine regelmäßige Überwachung notwendig, um die Wirksamkeit und Sicherheit der Kombinationstherapie zu gewährleisten.

Ribavirin

Die gleichzeitige Anwendung von Abacavir und Ribavirin, insbesondere bei der Behandlung von HIV/HCV-Koinfektionen, erfordert Vorsicht. Beide Medikamente können die Mitochondrienfunktion beeinträchtigen, was das Risiko für mitochondriale Toxizität und Laktatazidose erhöhen kann.

Die Kenntnis dieser potenziellen Wechselwirkungen ist entscheidend, um eine sichere und effektive Anwendung von Abacavir sicherzustellen und das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen zu minimieren.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Abacavir nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen mehrere alternative antiretrovirale Medikamente und Behandlungsmethoden zur Verfügung, um HIV-Infektionen effektiv zu behandeln. Diese Alternativen können basierend auf individuellen Patientenbedürfnissen und Resistenzprofilen gewählt werden.

Andere Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs)

Tenofovir: Tenofovir, oft in Kombination mit Emtricitabin (z.B. als Truvada), ist eine weit verbreitete Alternative. Es hat ein günstiges Verträglichkeitsprofil und ist in verschiedenen Kombinationspräparaten enthalten.

Lamivudin: Lamivudin (3TC) ist ein weiteres NRTI, das häufig in Kombination mit anderen antiretroviralen Medikamenten verwendet wird. Es hat eine gute Verträglichkeit und ein geringes Nebenwirkungsprofil.

Emtricitabin: Ähnlich wie Lamivudin wird Emtricitabin häufig mit Tenofovir kombiniert und ist in mehreren Fixdosiskombinationen enthalten.

Nicht-Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTIs)

Efavirenz: Efavirenz ist ein häufig verwendeter NNRTI, der in vielen Erstlinienregimen enthalten ist. Es hat eine gute antivirale Wirksamkeit, kann jedoch neuropsychiatrische Nebenwirkungen verursachen.

Rilpivirin: Rilpivirin ist eine Alternative zu Efavirenz, die weniger neuropsychiatrische Nebenwirkungen verursacht und in Kombination mit anderen antiretroviralen Medikamenten verwendet wird.

Protease-Inhibitoren (PIs)

Atazanavir: Atazanavir, oft kombiniert mit Ritonavir als Booster, ist ein gut verträglicher PI, der einmal täglich eingenommen werden kann. Es ist weniger lipodystrophisch als andere PIs.

Darunavir: Darunavir, ebenfalls oft mit Ritonavir kombiniert, ist ein sehr wirksamer PI mit einem hohen Resistenzschwellenwert, was es zu einer guten Option für Patienten mit resistenten HIV-Stämmen macht.

Integrase-Inhibitoren (INSTIs)

Dolutegravir: Dolutegravir ist ein beliebter Integrase-Inhibitor, der aufgrund seiner Wirksamkeit und geringen Nebenwirkungen häufig in Erstlinienregimen verwendet wird.

Raltegravir: Raltegravir ist ein weiterer INSTI, der zweimal täglich eingenommen wird und eine gute Verträglichkeit aufweist.

Entry-Inhibitoren

Maraviroc: Maraviroc ist ein CCR5-Antagonist, der die Bindung von HIV an CD4-Zellen blockiert und eine Alternative für Patienten bietet, die andere Klassen von antiretroviralen Medikamenten nicht vertragen.

Diese Alternativen bieten flexible Optionen, um die individuellen Bedürfnisse und gesundheitlichen Bedingungen von Patienten zu adressieren, die Abacavir nicht vertragen.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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