Geschmackssinn

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Geschmackssinn ist ein chemischer Sinn, mit dem die genauere Beschaffenheit von Stoffen, vor allem Nahrungsmitteln, festgestellt werden kann. Die Sinneszellen des Geschmacks liegen beim Menschen im Mundraum, vor allem auf der Zunge, aber auch in der Mund- und Rachenschleimhaut.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Geschmackssinn?

Der Geschmackssinn ist ein chemischer Sinn, mit dem die genauere Beschaffenheit von Stoffen, vor allem Nahrungsmitteln, festgestellt werden kann. Die Sinneszellen des Geschmacks liegen beim Menschen im Mundraum, vor allem auf der Zunge.

Der Geschmackssinn ist wie der Geruchssinn ein chemischer Sinn, der der Aufnahme chemischer Reize aus der Umwelt dient. Im Gegensatz zum Geruchssinn ist der Geschmackssinn ein Nahsinn, da er ausschließlich bei direktem Kontakt mit einer Substanz Reize aus dieser aufnehmen kann.

Die Reizwahrnehmung erfolgt dabei über spezifische chemische Bestandteile der Substanz, die jeweils genau zugeordnete Geschmackssinneszellen anregen. Der Geschmacksreiz wird dann über Geschmacksnerven zum Gehirn weitergeleitet und dort ausgewertet. Dabei erfolgt eine enge Verknüpfung mit gleichzeitig wahrgenommenen Geruchsinformationen.

Der endgültige Geschmack einer Substanz setzt sich daher aus chemischen Geschmacks- und Geruchsinformationen sowie den Temperatur- und Tastwahrnehmungen aus der Mundhöhle zusammen.

Beim derzeitigen Stand der Wissenschaft anerkannte grundlegende Geschmacksrichtungen sind süß, sauer, salzig, bitter und umami (würzig). Auch die Geschmacksrichtung fetthaltig wird aktuell untersucht und scheint sich zu bestätigen. Ebenfalls geprüft wird die spezifische Wahrnehmung der Geschmacksrichtungen metallisch, wasserhaltig und alkalisch.

Funktion & Aufgabe

Die Rezeptorzellen für Geschmack beim Menschen befinden sich in den Geschmacksknospen. Jede Knospe enthält zwischen 50 und 150 Geschmackssinneszellen. Die Geschmacksknospen sind zu 75 Prozent auf der Zunge verteilt. Der Rest findet sich in den Schleimhäuten der Mundhöhle und des Rachens, auf der oberen Speiseröhre, dem Kehlkopf und dem Gaumensegel.

Säuglinge und Kleinkinder verfügen nicht nur über eine größere Menge an Geschmacksknospen als Erwachsene. Zusätzlich sind bei ihnen die Knospen auch in der Zungenmitte, in der Lippen- und Wangenschleimhaut sowie auf dem harten Gaumen verteilt. Mit zunehmendem Alter verringert sich die Anzahl und Verteilung der Geschmacksknospen dann immer weiter.

Auf der Zunge sind die Geschmacksknospen in verschieden geformten Geschmackspapillen angeordnet. Im hinteren Drittel des Zungenrückens liegt rund die Hälfte aller Geschmacksknospen des Mundes. Wallpapillen beinhalten hier in V-förmiger Anordnung nahe dem Zungengrund mehrere tausend Geschmacksknospen.

Ebenfalls im hinteren Zungendrittel liegen die Blätterpapillen mit mehreren hundert Geschmacksknospen am Zungenrand. Pilzpapillen finden sich vor allem auf den vorderen zwei Dritteln der Zunge. Von ihnen gibt es bis zu 400, die jeweils drei bis fünf Geschmacksknospen enthalten.

Jede Rezeptorzelle kann nur eine bestimmte Geschmacksrichtung wahrnehmen. In den Geschmacksknospen sind aber stets Rezeptorzellen für verschiedene Geschmacksrichtungen gemeinsam angeordnet. So ist sichergestellt, dass jeder Bereich der Geschmackspapillen auf alle möglichen Geschmacksnuancen reagieren kann.

Diese umfassende Reaktionsfähigkeit erklärt sich aus der lebenswichtigen Bedeutung des Geschmacksinnes: Er erlaubt dem Menschen, aufgenommene Substanzen vor der eigentlichen Einnahme auf ihre Inhaltsstoffe zu prüfen.

Ein saurer oder bitterer Geschmack kann dabei auf unreife beziehungsweise vergorene oder sogar giftige Nahrung hinweisen. Die Geschmacksrichtungen süß, salzig, umami und fetthaltig geben häufig Hinweise auf enthaltene ernährungswichtige Bestandteile, wie Kohlenhydrate, Mineralstoffe, Eiweiße und Fette. Dies erleichtert die Auswahl benötigter und das Vermeiden schädigender Nahrungsmittel.

Werden Geschmackssinneszellen durch die Bestandteile einer aufgenommenen Substanz angeregt, so wird diese Information über die Geschmacksnerven weitergeleitet. Diese vereinigen sich zu insgesamt drei größeren Hirnnerven: dem Nervus facialis, dem Nervus glossopharyngeus und dem Nervus vagus. Diese werden auch mit den Ziffern VII, IX und X bezeichnet und leiten die Geschmackswahrnehmungen ins Gehirn.


Krankheiten & Beschwerden

Erkrankungen des Geschmackssinnes werden medizinisch Dysgeusie genannt. Wenn der Geschmackssinn quantitativ beeinträchtigt ist, kann ein Mensch überempfindlich reagieren (Hypergeusie) oder eine verminderte Empfindlichkeit zeigen (Hypogeusie).

Eine qualitative Beeinträchtigung zeigt sich in Geschmacksempfindungen ohne auslösenden Reiz (Phantogeusie) oder in veränderten Geschmacksempfindungen (Parageusie). Sind die Geschmacksempfindungen zum Beispiel derart verändert, dass alles unangenehm schmeckt, spricht der Mediziner von Kakogeusie.

Ursachen für Störungen des Geschmackssinnes lassen sich in drei Bereiche einteilen: Zum einen kann eine Dysgeusie durch epitheliale Schädigungen an den Geschmacksknospen auftreten. Dafür können die Geschmacksknospen unter anderem durch grippale Infekte oder Strahlentherapie im Kopfbereich geschädigt werden.

Auch bei Diabetes mellitus, Leber- und Nierenerkrankungen, Schilddrüsenunterfunktion oder Entzündungen der Mundscheimhaut oder der Zunge können die Geschmacksknospen Schaden erleiden.

Ebenso kann sich die Einnahme zahlreicher Wirkstoffe auf den Geschmackssinn auswirken. Dies sind beispielsweise Penicillamin, Chlorhexidin, Terbinafin und Zytostatika. Das Cushing- und das Sjögren-Syndrom sind weitere mögliche Gründe für eine Dysgeusie, genauso wie mangelnde Mundhygiene.

Eine Schädigung der Hirnnerven VII, IX oder X kann ebenfalls ein Auslöser einer Geschmacksstörung sein. Die Weiterleitung von Geschmacksempfindungen durch diese Nerven kann durch Tumore oder entzündliche Nervenerkrankungen gestört werden. Auch durch einen Schädelbasisbruch oder bei Operationen an den Zähnen, den Ohren, den Gaumenmandeln oder den Hals-Lymphknoten ist eine Verletzung der Geschmacksnerven möglich.

Der dritte Bereich, der den Geschmackssinn beeinträchtigen kann, umfasst zentralnervöse Ursachen. Er betrifft die sogenannte “Schmeckbahn“, also den Weg, den die Weiterleitung des Geschmacksreizes im Zentralen Nervensystem nimmt. Störungen können hier durch Verletzungen des Hirnstammes oder Hirntumore entstehen. Auch bestimmte Epilepsieformen oder neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer können den Geschmackssinn beeinflussen. Ebenso wirken sich manche Vergiftungen auf den Geschmackssinn aus.

Eine indirekte Beeinträchtigung des Geschmackssinnes erfolgt auch durch eine Störung des Geruchssinnes. Bereits eine einfache Nasenschleimhautentzündung (Schnupfen) kann daher bereits eine deutlich wahrgenommene Verschlechterung der Geschmacksleistung bewirken. Der Grund hierfür ist die kombinierte Verarbeitung von Geschmacks- und Geruchsinformationen zu einem komplexen Geschmacksbild im Gehirn.

Quellen

  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015
  • Reuter, P.: Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin 2004

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