Bleomycin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bleomycin ist ein Glykopeptid-Antibiotikum mit zytostatischen Eigenschaften. Es wird bei Plattenepithelkarzinomen, Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphomen, Hodentumoren sowie malignen Pleuraergüssen eingesetzt. Spezielle Nebenwirkungen unter Bleomycintherapie, insbesondere bei Überdosierung, sind die Lungenfibrose und Hautschädigungen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Bleomycin?

Die Einsatzgebiete von Bleomycin sind Plattenepithelkarzinome von Kopf, Hals, äußeren Genitalien und des Gebärmutterhalses sowie Hodentumoren.
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Das Medikament Bleomycin ist ein Zytostatikum, welches die DNA des Menschen durch DNA-Strangbrüche schädigt.

Es existieren im Bleomycingemisch zwei strukturell ähnliche Glykopeptide, die Derivate Bleomycin A2 und B2, wobei das Derivat A2 mit 55 - 70 % einen höheren Anteil hat.

Gewonnen wird der Wirkstoff aus dem Aktinomyceten Streptomyces verticillus, wodurch er zur Gruppe der Antibiotika gehört.

Bleomycin findet bei verschiedenen Karzinomen Verwendung. Es können aber auch starke Nebenwirkungen auftreten.

Pharmakologische Wirkung auf Körper & Organe

Bleomycin wird, je nach Erkrankung, entweder intravenös (über die Vene), intramuskulär (in den Muskel) oder intrapleural (in die Brusthöhle) verabreicht. Nach der intravenösen Medikamentengabe kommt es rasch zu einer Elimination im Blutplasma, die biphasisch verläuft. Initial beträgt die Halbwertszeit 24 Minuten und steigt dann auf 2 bis 4 Stunden an.

Inaktiviert wird der Stoff über Hydrolasen und andere niedrigmolekulare Eiweißfraktionen, die vor allem im Blutplasma, aber auch in der Leber vorkommen. In der Lunge und Haut kommen diese Hydrolysen jedoch in geringerem Umfang vor. Bleomycin wird letztlich über die Niere ausgeschieden, kann aber nicht über eine Dialyse entfernt werden.

Die Bildung von Superoxid-Radikal-Anionen ist der Hauptmechanismus in der Wirkung des Bleomycins. Es bildet in der Zelle mit Eisen-(II)-Ionen einen Bleomycin-Eisen-(II)-Komplex, der zu einer Interkalierung (Einlagerung) in die DNA führt. Zusätzlich bindet sich an das Eisen-(II)-Ion molekularer Sauerstoff, dabei wird ein Elektron an den Sauerstoff abgegeben. So folgt eine Aktivierung des Bleomycins zu einem Bleomycin-Eisen-(III)-Komplex und es entstehen gleichzeitig Superoxid-Radikal-Ionen. Aus den Superoxid-Radikal-Ionen entstehen Hydroxyl-Radikale (OH-), die zu Einzelstrangbrüchen in der DNA-Helix führen. Bei erhöhter Dosierung kommt es zu Doppelstrangbrüchen. Der Zellzyklus wird spezifisch in der G2-Phase (also kurz vor der Phase der eigentlichen Zellteilung) abgebrochen, weshalb es zu einer Translokation (Ortsänderung) der Chromosomen kommt. Da Bleomycin prinzipiell in allen Zellen des Körpers wirken kann, ist eine ungewollte mutagene Wirkung in anderen Organen während der Behandlung nicht ausgeschlossen.

Auch das Erbgut kann durch eine Bleomycintherapie geschädigt werden, sodass Männer bis zu 6 Monate nach einer entsprechenden Therapie keine Kinder zeugen sollten. Eine Spermakonservierung ist vor Therapiebeginn zu erwägen, da es zur dauerhaften Infertilität kommen kann. Frauen sollten während der Therapie nicht schwanger werden.

Medizinische Anwendung & Verwendung zur Behandlung & Vorbeugung

Bleomycin wird vorwiegend in Kombination mit anderen Chemotherapeutika verwendet. Die Einsatzgebiete sind Plattenepithelkarzinome von Kopf, Hals, äußeren Genitalien und des Gebärmutterhalses sowie Hodentumoren.

Zudem wird das Mittel im Frühstadium eines Hodgkin-Lymphomes sowie bei Erwachsenen mit Non-Hodgkin-Lymphomen mit mittelgradigem oder hochgradigem Malignitätsgrad verabreicht. Als Monotherapie wird Bleomycin palliativ bei malignen (bösartigen) Pleuraergüssen eingesetzt.


Risiken & Nebenwirkungen

Vor der Erstanwendung von Bleomycin sollte eine Testdosis von 1 mg erfolgen und der Patient mindestens 4 Stunden lang beobachtet werden, um schwerwiegende Sofortreaktionen auszuschließen. Insbesondere eine schwere allergische Reaktion ist bei Lymphompatienten gefürchtet und kann zu schweren Fieberanfällen mit Todesfolge führen.

Generell können folgende Nebenwirkungen auftreten: Übelkeit, Erbrechen, Stomatitis (Entzündung der Mundschleimhaut), Appetitlosigkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen sowie Schüttelfrost und hohes Fieber.

Speziell betrifft die Toxizität von Bleomycin vorwiegend die Lunge und die Haut. Eine besondere und ernsthafte Nebenwirkung des Bleomycins ist die Lungenfibrose, die sich aus einer chronischen Lungenentzündung entwickeln kann. Vor allem bei einer Gesamtdosis von über 300 mg kann eine Lungenfibrose auftreten und ist damit dosislimitierend. Eine vorangegangene Bestrahlung der Lunge bzw. des Brustraumes, eine vermehrte Sauerstoffgabe unter Bleomycintherapie sowie ein Lebensalter über 70 Jahre erhöht zusätzlich das Risiko einer Lungenfibrose.

Des Weiteren besteht eine Hauttoxizität in Form von Hyperkeratosen, einem Abschälen der Haut und Ulzerationen. Am ehesten wird diese Nebenwirkung durch die verminderte Aktivität der Bleomycinhydrolase, die das Medikament hinaktiviert, hervorgerufen. Nicht angewendet werden darf Bleomycin in der Stillzeit. In der Schwangerschaft darf es nur dann angewendet werden, wenn ein lebensbedrohlicher Zustand der Patientin vorliegt. Dabei kann es zu Schädigungen des Ungeborenen kommen.

Bei einer akuten Lungenentzündung, schwerer Lungenfunktionsstörung, vorbestrahlter Lunge, sowie bei Leber- und Nierenfunktionsstörungen sollte eine strenge Indikationsstellung erfolgen, da hier das Risiko, schwere Nebenwirkungen zu erleiden, deutlich erhöht ist.

Während der Bleomycintherapie sollten keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden, da es so zu einer schweren Infektionskrankheit kommen kann. Zudem kann die Antikörperbildung und damit die Wirksamkeit von Totimpfstoffen, zum Beispiel im Rahmen der jährlichen Influenzaimpfung, unter zytostatischer Therapie herabgesetzt sein.

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