Bläschendrüse
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Bläschendrüse wird eine paarig vorhandene akzessorische Geschlechtsdrüse des Mannes bezeichnet. Sie befinden sich oberhalb der Prostata und münden zusammen mit dem Samenleiter in die Harnröhre. Die Bläschendrüsen stellen für das Ejakulat ein alkalisches, fructosereiches Sekret, das die Spermien mobilisiert und ihnen die erforderliche Energie für ihre aktive Bewegung liefert. Ca. 70 % des flüssigen Anteils im Ejakulat stammen aus den Bläschendrüsen.
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Was ist die Bläschendrüse?
Die paarig vorhandenen Bläschendrüsen (Vesicula seminalis), die früher fälschlicherweise auch als Samenblasen bezeichnet wurden, gehören zu den akzessorischen Geschlechtsdrüsen des Mannes. Das alkalische Sekret, das die Bläschendrüsen synthetisieren, ist mit Fructose angereichert.
Etwa 70 % der Flüssigkeit, die im Ejakulat enthalten ist, stammt aus den Bläschendrüsen. Das Sekret dient dazu, für die Spermien ein alkalisches Milieu zu schaffen, das sie aus ihrer „Säurestarre“ befreit und den Samenfäden für ihre aktiven Bewegungen die nötige Energie in Form von Fructose zur Verfügung zu stellen. Die beiden Bläschendrüsen befinden sich oberhalb der Prostata zwischen der Hinterwand der Harnblase und dem Dickdarm.
Das produzierte Sekret wird meist per Exozytose aus den Zellen in den Ausführungsgang, den Ductus excretorius, verfrachtet und weiter über den Ductus ejaculatorius in den Harnleiter. Die Bläschendrüsen synthetisieren noch weitere Stoffe wie z. B. das Protein Semenogelin, das die Spermien in eine Art Gelmatrix einschließt und ihre vorzeitige Ausreifung verhindert, die erst im weiblichen Genitaltrakt vor Erreichen des weiblichen Eis stattfinden soll.
Anatomie & Aufbau
Die Ausführungsgänge am unteren Ende der Drüsen vereinigen sich mit dem jeweiligen Samenleiter, dem Ductus deferens zum sogenannten Spritzkanal, dem Ductus ejaculatorius, der dann in die Harnröhre (Urethra) mündet. Die Drüsenzellen, die das Sekret synthetisieren, befördern das Sekret meist über Exocytose nach außen in die extrazelluläre Matrix und weiter in den Ausführungsgang. Das bedeutet, dass sich das Sekret in Vesikeln innerhalb der Zellen bildet. Die Vesikel verschmelzen kurzzeitig mit der Zellmembran, um das Sekret anschließend entlassen zu können.
Damit das Sekret entsprechend sexueller Stimulierung und während der Ejakulation im gleichen Rhythmus regelrecht ausgestoßen werden und sich mit den übrigen Teilen des Ejakulats vermischen kann, verfügen die Epithelzellen, die an das Lumen angrenzen, über einige glatte Muskelzellen, die während der Ejakulation kontrahieren und das Sekret aus den Lumina stoßartig auspressen.
Funktion & Aufgaben
Die beiden Bläschendrüsen werden den akzessorischen Geschlechtsdrüsen zugerechnet. Ihre Hauptfunktion besteht darin, bestimmte Stoffe zu synthetisieren und diese bei sexueller Erregung dem Ejakulat im richtigen Verhältnis beizumischen.
Das Sekret, das die Bläschendrüsen herstellen, liegt im alkalischen Bereich und hebt den pH-Wert des Ejakulats an. Hierdurch werden die in den Hodenkanälchen gebildeten Spermien aus ihrer „Säurestarre“ erlöst und zur Beweglichkeit angeregt. Damit den Spermien nicht die Energie ausgeht, steht ihnen die im Ejakulat enthaltene Fructose zur Verfügung. Allerdings wird ihre Beweglichkeit vorübergehend durch ein Protein wieder künstlich gebremst, um zu verhindern, dass sie zu früh zu befruchtungsfähigen Spermien ausreifen.
Das Protein bewirkt, dass die Spermien in einer Art Gelmatrix „verpackt“ werden, die erst im weiblichen Genitaltrakt wieder abgebaut und aufgelöst wird. Der sich anschließende Ausreifungsprozess (Kapazitation) beinhaltet einen biochemischen Umbauprozess an den Zellwänden der Samenfäden. Vor allem wird ein Glykoproteinüberzug an den Zellwänden abgebaut.
Der Prozess der Kapazitation wird hauptsächlich durch ein bestimmtes Hormon ausgelöst, das sich im Zervixschleim befindet. Die Bläschendrüsen sind auch dafür verantwortlich, die Spermien im weiblichen Genitaltrakt vor einem möglichen Immunangriff zu schützen. Sie produzieren daher ein Hormon, das mögliche Immunreaktionen in der Vagina abschwächt und damit die Spermien auf ihrem Weg zum weiblichen Ei schützt.
Krankheiten
Die Fehlbildungen lassen sich auf Mutationen des CFTR (cystic fibrosis transmembrane conductance regulator) zurückführen. Weitaus häufiger ist eine akute oder chronisch verlaufende Entzündung der Bläschendrüsen (Vesiculitis), die durch Infektionen mit Bakterien, Viren oder Pilzen verursacht werden kann. Die Vesiculitis tritt meist parallel zu einer Entzündung der Prostata auf. Die Krankheit ist mit Schmerzen im Unterbauch verbunden, häufig auch mit unspezifischen Symptomen wie Fieber und Schüttelfrost.
Meist zeigt sich Blut im Ejakulat (Sperma). Zur differentialdiagnostischen Abklärung und Ausschluss eines Prostatakarzinoms oder von Tbc sind bildgebende Diagnoseverfahren wie transrektaler Ultraschall (TRUS), CT und MRT geeignet. Der unbehandelte Verlauf einer Vesiculitis kann zu einer Blasenentzündung (Zystitis), zu einem Abszess in der Bläschendrüse oder zu einer Urosepsis, einer bakteriellen Blutvergiftung, die aus dem Urogenitaltrakt über die Harnwege in das Blut übertritt, führen.
Seltene Erkrankungen der Bläschendrüsen sind das Auftreten von primären oder sekundären Zysten. Primäre Zysten sind angeboren und sehr selten. Weitaus häufiger sind die sekundären Zysten, die erworben werden und vielfach mit einer gutartigen Prostatahyperplasie assoziiert werden. Ebenfalls sehr selten kommt es zu Tumoren im Bereich der Vesikel, die in der Regel bei jüngeren Männern im sexuell aktiven Alter vorkommen.
Typische & häufige Geschlechtskrankheiten
- Chlamydien (Chlamydien-Infektion)
- Syphilis
- Gonorrhoe (Tripper)
- Feigwarzen (HPV) (Genitalwarzen)
- AIDS
- Ulcus molle (weicher Schanker)
Quellen
- Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
- Schmidt, R., et al.: Physiologie des Menschen. Springer, Heidelberg 2010
- Wolff, H.-P., Weihrauch, T.R. (Hrsg.): Internistische Therapie. Urban & Fischer, München 2012