Fibromyalgie (Fibromyalgiesyndrom)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Fibromyalgie oder Fibromyalgiesyndrom (FMS) ist eine Erkrankung, die durch starke Schmerzen im ganzen Körper gekennzeichnet ist. Die Ursachen sind noch nicht erforscht und die Behandlung richtet sich vor allem auf die Linderung der Beschwerden. Fibromyalgie ist derzeit nicht heilbar, die Ausprägung der Symptome kann sich aber im Alter abschwächen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Fibromyalgie?

Infogramm zu den Schmerzregionen bei Fibromyalgie. Bild anklicken, um zu vergrößern.

Fibromyalgie, auch Fibromyalgiesyndrom (FMS) genannt, ist eine Erkrankung, welche Schmerzen in Muskeln, Sehnen und an Knochen verursacht.

Meist werden anfangs andere Krankheiten vermutet, wie beispielsweise Rheumatismus oder Rückenschäden. Fibromyalgie ist eine generalisierte Erkrankung, das heißt, sie verursacht Beschwerden nicht nur in bestimmten Bereichen oder an wenigen Körperstellen, sondern sie befällt den ganzen Körper.

Fibromyalgie breitet sich meist symmetrisch aus. Patienten leiden besonders unter Muskelschmerzen, haben aber allgemein eine niedrigere Schmerzschwelle. Häufig kommt es im weiteren Verlauf zu Depressionen. Organe können durch die Fibromyalgie in ihrer Funktionstüchtigkeit eingeschränkt sein.

Man unterteilt das Syndrom in zwei Arten, die primäre und die sekundäre Fibromyalgie. Die primäre Form hat keinen erkennbaren Auslöser, während die sekundäre Form als Folgeerkrankung nach rheumatischen Entzündungen, Infektionen oder Autoimmunkrankheiten auftritt.

Ursachen

Die Ursachen von Fibromyalgie sind noch nicht vollständig erforscht. Man weiß zwar inzwischen, dass die Krankheit familiär gehäuft auftritt, was eine genetische Veranlagung vermuten lässt.

Außerdem ist bekannt, dass die sekundäre Form von Fibromyalgie in Folge von Virusinfektionen und rheumatischen Entzündungen vorkommt. Auch nach sogenannten Autoimmunerkrankungen, bei welchen sich das Immunsystem nicht gegen schädliche Erreger sondern gegen den eigenen Körper richtet, tritt die sekundäre Fibromyalgie auf.

Weiterhin wurde beobachtet, dass nach Tumoren, Unfällen oder Operationen, Schmerzen bestehen bleiben und in eine Fibromyalgie übergehen kann. Auch eine Störung im Gehirn wird als Auslöser in Betracht gezogen. Dabei vermutet man, dass das Schmerzgedächtnis nicht richtig funktioniert und so dauerhaft Schmerzsignale sendet, obwohl keine organische Ursache dafür vorhanden ist.

In neueren biochemischen Untersuchungen hat man zudem festgestellt, dass bei Fibromyalgie bestimmte Stoffe in Liquor (Gehirnflüssigkeit) und Blutserum niedriger beziehungsweise höher als normal sind.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptomatik des Fibromyalgiesyndroms entwickelt sich meist schleichend über viele Jahre hinweg. Seltener tritt es plötzlich nach einem Unfall oder anderen Verletzungen auf. Hauptsymptom der Fibromyalgie sind über Monate andauernde, chronische Schmerzzustände, die den gesamten Bewegungsapparat betreffen können. Die Schmerzen finden sich dabei in verschiedenen Körperregionen gleichzeitig und treten spontan auf.

Besonders auffällig sind schmerzhafte Druckpunkte, die sich häufig im Bereich von Muskel-Sehnen-Übergängen befinden. Diese Punkte werden als „tender points“ bezeichnet. Insgesamt sind die Patienten deutlich schmerzempfindlicher als nicht betroffene Menschen. Neben den chronischen Schmerzzuständen kann eine Vielzahl an Begleitsymptomen auftreten. Viele der Betroffenen leiden an Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Leistungsminderung.

Hinzu kommen Schlafstörungen, Kopfschmerzen beziehungsweise Migräneattacken und eine gesteigerte Kälteempfindlichkeit. Besonders an Armen und Beinen kann es zu Gefühlsstörungen und Missempfindungen kommen. Ein weiteres Symptom sind funktionelle Herz- und Atembeschwerden, also Beschwerden, bei denen keine körperliche Ursache gefunden werden kann. In vielen Fällen hat die Erkrankung auch eine psychische Komponente.

Die Patienten neigen zu depressiven Verstimmungen, Niedergeschlagenheit und erhöhter Reizbarkeit. Auch der Magen-Darm-Trakt kann betroffen sein. Übelkeit, ein trockener Mund oder andere sogenannte gastrointestinale Probleme können vorkommen. Seltener auftretende Symptome der Fibromyalgie sind Schwindel, Tinnitus, Blasenbeschwerden in Form einer Reizblase oder das Gefühl einen Kloß im Hals zu haben.

Diagnose & Verlauf

Bei der Fibromyalgie kommt es in Muskeln und Sehnenansätzen zu starken Schmerzen. Diese treten meist symmetrisch auf und zwar nicht nur an Armen und Beinen sondern auch am ganzen Rumpf. Besonders stark ist der Rücken betroffen.

Der Schmerz wird als großflächig brennend oder bohrend wahrgenommen, das Gewebe fühlt sich wund und geschwollen an. Zusätzlich zu den Schmerzen treten bei Fibromyalgie zahlreiche andere Beschwerden auf, wie beispielsweise Schlaflosigkeit, Depressionen, Panikattacken, Zittern oder Darmreizungen. Für die Diagnose wird zunächst eine ausführliche körperliche Untersuchung stattfinden und die Krankheitsgeschichte des Patienten in Erfahrung gebracht.

Weiterhin wird der Arzt die sogenannten Schmerzdruckpunkte (Tender Points) testen. Diese insgesamt 18 Punkte befinden sich an Schultern und Nacken, sowie am Rücken und an der Hüfte. Reagieren mindestens 11 der 18 Punkte schmerzhaft auf Druck und bestehen die Beschwerden bereits länger als drei Monate, so gilt dies als sicherer Hinweis auf eine Fibromyalgie.

Komplikationen

Durch das Fibromyalgiesyndrom leidet der Patient an extrem starken Schmerzen, die am gesamten Körper auftreten. Es ist dabei nicht möglich, die Schmerzen auf bestimmte Bereiche einzugrenzen oder gezielt zu behandeln. Der Betroffene ist dabei in seinem Handeln eingeschränkt und die Lebensqualität verringert sich enorm.

Häufig ist besonders der Rücken von den schmerzen des Fibromyalgiesyndroms betroffen. Die Schmerzen verschwinden in der Regel auch dann nicht, wenn sich der Patient nicht körperlich betätigt oder ausruht. Es tritt der sogenannte Ruheschmerz auf. Die Schmerzen können auch zu Depressionen und zu Schlafstörungen führen. Oft kommt es zu einer aggressiven Haltung, da der Patient dauerhaft gereizt ist.

Die Behandlung erfolgt dabei in erster Linie durch die Einnahme von Schmerzmitteln. Meistens können die Schmerzen dadurch nicht komplett eingeschränkt werden. Weiterhin muss der Betroffene eine Physiotherapie besuchen. Bei einer Besserung werden auch leichte Sportarten durchgeführt. Dabei kommt es zu keinen weiteren Komplikationen.

Bei psychischen Beschwerden ist eine Behandlung durch einen Psychologen und gegebenenfalls durch Medikamente notwendig. Leider kann nicht vorausgesagt werden, ob das Fibromyalgiesyndrom wieder heilt oder nicht. Manche Patienten leiden ihr gesamtes Leben lang am Fibromyalgiesyndrom.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Arztbesuche sind bei Patienten, die von Fibromyalgie betroffen sind, keine Seltenheit. Da kaum ein Arzt diese schmerzhafte Erkrankung ernst nimmt, erleben viele Patienten mit chronischen Muskelschmerzen eine wahre Ärzte-Odyssee. In vielen Fällen werden ihnen verkappte seelische Probleme vorgeworfen oder man hält sie für Hypochonder. Auch wenn der Entstehungsprozess und die Ursachen einer Fibromyalgie noch nicht hinreichend abgeklärt sind, erleiden die Betroffenen starke und beständige Schmerzen.

Trotz der vielen sinnlosen Arztbesuche ist zur Diagnosestellung bei ständigen Schmerzen am ganzen Körper ein weiterer Arztbesuch sinnvoll. Per Differenzialdiagnose und Befragung des Patienten sollte der Mediziner andere Erkrankungsursachen wie Rheuma, Entzündungen oder starke Verspannungen durch verschobene Bandscheiben ausschließen.

Bei einem höheren Schmerzgrad, der nicht akzeptabel erscheint, ist die Überweisung an einen Schmerztherapeuten sinnvoll. Dieser kann den Patienten durch eine multimodale Schmerztherapie in die Lage versetzen, seine ständigen Schmerzen anders wahrzunehmen und mit ihnen besser umzugehen.

Auch Menschen mit Fibromyalgie haben einen Anspruch darauf, eine angemessene Schmerzlinderung und Behandlung zu erfahren. Daher sollten sie sich nicht von Arztbesuchen abhalten lassen, bis der richtige Mediziner gefunden ist. Unerklärliche chronische Schmerzen belasten stark. Sie können unbehandelt zur Arbeitsunfähigkeit führen. Als Minimum können regelmäßige physiotherapeutische Behandlungen und Entspannungstherapien Linderung verschaffen. In manchen Fällen sind vorübergehend Schmerzmittel notwendig.

Behandlung & Therapie

Eine Fibromyalgie kann man zum gegenwärtigen Stand der medizinischen Forschung nicht ursächlich behandeln. Daher beseht die Therapie in einer Linderung der Beschwerden. Dies beinhaltet mehrere Bereiche. Die Schmerzen werden mit Medikamenten behandelt, zusätzlich werden Physiotherapie, Bindegewebsmassagen und Wärmetherapie empfohlen.

Auch ein gewisses Maß an sportlicher Betätigung, wie regelmäßiges Ausdauertraining unter sporttherapeutischer Anleitung, kann die Beschwerden lindern. Besonders geeignet ist das Training im Wasser (Schwimmen, Aquajogging), da hier der Körper leichter empfunden wird und so die Bewegungen nicht so schmerzhaft sind. Gegen eventuell vorhandene Depressionen werden in der Regel Medikamente verordnet und zusätzlich eine verhaltensorientierte Psychotherapie empfohlen.

Die Symptome bleiben in der Regel zwar lebenslang bestehen, verschlimmern sich aber nicht und können mit der richtigen Behandlung durchaus gemildert werden. Zur Therapie gehört auch eine Langzeitbetreuung mit speziellen Programmen, durch welche die Patienten lernen, mit ihren Beschwerden umzugehen und trotz der Symptome ihren Alltag zu meistern. In manchen Fällen tritt im Alter eine spontane Verbesserung ein, das heißt, es ist kein ersichtlicher Grund für die Besserung erkennbar.

Aussicht & Prognose

Die Aussichten bei Menschen mit Fibromyalgie hängen sehr davon ab, ob ein verständnisvoller Arzt gefunden werden kann. Oft herrscht bei Medizinern die Ansicht vor, es handle sich beim Fibromyalgiesyndrom um eingebildete Schmerzen oder Schmerzen, die auf seelische Befindlichkeitsstörungen und ein falsch programmiertes Schmerzgedächtnis zurückzuführen sind. Mit dieser Diagnose wird eine Besserung schwierig bis unmöglich.

Die Aussichten auf Besserung des Schmerzgrades und einen angemessenen Umgang mit den Schmerzen sind gut, wenn es zu einer sinnvollen Behandlungsstrategie kommt. Schmerzmittel sind wegen ihres Abhängigkeitspotenzials eher nicht geeignet, um eine langfristige Besserung zu erzielen. Stattdessen sind moderate Sportarten und physiotherapeutische Behandlungen sinnvoll, um die Aussichten auf ein schmerzfreieres Leben zu verbessern.

Die multimodale Schmerztherapie stellt einen interdisziplinären Ansatz dar, der mit einer positiven Prognose verbunden ist. Die vollständige Heilung des Weichteilrheumas ist meist nicht möglich. Doch es kann den Betroffenen in Aussicht gestellt werden, dass sie mittels Physiotherapie, Atemtraining, Entspannungsübungen, Aktivität und medizinischer Langzeitbetreuung Linderung erfahren.

Die Prognose ohne adäquate Behandlungsansätze ist schlechter. Hier stehen die Betroffenen durch Schonhaltungen, ein verinnerlichtes Schmerzgedächtnis und Chronifizierung vor der Möglichkeit einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit. Besser sieht es aus, wenn die Betroffenen sich einer Selbsthilfegruppe anschließen. Hier erhalten sie wichtige Tipps und Adressen, an die sie sich wenden können.


Vorbeugung

Gegen Fibromyalgie kann man nicht vorbeugen. Werden die Schmerzen frühzeitig behandelt, so kann man den Verlauf der Erkrankung aber durchaus günstig beeinflussen.

Nachsorge

Bei der Fibromyalgie ist die Nachsorge eher ein schwieriges Feld. Diese schmerzhafte Erkrankung der Weichteile wird von vielen Ärzten immer noch belächelt. Sie wird von den meisten Medizinern als psychisch verursachtes Schmerzsyndrom beziehungsweise als psychosomatische Erkrankung angesehen. Folglich gibt es Orthopäden, die sich darauf zurückziehen, nur für vorliegende Skelettschäden verantwortlich zu sein, nicht aber für die Muskel- und Weichteilschmerzen. Viele Patienten mir Fibromyalgie erleben deswegen keine physiotherapeutische Behandlung.

Doch das Fibromyalgiesyndrom ist mehr als ein psychisch bedingtes Schmerzsyndrom. Man nannte es früher Weichteilrheuma. Falls es zu einer Nachsorge kommt, beispielsweise nach einem Klinikaufenthalt, wird neben der somatischen Nachsorge auch eine psychische Betreuung geleistet. Diese hat zum Inhalt, den schmerzbelasteten Patienten mit geeigneten Strategien zum besseren Umgang mit dem Fibromyalgie-Syndrom zu bewegen.

Neben seelischen Belastungen nehmen aber auch Stress und körperliche Belastungen, Wetterumschwünge, Kälte und andere Faktoren Einfluss auf den Schmerzgrad. Inwieweit die Nachsorge sich auf alle Therapiebereiche bezieht, die bereits behandelt wurden, ist individuell verschieden.

Möglich sind fortgesetzte, bewegungstherapeutische Maßnahmen, medikamentöse Behandlungsschritte, erneute schmerztherapeutische Interventionen bei Verschlimmerungen oder eine multimodale Schmerztherapie mit erneutem Klinikaufenthalt. Außerdem können die Betroffenen moderaten Sport betreiben. Zusätzlich lindern warme Bäder und Wassergymnastik in der Nachsorge die Beschwerden und erhöhen die Lebensqualität.

Das können Sie selbst tun

Sämtliche Entspannungstechniken helfen Fibromyalgie-Patienten ein anderes Verhältnis zum Schmerz zu entwickeln. Je nach persönlicher Vorliebe kann ein Betroffener unter zahlreichen Angeboten auswählen. Diese reichen von autogenem Training über Yoga bis hin zu Progressiver Muskelentspannung.

Infolge eines Schmerzbewältigungstrainings entwickeln sich innere Einstellung und Schmerzwahrnehmung ebenfalls positiv. Mit bestimmten Atemtechniken lässt sich der Schmerz wegatmen. Neben der yogischen Vollatmung (Pranayama) können Frauen beispielsweise dieselbe Technik anwenden, die Hebammen zum Wegatmen von Geburtswehen empfehlen.

Studien belegen, dass Hypnose einige Beschwerden der Krankheit verringert, darunter Schlafprobleme und gesteigertes Schmerzempfinden. Auch die Bereitschaft zur Schmerzakzeptanz wächst unter Trance. Spezielle Verzeichnisse helfen Betroffenen bei der Suche nach seriösen Hypnosetherapeuten.

Alternative Heilmethoden – beispielsweise Reiki und Healing Touch – verbessern die Gesamtverfassung. Diese lösen innere Blockaden, entspannen, mindern das Schmerzempfinden und aktivieren Selbstheilungskräfte. Reiki lässt sich von jedermann erlernen und taugt zur Selbstbehandlung. Wärme- und Wasseranwendungen lösen die schmerzhaft verspannte Muskulatur.

Besonders effizient sind warme Vollbäder sowie eine Dusche mit weich eingestelltem Duschkopf. Auch gezielte Wassergüsse und feuchte Tücher lindern muskuläre Beschwerden. Eine Wärmflasche, ein Kirschkernkissen oder eine Rotlichtlampe sorgen für trockene Wärmezufuhr und wirken ebenfalls muskelentkrampfend. Gezielte Dehnübungen lockern verspannte Körperpartien nachhaltig.

Ein gemäßigtes, individuell erstelltes Kraft- und Ausdauertraining sowie eine meditative Bewegungstherapie verleihen dem Alltag von Fibromyalgie-Patienten wieder mehr Lebensqualität.

Quellen

  • Agarwal-Kozlowski, K.: Ganzheitliche Schmerztherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Striebel, H.W.: Therapie chronischer Schmerzen. Schattauer, Stuttgart 2002

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