Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom) werden Kreuzschmerzen bezeichnet, die im Bereich des unteren Rückens auftreten. Das Iliosakralgelenk verbindet mittels Bänder die Hüftknochen mit dem Kreuzbein. Das Iliosakralgelenk-Syndrom kann sowohl bei jungen als auch bei älteren Menschen auftreten.
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Was ist ein Iliosakralgelenk-Syndrom?
Das Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom) ist eine schmerzhafte Erkrankung im Bereich des unteren Rückens. Das Iliosakralgelenk ist kein bewegliches Gelenk wie z. B. das Knie. Es dient als Verbindung zwischen dem Kreuzbein und den Hüftknochen. Durch die starre Fixierung mittels Bänder ist die Beweglichkeit des ISG stark eingeschränkt.
Das Kreuzbein befindet sich zwischen den Lendenwirbeln und dem Steißbein und besteht aus fünf Wirbeln, die jedoch miteinander verwachsen sind. Beim Iliosakralgelenk-Syndrom verschieben sich die Gelenkflächen gegeneinander. Dies ist häufig mit sehr starken Schmerzen und einer Bewegungseinschränkung verbunden.
Da vor allem auf den unteren Bereich der Wirbelsäule eine große Belastung einwirkt, treten Schmerzen und auch degenerative Veränderungen in diesem Bereich häufig auf. Das Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom) zählt mit zu den häufigsten Formen von Rückenschmerzen.
Ursachen
Eine weitere Ursache können Erkrankungen sein. Morbus Bechterew, rheumatische Arthritis oder auch Osteoporose können ein Iliosakralgelenk-Syndrom auslösen. Auch bakterielle Infektionen, häufig z. B. bei Lyme Borreliose, können Entzündungen im Iliosakralgelenk hervorrufen.
Oftmals tritt ein Iliosakralgelenk-Syndrom während der Schwangerschaft auf, da während dieser Zeit die Muskeln als auch die Bänder im Bereich der unteren Wirbelsäule stark beansprucht werden.
Bei Kreuzschmerzen darf auch der psychische Faktor nicht außer Acht gelassen werden. Stress und andere psychische Belastungen äußern sich oftmals in Form eines Iliosakralgelenk-Syndroms.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Ein mögliches Symptom, das auf eine Ausrenkung des Iliosakralgelenks hindeutet, sind die diffusen Kreuzschmerzen. Diese werden meist von einem scharfen Schmerz im ISB begleitet, welche in die Beine, den Bauch und in den Lumbalbereich ausstrahlen können. Typisch ist auch das Gefühl des Hinkens oder Klemmens im Hüftgelenk, oft verbunden mit Bewegungseinschränkungen.
Im Allgemeinen erscheinen Becken und unterer Rücken instabil und schmerzen bei starkem Vor- oder Rückwärtsbeugen. Die Schmerzen treten vorwiegend dann auf, wenn über längere Zeit in einer Körperhaltung verweilt wurde. So kommt es nach dem Liegen, Stehen oder Sitzen zu anhaltenden Schmerzen und einer Versteifung der Muskeln, die nur langsam wieder abklingt.
Beim Liegen auf dem Rücken treten meist extreme Schmerzen auf, die von dem Gelenk in die umliegenden Körperregionen ausstrahlen. Die typischen Schmerzen können den gesamten Beckenbereich betreffen. Wird die Erkrankung nicht behandelt, können sich ernste Komplikationen einstellen. Die Schmerzen entwickeln sich unbehandelt zu einem chronischen Leiden, dass auch Nachts und während Ruhephasen auftritt.
Zudem können sich schwere Entzündungen einstellen, welche die Bewegungsfähigkeit der betroffenen Gelenke erheblich einschränken. Begleitend dazu treten meist auch seelische Verstimmungen und Reizbarkeit auf.
Diagnose & Verlauf
Das Iliosakralgelenk-Syndrom wird i. d. R. durch einen Orthopäden diagnostiziert. Hierbei wendet der Arzt verschiedene Untersuchungsmethoden an. Neben einer ausführlichen Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte, Schilderung der Symptome) werden Tests sowohl im Stehen als auch im Liegen durchgeführt.
Es werden das sog. Vorlaufphänomen und das Rücklaufphänomen getestet. Mit diesen Tests wird die Beweglichkeit des Iliosakralgelenks überprüft. Neben der körperlichen Untersuchung werden auch bildgebende Verfahren eingesetzt. Jedoch können Röntgenuntersuchungen ein Iliosakralgelenk-Syndrom nicht nachweisen. Röntgen, Kernspintomographie und CT werden eingesetzt, um andere Erkrankungen und Verletzungen an der Wirbelsäule und den Bandscheiben auszuschließen.
Mittels einer Blutuntersuchung lässt sich feststellen, ob eine Entzündung vorliegt. Mithilfe eines Knochenszintigramms kann man die Entzündung im Bereich des IS-Gelenkes sichtbar machen. Wird ein Iliosakralgelenk-Syndrom diagnostiziert, bleibt die Erkrankung i. d. R. nicht auf das IS-Gelenk beschränkt, sondern Hüfte und Lendenwirbelsäule werden im Laufe der Zeit ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen.
Der Verlauf bei einem Iliosakralgelenk-Syndrom ist unterschiedlich zu bewerten, da dieser abhängig von der Ursache als auch der Behandlung ist. Oftmals treten die Beschwerden nur für einen kurzen Zeitraum auf und bessern sich mithilfe von Medikamenten und Krankengymnastik. Bei ca. 30 Prozent aller Betroffenen entwickelt sich das Iliosakralgelenk-Syndrom zu einer chronischen Erkrankung.
Komplikationen
Der Alltag des Betroffenen wird durch das Iliosakralgelenk-Syndrom eingeschränkt und viele körperliche Tätigkeiten oder sportliche Aktivitäten können nicht mehr ausgeführt werden. Falls die Schmerzen auch in Form von Ruheschmerzen nachts auftreten, kann es dadurch zu Schlafstörungen kommen. Eine langfristige Behandlung der Schmerzen mit Hilfe von Schmerzmitteln ist dabei nicht zu empfehlen, da diese sich negativ auf den Magen auswirken.
Im Falle von Entzündungen können Antibiotika und andere Medikamente eingesetzt werden, um diese zu stoppen. Dabei treten keine weiteren Komplikationen auf. Der Betroffene ist allerdings auf eine Physiotherapie angewiesen, um die Beschwerden zu behandeln. Hierbei kommt es allerdings nicht in jedem Fall zu einem positiven Krankheitsverlauf, sodass der Betroffene gegebenenfalls sein gesamtes Leben an Einschränkungen leiden wird. Die Lebenserwartung wird durch das Iliosakralgelenk-Syndrom nicht beeinflusst.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Ungewöhnliche Kreuz-, Rücken oder Gesäßschmerzen sollten in jedem Fall vom Hausarzt oder einem Orthopäden untersucht werden. Besteht bereits ein konkreter Verdacht auf eine ernste Erkrankung, ist eine rasche Abklärung erforderlich. Betroffene Patienten sollten mit dem Allgemeinmediziner sprechen oder mit den Symptomen eine Fachklinik aufsuchen. Da das Iliosakralgelenk-Syndrom in der Regel chronisch verläuft, ist eine engmaschige Überwachung angezeigt. Sollten sich im Rahmen der Behandlung Neben- und Wechselwirkungen einstellen, muss der zuständige Arzt informiert werden.
Dasselbe gilt, wenn die Schmerzen an Intensität zunehmen oder neue Symptome hinzukommen. Typische Warnzeichen, die sofort abgeklärt werden müssen, sind Bewegungseinschränkungen oder Lähmungserscheinungen im Bereich von Rücken und Gesäß. Personen, die an Morbus Bechterew oder an Osteoporose leiden, sind besonders anfällig für die Entstehung eines Iliosakralgelenk-Syndroms. Auch eine rheumatische Arthritis oder eine bakterielle Infektion kann die Erkrankung auslösen. Personen, die an einer dieser Krankheiten leiden, sollten mit dem Arzt sprechen, wenn die genannten Symptome und Beschwerden auftreten.
Behandlung & Therapie
Bei einem Iliosakralgelenk-Syndrom gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Zu Beginn steht auf dem Therapieplan Physiotherapie und eine Schmerztherapie. Danach muss die Ursache für die Beschwerden gefunden und adäquat behandelt werden.
Liegt eine Infektion vor, wird diese mittels Antibiotika behandelt. Als Folgeerkrankung im Rahmen einer rheumatischen Erkrankung werden meist Kortisonpräparate in Verbindung mit Schmerzmitteln verabreicht, da diese am wirkungsvollsten sind.
Liegen sehr starke Schmerzen vor, kann ein Betäubungsmittel in den Gelenkspalt injiziert werden. Dies lindert die Beschwerden und die Beweglichkeit wird dadurch auch verbessert, da durch das Injizieren von Flüssigkeit die Gelenkflächen nicht mehr gegeneinander reiben.
Die Physiotherapie wird sowohl als Sofortmaßnahme angewandt, als auch als Langzeittherapie. Besonders bewährt haben sich hier Reizstrombehandlungen, Wärmeanwendungen, krankengymnastische und ergotherapeutische Übungen, Unterwassergymnastik, usw. Ziel der Physiotherapie ist es, die Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit wieder herzustellen und Fehlhaltungen zu korrigieren. Da bei einem Iliosakralgelenk-Syndrom das Gelenk blockiert ist, kann mithilfe einer manuellen Therapie versucht werden, die Blockierung zu lösen.
Bewährt haben sich beim Iliosakralgelenk-Syndrom auch sog. alternative Behandlungsmethoden. Yoga, progressive Muskelentspannung als auch Akupunktur bieten eine gute Alternative zur Schulmedizin.
Aussicht & Prognose
Die Prognose beim ISG-Syndrom unterscheidet sich von Patient zu Patient. So spielen unter anderem das Alter der Betroffenen sowie die Ausprägung der Erkrankung und die gewählten Therapiemaßnahmen eine entscheidende Rolle für den Krankheitsverlauf. Ein ISG-Syndrom, das noch nicht lange besteht, hat die beste Prognose. Es lässt sich zumeist mithilfe von Physiotherapie und gezielter Bewegung behandeln. Auch spontane Besserungen zeigen sich bei dieser Form des ISG-Syndroms häufiger.
Ein ISG-Syndrom, das bereits über einen längeren Zeitraum besteht, lässt sich hingegen nur schwer behandeln. Trotz sportlicher Betätigung, Massagen oder Physiotherapie leiden die Patienten fortwährend unter Schmerzen. Hinsichtlich der Schmerzqualität und der Schmerzquantität gibt es jedoch auch hier Unterschiede. Während einige Patienten nur bei Überanstrengung Schmerzen im ISG-Bereich verspüren, klagen andere Betroffene auch im Ruhezustand über Schmerzen. Die Schmerzqualität variiert dabei von kaum merkbar bis hin zu sehr stark.
Vor allem bei jüngeren Patienten im Alter zwischen 15 und 40, zeigt das ISG-Syndrom trotz angemessener Behandlung kaum eine Besserung. Die Lebensqualität und der Alltag der Betroffenen leiden stark darunter. Nicht selten sind sie auf eine lebenslange Einnahme von Schmerzmedikamenten angewiesen, um ihren Alltag zu bewältigen. In einigen Fällen sind die üblichen Schmerzmedikamente beim ISG-Syndrom jedoch nur sehr schwach wirksam, sodass die Patienten lernen müssen, mit dem Schmerz zu leben.
Vorbeugung
Es gibt mehrere Möglichkeiten, um einem Iliosakralgelenk-Syndrom vorzubeugen. Sportliche Betätigung ist ein Muss, sowie die Vermeidung von Übergewicht. Des Weiteren ist es sinnvoll eine sog. Rückenschule zu besuchen. Diese wird von allen Krankenkassen angeboten bzw. man kann diese beim Physiotherapeuten erlernen.
Dies sind spezielle Übungen für den Rücken. Mit deren Hilfe lernt man, Fehlhaltungen und Fehlbelastungen zu erkennen und zu vermeiden. Wichtig: Hat man bereits Schmerzen, so sollte man sich leicht bewegen, denn der Ruhezustand kann ein Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom) noch verschlimmern.
Nachsorge
Die Nachsorge des Iliosakralgelenk-Syndroms richtet sich nach dem Grad der Erkrankung sowie nach dem Alter des Patienten. Bei einer frühen Diagnose lassen sich die Beschwerden recht gut lindern. Bei der Nachbehandlung geht es vor allem um die gezielte Physiotherapie. Diese hilft mit den richtigen Bewegungen, das Gelenk einerseits beweglich zu machen und andererseits zu stabilisieren.
Für die Betroffenen sind sportliche Aktivitäten unersetzlich, auch, um ein eventuelles Übergewicht zu vermeiden. Abhängig von der Problematik kann der Arzt die Teilnahme an einer Rückenschule empfehlen. Diese bieten teilweise Krankenkassen an, doch auch eine individuelle Physiotherapie ist hilfreich. Mit den gesundheitsfördernden Übungen stärken die Betroffenen ihren Rücken und lernen die ideale Haltung.
Ein bewusster Umgang mit dem eigenen Körper verhindert weitere Fehlbelastungen und wirkt sich entsprechend positiv auf die Lebensqualität aus. Auch wenn die Patienten Schmerzen verspüren, sollten sie sich ausreichend bewegen und nicht langfristig Schmerzmittel einnehmen. Im Ruhezustand verschlimmert sich das betroffene Gelenk womöglich noch. Für die Nachsorge empfehlen die Ärzte oft Wärmeanwendungen oder spezielle Entspannungsmethoden wie Yoga. Auch sanfter Sport verbessert die Rückenmuskulatur, woraufhin die Symptome zurückgehen. Die Übungen eignen sich nach einer intensiven Einführung auch für zuhause.
Das können Sie selbst tun
In erster Linie wirken sich verschiedene Wärmeanwendungen sehr positiv auf die Beschwerden aus und können die Schmerzen lindern. Auch entspannende Übungen wie Yoga oder andere leichte Sportarten können dabei die Rückenmuskulatur stärken und die Symptome verringern. Akupunktur kann sich hierbei ebenfalls positiv auf den Verlauf des Iliosakralgelenk-Syndroms auswirken. Weiterhin sind viele Patienten auch auf Krankengymnastik oder auf Physiotherapie angewiesen. Diese Übungen können häufig auch zuhause durchgeführt werden, sodass die Bewegung wiederhergestellt wird. Der Patient sollte weiterhin beachten, dass eine langfristige Einnahme von Schmerzmitteln nicht empfehlenswert ist, da diese den Magen schädigen kann. Die Einnahme von Schmerzmitteln sollte daher immer mit dem Arzt abgestimmt sein.
Die Beschwerden des Iliosakralgelenk-Syndroms können auch durch eine Unterwassergymnastik eingeschränkt werden. Diese Übungen werden in der Regel in einer Gruppe durchgeführt, können allerdings auch alleine durchgeführt werden. Bei starken Schmerzen sollte sich der Patient allerdings an einen Mediziner wenden, da diese mit einem Betäubungsmittel gelindert werden können. In den meisten Fällen kommt es beim Iliosakralgelenk-Syndrom zu einem positiven Krankheitsverlauf.
Quellen
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Heidelberg 2013
- Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014