Aerophagie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Aerophagie

Die Aerophagie bezeichnet einen Luftüberschuss im Magen-Darm-Trakt. In der Regel gelangt beim Sprechen, Essen oder Trinken immer etwas Luft in den Verdauungstrakt, beim Krankheitsbild Aerophagie ist die Menge an verschluckter Luft jedoch so groß, dass dies zu Blähungen, Bauchschmerzen und übermäßigem Aufstoßen führt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Aerophagie?

Die Aerophagie bezeichnet einen Luftüberschuss im Magen-Darm-Trakt. Die Menge an verschluckter Luft ist so groß, dass dies zu Blähungen, Bauchschmerzen und übermäßigem Aufstoßen führt.

Treten üblicherweise beim Verschlucken von Luft kaum Probleme auf, kann Aerophagie schmerzhafte und chronische Beschwerden im Magen-Darm-Trakt verursachen. Die Mehrheit an verschluckter Luft, die in den Magen gelangt ist, wird beim Aufstoßen (Rülpsen) wieder ausgestoßen.

Gelangen vom Magen jeodch kleine Mengen Sauerstoff in den Dünndarm, führt dies oft zu Blähungen, schmerzhaften Magenkrämpfen und Blähungen. Insbesondere bei Kindern können extreme Mengen verschluckter Luft den Magen extrem ausdehnen und zu Komplikationen wie Magenvolvulus, Darmverschluss oder Atembeschwerden führen.

Im Jahr 2009 wurde erstmalig eine Studie zu Aerophagie veröffentlicht, die anhand von Röntgenaufnahmen dokumentierte, dass eine Gruppe von Patienten übermäßige Blähungen und Symptome im Zusammenhang übermäßigem Luftschlucken aufwies.

Ursachen

Die Ursachen für Aerophagie sind zunächst bei zu schnellem Essen oder Trinken zu suchen, was zu übermäßigem Luftschlucken führt. Auch über kohlensäurehaltige Getränke oder das Kauen von Kaugummi gelangt überschüssige Luft in den Magen.

Eine verstopfte Nase oder andere Atemprobleme wie übermäßige Mundatmung, können ebenfalls eine Ursache von Aerophagie sein. Ein ängstlicher, nervöser oder angespannter Zustand kann ebenfalls zu unkontrollierter Luftaufnahme führen. Insofern können auch psychosomatische Erkrankungen zu Verschlucken von Luft durch zusätzliche Nervosität oder Anspannung führen. Bei etwa neun Prozent geistig behinderter Menschen ist Aerophagie Ausdruck der gestörten Koordination zwischen Schlucken und Atmung.

Zu schnelles Reden führt gleichermaßen zu Aerophagie und ist in der Regel ein unbewusstes Problem. Aerophagie kann ebenfalls Ausdruck von Allergien, insbesondere einer Laktoseintoleranz, sein. Nicht zuletzt können auch medizinische Geräte oder schlecht sitzende Zahnprothesen Aerophagie verursachen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Aerophagie ist mit einigen unangenehmen Beschwerden und Symptomen verbunden. Diese Beschwerden sind allerdings nicht besonders gefährlich und wirken sich in der Regel auch nicht negativ auf die Gesundheit des Betroffenen aus. Nur in schwerwiegenden Fällen kann es dabei zu einem Riss in der Speiseröhre kommen, falls der Luftdruck zu stark ansteigt.

Die Betroffenen leiden dabei in erster Linie an einem starken Aufstoßen und ebenso an Blähungen und Flatulenzen. In einigen Fällen führen die Blähungen dabei auch zu Schmerzen im Bauch und ebenso im Magen. Es tritt ein Völlegefühl auf, welches nach der Einnahme von Nahrung in der Regel sehr stark ist. Der Magen selbst drückt dabei auf die Lunge, sodass dem Betroffenen das Atmen schwer fällt.

Dadurch sinkt auch die Belastbarkeit des Patienten und es kommt zu einer dauerhaften Müdigkeit und zu einer Abgeschlagenheit. Weiterhin kann die Aerophagie auch zu Übelkeit oder zu Erbrechen führen, wobei diese Syndrome nicht besonders häufig eintreten.

Auch ein Engegefühl tritt dabei im Magen in einigen Fällen auf. Weiterhin kann die Aerophagie auch zu Sodbrennen führen. Durch das dauerhafte Aufstoßen und durch die Blähungen leiden einige Patienten auch an Depressionen oder an psychischen Beschwerden.

Diagnose & Verlauf

Eine Diagnose von Aerophagie bezieht sich in der Regel auf andauernde Beschwerden innerhalb eines Jahres mit mindestens drei Monaten kontinuierlicher Belastungen mit erheblichem Luftschlucken, einer Zunahme der Gasbildung innerhalb des Verdauungstraktes, Blähungen und wiederholtem Aufstoßen.

Weitere Symptome einer Aerophagie sind Völlegefühl, Abgase und Reflux. Ist Aerophagie eine gefährliche Nebenwirkung anderer Anwendungen, ist die eingeschlossene Luft durch das Abhören mit einem Stethoskop außerhalb der Bauchhöhle wahrzunehmen.

Diese Anstauung kann eine Dehnung des Magens verursachen und bewirken, dass der Magen auf die Lunge drückt und damit die Atmung behindert. Durch den Aufbau des Luftdrucks kann eine Aerophagie in schweren Fällen zu einem Riss der Speiseröhre führen.

Komplikationen

In Folge einer Aerophagie kann es zu verschiedenen Komplikationen kommen. Zu Beginn der Erkrankung treten neben den typischen Schluckbeschwerden oftmals auch Blähungen und Bauchschmerzen auf. Generell führt Luftschlucken zu stark ausgeprägtem Unwohlsein, das im Verlauf der Erkrankung immer weiter zunimmt.

Die Zunahme der Gasbildung innerhalb des Magen-Darm-Traktes führt außerdem zu einem verstärkten Völlegefühl, wodurch der Druck auf die Lunge erhöht wird. Dadurch kann es zu Atemproblemen und einer Verstärkung der Aerophagie-Symptome kommen; in Extremfällen kann der Aufbau des Luftdrucks einen Riss der Speiseröhre verursachen. Bei Kleinkindern besteht im Rahmen einer Aerophagie die Gefahr eines lebensbedrohlichen Darmverschlusses.

Bei älteren und kranken Menschen sowie Schmerzpatienten kann das Luftschlucken außerdem zu einer Atemdepression führen oder eine bestehende Erkrankung begünstigen. Bei der Behandlung von Luftschlucken sind Komplikationen unwahrscheinlich, da die Therapie sich vorwiegend auf das Schlucktraining konzentriert.

Probleme können auftreten, wenn die Aerophagie das Symptom einer Lungenerkrankung ist. Dann kann es selten zu einer Verschleppung des eigentlichen Grundleidens kommen, wodurch bleibende Schäden entstehen können. Liegt eine Stresserkrankung als Ursache vor, muss diese begleitend zur Aerophagie-Behandlung therapiert werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Nicht immer ist bei einem Unwohlsein oder atypischen Symptomatiken der Weg zum Arzt erforderlich. Manchmal jedoch sollten leichte Beschwerden, besonders wenn sie temporär immer wieder oder über einen längeren Zeitraum auftreten, durch einen Arzt abgeklärt werden. Und genau das gilt für Beschwerden, die auf eine Aerophagie hinweisen könnten.

Wenn eine als normal angesehene Übelkeit, die mal stärker und mal schwächer auftritt, über einen längeren Zeitraum bestehen bleibt, ist zumindest ein Gespräch mit umfangreicher Anamnese erforderlich, damit andere Grunderkrankungen frühzeitig erkannt und behandelt werden können.

Wer mindestens drei Monate unter massivem Luftschlucken, einer zunehmenden Gasbildung im Verdauungstrakt sowie Blähungen und ständig wiederkehrendem Aufstoßen leidet, sollte nicht lange überlegen, sondern umgehend einen Untersuchungstermin bei seinem Hausarzt oder einem Magen- und Darmspezialisten vereinbaren.

Auch das häufig als belanglos bezeichnete Völlegefühl sowie starke Flatulenzen und ein temporär oder konstant auftretender Reflux müssen durch einen Facharzt behandelt werden.

Wird die Atmung im unteren Bereich der Lunge, also nahe dem Magen, gefühlsmäßig durch ein Engegefühl behindert, sollte schnellst möglich ein Arzt konsultiert werden.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung einer Aerophagie bezieht sich im Wesentlichen auf eine Umstellung verursachender Angewohnheiten auf langsames Kauen und Schlucken, Essen mit geschlossenem Mund und der Vermeidung kohlensäurehaltiger Getränke sowie von Kaffee.

Gleichzeitig bedarf es eines Training zur Beruhigung der Atmung, insbesondere zur Vermeidung nervöser Anspannung. Manche Patienten müssen anhand logopädischer Übungen erlernen, übermäßiges Einatmen vor dem Sprechen abzulegen. Die Behandlung von unterbewusster Aerophagie beinhaltet insbesondere Elemente wie allgemeine Beruhigung, Verlangsamung und bewusster Nasenatmung, beispielsweise mithilfe der Buteyko Atemtechnik oder Yoga.

In Fällen, in denen durch eine anderweitig notwendige Behandlung medizinische Geräte eine Aerophagie verursacht haben, sollte eine Umstellung der Therapie geprüft werden. Ein umfassender Allergietest kann Allergien diagnostizieren und entsprechende Maßnahmen aufzeigen. In der medikamentösen Behandlung hat sich Thorazin in einigen Fällen als hilfreich erwiesen, Medikamente wie Dimethicone und Simethicone verhindern die Gasbildung im Darm und können Symptome lindern.

Dazu können auch regulierende Kräutertees mit Fenchel, Kamille oder Thymian verwendet werden. Bei geistig behinderten Menschen mit akuter Aerophagie kann das Einführen einer Magensonde und die Verabreichung von Beruhigungsmitteln hilfreich sein.

Aussicht & Prognose

Durch die Aerophagie kommt es beim Patienten zu verschiedenen Beschwerden im Bereich des Magens und des Darms. Diese Beschwerden wirken sich sehr negativ auf den Alltag und die Lebensqualität des Patienten aus. In der Regel kommt es zu Blähungen und zu Bauchschmerzen. Weiterhin leiden die Betroffenen an einem unangenehmen Aufstoßen und nicht selten an Mundgeruch.

Durch diese Beschwerden kann es auch zu einer Gereiztheit oder zu psychischen Beschwerden kommen. Außerdem herrscht ein Völlegefühl, das zu einer Appetitlosigkeit und damit zu Untergewicht führen kann. Vor allem nach der Aufnahme von Nahrung treten diese Beschwerden auf. Im schlimmsten Falle kann es durch die Aerophagie zu einem Speiseröhrenriss kommen, welcher für den Betroffenen lebensgefährlich verlaufen kann.

In der Regel kann die Aerophagie relativ gut und einfach behandelt werden. Es ist in den meisten Fällen kein operativer Eingriff notwendig, um die Beschwerden zu lindern. Der Betroffene kann verschiedene Therapien und Techniken anwenden, um das Schlucken von Luft dauerhaft zu vermeiden. Es kommt stets zu einem positiven Krankheitsverlauf. Weitere Komplikationen treten in den meisten Fällen nicht auf.


Vorbeugung

Zur Vermeidung von Aerophagie ist eine Vermeidung von Mundatmung auch während des Nachtschlafes grundsätzlich angeraten. Die Senkung des Verbrauchs von Milch und Milcherzeugnissen und kohlenhydratreicher Nahrung sowie die Einnahme von Speisen in ruhiger Atmosphäre reduzieren einen Großteil der Risiken einer übermäßigen Luftaufnahme. Eine ruhige Sprechweise und eine kontrollierte Atmung beim Artikulieren wirken ebenfalls Aerophagie entgegen.

Das können Sie selbst tun

Durch verschiedene Maßnahmen kann der Krankheit vorgebeugt werden bzw. sie sogar komplett vermieden werden. Bei der Nahrungsaufnahme sollte das Essen nicht zu hastig und schnell eingenommen werden. Langsames Kauen und Schlucken sowie das Essen mit geschlossenem Mund können Abhilfe schaffen. So ist es dem Magen möglich schneller zu arbeiten. Auch der Verzicht bestimmter Lebensmittel, welche im Magen Gase freisetzen, wie Hülsenfrüchte, Paprika oder Hefeprodukte, kann zu einer Verbesserung der Symptome führen. Außerdem sollte auf große Mengen kohlesäurehaltiger Getränke und Kaffee verzichtet werden, da diese zu einer verstärkten Freisetzung von Kohlendioxid im Magen führen. Auch Rauchen und Kaugummi kauen sollten nach Möglichkeit vermieden werden.

Da Stress ebenfalls ein sehr starker Risiko-Faktor beim Luftschlucken ist, empfehlen sich stressreduzierende Maßnahmen wie eine ausgewogene Ernährung, ausreichend körperliche Bewegungen oder Entspannungsübungen wie z.B. Yoga. Auch eine Änderung der Atemtechnik kann zu einer Verbesserung der Symptome führen. Durch logopädische Übungen ist es manchen Patienten möglich zu erlernen das übermäßige Einatmen vor dem Sprechen abzulegen. Sollte die Aerophagie während einer medikamentösen Behandlung auftreten, kann es sinnvoll sein das verwendete Mittel zu wechseln.

Quellen

  • Bieber, C., Baenkler, H.-W., Arasteh, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Messmann, H. (Hrsg.): Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart 2011

Das könnte Sie auch interessieren