Orale Vorbereitungsphase

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die orale Vorbereitungsphase ist ein Teil des Schluckvorgangs und bringt einen Nahrungsbissen in den schluckfertigen Zustand. An diese Phase schließt sich die orale Transportphase an, bei der der Schluckreflex ausgelöst wird. Störungen der oralen Vorbereitung liegen zum Beispiel bei abnormaler Speichelproduktion vor.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die orale Vorbereitungsphase?

Die orale Vorbereitungsphase ist ein Teil des Schluckvorgangs und bringt einen Nahrungsbissen in den schluckfertigen Zustand.

Der Schluckakt ist ein menschlicher Reflex, der durch Berührungsreize im Bereich des Zungengrunds ausgelöst wird. Insgesamt besteht der Schluckvorgang in der engeren Definition aus drei Transportphasen. Die Auslösung des Schluckreflexes steht am Ende der ersten, der sogenannten oralen Transportphase.

Damit die orale Transportphase aber beginnen kann, muss die Nahrung erst zu einem Brei zerkaut und mit Speichel durchsetzt werden. Dieser Vorgang findet während der oralen Vorbereitungsphase statt. In der breiteren Definition zählt die orale Vorbereitungsphase mit zum Schluckakt. In der engeren Definition wird die Phase vom Schluckakt abgesondert betrachtet.

Insgesamt finden in der oralen Vorbereitungsphase Vorgänge statt, die den Schluckakt erst ermöglichen. Das Produkt der Vorbereitungsphase ist ein Bolus aus Nahrung, der zwischen fünf und 20 Milliliter fasst und mit Speichel durchmischt ist.

An der oralen Vorbereitungsphase sind neben den Speicheldrüsen die Kaumuskulatur, der Zahnhalteapparat, die Zähne, die Lippen, das Kiefergelenk und die Zunge beteiligt.

Funktion & Aufgabe

Die orale Vorbereitungsphase schließt sich unmittelbar an die Nahrungsaufnahme an beziehungsweise überschneidet sich damit. Die Nahrung wird in den Mund aufgenommen, woran vor allem die Lippen beteiligt sind. Sie wird von den Zähnen zerkleinert, indem die Kaumuskulatur kontrahiert. Die Kaubewegung entspricht einer Rotationsbewegung, die durch eine ideale Koordination von Kiefer-, Zungen-, Wangen- und Zungenbeinbewegungen ermöglicht wird.

Die Zunge vollzieht beim Kauen eine Drehbewegung in Richtung der bevorzugten Kauseite. Beim Kauen richtet sich das Gaumensegel außerdem vorwärts, um die Mundhöhle nach hinten abzuschließen und die Nahrung so im Mund zu behalten. Wäre der Rachen nach hinten nicht durch das Gaumensegel verschlossen, würde der Speisebolus deutlich früher den Schluckreflex auslösen.

Beim Kauen übernimmt auch die Wangenmuskulatur wichtige Aufgaben. Die Muskeln beseitigen Speisereste aus den Wangentaschen und unterstützen den Nahrungstransport auf die Zunge. Die Speicheldrüsen produzieren derweil Speichel, der beim Kauen unter die Nahrung gemischt wird und dem Bissen Gleitfähigkeit gibt. Der schluckfertige Bolus aus Nahrung wird auf der Zunge platziert. An dieser Stelle überschneidet sich die orale Vorbereitungsphase mit der oralen Transportphase, die nun eingeleitet wird.

Auf dem mittleren Drittel der Zunge werden die Beschaffenheit, der Geschmack, die Temperatur und das Volumen der Nahrung ermittelt. Dieser Vorgang wird durch Sinneszellen des Hautsinns und des gustatorischen Sinns ermöglicht, die sich an Moleküle der Temperatur und des Geschmacks binden, wobei die Zunge durch Tasten die Konsistenz und Form der Nahrung einschätzt.

Am Ende der Phase formt die Zunge einen schluckfertigen Bissen aus der Nahrung und stabilisiert den Bolus mittels Zungenschüssel etwa im mittleren Bereich des Gaumens. Die orale Vorbereitungsphase spielt mit diesen Schritten vor allem für feste Nahrung eine Rolle. Flüssigkeiten leitet die Zunge unmittelbar in Rachenrichtung weiter.

Anders als die anschließenden Phasen des Schluckvorgangs ist die orale Vorbereitungsphase willentlich kontrollierbar. Das heißt zum Beispiel, dass jeder Mensch selbst bestimmt, wie lange er kaut. Nur die Speichelproduktion der Speicheldrüsen entzieht sich der willentlichen Beeinflussung.


Krankheiten & Beschwerden

Die orale Vorbereitungsphase kann durch pathologische Vorgänge gestört werden. Eine Beispiel dafür ist die Hyposalivation. Bei dieser Erkrankung reduziert sich die Speichelproduktion der Speicheldrüsen um teilweise mehr als 50 Prozent. Extreme Hyposalivation begünstigt Mundtrockenheit und führt zu Schluckstörungen, da der Nahrungsbolus in der oralen Vorbereitungsphase keine ausreichende Gleitfähigkeit erhält. Hyposalivation ist bis zu einem gewissen Grad eine altersphysiologische Erscheinung, denn im höheren Alter wird immer weniger Speichel produziert. Auch Medikamente wie Zytostatika begünstigen die Erscheinung.

Darüber hinaus kann die Speichelminderproduktion das Symptom einer übergeordneten Erkrankung sein, so zum Beispiel das Symptom von AIDS oder einer Sepsis. Außerdem leiden auch Patienten der Strahlenbehandlung an reduzierter Speichelproduktion.

Das Gegenteil davon ist die Hypersalivation, bei der zu große Mengen an Speichel produziert werden. Hypersalivation kann beispielsweise mit dem übertriebenen Konsum von Kaugummi in Zusammenhang stehen. Auch Parkinson, Infekte, Entzündungen oder Vergiftungen treten häufig in Verbindung mit Speichelüberproduktion auf. Auch dieses Phänomen stört die orale Vorbereitungsphase, so vor allem, wenn der Speichel unkontrollierbar Richtung Rachen fließt und sich die Patienten daran verschlucken.

Nicht nur eine abnormale Tätigkeit der Speicheldrüsen, sondern auch eine Verletzung der an der Vorbereitungsphase beteiligten Muskelgruppen, des Gaumensegels, der Zähne oder der Lippen erschweren den Vorbereitungsprozess des Schluckakts. Bei angeborenen Fehlbildungen wie der Lippen-Gaumen-Spalte treten so zum Beispiel Störungen auf.

Wenn das Gaumensegel von einer Dysplasie (Fehlbildung) betroffen ist, hat das die mitunter schwerwiegendsten Folgen. Der Rachen kann dann beim Kauen eventuell nicht mehr von der anatomischen Struktur verschlossen werden. Der Schluckreflex wird früher ausgelöst. Da die Nahrung allerdings noch nicht schluckfertig ist, verschlucken sich die Patienten oft.

Abgesehen von den beschriebenen Schwierigkeiten können auch neurogene Störungen die Koordination der einzelnen Bewegungen beim Kauen stören. Die Ursache für ein solches Phänomen ist entweder eine zentral oder peripher gelegene Läsion von Nervengewebe. Im Zentralnervensystem ist die Ursache für derartige Läsionen häufig Multiple Sklerose. Im peripheren Nervensystem kann zB eine Polyneuropathie Schuld sein. Alle Schluckstörungen werden unter dem Begriff der Dysphagien zusammengefasst.

Quellen

  • Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010

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