Lithium

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Lithium ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts als sehr wirksames Psychopharmakon bekannt. Es wird vorwiegend als sogenanntes Phasenprophylaktikum bei bipolaren und schizoaffektiven Störungen sowie bei unipolaren Depressionen angewendet. Da das therapeutische Fenster sehr klein ist, ist bei Lithiumtherapien eine engmaschige Überprüfung des Blutbildes erforderlich, um eine Intoxikation zu vermeiden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Lithium?

Lithium wird vorwiegend als sogenanntes Phasenprophylaktikum bei bipolaren und schizoaffektiven Störungen sowie bei unipolaren Depressionen angewendet.

Bei Lithium handelt es sich um ein chemisches Element, das zu den Alkalimetallen gehört. Im Periodensystem wird es mit dem Symbol „Li“ gekennzeichnet. Neben der Verwendung in der Industrie werden bestimmte Lithiumsalze seit Mitte des vorigen Jahrhunderts als Phasenprophylaktika in der psychiatrischen Praxis angewandt.

Phasenprophylaktika sind Psychopharmaka, die schnelle, krankhafte Stimmungsumbrüche verhindern sollen. Seit seiner Entdeckung ist Lithium ein Klassiker in der Behandlung von gestörten Gefühlslagen, wie sie beispielsweise bei bipolaren Psychosen (Wechsel zwischen Manie und Depression) zum Ausdruck kommen.

Wichtig ist, zu erwähnen, dass es sich bei der Lithiumtherapie um eine vorbeugende Behandlung handelt. Auch wenn erbliche Belastungen für unipolare Depressionen (Depressionen ohne Manie), bipolare oder schizoaffaktive Psychosen (Psychosen mit affektiven und schizophrenen Elementen) im Vorfeld bekannt sind, kann Lithium jedoch nicht vorbeugend verabreicht werden, um einen Erstausbruch der Erkrankung zu verhindern.

Pharmakologische Wirkung

Obwohl Lithium als Phasenprophylaktikum schon lange verwendet wird und Unmengen von Fachliteratur darüber veröffentlicht wurden, ist bis heute nicht eindeutig geklärt, wie es im Körper wirkt. Experten gehen davon aus, dass es auf die Signalübertragung zwischen den Synapsen (den Nervenenden im Gehirn, die für die Reizübertragung verantwortlich sind) einwirkt.

Eine Theorie besagt, dass der Fluss des Botenstoffs Dopamin im synaptischen Spalt gedrosselt wird. Dadurch soll es zu einer verminderten Erregbarkeit der Synapsen kommen.

Eine andere Theorie geht davon aus, dass Lithiumsalze auf den Noradrenalin- und Serotonin-Spiegel wirken. Noradrenalin und Serotonin sind entscheidende Botenstoffe für die Gefühlslage. Während die Noradrenalin-Menge bei einer Manie hoch ist, lassen sich Depressionen auf einen zu geringen Serotonin-Spiegel zurückführen.

Manche Forscher vermuten, dass der Natrium-Kalium-Strom durch Lithium gedämmt und somit die generelle Erregbarkeit des Gehirns herabgesetzt wird. Schließlich gibt es Hinweise für die Annahme, dass die Kalzium-Konzentration im Organismus durch eine Lithiumtherapie herabgesetzt wird. Insbesondere bei bipolaren Erkrankungen ist aber eine hohe Kalzium-Konzentration feststellbar.

Zudem gibt es auch Anhaltspunkte für die Hypothese, dass Lithiumsalze die GABA-Rezeptoren im Gehirn beeinflussen und es somit zu einer geringeren Erregbarkeit kommt. GABA-Rezeptoren sind eine natürliche Vorrichtung des Gehirns, um das Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung zu erhalten.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Lithium spielt in der psychiatrischen Praxis deswegen eine erhebliche Rolle, weil es ein sehr wirksamer Stimmungsstabilisator ist. Seine Entdeckung als Phasenprophylaktikum gilt als Meilenstein in der Geschichte der Pharmakologie: In den 1950er Jahren wurde anhand von Tierexperimenten, die ursprünglich eine ganz andere Zielrichtung hatten, durch Zufall festgestellt, dass die Gabe von bestimmten Lithiumsalzen Auswirkungen auf die Aktivität von Ratten hat. Seitdem hat sich Lithium als Phasenprophylaktikum bei wiederkehrenden Depressionen, bei Manien, bei bipolaren Psychosen und bei schizoaffektiven Psychosen etabliert.

Bei unipolaren Depressionen wird das chemische Element zumeist in Verbindung mit Antidepressiva verabreicht. Manien können im Akutstadium durch Lithium eingedämmt werden, wobei die Anlaufzeit bis zum Wirkungseintritt etwa eine Woche beträgt.

Bei bipolaren Psychosen können Krankheitsphasen oft unterdrückt oder zumindest abgemildert werden. Schizoaffektive Psychosen werden pharmakologisch mit einer Kombinationsgabe von Neuroleptika, Antidepressiva und Lithium therapiert. In manchen Fällen findet Lithium auch Anwendung bei therapieresistenten Schizophrenien, wobei es in Verbindung mit Neuroleptika eingesetzt wird.

Laut zahlreichen Studien setzt Lithium das Selbstmordrisiko bei psychisch Kranken deutlich herab, wobei etwa ein Drittel der Patienten sehr gut auf die entsprechenden Präparate anspricht, während bei den meisten anderen zumindest eine signifikante Besserung zu verzeichnen ist.

Voraussetzung für die Wirksamkeit des Lithiums ist, dass das Präparat regelmäßig eingenommen wird, da es sich um Spiegelmedikamente handelt. Schließlich gilt Lithium als Mittel der zweiten Wahl bei Cluster-Kopfschmerz (Schmerzen zwischen Augen, Stirn und Schläfen).


Risiken & Nebenwirkungen

Obwohl die Wirksamkeit von Lithiumsalzen bei noch immer unklarem Wirkungsmechanismus in der psychiatrischen Praxis erwiesen ist, können zahlreiche unangenehme und sogar gefährliche Nebenwirkungen während der Therapie auftreten.

Zudem ist anzumerken, dass der therapeutische und der toxische Bereich nah beieinander liegen. Bei einer Konzentration von über einem mmol/l droht Vergiftungsgefahr, die bis zum Koma führen kann. Idealerweise beträgt der Spiegel im Blut zwischen 0,6 und 0,8 mmol/l und sollte deswegen im dreimonatigen Rhythmus überprüft werden.

Da Lithium über die Nieren ausgeschieden wird, ist auch eine regelmäßige Überprüfung der Nierenfunktion erforderlich. Patienten mit chronischer oder akuter Niereninsuffizienz dürfen nicht mit Lithium behandelt werden. Auch verbietet sich eine Therapie bei Herzinsuffizienz.

Häufig auftretende Nebenwirkungen sind verstärkter Harndrang, vermehrter Appetit, Durchfall, Erbrechen, Übelkeit und Gewichtszunahme, wobei vor allem die überflüssigen Pfunde die Compliance vieler Patienten beeinträchtigen, da sie als sehr belastend empfunden werden.

Bei einer zu hohen Dosis können außerdem Trägheit, Apathie und Gleichgültigkeit auftreten. Außerdem ist bei einer Lithiumtherapie auf eine ausreichende Salzzufuhr zu achten, da Lithiumsalze andere Salze aus dem Organismus ausschwemmen. Auf Dauer kann auf diese Weise der Natrium-Spiegel gefährlich tief sinken. All dies macht eine genaue Überwachung der Medikamentengabe notwendig. Selbstmedikation kann bei Lithium lebensbedrohlich werden.

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