Austreibungsphase

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. Oktober 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die, etwas einfühlslos bezeichnete, Austreibungsphase ist die letzte Phase der Geburt. Das Baby wird durch starke Presswehen aus der Gebärmutter durch den Geburtskanal in die Außenwelt gepresst, woraufhin die Nachgeburt folgt - anschließend ist die Geburt überstanden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Austreibungsphase?

Die Austreibungsphase ist die letzte Phase der Geburt.

Eine menschliche Geburt gliedert sich in mehrere Phasen. Sie alle dienen der Vorbereitung des Körpers auf die intensivste Phase, die Austreibungsphase. Während die Senkwehen vor der Geburt das Baby so nah wie möglich an den Geburtskanal herabsinken lassen haben, dienten die Eröffnungswehen der Erweiterung des Muttermundes. In dieser Zeit ist normalerweise auch die Fruchtblase bereits geplatzt, sodass das Baby jetzt zur selbständigen Atmung auf die Welt gebracht werden muss.

Die Eröffnungswehen kamen alle paar Minuten und waren meist in ihrer Intensität gut auszuhalten oder wurden durch die Gabe einer PDA erträglich gemacht. Die Presswehen wiederum sind kennzeichnend für die Austreibungsphase, in der es darum geht, das Baby durch den geweiteten Muttermund hinauszupressen. Sie sind wesentlich stärker und schmerzhafter und setzen ebenfalls alle paar Minuten ein, jedoch mit deutlichen Pausen dazwischen.

Die Austreibungsphase kann je nach Frau und bisherigem Geburtsverlauf wenige Minuten bis zu einer Stunde oder länger dauern. Während die Frau während der Eröffnungswehen nicht pressen soll, darf und muss sie die Presswehen der Austreibungsphase mit kräftigem Pressen nach unten unterstützen, um den Prozess zu beschleunigen. Die Presswehen enden nahezu sofort, nachdem das Baby auf der Welt ist. Die Plazenta löst sich währenddessen meist von allein ab und verlässt durch sanftere Nachwehen den Körper der Mutter, was ihr normalerweise keine Schmerzen mehr bereitet.

Funktion & Aufgabe

Die Austreibungsphase ist die letzte Phase einer Geburt. Nach ihr folgen nur noch die körperlichen Vorgänge nach der Geburt des Babys. Während einer der vorherigen Geburtsphasen ist die Fruchtblase geplatzt - wenn nicht, dann tut sie das spätestens jetzt. Das Baby ist somit nicht mehr von Flüssigkeit umgeben und muss anfangen, selbständig zu atmen. Dauert es zu lange, bis es an Luft kommt, droht Erstickungsgefahr, weshalb Geburtshelfer in Geburten eingreifen müssen, die zu lange dauern.

Bei einer normalen Austreibungsphase setzen die Presswehen ein, die zwar wesentlich intensiver sind als die vorherigen Eröffnungswehen, von vielen Frauen aber auch als erleichternd empfunden werden. Die Aufgabe der Mutter besteht jetzt darin, eine für sie geeignete Position einzunehmen und kräftig nach unten zu pressen, womit sie die Austreibungsphase unterstützen kann. Hätte sie das vorher während der Eröffnungsphase der Geburt getan, hätte das womöglich das Baby zu früh in den Geburtskanal drücken können. Die Austreibungsphase hat nun aber genau dieses Ziel.

Durch die Presswehen gelangt, bei richtiger Geburtslage, zuerst der Kopf des Babys durch die Vagina nach draußen, ab dann braucht es meist nur noch ein, zwei weitere Wehen und das Baby verlässt den Körper der Mutter. Es kann jetzt selbständig atmen und fängt an zu schreien, was ein Zeichen ist, dass seine Atmung angefangen hat, zu funktionieren.

Die Nachgeburt geschieht ohne Wehentätigkeit, die Kontraktionen der Gebärmutter sind hormonell bedingt und werden kaum als schmerzhaft empfunden. Die Plazenta löst sich normalerweise von der Mitte beginnend von alleine ab und verlässt im Anschluss an das Kind den Körper der Frau. Dieser Prozess geht im Regelfall 10 bis 20 Minuten nach der Geburt vonstatten.


Krankheiten & Beschwerden

Während der Austreibungsphase kann es zu Komplikationen bei der Geburt des Babys sowie bei der Nachgeburt kommen. War die Eröffnungsphase bereits anstrengend, kann es sein, dass die Frau keine ausreichenden Energiereserven hat, um mitzupressen. Kann das Baby nicht zur Welt kommen, wird ein Kaiserschnitt notwendig.

Vor der Eröffnungs- zur Austreibungsphase sollte sich das Baby noch einmal drehen - geschieht das nicht, ist ebenfalls der Kaiserschnitt nötig. Bestenfalls bleibt das Baby nur ungünstig im Geburtskanal stecken und es reicht ein Eingriff mit der Saugglocke.

Schwierigkeiten in der Austreibungsphase können sich weiterhin durch die Nachgeburt ergeben. Löst sich die Plazenta nicht oder nicht vollständig, kann von außen durch Grifftechniken nachgeholfen werden. Dies wird jedoch nur unternommen, wenn die Geburtshelfer sich sicher sind, dass sich die Nachgeburt nicht von alleine löst.

Die schwerwiegendste Komplikation sind übermäßig starke Blutungen, bei denen die Mutter mehr als 500 ml Blut verliert. Diese können durch Gabe von Oxytocin und ausgelösten Gebärmutterkontraktionen oder operative Eingriffe gestillt werden.

Weiterhin muss untersucht werden, ob die Nachgeburt nach der Austreibungsphase vollständig abgegangen ist. Andernfalls würde das verbliebene Gewebe absterben und zu Kindbettfieber führen, eine der häufigsten Todesursachen nach der Geburt in früheren Jahrhunderten. Heute begegnet man dieser Komplikation mit Ultraschalluntersuchung und Ausschabung, falls Gewebe der Nachgeburt nicht von allein abgegangen ist.

Auswirkungen der Austreibungsphase auf den Beckenboden

Die Austreibungsphase hat eine erhebliche Wirkung auf den Beckenboden, der während der Geburt stark beansprucht wird. Der Beckenboden ist eine Gruppe von Muskeln und Bindegewebe, die den unteren Teil des Beckens unterstützen und für die Kontrolle über Blase, Darm und Gebärmutter eine entscheidende Rolle spielen. Die während der Austreibungsphase entstehenden Belastungen können sowohl kurzfristige als auch langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit der Frau haben.

Dehnung und Verletzung des Beckenbodens

Während der Geburt muss sich der Beckenboden enorm dehnen, um das Baby durch den Geburtskanal zu lassen. Diese Dehnung kann zu Verletzungen der Muskeln, Nerven und des Bindegewebes führen. Zu den häufigsten Verletzungen zählen Risse der Beckenbodenmuskulatur oder des Damms, die in schwereren Fällen genäht werden müssen. Ein erheblicher Teil der Frauen, insbesondere bei einer vaginalen Erstgeburt, erleidet einen gewissen Grad an Beckenbodenverletzungen.

Folgen für die Kontinenz

Eine der häufigsten Beschwerden nach einer Geburt sind Inkontinenzprobleme. Sowohl Harn- als auch Stuhlinkontinenz können durch eine Schwächung oder Verletzung des Beckenbodens während der Austreibungsphase auftreten. Diese Symptome können in den ersten Wochen nach der Geburt vorübergehend sein, sich aber in einigen Fällen zu chronischen Problemen entwickeln, insbesondere wenn der Beckenboden stark beschädigt wurde.

Risiko für Prolaps

Die Austreibungsphase kann auch das Risiko eines Beckenorganprolapses erhöhen. Dies ist ein Zustand, bei dem die Gebärmutter, Blase oder der Darm in die Vagina absinken oder vorfallen, weil die Stützstrukturen des Beckenbodens geschwächt sind. Der Druck, der während der Austreibungsphase auf den Beckenboden ausgeübt wird, spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung eines solchen Prolapses.

Vorbeugung und Rehabilitation

Es gibt mehrere Maßnahmen, die zur Vorbeugung von Beckenbodenverletzungen während der Austreibungsphase beitragen können. Eine vorbereitende Beckenbodengymnastik während der Schwangerschaft stärkt die Muskulatur und kann helfen, Verletzungen zu minimieren. Außerdem wird oft eine Geburtsposition empfohlen, die den Druck auf den Beckenboden verringert, wie zum Beispiel die Seitenlage oder der Vierfüßlerstand.

Nach der Geburt sind gezielte Übungen zur Stärkung des Beckenbodens von zentraler Bedeutung für die Rehabilitation. Physiotherapie oder spezielle Beckenbodenprogramme können helfen, die Muskulatur wieder aufzubauen und langfristige Probleme wie Inkontinenz oder Prolaps zu vermeiden.

Atemtechniken zur Unterstützung der Austreibungsphase

Die richtige Atemtechnik spielt eine entscheidende Rolle in der Austreibungsphase und kann sowohl die Gebärende als auch das Baby unterstützen. Atemtechniken helfen dabei, die körperliche Anstrengung besser zu bewältigen, die Schmerzen zu reduzieren und den Geburtsprozess effektiver zu gestalten. Aus gesundheitlicher Sicht ist eine kontrollierte Atmung während dieser Phase besonders wichtig, da sie den Sauerstofffluss sicherstellt und die Gebärende entspannt.

Warum Atemtechniken in der Austreibungsphase wichtig sind

Während der Austreibungsphase wirken starke, regelmäßige Wehen auf den Körper ein, um das Baby durch den Geburtskanal zu bewegen. Der intensive Druck auf das Zwerchfell und die Bauchmuskulatur kann den Atemrhythmus der Mutter beeinflussen. Eine unkontrollierte Atmung, die durch Schmerz oder Stress beschleunigt wird, kann zu einer Hyperventilation führen, die das Gleichgewicht von Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut stört. Dies kann Schwindel, Panik und Erschöpfung auslösen und den Geburtsprozess erschweren.

Atemtechniken zur Schmerzbewältigung und Entspannung

Eine der effektivsten Techniken ist die tiefe Bauchatmung. Hierbei atmet die Gebärende tief in den Bauch ein und lässt die Luft langsam und kontrolliert wieder ausströmen. Diese Technik hilft, den Körper zu entspannen und den Stresslevel zu senken, was die Produktion von schmerzreduzierenden Endorphinen anregt. Eine ruhige Atmung kann auch den Blutdruck stabil halten und die Muskulatur lockern, was den Geburtsprozess erleichtert.

Eine andere bewährte Technik ist das „J“-Atmen, bei dem die Gebärende mit den Wehen aktiv mitschiebt und gleichzeitig gezielt und kräftig ausatmet. Dieses Atemmuster kann helfen, die Presskraft besser zu nutzen, ohne zu viel Energie zu verschwenden. Es vermeidet auch das sogenannte „Valsalva-Manöver“, bei dem die Luft angehalten wird und es zu einem starken Druckanstieg kommt, der das Herz-Kreislauf-System belasten könnte.

Atempausen und Erholung zwischen den Wehen

Zwischen den Presswehen ist es wichtig, kurze Erholungspausen einzulegen und den Atem zu regulieren. Hierfür eignet sich eine flache, ruhige Atmung, um sich zu entspannen und neue Kraft zu sammeln. Diese Atempausen helfen dem Körper, sich auf die nächste Wehe vorzubereiten und das Baby in gleichmäßigem Tempo durch den Geburtskanal zu schieben.

Fazit aus gesundheitlicher Perspektive

Die richtige Atemtechnik kann die Belastungen der Austreibungsphase reduzieren, die Geburtsdauer verkürzen und die Gesundheit von Mutter und Kind positiv beeinflussen. Zudem fördert sie die Selbstkontrolle und erleichtert es der Gebärenden, ihre Energie effizient einzusetzen. Atemübungen und eine gezielte Atemführung während der Wehen können bereits in der Schwangerschaft trainiert werden, um optimal auf die Geburt vorbereitet zu sein.

10 Dinge, die Sie über die Austreibungsphas wissen sollten

1. Wie lange dauert die Austreibungsphase normalerweise?

Die Austreibungsphase kann von Frau zu Frau variieren. Bei Erstgebärenden dauert sie oft länger, in der Regel zwischen 20 Minuten und 2 Stunden. Bei Frauen, die bereits Kinder geboren haben, kann sie kürzer sein, manchmal nur 15 Minuten.

2. Ist die Austreibungsphase schmerzhaft?

Ja, die Austreibungsphase ist in der Regel mit intensiven Schmerzen verbunden, da der Körper das Baby durch den Geburtskanal schiebt. Viele Frauen empfinden den Schmerz jedoch anders als in den vorherigen Wehenphasen, da sie aktiv mitarbeiten können.

3. Welche Positionen sind in der Austreibungsphase am besten?

Es gibt mehrere Positionen, die den Geburtsprozess erleichtern können, wie die Seitenlage, die Hockposition oder der Vierfüßlerstand. Diese Positionen können den Druck auf den Beckenboden reduzieren und helfen, die Geburt effizienter zu machen.

4. Kann man die Austreibungsphase beschleunigen?

Ja, durch gezielte Atemtechniken und das Einnehmen von aufrechten Positionen kann die Schwerkraft genutzt werden, um die Geburt zu beschleunigen. Auch gezieltes Pressen, wenn der Muttermund vollständig geöffnet ist, hilft, die Phase zu verkürzen.

5. Was passiert, wenn das Pressen zu früh beginnt?

Frühes Pressen, bevor der Muttermund vollständig geöffnet ist, kann den Geburtsverlauf verlangsamen und das Risiko von Geburtsverletzungen erhöhen. Es kann zu Schwellungen am Muttermund führen und den Prozess behindern.

6. Wie wirkt sich die Austreibungsphase auf den Beckenboden aus?

Die Muskeln des Beckenbodens werden während der Austreibungsphase stark beansprucht und gedehnt. Diese Belastung kann zu vorübergehenden oder bleibenden Beckenbodenschwächen führen, was Inkontinenzprobleme zur Folge haben kann.

7. Was sind die häufigsten Komplikationen in der Austreibungsphase?

Eine der häufigsten Komplikationen ist die sogenannte „schwierige Geburt“, bei der das Baby Schwierigkeiten hat, durch den Geburtskanal zu kommen. Weitere Komplikationen können Dammrisse, ein verzögerter Geburtsfortschritt oder die Notwendigkeit einer instrumentellen Geburt (z. B. Saugglocke oder Zange) sein.

8. Welche Rolle spielt die Atmung in der Austreibungsphase?

Eine kontrollierte Atmung hilft der Gebärenden, die Wehen effizienter zu nutzen und die Muskeln zu entspannen. Richtige Atemtechniken können auch das Schmerzempfinden reduzieren und helfen, den Pressdrang zu kontrollieren.

9. Kann die Austreibungsphase für das Baby gefährlich sein?

In seltenen Fällen kann das Baby während der Austreibungsphase unter Stress geraten, wenn der Geburtsprozess sich verzögert oder die Sauerstoffzufuhr beeinträchtigt wird. Die Herzfrequenz des Babys wird daher während der gesamten Phase überwacht, um frühzeitig reagieren zu können.

10. Was passiert nach der Austreibungsphase?

Nach der Austreibungsphase wird die Plazenta in der sogenannten Nachgeburtsphase geboren. Zudem wird die Mutter untersucht, um eventuelle Verletzungen wie Dammrisse zu behandeln. Auch das Baby wird sofort medizinisch betreut und untersucht.

Quellen

  • Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
  • Kaufmann, M., Costa, S.-D., Scharl, A. (Hrsg.): Die Gynäkologie. Springer, Berlin 2013
  • Uhl, B.: Gynäkologie und Geburtshilfe compact. Thieme, Stuttgart 2013

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