Bionator
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Bionator wird ein Instrument bezeichnet, das in der Kieferorthopädie zur Anwendung kommt. Er dient zur Behandlung von Zahn- und Kieferfehlstellungen.
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Was ist ein Bionator?
Der Bionator ist Teil der ganzheitlichen Kieferorthopädie. Diese berücksichtigt die unterschiedlichsten Aspekte von Zahnfehlstellungen. Dazu gehören u. a. Beschwerden, die an anderen Körperstellen auftreten, wie Nackenschmerzen, Rückenschmerzen oder Tinnitus.
Entwickelt wurde der Bionator im Jahr 1952 von dem deutschen Zahnmediziner Wilhelm Balters (1893-1973). Balters hatte die Absicht, durch den Einsatz des speziellen Instruments Umwelt, Mitwelt und Innenwelt des Patienten wiederherzustellen. Nach Ansicht von Balters waren neben der Anwendung des Bionators auch Körperhaltungs- und Atemübungen sowie die richtige Lage der Zunge für eine positive Entwicklung erforderlich. Eingesetzt wird der Bionator in erster Linie bei Kindern und Jugendlichen, weil diese sich noch im Wachstum befinden.
Geschichte
Der Bionator wurde in den 1950er-Jahren von dem deutschen Kieferorthopäden Wilhelm Balters entwickelt. Balters orientierte sich bei der Konstruktion an funktionellen kieferorthopädischen Geräten, die nicht nur die Zahnstellung korrigieren sollten, sondern auch die natürlichen Funktionen von Muskulatur und Wachstum fördern sollten. Der Grundgedanke war, dass Fehlstellungen der Zähne und Kiefer auf ungünstige funktionelle Einflüsse, wie fehlerhaftes Schlucken, Atmen und Sprechen, zurückzuführen sind. Der Bionator sollte diesen Einflussfaktoren entgegenwirken und gleichzeitig die Harmonie zwischen Zähnen, Kiefern und Gesichtsmuskulatur unterstützen.
Balters entwarf den Bionator als herausnehmbare Apparatur, die sich durch eine sehr einfache Struktur auszeichnet: ein Drahtgestell, das in den Mund eingesetzt wird und von der Muskulatur des Patienten aktiv bewegt wird. Durch diese bewusste Aktivierung der Muskeln und Förderung der natürlichen Bewegungsabläufe soll das Wachstum und die Ausrichtung der Zähne positiv beeinflusst werden.
In den folgenden Jahrzehnten wurden verschiedene Varianten entwickelt, um unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, darunter der "offene" Bionator zur Korrektur des Bisses und der "geschlossene" Bionator für die Förderung der Nasenatmung. Der Bionator gilt bis heute als sanfte Methode der Kieferorthopädie, die funktionell und wachstumsfördernd wirkt und besonders bei jungen Patienten erfolgreich eingesetzt wird.
Vorteile & Nutzen
Bionatoren bieten gegenüber anderen kieferorthopädischen Apparaturen mehrere Vorteile, vor allem durch ihre sanfte und ganzheitliche Wirkweise. Im Gegensatz zu festen Zahnspangen, die durch mechanischen Druck die Zähne in die gewünschte Position bringen, arbeiten Bionatoren mit den natürlichen Bewegungen der Mund- und Gesichtsmuskulatur. Dadurch wird das Wachstum der Kiefer gelenkt, ohne dass die Zähne dauerhaftem Druck ausgesetzt sind. Diese Methode ist besonders schonend und minimiert das Risiko von Zahnwurzelresorptionen und anderen Schäden am Zahnhalteapparat.
Ein weiterer Vorteil des Bionators ist seine Förderung der natürlichen Mundfunktionen wie Atmen, Schlucken und Sprechen. Da viele Fehlstellungen auf fehlerhafte Gewohnheiten zurückzuführen sind, hilft der Bionator, diese Funktionen sanft zu korrigieren, was langfristig eine stabile Zahn- und Kieferstellung begünstigt. Zudem ist der Bionator herausnehmbar, was die Mundhygiene deutlich vereinfacht und das Risiko von Karies und Zahnfleischentzündungen senkt.
Für Kinder und Jugendliche ist der Bionator besonders gut geeignet, da er das natürliche Wachstum unterstützt und nicht mit invasiven Eingriffen arbeitet. Viele Patienten empfinden den Bionator auch als komfortabler und weniger einschränkend im Alltag, da keine festen Brackets oder Drähte im Mundraum fixiert sind. Diese Vorteile machen ihn zu einer attraktiven Alternative zu herkömmlichen festen Zahnspangen.
Formen, Arten & Typen
Der Bionator lässt sich in drei verschiedene Typen einteilen. Dabei handelt es sich um das Grundgerät, das Umkehrgerät und das Abschirmgerät. Das Grundgerät dient zur Therapie der Unterkieferrücklage (Distalbisslage), während das Umkehrgerät eingesetzt wird, wenn der Unterkiefer des Patienten zu weit in der vorderen Richtung liegt. Mithilfe eines Abschirmgerätes lässt sich ein frontal offener Biss korrigieren.
Durch Felix Ascher (1908-2003), einen Schüler von Wilhelm Balters, wurde der Bionator weiterentwickelt. So ergänzte Ascher das Instrument durch zwei Haltedorne in der Oberkieferregion der ersten Mahlzähne. Außerdem erhielt der Bionator einen Überwurf aus Kunststoff für die vorderen Zähne des Unterkiefers.
Obwohl der Bionator lediglich ein einzelnes Gerät ist, lässt er sich gleichzeitig am Oberkiefer und am Unterkiefer anlegen. So kommt es durch das Instrument zu einer Verbindung zwischen beiden Kiefern.
Aufbau & Funktionsweise
Zusammengesetzt wird der Bionator aus einem Zungenbügel aus Edelstahl, einem Gestell aus Kunststoff sowie einem Lippen-Wangen-Bogen. Zur Herstellung des kleinen, handlichen Geräts erfolgt die Entnahme eines Konstruktionsbisses. Zu diesem Zweck nehmen Oberkiefer und Unterkiefer die Lage ein, die mithilfe des Bionators später erreicht werden soll.
Den Bionator platziert der Anwender locker im Mund. Kräfte werden von dem Instrument nicht ausgeübt. Vielmehr dient es zur Normalisierung der orofazialen Muskulatur. Außerdem soll das Wachstum des Kiefers ungestört voranschreiten.
Dabei kommt es im Inneren des Mundraums zur Bildung von Sogräumen. Diese regen das Wachstum des Kieferknochens und der Zähne an. Durch den Zungenbügel ist es möglich, eine Änderung der Zungenlage beim Schluckvorgang herbeizuführen, was wiederum eine Entspannung der Muskeln hervorruft. Auch auf den Stoffwechsel hat dieser Vorgang positive Auswirkungen.
Weitere Wirkungseffekte sind die Förderung der Nasenatmung, das Auflösen von Lymphstau, die Entwicklung von Nasenhöhle und Nasennebenhöhlen, sowie eine Verbreiterung des Gaumens. Dadurch erhält die Zunge mehr Spielraum im Gaumengewölbe.
Durch das Vorverlagern des Unterkiefers lassen sich die Aufrichtung der Halswirbelsäule sowie die Haltung des Kopfes verbessern. Dies wirkt sich positiv auf das komplette Skelettsystem aus. Gezielte Bewegungen eines Zahns lassen sich allerdings mit einem Bionator nicht exakt vornehmen.
Die therapeutische Wirkung des Bionators zeigt sich stets beim Sprechen oder Schlucken des Patienten. Das Gleiche gilt für das Zusammenpressen der Zähne. Damit das Gerät seine positiven Effekte entfalten kann, muss der Patient es jeden Tag ca. 16 Stunden tragen. In der Schule oder beim Ausüben von sportlichen Aktivitäten lässt sich der Bionator problemlos entfernen.
Zur Unterstützung der positiven Effekte des Instruments, ist es möglich, jeden Tag zusätzliche Atem- und Sprechübungen durchzuführen. Als sinnvoll werden auch spezielle Haltungsübungen eingeschätzt. Eine weitere Hilfsmaßnahme ist das Anlegen eines Headgears. Dabei handelt es sich um eine spezielle Kopfvorrichtung.
Medizinischer & gesundheitlicher Nutzen
Die ganzheitliche Kieferorthopädie schätzt den gesundheitlichen Nutzen des Bionators hoch ein. So wirkt sich das Instrument nach ihrer Ansicht auch positiv auf den ganzen Körper aus, weil Fehlstellungen des Kiefers negative Folgen für andere Teile des Körpers, wie die Wirbelsäule, haben. Durch die Zahnverschiebungen entsteht eine Wechselbeziehung, die wiederum andere Körperfunktionen beeinflusst.
Des Weiteren spielen psychologische Aspekte eine Rolle. Von der Normalisierung der orofazialen Muskelfunktion mithilfe des Bionators kann der gesamte Körper des Patienten profitieren. Zu den positiven Auswirkungen gehören die Auflösung von Verspannungen im Bereich von Kopf und Nacken, eine verbesserte Körperhaltung sowie eine bessere Nasenatmung durch ein zusätzliches Lippenschlusstraining.
Wie die meisten funktionskieferorthopädischen Geräte funktioniert der Bionator am besten, wenn noch Körperwachstum besteht. Aus diesem Grund kommt er besonders bei Kindern und Jugendlichen zur Anwendung. So dient das Instrument in erster Linie zur Therapie von Fehlentwicklungen des Kiefers, der Zähne und des Kausystems (Dysgnatien). Diese werden durch Fehlfunktionen von Lippen, Kaumuskeln, Wangen und Zunge verursacht.
In bestimmten Fällen eignet sich der Bionator auch zur Behandlung von erwachsenen Menschen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn diese unter Dysfunktionen wie Zähneknirschen leiden.
Anwendung & Sicherheit
Die Anwendung von Bionatoren ist einfach und patientenfreundlich, erfordert jedoch regelmäßiges Tragen und eine gewisse Mitarbeit. Der Bionator wird in der Regel nachts und einige Stunden tagsüber getragen, je nach individuellen Anforderungen und Anweisungen des Kieferorthopäden. Er wird lose in den Mund eingelegt und wirkt durch die Aktivierung der Gesichtsmuskulatur, ohne mechanischen Druck auf die Zähne auszuüben. Patienten müssen sich daran gewöhnen, den Bionator regelmäßig zu tragen und bei jeder Kontrolle beim Kieferorthopäden mitzunehmen, um Anpassungen vorzunehmen, falls sich die Zahnstellung verändert.
Die Sicherheit bei der Anwendung von Bionatoren ist hoch, da sie keine festen Elemente enthalten und keine invasiven Maßnahmen erfordern. Zudem ist das Risiko von Zahn- und Zahnfleischschäden, wie bei festen Spangen, deutlich geringer. Da der Bionator herausnehmbar ist, können Patienten die Mundhygiene ohne Einschränkungen durchführen, was das Risiko für Karies und Zahnfleischerkrankungen minimiert.
In Bezug auf die Qualitätskontrolle unterliegt die Herstellung von Bionatoren strengen Standards. Sie werden individuell für jeden Patienten aus hochwertigen Materialien wie biokompatiblem Kunststoff und rostfreiem Stahl angefertigt. Zahntechniker fertigen den Bionator nach präzisen Abdrücken und unter Einhaltung hoher Qualitätsrichtlinien. In der Regel erfolgt die Produktion in spezialisierten Dentallaboren, die regelmäßigen Kontrollen und Zertifizierungen unterliegen, um die Sicherheit und Wirksamkeit des Produkts sicherzustellen.
Alternativen
Alternativen zum Bionator umfassen verschiedene kieferorthopädische Geräte, die je nach Art und Schwere der Fehlstellung eingesetzt werden können. Eine gängige Alternative ist die feste Zahnspange, die durch Brackets und Drähte auf die Zähne einwirkt und in komplexen Fällen eine präzise Kontrolle über die Zahnbewegungen ermöglicht. Feste Spangen sind insbesondere dann geeignet, wenn eine schnelle und gezielte Korrektur erforderlich ist oder wenn der Bionator aufgrund der Art der Fehlstellung nicht ausreichend wirksam wäre.
Eine weitere Alternative ist der Funktionsregler nach Fränkel, ein herausnehmbares Gerät, das ähnlich wie der Bionator wirkt, jedoch stärker auf die Weichteile und die Funktion des Kiefermuskels einwirkt. Der Funktionsregler eignet sich besonders gut für Patienten mit ausgeprägten Muskel- und Weichteilfehlfunktionen und unterstützt das Wachstum der Kiefer.
Aligner-Systeme, wie Invisalign, sind eine moderne Alternative für die Zahnkorrektur bei Jugendlichen und Erwachsenen. Diese transparenten Kunststoffschienen sind nahezu unsichtbar und herausnehmbar, wodurch sie die Mundhygiene erleichtern. Aligner sind jedoch eher für leichtere Fehlstellungen geeignet und basieren auf einer Serie von Schienen, die regelmäßig gewechselt werden.
Schließlich gibt es noch den Aktivator, der wie der Bionator zur funktionellen Kieferorthopädie zählt und ebenfalls das Wachstum der Kiefer steuert. Der Aktivator wird vor allem bei Kindern während des Wachstums eingesetzt und ist eine gute Option, wenn die Anwendung des Bionators aus bestimmten Gründen nicht möglich sein sollte.