GAVE-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Patienten mit GAVE-Syndrom leiden an Gefäßaufweitungen im Bereich des Magens. Diese Ektasien verursachen im späteren Verlauf Magenblutungen, die neben Teer- und Blutstuhl eine Eisenmangelanämie bedingen. Um die Blutungen zu stillen, stehen für die Patienten Behandlungen wie die Argon-Plasma-Koagulation zur Verfügung, bei der Hochfrequenzstrom ins Gewebe abgegeben wird.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das GAVE-Syndrom?

In der Magenspiegelung erkennt man das GAVE-Syndrom durch lange und streifige Rötungen, die den Streifen einer Wassermelone ähneln.
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Ektasien sind Aufweitungen an Hohlorganen oder Gefäßen, die Spindel- oder Sackform tragen können. Der Füllungszustand der Ektasie entscheidet, ob die Ausweitung prall elastisch erscheint. An Gefäßen können unterschiedliche Vorgänge eine Ektasie hervorrufen. Ein möglicher Grund für Ektasien ist das GAVE-Syndrom.

Bei der Bezeichnung handelt es sich um ein Akronym, das für G-astric A-ntral V-ascular E-ctasia steht. Die Erkrankung ist demnach durch Ektasien der Magenschleimhautgefäße gekennzeichnet, die sich vom Magenkorpus bis zum Pylorus ziehen können. Das GAVE-Syndrom betrifft das weibliche Geschlecht doppelt so häufig wie das männliche Geschlecht.

Am häufigsten sind Menschen um das 70. Lebensjahr herum vom GAVE-Syndrom betroffen. Die Erkrankung wird in der Volkssprache und der deutschsprachigen Fachliteratur auch Wassermelonenmagen genannt. Diese Bezeichnung bezieht sich auf das leitet sich rot-streifige Bild, das Patienten mit GAVE-Syndrom bei der Magenspiegelung abgeben.

Ursachen

Die genauen Entstehungsmechanismen des GAVE-Syndroms sind bislang nicht vollständig geklärt und bleiben Gegenstand der Spekulation. Wissenschaftler diskutieren derzeit verschiedene Entstehungsmechanismen. Ursächlich könnte eine Beteiligung des Bakteriums Helicobacter pylori sein. Außerdem stehen Autoimmunerkrankungen und eine Kollagenose als Ursachen zur Diskussion.

Darüber hinaus könnte eine Magenverdrehung in den Dünndarmbereich die Erscheinung erklären. Außerdem ist das Phänomen des GAVE-Syndroms mit Erkrankungen wie der portale Hypertension, der Niereninsuffizienz und der Sklerodermie assoziiert. Eine vermeintliche Verbindung scheint auch zur Leberzirrhose zu bestehen.

In der Gastroskopie wirkt das GAVE-Syndrom wie die hypertensive Gastropathie, wird aber als unabhängige Entität betrachtet. Wiese Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer, bleibt bislang unklar.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten mit GAVE-Syndrom bemerken ihre Erkrankung meist relativ spät. Die radiär sitzenden Ektasien der Magengefäße müssen im Frühverlauf nicht zwingend Symptome verursachen. Ab einem gewissen Zeitpunkt treten allerdings meist Magenblutungen ein.

Diese Blutungen führen zu einem chronischen Blutverlust. Das ausgetretene Blut wird vom Patienten über den Stuhl ausgeschieden und verursacht damit im Akutverlauf Teerstühle oder Blutstuhl. Wegen der Blutverluste entsteht eine Blutarmut. Sobald das der Fall ist, stellen sich Symptome wie Leistungsabfall, körperliche Schwäche und Müdigkeit ein.

Außerdem klagen die Patienten oft über Kopfschmerzen und Nagelveränderungen. Brüchige Nägel mit Rinnenbildung sind in diesem Zusammenhang denkbar. Im fortgeschrittenen Krankheitsbild der Anämie können wegen Einschränkungen der Herzfunktionen Herzrhythmusstörungen auftreten.

Außerdem beklagen die Betroffenen anhaltende Konzentrationsstörungen, Schwindelgefühl und Gleichgewichtsstörungen. Spätestens wenn Ohnmachtsattacken eintreten, suchen die Betroffenen in der Regel einen Arzt auf.

Diagnose

Patienten mit GAVE-Syndrom stellen dem Arzt im Regelfall die Symptomen einer Eisenmangelanämie vor. Eisenmangelanämien können viele Ursachen haben. Diese Tatsche erschwert dem Arzt die Diagnose erheblich. In der Anamnese erwähnter Teerstuhl oder Blut im Stuhl kann ein wichtiger Hinweis auf den Wassermelonenmagen sein.

Der Arzt nimmt gegebenenfalls eine Stuhlprobe, die der labordiagnostischen Analyse dient. Die Ergebnisse dieser Analyse belegen größere Mengen von Blut. Die Verdachtsdiagnose GAVE-Syndrom wird immer wahrscheinlicher. Um die Verdachtsdiagnose zweifellos zu sichern, kann eine Gastroskopie erfolgen.

In der Magenspiegelung erkennt man das GAVE-Syndrom durch lange und streifige Rötungen, die den Streifen einer Wassermelone ähneln. Die Prognose hängt für Patienten mit GAVE-Syndrom vom Zeitpunkt der Diagnosestellung und dem Ausmaß der chronisch subakuten und gastrointestinalen Blutung ab.

Komplikationen

In den meisten Fällen wird das GAVE-Syndrom erst spät diagnostiziert, weswegen erst eine späte Behandlung möglich ist. Ohne Diagnose und Behandlung kommt es durch das Syndrom in der Regel zu Blutungen im Magen, welche schwerwiegende Komplikationen haben können. Ebenso befindet sich oft Blut im Stuhlgang, was bei vielen Patienten zu Angst und Panikattacken führen kann.

Ebenso leidet der Betroffene an einem allgemeinen Krankheitsgefühl und an einer Schwäche. Auch Kopfschmerzen treten nicht selten auf und schränken den Alltag des Patienten extrem ein. Weiterhin kann es zu Beschwerden am Herzen kommen, sodass körperlich anstrengende Aktivitäten nicht mehr durchgeführt werden können. Es kommt häufig zu Schwindel und zu Störungen des Gleichgewichtes. Oft leidet der Patient auch an Bewegungsstörungen.

Die Behandlung des GAVE-Syndroms erfolgt nicht kausal und kann daher nur die Symptome und Beschwerden lindern. In den meisten Fällen ist der Patient auch auf eine langfristige Behandlung angewiesen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Betroffene an einer Niereninsuffizienz leidet und dabei auf eine Dialyse angewiesen ist. In einigen Fällen kann auch eine Organtransplantation notwendig sein.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Blut im Stuhl bemerkt wird oder andere Anzeichen einer Magenblutung auftreten, sollte zeitnah ein Arzt konsultiert werden. Medizinischer Rat ist erforderlich, wenn im weiteren Verlauf noch andere Symptome des GAVE-Syndroms auftreten, wie zum Beispiel Teer- oder Blutstühle. Beschwerden wie Müdigkeit, Kopfschmerzen und Leistungsabfall deuten auf eine Blutarmut hin, die unbehandelt schwerwiegende Komplikationen nach sich ziehen kann. Darum sollte bei genannten Symptomen der Hausarzt oder ein Gastroenterologe eingeschaltet werden.

Brüchige Nägel, blasse Haut und Schwindel sind deutliche Warnzeichen, die umgehend abzuklären sind. Sollten sich Bewusstseinsstörungen bis hin zum Kreislaufzusammenbruch einstellen, muss die betroffene Person in ein Krankenhaus gebracht werden. Das GAVE-Syndrom steht mit Autoimmunerkrankungen, Kollagenose und bakteriellen Infektionen im Zusammenhang.

Patienten mit einer solchen Erkrankung sollten bei erwähnten Symptomen mit dem zuständigen Arzt sprechen. Auch Kinder, ältere und körperlich geschwächte Menschen sowie Schwangere sollten bei einem Arzt bzw. Kinderarzt vorstellig werden. Während der Behandlung ist normalerweise eine engmaschige ärztliche Überwachung erforderlich.

Behandlung & Therapie

Eine kausale Therapiemöglichkeit steht für Patienten mit GAVE-Syndrom bislang nicht zur Verfügung, da die Entstehungsmechanismen der Ektasien bisher ungeklärt sind. Aus diesem Grund lässt sich die primäre Ursache für die Ektasien nicht auflösen. Allerdings steht mit der Argon-Plasma-Koagulation eine symptomatische Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung.

Bei der Argon-Plasma-Koagulation handelt es sich um ein thermisches Hochfrequenzverfahren zur Koagulation von unterschiedlichem Gewebe. Die Koagulation dient in der Chirurgie bei verschiedenen Indikationen der Blutstillung. Im Prinzip besteht das Verfahren aus Stromstößen, die von einer kleinflächigen Elektrode in das betroffene Gewebe abgegeben werden.

Eine Neutralelektrode ruht dabei auf dem Oberschenkel des Betroffenen und führt den abgegebenen Strom wieder in das Hochfrequenzgerät zurück. Bei der Argon-Plasma-Koagulation findet die Stromübertragung mittels ionisierten Argon-Gasstrahlen statt, die in Form von Funken verwendet werden. Bei dieser Art der Koagulation initiiert die hohe Wärmeentwicklung eine Proteindenaturierung.

Die Proteine verändern dabei ihre Struktur. Der verwendete Argon-Plasmastrahl wird vom Chirurg auf die Schleimhäute gerichtet, die die höchste Leitfähigkeit besitzen. Bei dem Vorgang entweicht ein leicht brennbares Gas, falls sauerstoffreiche Atmosphäre besteht. Dieser Zusammenhang ist bei der Behandlung nicht zu bedenken, um Komplikationen zu vermeiden.

Patienten mit GAVE-Syndrom erhalten die Koagulationsbehandlung mit zeitlichen Abständen meist mehrmals, bis die Blutung gestillt ist. Die Symptome der Eisenmangelanämie legen sich nach der Blutstillung von selbst. Falls das GAVE-Syndrom allerdings im Rahmen von Erkrankungen wie Niereninsuffizienz oder Leberzirrhose auftritt, so erfolgt eine weiterführende Behandlung der jeweiligen Organerkrankung.

Niereninsuffizienz kann zunächst mit Diuretika und Dialyse begegnet werden. Patienten mit Leberzirrhose haben sämtliche lebertoxischen Stoffe zu meiden. In beiden Fällen lässt sich eine Heilung nur über Organtransplantation erreichen.

Aussicht & Prognose

Das GAVE-Syndrom hat eine ungünstige Prognose, wenn der Betroffene keine Behandlung in Anspruch nimmt. Die Schwierigkeit liegt bei der Erkrankung in einer rechtzeitigen Diagnosestellung und damit Therapiemöglichkeit. Findet aus verschiedenen Gründen keine Diagnosestellung statt, kommt es zu einem starken Blutverlust des Betroffenen.

Kraftlosigkeit und eine innere Schwäche sind die Folgen. Da zur Risikogruppe der Erkrankung Menschen in einem Lebensalter über 70 Jahren gehören, liegt im Normalfall insgesamt eine Schwächung des Organismus vor. Daher kann der hohe Blutverlust vom Körper oftmals nicht mehr ausreichend aus eigener Kraft kompensiert werden. Dem Betroffenen droht damit das vorzeitige Ableben.

Bei einer rechtzeitigen medizinischen Versorgung kommt es bei dem GAVE-Syndrom zu einer Behandlung der vorhandenen Symptome. Eine kausale Therapie findet nicht statt. Dies ist begründet durch die nicht ausreichend erforschte Ursache der Erkrankung. Aus diesem Grund ist mit den derzeitigen medizinischen Möglichkeiten und Erkenntnissen keine Heilung gegeben.

Dennoch kann in einer Langzeittherapie eine ausreichende Linderung der Beschwerden erfolgen. Dadurch wird die Gefahr der Lebenszeitverkürzung minimiert. Der Patient muss sich regelmäßigen Kontrolluntersuchungen stellen, damit Veränderungen oder Auffälligkeiten schnellstmöglich dokumentiert und behandelt werden. Findet dies in einem ausreichenden Maß statt, erhalten die Patienten mit dem GAVE-Syndrom eine gute Prognose.


Vorbeugung

Die Ätiologie des GAVE-Syndroms ist bisher weitestgehend unbekannt. Aus diesem Grund stehen keine präventiven Maßnahmen zur Verfügung.

Nachsorge

Beim GAVE-Syndrom sind die Möglichkeiten der Nachsorge in den meisten Fällen sehr stark eingeschränkt. Um weitere Komplikationen zu verhindern, ist der Betroffene in erster Linie auf eine direkte und vor allem schnelle Behandlung durch einen Arzt angewiesen. Je früher das GAVE-Syndrom dabei erkannt und behandelt wird, desto besser ist die weitere Aussicht und Prognose.

In der Regel wird das GAVE-Syndrom durch einen operativen Eingriff behandelt, wobei eine Selbstheilung nicht möglich ist. Nach einem solchen Eingriff sollte sich der Betroffene immer ausruhen und seinen Körper dabei schonen. Von anstrengenden Tätigkeiten oder anderen sportlichen Betätigungen ist auf jeden Fall abzusehen.

Häufig ist auch nach dem Eingriff noch eine Untersuchung notwendig, um weitere Schäden zu erkennen. Sollte es durch das GAVE-Syndrom zu einer Insuffizienz der Nieren gekommen sein, ist der Betroffene meist auf eine Dialyse angewiesen.

Bei der Dialyse benötigen die meisten Betroffenen auch Unterstützung durch ihre Freunde und die Familie, wobei eine vollständige Heilung erst durch die Transplantation des Organs erreicht werden kann. Aus diesem Grund ist die Lebenserwartung des Betroffenen durch das GAVE-Syndrom relativ stark eingeschränkt oder verringert.

Das können Sie selbst tun

Die Betroffenen sind in jedem Fall auf eine medizinische Behandlung angewiesen, um weitere Beschwerden und Komplikationen zu vermeiden, da dem Syndrom nicht vorgebeugt werden kann.

Da das Syndrom sehr häufig zu einer dauerhaften Müdigkeit und Abgeschlagenheit des Patienten führt, sollte sich der Betroffene schonen und keine anstrengenden Tätigkeiten verrichten. Die Blutarmut sollte dabei ausgeglichen werden. Hierbei eignen sich in erster Linie Bluttransfusionen, wobei die Blutbildung allerdings auch durch verschiedene Nahrungsmittel und Spurenelemente angeregt werden kann.

Sollte der Betroffene an einem akuten Ohnmachtsanfall leiden, so muss ein Notarzt gerufen werden. Bis zum Eintreffen des Notarztes ist die Atmung des Patienten und eine stabile Seitenlage sicherzustellen. Bei Störungen des Gleichgewichtes kann die Benutzung von Gehhilfen sinnvoll sein, um weitere Unfälle und damit Komplikationen zu vermeiden.

Sollte der Patient durch das GAVE-Syndrom auf eine Dialyse angewiesen sein, so können Freunde und Familie diesen während der Sitzung begleiten. Damit können mögliche psychische Beschwerden gelöst werden. Im Allgemeinen wirkt sich die Unterstützung der Familie und der Freunde sehr positiv auf den Verlauf des GAVE-Syndroms aus.

Quellen

  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Messmann, H.: Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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