Klitorishypertrophie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Klitorishypertrophie wird in der Medizin eine abnormale Vergrößerung der Klitoris verstanden. Frauen leiden hierbei unter einer Klitoris, die teilweise durch ihre ungewöhnliche Größe dem männlichen Penis ähnelt. In vielen Fällen handelt es sich um eine angeborene Fehlbildung. Sie kann sich jedoch auch im Laufe des Lebens aus unterschiedlichsten Gründen entwickeln.
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Was ist eine Klitorishypertrophie?
Die Klitorishypertrophie wird ebenfalls unter dem Begriff Megaloklitoris oder Klitoromegalie geführt. Die Fehlbildung wird in vier Klassen unterteilt:
- eine hormonell bedingte Klitorishypertrophie
- eine nicht-hormonell bedingte Klitorishypertrophie
- eine Pseudo-Klitoromegalie
- idiopathische Klitoromegalie
Die Gründe für die Entstehung einer Klitorishypertrophie sind vielfältig. Die häufigste Ursache für die Entstehung dieser Fehlbildung des weiblichen Genitals ist eine hormonelle Störung. Diese tritt sehr häufig bei jüngeren Mädchen auf. In den meisten Fällen besteht ein Defekt des Enzyms CYP21. Dieses Enzym beeinflusst die hormonellen Prozesse im Körper. Folge ist ein reduzierter Abbau des Steroidhormons Progesteron.
Hierdurch werden sowohl Androstendion als auch Testosteron übermäßig produziert. Durch diese vermehrte Bildung von Androgenen wird eine Vermännlichung weiblicher Personen verursacht.
Ursachen
Tritt diese Störung vor der 14. Schwangerschaftswoche auf, kann ein ausgeprägter Hermaphroditismus die Folge sein. Grundsätzlich hängt die Ausprägung der späteren Klitorishypertrophie vom Zeitpunkt, der Intensität sowie Dauer der Beeinflussung durch die Androgene ab.
Eine Vergrößerung der Klitoris kann weiterhin durch Tumore mit androgener Wirkung ausgelöst werden. Die bösartigen Neubildungen sind nicht nur im Bereich der Eierstöcke wie der Hilus-Zelltumor und der Leydig-Zelltumore zu finden.
Auch können Krebserkrankungen der Nebenniere, Gonadentumore, die Steroide produzieren sowie Karzinosarkome in der Harnblase maskulinisierende Auswirkungen haben. Darüber hinaus zählen das Cushing Syndrom, das Fraser-Syndrom, die Gonadendysgenesie, das Turner-Syndrom sowie die Neurofibromatose zu den Krankheiten, die eine Klitoromegalie hervorrufen können.
Die Klitorishypertrophie kann daneben auch durch mechanische Reize entstehen. Permanentes Reiben des Kitzlers kann Entzündungen hervorrufen. Eine Vergrößerung des Präputiums und inneren Schamlippen kann eine Pseudo- Klitorishypertrophie vermuten lassen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das typische Anzeichen einer Megaloklitoris stellt die übermäßige Vergrößerung der Klitoris dar. Diese kann soweit ausgeprägt sein, dass die Klitoris wie ein kleiner Penis ausschaut. Es ist möglich, dass weitere androgene Merkmale wie eine starke männliche Behaarung auftreten. Neben der vergrößerten Klitoris können ebenfalls Veränderungen der äußeren Genitalien auftreten.
Leiden Patientinnen unter einer sehr ausgeprägten Maskulinisierung kann es bei einer Klitorishypertrophie zum Auftreten hodenartiger Schamlippen und zum Verschließen der Vagina oder des Urogenitalkanals kommen. Liegen der Vergrößerung der Klitoris andere Ursachen zugrunde, können die Symptome der Grunderkrankung ebenfalls auftreten.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Ein Frauenarzt kann durch eine gynäkologische Untersuchung feststellen, ob eine anatomische Fehlbildung des weiblichen Genitals vorliegt. Zunächst wird hierbei eine Erhebung der Anamnese durchgeführt. Hinsichtlich des Krankheitsbildes wird ein besonderes Augenmerk auf die Einnahme von Medikamenten gelegt. Hierdurch wird ausgeschlossen, ob eine Exposition mit Androgenen durch beispielsweise Doping vorliegt.
Über einen Abstrich wird anschließend eine mikroskopische Untersuchung des Scheiden- und Gebärmutterhalssekretes durchgeführt. Die Zellstrukturen geben Aufschluss über den Hormonhaushalt. Es können weitere Untersuchungen notwendig sein. Um die Diagnose einer Klitorishypertrophie zu sichern, wird eine umfangreiche Hormonuntersuchung durchgeführt. Hierfür muss eine Blutprobe entnommen werden. Durch eine Ultraschalluntersuchung kann der Gynäkologe weiterhin feststellen, ob ein Tumor an den Eierstöcken vorhanden ist.
Eine Kernspintomografie oder Magnetresonanztherapie der Nebenniere können erforderlich sein. Da eine signifikante postnatale Vergrößerung der Klitoris häufig aufgrund einer erheblichen hormonalen Stimulation entsteht, muss das Vorliegen anderer androgenproduzierender Tumore ebenfalls ausgeschlossen werden. Liegen keine bösartigen Neubildungen vor, müssen die Betroffenen auf weitere Erkrankungen mit androgener Wirkung wie das Cushing- oder Fraser-Syndrom untersucht werden.
Komplikationen
In den meisten Fällen führt die Klitorishypertrophie in erster Linie zu psychischen Beschwerden. Die Patientinnen fühlen sich in ihrem Körper nicht wohl und leiden nicht selten an Minderwertigkeitskomplexen und an einem verringerten Selbstwertgefühl. Weiterhin können auch Depressionen und andere psychische Verstimmungen aufgrund der Krankheit auftreten.
Auch das sexuelle Leben ist durch die Klitorishypertrophie stark eingeschränkt, da sich die Frauen in der Regel für die Beschwerde schämen. Ebenso kommt es zu einer starken Körperbehaarung, die als unangenehm empfunden werden kann. Die Lebensqualität wird durch die Klitorishypertrophie erheblich eingeschränkt. Sollte der Grund für diese Krankheit ein Tumor sein, so muss dieser entfernt werden.
Dabei kann es in manchen Fällen auch zu einem negativen Krankheitsverlauf kommen, wenn sich die Krebserkrankung schon in andere Regionen des Körpers ausgebreitet hat. Durch einen operativen Eingriff können die Beschwerden allerdings korrigiert werden. Es kann allgemein nicht vorausgesagt werden, ob es zu einer verringerten Lebenserwartung des Patienten kommt.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Zumeist ruft eine Klitorishypertrophie keine ernsten Beschwerden hervor. Ein Arztbesuch ist zu empfehlen, wenn die Fehlbildung seelische Probleme verursacht oder allgemein als unangenehm empfunden wird. Eltern, die bei ihrem Kind eine Veränderung im Verhalten oder andere Auffälligkeiten bemerken, sollten die Ursache ermitteln. Da die Erkrankung von den Betroffenen oft verheimlicht wird, kann bei einem Verdacht ein Besuch beim Frauenarzt vorgeschlagen werden. Sollten sich aufgrund der Fehlbildung körperliche Beschwerden einstellen, ist ebenfalls ärztlicher Rat gefragt.
Entzündungen oder Schmerzen im Intimbereich müssen medizinisch abgeklärt und behandelt werden. Wenn weitere Symptome hinzukommen, liegt der Klitorishypertrophie womöglich ein ernstes Leiden zugrunde, das diagnostiziert werden muss. Betroffene Mädchen und Frauen sollten einen Gynäkologen aufsuchen. Die eigentliche Behandlung erfolgt meist im Krankenhaus und die Operation wird von einem Chirurgen durchgeführt. Nach dem Eingriff sollte enge Rücksprache mit den zuständigen Ärzten gehalten werden. Bei hormonellen Ursachen sollte ein Endokrinologe bzw. ein Hormon- und Stoffwechselzentrum aufgesucht werden.
Behandlung & Therapie
Bei einer diagnostizierten Fehlbildung der Klitoris muss geklärt werden, ob die Erkrankung isoliert oder als Bestandteil eines Symptomenkomplexes oder eines Syndroms zu betrachten ist. Die eigentliche Ursache der Klitoromegalie muss daher explizit erkannt werden. Eine Klitorishypertrophie kann letztlich durch einen operativen Eingriff korrigiert werden.
Durch die plastisch-chirurgischen Operationstechniken können sowohl eine anschließende sexuelle Stimulation sowie ein späteres unauffälliges Aussehen gewährleistet werden. Da eine krankhafte Veränderung des Genitals für die betroffenen Mädchen sehr belastend sein kann, sollte eine spätere psychotherapeutische Behandlung in Betracht gezogen werden.
Liegen hormonproduzierende Tumore als Ursache vor, müssen diese meist operativ entfernt werden. Teilweise können kombinatorische Verfahren wie Chemotherapie und Bestrahlung notwendig sein. Sind bestimmte Enzymdefekte für die Fehlbildung verantwortlich, ist eine Hormonbehandlung indiziert. Diese Therapie wirkt hemmend auf die Produktion der Androgene in den Eierstöcken sowie Nebennieren.
Aussicht & Prognose
Die Prognose der Klitorishypertrophie ist gebunden an die ursächliche Störung. In den meisten Fällen ist die Aussicht auf eine Heilung günstig. Liegt eine Fehlbildung der Klitoris vor, kann diese durch einen operativen Eingriff korrigiert werden. Es ist irrelevant, ob die Missbildung angeboren ist oder sich aufgrund eines Unfalls entwickelt hat. Eine Korrektur ist in beiden Fällen gleichermaßen möglich und wird in nahezu allen Fällen erfolgreich durchgeführt.
Wie jede Operation ist auch diese mit verschiedenen Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Dennoch sind sie vergleichsweise gering und überschaubar. Bei einigen Betroffenen können Probleme in der Wundheilung auftreten, die zu einer Verlängerung des Heilungsweges führen. Läuft der Eingriff ohne weitere Komplikationen, kann die Patientin innerhalb kurzer Zeit als genesen aus der Behandlung entlassen werden. Ein Wiederauftreten der Klitorishypertrophie im Verlauf des Lebens geht in diesen Fällen als unwahrscheinlich.
Basiert die Klitorishypertrophie auf einer Tumorerkrankung, verschlechtert sich die Prognose erheblich. Je nach Stadium der Krebserkrankung findet eine Chemotherapie oder Bestrahlung statt. Der Tumor muss letztlich entfernt werden, damit eine Linderung der Beschwerden erfolgen kann. Bei einem ungünstigen Krankheitsverlauf droht der Patienten das vorzeitige Ableben, da sich die Krebs seinem Organismus ausbreiten können. Darüber hinaus ist die Krebstherapie mit zahlreichen Nebenwirkungen und Beeinträchtigungen der Lebensqualität verbunden.
Vorbeugung
Die Entwicklung einer Klitorishypertrophie kann präventiv nicht abgewendet werden. Die angeborene Fehlbildung kann lediglich unmittelbar nach der Geburt im Rahmen der Erstuntersuchung diagnostiziert werden. Um die psychische Belastung durch eine Verkleinerung der Klitoris möglichst gering halten zu können, sind ein frühes Erkennen, das Diagnostizieren sowie eine adäquate Behandlung von größter Bedeutung. Eltern sollten daher zwingend die routinemäßigen Vorsorgeuntersuchungen ihrer Kinder wahrnehmen.
Nachsorge
In den meisten Fällen muss bei einer Klitorishypertrophie keine direkte Nachsorge mehr erfolgen, da die Krankheit nicht immer behandelt werden muss und damit auch nicht immer behandelt wird. Nur in schwerwiegenden Fällen oder bei einer starken Verringerung der Ästhetik sollte die Klitorishypertrophie behandelt werden.
In vielen Fällen kann die Krankheit selbst durch einen operativen Eingriff wieder relativ gut behandelt werden. Nach einem solchen Eingriff sollte sich die Betroffene ausruhen und ihren Körper schonen. Dabei sollten Anstrengungen oder andere körperliche und stressige Tätigkeiten vermieden werden, damit der Körper nicht unnötig belastet wird. Falls die Klitorishypertrophie durch einen Tumor aufgetreten ist, sollten noch regelmäßige Untersuchungen durch einen Arzt erfolgen.
Dadurch können andere mögliche Tumore schon früh erkannt und behandelt werden, damit sich die Tumore nicht im Körper der Frau ausbreiten. Ebenso ist in vielen Fällen eine intensive psychologische Behandlung notwendig, um Depressionen oder andere psychische Verstimmungen zu verhindern. Dabei eigenen sich vor allem liebevolle und intensive Gespräche mit der eigenen Familie. In der Regel verringert die Klitorishypertrophie dabei nicht die Lebenserwartung der Patientin.
Das können Sie selbst tun
Der Umgang mit einer Klitorishypertrophie im Alltag hängt in erster Linie davon ab, welche Ursache ihr zu Grunde liegt und inwiefern diese therapiert wird. Zumeist steht die Behandlung und der Umgang mit der zugrundeliegenden Grunderkrankung, sofern eine solche vorliegt, im Vordergrund.
Unabhängig von dieser leiden die betroffenen Mädchen in vielen Fällen vor allem unter psychischen Beschwerden und Schamgefühlen durch die Fehlbildung des Genitals. Wichtig ist es, das Selbstwertgefühl und -bewusstsein zu stärken, Ängste zu nehmen und gegebenenfalls auch psychotherapeutische Hilfe anzunehmen. Für die Klitorishypertrophie selbst gibt es keine Mittel zur Selbsthilfe, jedoch kann die Lebensqualität der Betroffenen im Alltag durch die genannten Maßnahmen verbessert werden.
Je nach Ausprägung und Ursache der Klitorishypertrophie ist es sowohl für Betroffene als auch für die Eltern betroffener Mädchen zudem ratsam, sich über die verschiedenen Möglichkeiten der Behandlung und Therapie zu informieren. Auch gibt es inzwischen in einigen Städten, Internetforen und verschiedenen sozialen Netzwerken Selbsthilfegruppen, über die sich die Betroffenen oder Eltern betroffener Mädchen miteinander austauschen können.
Quellen
- Goerke, K., Steller, J., Valet, A.: Klinikleitfaden Gynäkologie. Urban & Fischer, München 2003
- Kaufmann, M., Costa, S.-D., Scharl, A. (Hrsg.): Die Gynäkologie. Springer, Berlin 2013
- Weyerstahl, T., Stauber, M.: Gynäkologie und Geburtshilfe, duale Reihe. Thieme, Stuttgart 2013