Interleukine
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Interleukine bilden eine Untergruppe der Zytokine, zelluläre Botenstoffe, die das Immunsystem steuern. Es handelt sich bei den Interleukinen um kurzkettige Peptidhormone mit 75 bis 125 Aminosäuren. Sie steuern hauptsächlich den lokalen Einsatz der Leukozyten an Entzündungsherden, allerdings können sie auch systemische Wirkung haben wie bei der Auslösung von Fieber.
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Was sind Interleukine?
Interleukine (IL) sind kurzkettige Peptidhormone mit 75 bis zu 125 Aminosäuren. Sie bilden eine von mehreren Unterklassen der Zytokine, die die Steuerung der Immunabwehr übernehmen. Interleukine haben als Botenstoff ein ähnliches Einsatzspektrum wie Interferone, die ebenfalls eine Unterklasse der Zytokine bilden.
Allerdings sind Interleukine besonders auf die Steuerung der Leukozyten spezialisiert. Einige Interleukine zeigen auch systemische Wirkung, indem sie beispielsweise Fieber auslösen können, während Interferone mehr auf die Abwehr von Viren spezialisiert sind und antitumorale Fähigkeiten haben. Im Gegensatz zu Neurotransmitter sind Interleukine und Interferone auf die Kommunikation mit Zellen des Immunsystems untereinander und mit Gewebezellen spezialisiert. Ihre Hauptwirkung spielt sich meist lokal im Gewebe ab.
Zur Kommunikation mit Zellen des Immunsystems oder mit Gewebezellen müssen Interleukine nicht in die Zellen eindringen, sondern sie docken lediglich an spezifische Rezeptoren der Zellen an, was ausreicht, um die Immunzellen zur Proliferation, zur Ausdifferenzierung und zur Aktivität zu veranlassen.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
Die Basisaufgaben bestehen darin, bei Bedarf Zellen des Immunsystems zur Ausreifung, zum Wachstum und zur Teilung, also zur Vermehrung, anzuregen. Dazu gehört auch der gegenteilige Prozess, die Aufhebung bestimmter Immunreaktionen. Interleukin-1 hat die Möglichkeit, bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen Fieber, zu erzeugen. IL-1 zählt daher zusammen mit dem IL-6 und dem Tumornekrosefaktor zu den sogenannten Pyrogenen. Das IL-2 ist auf Stimulation, Proliferation und Ausdifferenzierung von T-Helferzellen, B-Zellen und Natürlichen Killerzellen spezialisiert. Die wichtigste Aufgabe des IL-3 besteht in der Aussendung von Stimulationsreizen, die bestimmte pluripotente Stammzellen zu Erythrozyten, Granulozyten oder anderen Zellen des Immunsystems heranreifen lassen.
Auch IL-4 hat die Fähigkeit, auf T-Zellen Proliferations- und Differenzierungsanreize zu übertragen, aber gleichzeitig wirkt es auch hemmend auf die Aktivität von Makrophagen. IL-4 hat damit auch eine antiinflammatorische Wirkung. Zielzellen bestimmter Interleukine können neben allen Zellarten, die dem Immunsystem angehören, auch Stromazellen oder Fibroblasten sein wie bei IL-17. Für eine Modulation der Entzündungsvorgänge in der Haut steuert das Interleukin-20 wahrscheinlich direkt die Immunantwort der Keratinozyten in der obersten Schicht der Haut.
Einige wenige Interleukine wie IL-28 und IL-29 erkennen durch Viren infizierte Zelllinien. Das IL-24 ist wahrscheinlich das einzige Interleukin, das Tumorzellen erkennen kann und eine tumorhemmende Wirkung durch Wachstumshemmung und Veranlassung der Zellapoptose, des selbstindizierten Zelltodes, entfaltet.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
Die meisten Interleukine werden von Zellen mit immunologischer Relevanz vorwiegend in den interzellulären Bereich ausgeschüttet, wo sie an die sezernierende Zelle selbst oder an andere Zellen des Immunsystems andocken können. Nur in wenigen Ausnahmefällen besetzen spezialisierte Interleukine Rezeptoren von Zellen, die nicht dem Immunsystem angehören.
Eine Ausnahme bildet beispielsweise das IL-33, das in Lunge und Haut freigesetzt wird, an Rezeptoren der IL-1 Familie andocken kann. Die Zielzellen sind wie bei IL-4, IL-5 und IL-13 meist T-Zellen und zum Teil auch Eosinophile und Mastzellen. Prinzipiell steht bei Interleukinen die Kommunikation zwischen den Zellen im Vordergrund. Es handelt sich meist um eine kleinräumig, lokal wirkende Kommunikation, wobei in Ausnahmefällen auch systemische Wirkungen erzielt werden. Einige Interleukine ähneln Wachstumsfaktoren, weil ihr Einfluss auf T-Zellen, Monozyten und Lymphozyten dem von Wachstumsfaktoren vergleichbar ist.
Aufgrund der hohen Dynamik, die sich aus den wechselnden Anforderungen an das Immunsystem ergibt, ist die Angabe eines Referenzwertes oder eines optimalen Wertes für ihr Vorkommen im Körper nicht sinnvoll. Probleme können sich allerdings durch eine reduzierte oder eine überbordende Sezernierung, wie sie etwa bei allergischen Reaktionen beobachtet wird, einstellen.
Krankheiten & Störungen
In einigen Fällen ist allerdings nicht die Sezernierung der Zytokine gestört, sondern das Problem liegt bei gestörten Rezeptoren, an denen Interleukine und andere Zytokine nicht andocken können. Die Immunreaktion bei Entzündungen im Gewebe wird von IL-1 dominiert. Als entzündungsfördernder Signalstoff kann seine Aktivität krankhaft gesteigert sein, so dass nicht nur abgestorbenes Körpergewebe phagozytiert und abtransportiert, sondern dass auch gesunde Zellen angegriffen werden und Krankheiten wie Rheuma und Arthrose in Gelenken verursacht werden. In diesen Fällen kann ein Antagonist zum IL-1 helfen, der die Immunantwort durch das IL-1 eindämmt.
Auch bei anderen Autoimmunkrankheiten wie Morbus Crohn, MS und Psoriasis können Antagonisten zum IL-1 zum Einsatz kommen. Weil Interleukine aus relativ kurzkettigen Proteinen oder Polypeptiden bestehen, können die meisten von ihnen auch die Blut-Hirn-Schranke überwinden. In einigen Fällen übernehmen den Transport spezialisierte Astrozyten. Wenn auch keine direkte Spezifität der einzelnen Interleukine bezüglich Schizophrenie und Depressionen besteht, lassen sich beispielsweise deutliche Zusammenhänge zwischen einer Hypersezernierung von IL-2 bei Schizophrenie und von IL-6 bei Depressionen finden. Interleukine und andere Zytokine üben starken Einfluss auf Neurotransmitter wie Dopamin, Serotonin, Adrenalin, Noradrenalin und andere aus.
Quellen
- Christen, P., Jaussi, R., Benoit, R.: Biochemie und Molekularbiologie. Springer, Berlin 2016
- Koslowski, H., Fiehring, C., Zöllner, H.: Labordiagnostik von Stoffwechselerkrankungen. Books On Demand Verlag, Norderstedt 2003
- Reuter, P.: Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin 2004