Atropin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Atropin ist eine giftige Substanz aus der Gruppe der Alkaloide. In der Natur findet man es in Nachtschattengewächsen wie der Tollkirsche oder der Engelstrompete. Die unkontrollierte Einnahme von Atropin kann tödlich sein, trotzdem findet der Wirkstoff vielfältigen und wichtigen Einsatz auf dem Gebiet der Medizin.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Atropin?

Atropin hemmt diese Funktionen des Parasympathikus, wodurch die Leistungsfähigkeit des Körpers erhöht wird.

Neben seinem natürlichen Vorkommen in Nachtschattengewächsen wird das für medizinische Zwecke verwendete Atropin synthetisch hergestellt. Der Pharmazeut Philipp Lorenz Geiger gilt als Entdecker des Wirkstoffs.

Dieser wird eingeordnet in die Gruppe der Parasympatholika, das sind Substanzen, die auf den Parasympathikus wirken. Der Parasympathikus ist ein Teil des menschlichen Nervensystems, der dafür verantwortlich ist, den Stoffwechsel zu regulieren, den Körper zu regenerieren und für Ruhe und Erholung im Körper zu sorgen.

Atropin hemmt diese Funktionen des Parasympathikus, wodurch die Leistungsfähigkeit des Körpers erhöht wird.

Pharmakologische Wirkung

Der Wirkstoff Atropin hat Einfluss auf verschiedene Funktionen und Organe im Körper. Durch die blockierende Wirkung auf den Parasympathikus wird durch die vermehrte Aktivität des Sympathikus der Herzschlag beschleunigt.

Aus dem gleichen Grund erweitern sich die Bronchien in den Lungen, wodurch sich die Atmung verbessert. Die Einnahme von Atropin äußert sich zudem durch verminderte Speichel- und Schweißbildung. Eine starke Lichtempfindlichkeit und verminderte Sehfähigkeit treten zudem auf. Ebenso nimmt die Magen- und Darmtätigkeit ab.

Als Nebeneffekt lässt sich eine Erweiterung der Pupillen beobachten. All diese körperlichen Reaktionen sind auf die vermehrte Tätigkeit des Sympathikus zurückzuführen. Ist dies der Fall, schaltet der Körper auf „Angriff“, das bedeutet, dass eine erhöhte Handlungsbereitschaft entsteht, die normalerweise ihren Zweck in Gefahrenfällen erfüllt, um zu kämpfen oder zu fliehen.

Medizinische Anwendung & Verwendung

In der Medizin hat man sich diese Wirkungen des Atropins zunutze gemacht. Bereits im 19. Jahrhundert verwendete man den Wirkstoff bei Asthmaerkrankungen. Der Lungenkrankheit, die zu akuter Atemnot führen kann, wurde durch die Bronchien erweiternden Eigenschaften des Atropins Abhilfe geschaffen. Wegen vielfältiger Nebenwirkungen verwendet die Medizin heute jedoch andere Mittel zur Behandlung der Krankheit.

Einen festen Platz hat das Atropin heutzutage in der Notfallmedizin. Leidet ein Patient unter einer zu niedrigen Herzfrequenz (einer sogenannten Bradykardie), wird das Mittel zur Erhöhung der Herzfrequenz eingesetzt. Patienten unter Narkose leiden aufgrund des Narkosemittels häufiger unter Bradykardien, sodass Atropin auch in der Anästhesie Einsatz findet.

Bei Krämpfen im Magen- und Darmtrakt kann Atropin hilfreich sein, die Anwendung zu diesem Zweck ist allerdings relativ selten. Zudem findet es Verwendung in der Augenheilkunde. Dabei dient es dazu, die Pupillen des Patienten zu erweitern, was für manche Untersuchungen und Diagnosen notwendig sein kann.

Auch bei Inkontinenz, Problemen bei der Blasenentleerung oder bei einer Reizblase kann Atropin als Medikament verwendet werden. Sehr selten wird Atropin bei schmerzhaften Regelblutungen eingesetzt, denn es gibt neuere und effektivere Medikamente zur Behandlung dieser Problematik.


Verabreichung & Dosierung

Atropin, ein Alkaloid aus der Tollkirsche (Atropa belladonna), ist ein Anticholinergikum, das auf das parasympathische Nervensystem wirkt. Es blockiert die Wirkung von Acetylcholin an muskarinischen Rezeptoren, was verschiedene klinische Effekte hervorruft, darunter eine Pupillenerweiterung (Mydriasis), eine erhöhte Herzfrequenz (Tachykardie) und eine Hemmung der Drüsensekretion.

Die Dosierung von Atropin variiert je nach Anwendungszweck:

Bradykardie: In Notfällen bei symptomatischer Bradykardie wird eine Dosierung von 0,5–1 mg intravenös empfohlen. Die Dosis kann alle 3–5 Minuten bis zu einer maximalen Gesamtdosis von 3 mg wiederholt werden.

Organophosphatvergiftung: Hierbei werden initial 2 mg intravenös verabreicht. Die Dosis wird alle 5–15 Minuten wiederholt, bis eine deutliche klinische Besserung erkennbar ist.

Augenheilkunde: Atropin wird als Augentropfen zur Pupillenerweiterung verwendet. Eine Konzentration von 0,5–1 % wird für die Mydriasis eingesetzt.

Vorsicht ist bei Patienten mit bestimmten Erkrankungen wie Engwinkelglaukom, Prostatavergrößerung und Herzerkrankungen geboten. Bei Kindern und älteren Menschen ist die Empfindlichkeit gegenüber Atropin erhöht, weshalb hier eine sorgfältige Dosisanpassung erforderlich ist. Nebenwirkungen können Mundtrockenheit, Hitzewallungen, Tachykardie und Verwirrtheit umfassen.

Risiken & Nebenwirkungen

Die Risiken und Nebenwirkungen von Atropin sind, verglichen mit seinem relativ beschränkten therapeutischen Einsatz, immens. Keinesfalls sollte der Wirkstoff ohne ärztlichen Rat eingenommen werden, denn es besteht akute Vergiftungs- und somit Lebensgefahr. Besonders die unkontrollierte Einnahme von Nachtschattengewächsen wie der Engelstrompete oder des Stechapfels als Rauschmittel macht das Risiko aufgrund der schwer zu berechnenden Dosis unkalkulierbar.

Neben Halluzinationen treten diverse Vergiftungserscheinungen auf. Diese äußern sich zunächst durch Hautrötungen und Herzrasen. Im Anschluss daran können Bewusstlosigkeit und Atemlähmungen folgen. Ab diesem Zeitpunkt ist der Zustand des Patienten in fast allen Fällen bereits hoffnungslos, es tritt mit großer Wahrscheinlichkeit der Tod ein. Bei Toten durch Atropinmissbrauch stellte man Leberverfettungen und Hautblutungen fest, die im Zuge der Vergiftung auftreten. Kinder vertragen nur extrem niedrigen Dosen Atropin.

Die Behandlung einer Überdosierung erfolgt durch die Entleerung des Magen- und Darmtraktes sowie durch künstliche Beatmung.

Patienten klagen bei der kontrollierten Einnahme von Atropin (also unter ärztlicher Aufsicht) häufig über Mundtrockenheit, Übelkeit und Erbrechen sowie Herzrasen. Weiterhin können Hautrötungen, extreme Unruhe und Appetitlosigkeit auftreten. All diese Nebenwirkungen ergeben sich aus der hemmenden Wirkung des Atropins auf den Parasympathikus.

Kontraindikationen

Atropin, ein Anticholinergikum, hat verschiedene klinische Anwendungen, aber auch klare Kontraindikationen, bei denen seine Verwendung vermieden werden sollte. Zu den wichtigsten Kontraindikationen zählen:

Engwinkelglaukom: Atropin erhöht den Augeninnendruck durch Pupillenerweiterung (Mydriasis), was bei Personen mit Engwinkelglaukom eine akute Verschlechterung hervorrufen kann.

Prostatahypertrophie: Bei Patienten mit einer vergrößerten Prostata kann Atropin die Harnverhaltung verschlimmern, da es den Blasenmuskeltonus reduziert.

Tachykardie: Da Atropin die Herzfrequenz erhöht, kann es bei Patienten mit bereits bestehender Tachykardie oder anderen Herzerkrankungen zu einer Verschlimmerung der Symptome führen.

Myasthenia gravis: Aufgrund seiner anticholinergen Wirkung kann Atropin die neuromuskuläre Übertragung beeinträchtigen und die Muskelschwäche verschlimmern.

Obstruktion des Magen-Darm-Trakts: Atropin kann die Darmmotilität reduzieren, was bei Patienten mit Darmverschluss oder paralytischem Ileus kontraindiziert ist.

Fieber oder Hitzewellen: Atropin reduziert die Schweißproduktion, was bei Personen mit Fieber oder hitzebedingten Zuständen die Thermoregulation beeinträchtigen kann.

Vor der Verschreibung von Atropin sollten diese Kontraindikationen sorgfältig berücksichtigt werden, um schwerwiegende Nebenwirkungen zu vermeiden. Die Anwendung bei Kindern und älteren Menschen erfordert besondere Vorsicht, da sie empfindlicher auf Atropin reagieren.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Atropin interagiert mit verschiedenen Medikamenten, die aufgrund ihrer Wirkmechanismen und Wirkungen beachtet werden sollten:

Anticholinerge Medikamente: Die Kombination mit anderen Anticholinergika (wie Scopolamin, Antihistaminika oder Antipsychotika) kann die anticholinergen Effekte verstärken. Dies erhöht das Risiko von Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Harnverhalt, Verwirrtheit und erhöhter Herzfrequenz.

Beta-Blocker: Atropin kann die Wirkung von Beta-Blockern auf die Herzfrequenz verändern. Bei gleichzeitiger Gabe können unvorhersehbare Herzrhythmusstörungen auftreten.

MAO-Hemmer: Monoaminoxidase-Hemmer (wie Phenelzin) können die Wirkung von Atropin verstärken, was zu einer erhöhten Herzfrequenz und Blutdruckkrisen führen kann.

Antidepressiva: Trizyklische Antidepressiva (wie Amitriptylin) können die anticholinergen Wirkungen von Atropin potenzieren, was zu einer Erhöhung des Risikos für Nebenwirkungen führt.

Muskelrelaxanzien: Die Wirkung von nicht-depolarisierenden Muskelrelaxanzien kann durch Atropin verlängert werden, was bei Operationen berücksichtigt werden sollte.

Sympathomimetika: Medikamente wie Adrenalin können bei gleichzeitiger Anwendung mit Atropin das Risiko für Tachykardie und Blutdruckanstieg erhöhen.

Bei der Verschreibung von Atropin ist es wichtig, eine gründliche Überprüfung der aktuellen Medikation des Patienten durchzuführen, um unerwünschte Wechselwirkungen zu vermeiden. Eine enge Überwachung ist notwendig, wenn Atropin in Kombination mit den genannten Medikamenten eingesetzt wird.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Atropin nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen alternative Medikamente und Behandlungsmethoden zur Verfügung, abhängig von der Indikation:

Bradykardie: Bei Herzrhythmusstörungen, wie z. B. Bradykardie, können Alternativen wie Isoprenalin verwendet werden. Isoprenalin ist ein Sympathomimetikum, das die Herzfrequenz steigert und in Notfällen nützlich sein kann.

Organophosphatvergiftung: Neben Atropin wird auch Pralidoxim zur Behandlung von Organophosphatvergiftungen eingesetzt. Pralidoxim regeneriert die cholinesterasehemmende Wirkung von Organophosphaten, was zur Entgiftung beiträgt.

Mydriasis: In der Augenheilkunde können andere Mydriatika wie Tropicamid oder Cyclopentolat eingesetzt werden, die eine kürzere Wirkdauer und weniger Nebenwirkungen haben.

Sekretionshemmung: Bei Patienten, die eine reduzierte Sekretion benötigen, wie z. B. vor einer Operation, können Glycopyrronium oder Scopolamin als Alternativen zu Atropin verwendet werden. Diese haben ähnliche anticholinerge Wirkungen, weisen jedoch unterschiedliche pharmakokinetische Profile auf.

Spasmen und Krämpfe: Bei Magen-Darm-Spasmen können andere krampflösende Medikamente wie Butylscopolamin eingesetzt werden, die weniger systemische Nebenwirkungen haben.

Die Wahl der Alternativen sollte auf einer sorgfältigen Bewertung der individuellen Patientenbedürfnisse und medizinischen Geschichte basieren. Dies gewährleistet eine wirksame und sichere Behandlung ohne die unerwünschten Wirkungen von Atropin.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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