Neuroblastom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Neuroblastom ist eine Krebserkrankung und der am zweithäufigsten auftretende bösartige Wucherung, nach Tumoren im Hirn, bei Kindern. In Deutschland sind jährlich etwa 150 Kinder von einem Neuroblastom betroffen, wobei die Überlebensrate stark von dem Stadium des Tumors abhängt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Neuroblastom?

Grafische Illustration und Infogramm einer typischen Krebszelle.

Ein Neuroblastom ist ein fester, bösartiger Tumor, der aus entarteten Zellen des sympathischen Nervensystems entsteht. Dieses Nervensystem steuert unter anderem den Herz- und Kreislauf oder die Darmtätigkeit.

Entarten die unreifen Zellen dieses Nervensystems, bildet sich ein Neuroblastom. Die Entartung der unreifen Zellen beginnt bereits pränatal. Der Tumor kommt am häufigsten im Nebennierenmark vor (ca. 50 Prozent aller Fälle) oder beidseitig der Wirbelsäule im sogenannten Grenzstrang. Ist dieser Grenzstrang betroffen, kann der Tumor entlang der gesamten Wirbelsäule entstehen, d.h. im Bauch-, Brust- oder Halsbereich.

Neuroblastome können auf den Entstehungsort begrenzt sein oder streuen, d. h. Metastasen bilden. Metastasen sind nicht auf einzelne Orte beschränkt, und können in Lunge, Nieren, Hirn oder Lymphknoten auftauchen. Neuroblastome haben die Eigenart, sich in einigen Fällen spontan zurückzubilden, wofür Ärzte bis heute keinen Grund finden konnten.

In über 50 Prozent aller Fälle treten Neuroblastome innerhalb der ersten 15 Lebensmonate auf, wobei Jungen häufiger betroffen sind als Mädchen. Mit zunehmendem Alter nimmt das Risiko, an einem Neuroblastom zu erkranken, ab. Allerdings können selten auch Jugendliche und Erwachsene mit einem Neuroblastom diagnostiziert werden.

Ursachen

Ursache für Neuroblastome sind die entarteten Zellen des sympathischen Nervensystems. Da die Entartung oft schon vor der Geburt entsteht, können Genmutationen und spontane Chromosomenveränderung der Grund für die Zellveränderung sein.

Eine genetische Vererbung wurde bis jetzt nicht nachgewiesen, allerdings gibt es Familien, in denen Neuroblastome häufiger auftreten (ca. 1 Prozent der Fälle). Auch die Ernährung in der Schwangerschaft, Stress und Umweltfaktoren konnten bis jetzt nicht als Ursachen der Entartung der Zellen nachgewiesen werden.

Symptome, Beschwerden und Anzeichen

Diagnose und Verlauf

Bei einem Neuroblastom haben viele anfangs viele Patienten gar keine Symptome. Diese treten erst später mit fortgeschrittenem Tumorwachstum oder Metastasierung auf. Wenn Beschwerden auftreten, sind diese in der Regel von der Lage des Tumors abhängig.

So können Bauchschmerzen, Fieber, Durchfall, Halsschmerzen, Müdigkeit und ein allgemeines Krankheitsgefühl auftreten. Da dies aber alles unspezifische Symptome sind, muss der Arzt zur Diagnostik verschiedene Hilfsmittel wie Kernspintomographie, Röntgen, Computertomographie und Labortests zu Hilfe nehmen.

Wird ein Tumor entdeckt, können weitere Untersuchungen klären, ob einzelne Organe betroffen sind. Eine endgültige Sicherung der Diagnose wird durch eine feingewebliche Untersuchung des Tumors erlangt.

Zum Nachweis oder Ausschluss von Metastasenbildung wird eine MIBG-Szintigrafie vorgenommen, bei der ein radioaktiver Stoff in den Blutkreislauf des Patienten injektiert wird.

Komplikationen

Ein Neuroblastom führt zu vielen verschiedenen Beschwerden und Komplikationen. In der Regel hängt der weitere Verlauf dieser Erkrankung sehr stark von ihrer Ursache und der jeweils betroffenen Region des Körpers ab. Eine allgemeine Voraussage über den weiteren Verlauf ist aus diesem Grund in der Regel nicht möglich.

Die Betroffenen leiden dabei in den meisten Fällen an Durchfall und an Bluthochdruck. Ebenso kann es dabei zu Fieber und zu einer Gewichtsabnahme kommen. Nicht selten führt ein Neuroblastom auch zu Schmerzen im Bauch und im Rücken und kann sich sehr negativ auf die Verdauung des Patienten auswirken. Weiterhin hängt der Verlauf dieser Beschwerde sehr stark vom Zeitpunkt der Diagnose ab, sodass es nicht in jedem Fall zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt.

Im äußersten Stadium verstirbt der Betroffene an den Beschwerden des Neuroblastoms. Weiterhin sind nicht selten auch die Eltern und Angehörigen des Kindes vom Neuroblastom betroffen und leiden an psychischen Beschwerden. Bei der Behandlung dieser Erkrankung treten keine besonderen Komplikationen auf. Allerdings kann ein positiver Verlauf nicht immer garantiert werden. Eventuell ist auch die Lebenserwartung des Patienten durch das Neuroblastom deutlich verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Zeigen Kinder Auffälligkeiten und gesundheitliche Veränderungen, ist eine besondere Sorgfalt notwendig. Da es sich bei dem Neuroblastom um eine Tumorerkrankung handelt, ist ein Arztbesuch bereits bei den ersten Anzeichen einer Unregelmäßigkeit zu empfehlen. Je eher eine Diagnosestellung ermöglicht wird, desto besser sind die Heilungsaussichten. Andernfalls droht in schweren Fällen das vorzeitige Ableben des Kindes.

Bei Einschränkungen der Atmung, einer Atemnot oder Unterbrechungen der Atemtätigkeit, wird ein Arzt benötigt. Klagt das Kind über Bauchschmerzen, ein allgemeines Unwohlsein oder Rückenschmerzen, ist ein Arztbesuch anzuraten. Bei Störungen des Verdauungstraktes, einer Abnahme an spielerischen Aktivitäten oder anderen Verhaltensauffälligkeiten ist die Konsultation eines Arztes angezeigt. Durchfall oder die Verweigerung der Nahrungsaufnahme sind Anzeichen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Ein blasses Erscheinungsbild, eine erhöhte Körpertemperatur sowie eine Veränderung des Gewichts sind besorgniserregend und müssen einem Arzt vorgestellt werden. Kommt es zu Auffälligkeiten im Bereich des Gesichts oder des Halses, sind diese untersuchen zu lassen. Eine Einschränkung des Sehvermögens, Veränderungen der Netzhaut oder eine Pigmentstörung sind Warnhinweise des Organismus für eine bestehende Erkrankung. Ein Arztbesuch ist schnellstmöglich für eine Ursachenforschung einzuleiten.

Halten bestehende Beschwerden über mehrere Tage an oder nehmen sie an Intensität zu, muss unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden. Ein Rettungsdienst ist bei einem akuten gesundheitlichen Zustand zu rufen.

Behandlung & Therapie

Nach der Diagnose eines Neuroblastoms sollte so schnell wie möglich mit der Therapieplanung begonnen werden. Dabei sind das Stadium des Tumors, das Alter des Patienten und mögliche Metastasenbildung besonders zu berücksichtigen. Es wird zwischen folgenden Stadien unterschieden:

1. Der Tumor ist auf den Ursprungsort begrenzt und vollständig operabel.

2. Der Tumor ist operierbar, es kann aber noch ein Resttumor nachgewiesen werden.

3. Der Tumor ist nicht operabel, Lymphknoten können aber schon befallen sein.

4. Es liegen Metastasen in Hirn, Leber, Knochenmark oder anderen Organen vor.

5. Kriterien nach 1. und 2., der Patient ist aber unter 18 Monate und es sind nur wenige bis gar keine Metastasen vorhanden. Hier kann sich der Tumor spontan zurückbilden.

Die Behandlung eines Neuroblastoms besteht in der Regel aus einer Kombination aus Chemotherapie und Operation. Oft können Tumore erst nach einer Reduktion durch Bestrahlung operativ entfernt werden, in anderen Fällen wird das Neuroblastom erst entfernt und danach mit der Bestrahlung von eventuell noch vorhandenem, bösartigen Restgewebe begonnen. Zur Behandlung eines Neuroblastoms können außerdem andere Therapieverfahren begleitend eingesetzt werden.

Dazu gehören die MIBG-Therapie, Stammzelltransplantationen oder eine Behandlung mit Retinsäure. Jeder Einzelfall benötigt eine individuelle Behandlung, die vor allem von dem Stadium des Tumors vorgegeben ist. So kann es bei Stadium 1. angeraten sein, nach der operativen Entfernung keine Strahlentherapie einzusetzen, sondern erst einmal abzuwarten.

Hat der Tumor bereits gestreut und Metastasen in anderen Organen gebildet, wird meist eine Hochrisiko-Therapie angewandt, die aus Operation, Strahlen- und Chemotherapie besteht. Sie kann bis zu 2 Jahre dauern.


Aussicht & Prognose

Grundsätzlich ist der Krankheitsverlauf eines Neuroblastoms als individuell zu betrachten. Beim Neuroblastom erweist sich neben dem Entwicklungsstadium das Alter der Patienten als maßgebend für Krankheitsverlauf und Prognose. Bei jungen Patienten beziehungsweise solchen in frühen Krankheitsstadien ist die Prognose besser. Etwa 75 Prozent der Patienten mit einem diagnostizierten Neuroblastom überleben die folgenden fünfzehn Jahre. Bei Niedrig-Risiko-Patienten ist die Überlebensrate noch höher - sie liegt hier sogar bei über 95 Prozent.

Wesentlich schlechter ist die Prognose bei den Hoch-Risiko-Patienten. Hier liegt die Rate nach fünf Jahren nur bei 30 bis 40 Prozent. Selbst wenn der Tumor komplett entfernt werden konnte, kommt es nach einer gewissen Zeit bei einigen Patienten zu einem Rückfall (Rezidiv). Die Mehrzahl der Rezidive tritt in den ersten Jahren im Anschluss an die Therapie auf.

Deshalb sollten sich die Patienten insbesondere in einem Zeitraum von zehn Jahren nach Therapieende auf jeden Fall regelmäßigen Kontrolluntersuchungen unterziehen. Hierzu zählen neben körperlicher Untersuchung auch Laboruntersuchungen sowie Untersuchungen via bildgebender Verfahren. Auf diese Weise lässt sich frühzeitig ein möglicherweise erneut auftretendes Neuroblastom identifizieren.

Neuroblastomen kann man bisher nicht gezielt vorbeugen. Da diese Erkrankung vor allem bei Kindern und Jugendlichen auftritt, stehen die Eltern hier in besonderer Verantwortung. Dazu gehört die Schaffung eines guten, stabilen und von Harmonie geprägten Umfelds für die Betroffenen.

Vorbeugung

Man kann Neuroblamstomen laut gegenwärtigem wissenschaftlichem Kenntnisstand nicht vorbeugen. Neuroblastome werden meist zufällig entdeckt, daher versuchen Ärzte seit Jahren ein zuverlässige Früherkennungsmethode zu finden. Neben Marker-Tests wurde daher in Deutschland und Kanada ein Neuroblastomen-Screening entwickelt. Es kann aber bis jetzt nicht gesagt werden, ob dieses die Früherkennung wirklich verbessert.

Nachsorge

Nach der intensivmedizinischen Behandlung des Tumors beginnen Rehabilitation und Nachsorge des Patienten. Im Rahmen der Tumornachsorge werden regelmäßige Kontrolluntersuchungen und Patientengespräche durchgeführt. Im Detail zählen zur Nachsorge eine gründliche körperliche Untersuchung, Laboruntersuchungen und bildgebende Untersuchungen wie Ultraschall und Röntgen. Bei Bedarf können weitere bildgebende Verfahren eingesetzt werden, um beispielsweise bestimmte Körperregionen zu untersuchen oder Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten zu erkennen.

Die engmaschige Kontrolle ermöglicht ein frühzeitiges Erkennen etwaige Rezidive. Auch mögliche Begleiterkrankungen oder Folgen der Therapie werden im Rahmen der Nachsorge festgestellt und behandelt. Begleitend dazu umfasst die Nachsorge eine therapeutische Betreuung des Patienten und seiner Angehörigen.

Insbesondere betroffene Kinder müssen bereits in der Klinik umfassend betreut werden. Im Rahmen der Nachbetreuung werden den beteiligten Personen die notwendigen Anlaufstellen und Maßnahmen genannt, um die Krankheit optimal zu verarbeiten. Der behandelnde Arzt begleitet sowohl die Untersuchungen als auch die Betreuung des Patienten.

Die Nachbeobachtung kann mehrere Jahre andauern. Insofern keine Komplikationen auftreten, werden die Abstände zwischen den Untersuchungen nach und nach verlängert. Bei Komplikationen wie Rezidiven oder Begleiterkrankungen ist eine Wiederaufnahme der Therapie vonnöten. Die Nachsorge wird bei größeren Komplikationen in der Regel abgebrochen.

Das können Sie selbst tun

Da bei dieser Erkrankung vermehrt Kinder und Jugendliche betroffen sind, kommt den Eltern eine besondere Verantwortung zu. Es ist äußerst wichtig, ein gutes, harmonisches und stabiles Umfeld für die Betroffenen zu schaffen. Die Kinder sollten als vollwertige Familienmitglieder gesehen und einbezogen werden.

Wichtig ist jedoch, dass angeordnete Behandlungen regelmäßig wahrgenommen werden. Ebenfalls können unterstützende homöopathische Präparate oder andere Naturprodukte in Absprache mit dem Arzt eingenommen werden, um den Verlauf der Erkrankung zu lindern bzw. den Körper zu entlasten. Eine Lebensweise, die nahezu "normal" ist, wird den Patienten einen leichteren Alltag verschaffen. Dazu gehört Freunde zu treffen, die Schule zu besuchen und viel zu tun, was Freude bringt. Natürlich muss dies der behandelnde Arzt unter Berücksichtigung des Krankheitsstadiums befürworten.

Ansonsten sollte auf gesunde und qualitativ hochwertige Nahrung, ausreichend Ruhe und Schlaf sowie angemessene Bewegung an der frischen Luft geachtet werden, um dem Körper Gutes zuzuführen. Viele Betroffene empfinden es als angenehm, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen. So können sie sich mit anderen Betroffenen austauschen und sich gegenseitig Mut machen. Wer psychologische Betreuung in Anspruch nehmen möchte, wird ebenfalls davon profitieren. Dadurch wird Erkrankten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren und damit zu leben.

Quellen

  • Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Kerbl, R. et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2011
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014

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