Kurzdarmsyndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei manchen Darmerkrankungen ist es nicht zu vermeiden, erkrankte Teile des Dünndarms zu entfernen. Wenn große Teile des Dünndarms entfernt werden müssen, kann sich daraus ein Kurzdarmsyndrom entwickeln.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Kurzdarmsyndrom?

Die Beschwerden bei einem Kurzdarmsyndrom hängen von der Ursache, der noch verbleibenden Dünndarmlänge und dem Darmbereich, der herausoperiert werden musste, ab. Durch den verkürzten Darm und den damit verbundenen Nährstoffmangel können an verschiedenen Organen Beschwerden hervorgerufen werden.
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Unter dem medizinischen Fachbegriff Kurzdarmsyndrom (KDS) werden eine Reihe von Beschwerden zusammengefasst, die nach operativen Eingriffen zu erheblichen Verlusten der Darmlänge führen können und einer unzureichenden Verdauung und Verarbeitung von Nährstoffen.

Wenn nur noch 60 bis 100 Zentimeter Dünndarm verbleiben, kann die Nährstoffverarbeitung nicht mehr ausreichend gesichert werden, wodurch es zu Mangelerscheinungen kommt. Normalerweise ist der Dünndarm fünf bis sechs Meter lang, so dass es nachvollziehbar ist, dass ein Verlust an Länge zu gesundheitlichen Einschränkungen führt.

Ein Kurzdarmsyndrom tritt am häufigsten bei Patienten mit einer schweren Morbus Crohn-Erkrankung auf, aber auch als Folge von Operationen durch Krebserkrankungen, Bestrahlungen und Gefäßverschlüssen.

Ursachen

Die häufigste Ursache für ein Kurzdarmsyndrom ist eine schwere Morbus-Crohn-Erkrankung mit wiederkehrenden Entzündungen des Dünndarms. Aber auch akute Gefäßverschlüsse im Dünndarm (Mesenterialinfarkte), Darmkrebs und Bestrahlungen im Bauchraum aufgrund einer Krebserkrankung, Darmverletzungen, -fisteln und –Darmverschlingungen können dazu führen, dass große Teile des Darms entfernt werden müssen.

Im Kindesalter tritt ein Kurzdarmsyndrom meistens auf, wenn es bei Frühgeburten zu Komplikationen kommt, angeborene Fehlbildungen oder Verschlingungen vorhanden sind. Auch Leisten-, Nabel- und Narbenbrüche können als Ursache in Frage kommen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Beschwerden bei einem Kurzdarmsyndrom hängen von der Ursache, der noch verbleibenden Dünndarmlänge und dem Darmbereich, der herausoperiert werden musste, ab. Durch den verkürzten Darm und den damit verbundenen Nährstoffmangel können an verschiedenen Organen Beschwerden hervorgerufen werden. Es kommt zu massiven, klebrigen Durchfällen mit starker Geruchsbildung, besonders bei hohen Kohlenhydratanteilen.

Infolge der gestörten Verdauung treten Blähungen und Bauchkrämpfe auf, oft auch starke Gewichtsverluste. Der durch die Verkürzung auftretende Mangel an Vitaminen und Nährstoffen kann sich, je nach fehlender Substanz unterschiedlich äußern kann. Bei einem Vitaminmangel ist die Haut trocken, eine erhöhte Blutungsneigung, Nachtblindheit zu beobachten.

Ebenso kann ein Mangel an Vitamin B12 und Folsäuremangel zu einer Blutarmut, begleitet von einer blassen Hautfarbe, Abgeschlagenheit und Leistungseinbußen. Der Vitaminmangel kann auch Nerven im Rückenmark beeinträchtigen und Missempfindungen in Händen und Füßen verursachen, zum Beispiel Gehprobleme.

Bei einem Mangel an Blutsalzen wie Magnesium und Calcium verkrampfen sich die Muskeln und die Knochen schmerzen. Durch einen Eiweißmangel kann es zu einer starken Gewichtsabnahme kommen und Knöchel und Unterschenkel können durch Wassereinlagerungen anschwellen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose eines Kurzdarmsyndroms richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung und welche Teile des Darms entfernt werden mussten. Wichtig nach einer Operation ist eine regelmäßige Kontrolle der Blutwerte, um festzustellen, ob der Körper mit ausreichend Vitaminen und Nährstoffen versorgt wird, regelmäßige Gewichtskontrollen und Stuhluntersuchungen, um rechtzeitig Komplikationen zu vermeiden.

Sinnvoll können bei Bedarf auch Röntgenuntersuchungen oder eine Computertomographie (CT) sein, um den Darm zu überwachen. Der Darm ist in gewissem Umfang in der Lage, sich an die neuen Verhältnisse anzupassen und die Funktion fehlender Abschnitte auszugleichen (medizinisch Adaption). Die Umstellungsphase nach der Operation kann bis zu einem Jahr dauern und ist anfangs häufig mit starken Durchfällen verbunden, besonders in den ersten Wochen nach der Operation.

In der Regel erholt sich der Darm nach einer gewissen Zeit und Betroffene spüren nach dieser Anpassungsphase eine Besserung der Beschwerden. Wenn Medikamente nicht helfen, kann vorübergehend eine künstliche Ernährung erfolgen oder ein künstlicher Darmausgang gelegt werden.

Bei einer verbleibenden Darmlänge von unter einem Zentimeter kann dauerhaft eine künstliche Ernährung erforderlich sein. Wenn es in schwereren Fällen trotz der künstlichen Ernährung zu weiteren Gewichtsverlusten kommt, hilft oft nur noch eine Darmtransplantation.

Komplikationen

Das Kurzdarmsyndrom kann verschiedene Komplikationen hervorrufen. So kann es durch die Überproduktion von Magensäure zu Durchfällen und Fettstühlen kommen. Die begleitend auftretende Milchzuckerunverträglichkeit verstärkt die Magen-Darm-Beschwerden häufig noch und trägt zur Übersäuerung des Organismus bei. Die Abnahme der Gallensäuren-Konzentration kann Gallen- und Nierensteine hervorrufen.

Dadurch können diverse Komplikationen wie Gallen- und Nierenkoliken, Gelbsucht, Harnverhalt und Entzündungen der Harnleiter auftreten. In schweren Fällen kann sich der Gallengang entzünden und Fieber und Schüttelfrost verursachen. Darüber hinaus erhöht das Kurzdarmsyndrom das Risiko für Oxalat-Steine, ebenfalls mit schweren Komplikationen und starken Schmerzen einhergehend.

Langfristig führt der Systemkomplex beim Kurzdarmsyndrom zu einer Abnahme der Lebensqualität und der Entstehung seelischer Probleme. Bei der Behandlung des Kurzdarmsyndroms können ebenfalls Probleme auftreten. Die Ernährung via Infusion kann zu Infektionen und Venenreizungen führen, Ödeme verursachen und langfristig sowohl das Herz-Kreislauf-System als auch den Verdauungstrakt schädigen.

Außerdem kann eine Ernährungsumstellung ausgeprägte Fettstühle und in der Folge Hämorrhoiden hervorrufen. Die zur Regulierung der Magensäure eingesetzten Präparate können Schlafstörungen, Hautrötungen und weitere Nebenwirkungen hervorrufen. Das gegen Nieren- und Gallensteine verordnete Colestyramin kann Übelkeit, Sodbrennen, Appetitlosigkeit und Co. auslösen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein Kurzdarmsyndrom liegt vor, wenn aufgrund einer Erkrankung Teile des Dünndarms entfernt werden mussten. Aufgrund des verkürzten Dünndarms leiden betroffene Personen oftmals unter klebrigem Durchfall. Unmittelbar nach der Verkürzung des Darms sind solche Beschwerden völlig normal. In diesem Fall muss kein Arzt aufgesucht werden. Mit entsprechenden Medikamenten kann aber eine Besserung herbeigeführt werden.

Nach wenigen Wochen dürfte sich der Darm auf die neuen Gegebenheiten eingespielt haben, sodass der Durchfall abklingen sollte. Ist dies nicht der Fall, so sollte definitiv ein Arzt aufgesucht werden. Wenn der Dünndarm jedoch auf eine Länge unter 2 cm gekürzt worden ist, dann ist unter Umständen eine künstliche Ernährung erforderlich. In so einem Fall ist eine dauerhafte ärztliche Beobachtung notwendig. Auch bei langanhaltenden Schmerzen im Darmbereich ist ein entsprechender Arzt aufzusuchen. Nur so können schwerwiegende Komplikationen frühzeitig erkannt, behandelt und beseitigt werden. Wer im Falle eines Kurzdarmsyndroms auf eine nachträgliche Behandlung verzichtet, der setzt sich einem Risiko aus.

Behandlung & Therapie

In der Regel wird der Darm direkt nach einer Operation für zwei Wochen auf künstliche Ernährung umgestellt, um das Risiko einer massiven Gewichtsabnahme zu minimieren. Sie wird während dieser Zeit über einen Venenverweilkatheter intravenös verabreicht.

In den ersten paar Wochen können gehäuft starke Durchfälle auftreten, die medikamentös behandelt werden müssen, darüber hinaus muss die Flüssigkeits- und Nährstoffaufnahme überwacht werden, gegebenenfalls Nährstoffe zugeführt werden. Nach dem Nachlassen der Durchfälle kann langsam eine normale Ernährung aufgebaut und die künstliche Ernährung schrittweise wieder abgebaut werden.

Musste ein Großteil des Dünndarms entfernt werden, kann diese Phase entsprechend länger dauern. Treten weiter Beschwerden auf, obwohl der verbliebene Rest des Dünndarms lang genug ist, kann chirurgisch ein Stück vom Dünndarm herausgeschnitten, um 180 Grad gedreht und an der gleichen Stelle wieder angenäht werden.

Die Darmmuskulatur sorgt dann dafür, dass der Nahrungsbrei in Wellen verkehrt herum wieder in Richtung Magen transportiert wird. Dadurch verweilt die Nahrung länger im Darm und die Aufnahme von Nährstoffen wird gefördert.


Aussicht & Prognose

Die Lebenserwartung beim Kurzdarmsyndrom orientiert sich an der Art und Ausprägung der Grunderkrankung und ihrem Verlauf. Je nachdem, welche Teile des Darms entfernt werden müssen und welche Länge der Restdarm aufweist, ist gegebenenfalls eine parenterale Ernährung vonnöten. Bei einer Restdarmlänge unter einem Meter benötigt der Patient in der Regel eine ständige Betreuung. Auch Alter, Allgemeinzustand und etwaige Begleiterkrankungen haben Einfluss auf die Prognose. Zudem kann es zu Komplikationen kommen, welche die Prognose verschlechtern.

Durch einen gesunden Lebensstil und die Einhaltung der ärztlichen Vorgaben können die Patienten inzwischen ein Leben mit einem relativ hohen Lebensqualität führen. Bei einem leichten Kurzdarmsyndrom treten oft nur wenige Einschränkungen auf. Die Betroffenen müssen dann lediglich regelmäßig den Arzt konsultieren, damit die Symptome überwacht und etwaige Komplikationen frühzeitig erkannt werden können. Die Prognose ist in diesem Fall sehr gut.

Eine vollständige Heilung des Kurzdarmsyndroms ist bislang nicht möglich. Nachdem der Patient operativ behandelt wurde, können sich Infektionen entwickeln, die unter Umständen lebensbedrohlich sind. Auch bei einer extrem kurzen Restdarmlänge besteht gegebenenfalls akute Lebensgefahr für den Patienten. Auch in diesen Fällen ist eine ständige ärztliche Überwachung notwendig.

Vorbeugung

Generell ist bei einem Kurzdarmsyndrom keine Vorbeugung möglich, aber Betroffene können durch das Befolgen von Verhaltensmaßnahmen dafür sorgen, dass der Restdarm geschont wird und sich der Zustand nicht verschlechtert. Um das zu erreichen, ist es wichtig, sich an die Ernährungsempfehlungen der Ärzte zu halten, regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen zu gehen, Medikamente entsprechend ihrer Verordnung einzunehmen und sofort einen Arzt aufzusuchen, wenn es zu Komplikationen kommt.

Nachsorge

Die Maßnahmen einer Nachsorge erweisen sich beim Kurzdarmsyndrom in der Regel als sehr schwierig und sind in vielen Fällen auch gar nicht möglich. Daher sollten Betroffene bei dieser Krankheit schon sehr früh einen Arzt aufsuchen, damit keine weiteren Komplikationen mehr auftreten. Wird das Kurzdarmsyndrom nicht behandelt, kommt es unweigerlich zu deutlichen Einschränkungen in der Lebensqualität des Betroffenen.

In den meisten Fällen ist nach dem operativen Eingriff, welcher zum Kurzdarmsyndrom geführt hat, keine besondere Maßnahme der Nachsorge mehr notwendig. Dabei stellt sich der Durchfall in der Regel wieder von selbst nach einigen Wochen ein, sodass kein Arzt aufgesucht werden muss. Dies sollte lediglich dann erfolge, wenn der Durchfall auch nach einigen Wochen noch nicht wieder von alleine verschwunden ist.

In schwerwiegenden Fällen sind die Betroffenen beim Kurzdarmsyndrom allerdings auf eine künstliche Ernährung angewiesen, sodass sich hierbei die Hilfe und die Pflege des Betroffenen durch die eigene Familie positiv auf den weiteren Verlauf auswirkt. In der Regel sind dabei auch regelmäßige Kontrollen beim Arzt notwendig, um andere Schäden am Darm früh zu erkennen und zu behandeln.

Das können Sie selbst tun

Welche Maßnahmen Kurzdarmsyndrom-Patienten ergreifen können, um die Beschwerden zu reduzieren und den Heilungsverlauf nach einem Eingriff zu unterstützen, hängt von der ursächlichen Erkrankung ab.

Grundsätzlich gelten nach einer Operation Schonung und Bettruhe. Die bisherige Diät darf weitergeführt werden, wobei zunächst nur kleine Portionen einer leicht verträglichen Kost verzehrt werden sollten. Die Mahlzeiten sollten sich aus Fisch und fettarmem Fleisch, Ei, Milch- und Milchprodukten, Kartoffeln, Wurzelgemüse und säurearmem Obst zusammensetzen und werden am besten auf sechs bis acht kleine Portionen verteilt. Die Fettzufuhr kann langsam gesteigert werden, immer begleitet von ärztlichen Kontrolluntersuchungen. Daneben ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig, vor allem, wenn es zu Durchfällen gekommen ist. Bewährt haben sich zum Beispiel isotone Getränke, Saftschorlen, gesüßter Tee oder Wasser.

Neben diesen diätetischen Maßnahmen müssen Schritte gegangen werden, um die einzelnen Symptome zu lindern. Bei einer trockenen Haut helfen Pflegeprodukte aus der Drogerie, aber auch natürliche Salben und Lotionen aus Kamille, Melisse und anderen Heilpflanzen. Durchfälle, Blähungen und Blutarmut sollten nach einigen Tagen bis Wochen von selbst zurückgehen, insofern die vom Arzt verordnete Diät eingehalten wird.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Messmann, H.: Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart 2012

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