Gehirn

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. November 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Gehirn (fachsprachlich: Cerebrum bzw. Encephalon) ist das, aus Nervengewebe bestehende, Steuerzentrum des Körpers, in dem Informationen aus dem Körperinneren mit Informationen aus der Außenwelt integriert und verarbeitet werden. Zusammen mit dem Rückenmark bildet es das zentrale Nervensystem (ZNS).

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Gehirn?

Gehirnzellen bestehen aus Dendriten und Axonen, an deren Ende sich Synapsen bilden können. Die Zahl der Synapsen spielt eine bedeutendere Rolle beim Informationsaustausch, als die Anzahl der Nervenzellen. Klicken, um zu vergrößern.

Das menschliche Gehirn ist der Anteil des zentralen Nervensystems, der sich im Schädel befindet. Den Übergang zum Rückenmark markiert die Pyramidenbahnkreuzung auf Höhe des großen Hinterhauptsloches (Foramen magnum) an der Schädelbasis.

Das Gehirn eines erwachsenen Mannes wiegt im Durchschnitt 1400 g, das einer erwachsenen Frau bei gleicher Körpergröße durchschnittlich 1300 g. Nach derzeitigen Schätzungen besteht das Gehirn aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen und in etwa noch einmal so vielen Gliazellen.

Anatomie & Aufbau

Schon auf den ersten Blick ist die Unterteilung des Gehirns in zwei Hemisphären sichtbar. Die Gehirnhälften werden durch mehrere Kommissuren verbunden. Gemäß seiner Entwicklungsgeschichte gliedert sich das Gehirn in drei Teile:

Der evolutionär älteste Teil ist das Rautenhirn, bestehend aus dem verlängerten Mark, der Brücke und dem Kleinhirn. Daran schließt sich das Mittelhirn an. Der jüngste Part ist das Vorderhirn, das sich noch einmal in Zwischenhirn und Großhirn unterteilen lässt.

Schematische Darstellung der Funktionsbereiche des menschlichen Gehirns. Klicken, um zu vergrößern.

Umhüllt wird das Gehirn von schützenden Hirnhäuten. Die Hirnrinde ist zwecks Oberflächenvergrößerung stark gefurcht. Üblich ist eine Einteilung der Hirnrinde in 5 Lappen: Stirnlappen, Scheitellappen, Schläfenlappen, Hinterhauptslappen und Insellappen. Im Gehirn selbst lassen sich graue und weiße Substanz unterscheiden: In der grauen Substanz befindet sich eine hohe Zahl von Zellleibern. Sie kommt hauptsächlich oberflächlich in der Hirnrinde vor, im Hirninneren finden sich nur Inseln von grauer Substanz als Kerne oder Netze.

Ansonsten überwiegt im Inneren die weiße Substanz, die hauptsächlich aus Nervenzellfortsätzen besteht. Zusätzlich befindet sich im Hirninneren ein Hohlraumsystem aus 4 Ventrikeln. Diese sind mit Liquor cerebrospinalis gefüllt, der polsternde, immunologische und Signalfunktionen erfüllt.

Funktionen & Aufgaben

Schematische Darstellung zur Anatomie und Aufbau des Gehirns. Klicken, um zu vergrößern.

Das Gehirn ist ein hoch komplexes Organ, das unterschiedlichste Aufgaben erfüllt. Es steuert grundlegende vegetative Funktionen genauso wie kognitive Höchstleistungen.

In den entwicklungsgeschichtlich älteren Abschnitten werden basale Funktionen wie Herzfrequenz, Atmung, Schweißsekretion und Vigilanz gesteuert. Für das Hervorbringen von Emotionen, natürlichen Rhythmen und Gedächtnisfunktionen ist ein Zusammenpiel älterer und jüngerer Strukturen notwendig. Im Gehirn werden die Sinneseindrücke aller Sinne verarbeitet und integriert, sodass Wahrnehmungen und sensorische Empfindungen entstehen.

Besonders der beim Menschen sehr gut entwickelte Sehsinn nimmt beachtliche Teile der Hirnrinde in Anspruch. Das motorische System innerhalb des Gehirns ermöglicht die Steuerung und Planung von Muskelaktivität. Ohne die motorischen Gehirnleistungen sind nur noch wenige reflexhafte Bewegungen über das Rückenmark möglich.

Das Großhirn gilt zudem als Sitz der menschlichen Persönlichkeit und Intelligenz. Um seine umfassenden Leistungen zu erbringen, benötigt das Gehirn viel Energie: Im Ruhezustand ist es für 15-20 % unseres Energieverbrauchs verantwortlich.

Krankheiten

Das Spektrum möglicher Hirnerkrankungen ist extrem weit gefächert. Erstes Anzeichen für eine Erkrankung des Gehirns sind meist Schmerzen oder Funktionsstörungen.

Ein in Industrienationen sehr häufiges Krankheitsbild ist der Schlaganfall, bei dem Hirngewebe aufgrund von Gefäßverschlüssen oder Gefäßrissen nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt wird. Nervenzellen reagieren sehr empfindlich auf Sauerstoffmangel und gehen schon nach wenigen Minuten unwiederbringlich unter. Ebenfalls häufig anzutreffen sind Epilepsien, die durch unkontrollierte Massenentladungen von Neuronen entstehen.

Krebs kann das Gehirn entweder primär in Form von Hirntumoren oder sekundär durch Hirnmetastasen betreffen. Entzündliche Hirnerkrankungen (Enzephalopathien) werden durch Viren, Bakterien, Pilze oder Würmer hervorgerufen und betreffen häufig auch die Hirnhäute in Form einer Meningitis. Die Ätiologie der Multiplen Sklerose, einer chronisch-entzündlichen Erkrankung, bei der die Myelinscheiden des ZNS degenerieren, ist noch unverstanden.

Zu den degenerativen und noch nicht umfassend verstandenen Hirnerkrankungen zählen außerdem die Alzheimer-Demenz, Chorea Huntington und Parkinson. Ein Schädel-Hirn-Trauma kann glimpflich mit einer leichten Gehirnerschütterung enden, aber auch mit Quetschungen, Einblutungen und einer letalen Hirndrucksteigerung. Der irreversible Ausfall des Gehirns wird als Hirntod bezeichnet und - ethisch umstritten - als Todesdefinition verwendet.


Typische & häufige Erkrankungen

10 Dinge, die Sie über das Gehirn wissen sollten

Warum ist das Gehirn so wichtig für die Gesundheit?

Das Gehirn steuert alle lebenswichtigen Funktionen, einschließlich Atmung, Herzschlag, Bewegung, Denken und Emotionen. Es koordiniert die Arbeit aller Organe und ermöglicht die Anpassung an Umweltveränderungen.

Wie viel Energie benötigt das Gehirn?

Das Gehirn macht etwa 2% des Körpergewichts aus, verbraucht jedoch rund 20% der gesamten Energie. Es benötigt konstant Sauerstoff und Glukose, um effizient zu arbeiten.

Wie kann man das Gehirn vor Schäden schützen?

Das Tragen eines Helms bei risikoreichen Aktivitäten, das Vermeiden von Drogen und Alkoholmissbrauch sowie eine gesunde Ernährung und Bewegung schützen das Gehirn vor physischen und chemischen Schäden.

Welche Rolle spielt Schlaf für das Gehirn?

Schlaf ist essenziell für die Regeneration des Gehirns. Während des Schlafes werden Abfallstoffe entfernt, Gedächtnisinhalte konsolidiert und neuronale Verbindungen gestärkt.

Kann das Gehirn neue Zellen bilden?

Ja, durch Neurogenese entstehen neue Nervenzellen, vor allem im Hippocampus, der für Gedächtnis und Lernen wichtig ist. Diese Fähigkeit wird durch Bewegung, geistige Aktivität und gesunde Ernährung gefördert.

Welche Nährstoffe sind besonders wichtig für das Gehirn?

Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien (z. B. Vitamin E), B-Vitamine und Magnesium sind essenziell für die Gehirngesundheit, da sie die neuronale Funktion unterstützen und Entzündungen reduzieren.

Wie wirkt sich Stress auf das Gehirn aus?

Chronischer Stress erhöht das Cortisolniveau, das die Struktur und Funktion des Hippocampus schädigen kann. Dies beeinträchtigt Gedächtnis, Lernen und emotionale Regulation.

Was sind die häufigsten Erkrankungen des Gehirns?

Zu den häufigsten Erkrankungen gehören Demenz (z. B. Alzheimer), Schlaganfall, Parkinson, Epilepsie und Depression. Früherkennung und Behandlung können die Lebensqualität verbessern.

Wie beeinflusst Bewegung die Gehirngesundheit?

Bewegung fördert die Durchblutung und erhöht die Bildung von Wachstumsfaktoren wie BDNF, die die Gesundheit der Nervenzellen unterstützen und das Risiko neurologischer Erkrankungen senken.

Welche Gewohnheiten fördern die Gehirngesundheit?

Regelmäßiges Lernen, soziale Interaktion, Meditation, körperliche Aktivität und eine ausgewogene Ernährung fördern die neuronale Plastizität und halten das Gehirn fit. Verzicht auf Rauchen und moderater Umgang mit Alkohol sind ebenfalls wichtig.

10 Tipps für ein gesundes Gehirn

Ernähre dich ausgewogen und gehirnfreundlich:

Eine gesunde Ernährung ist entscheidend für die Gehirngesundheit. Lebensmittel reich an Omega-3-Fettsäuren (wie Fisch, Walnüsse und Leinsamen), Antioxidantien (z. B. Beeren und Blattgemüse) und Vitaminen (insbesondere B-Vitamine, Vitamin D und E) unterstützen die Funktion und den Schutz der Nervenzellen.

Halte deinen Körper aktiv:

Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung des Gehirns und stimuliert die Bildung neuer Nervenzellen. Sportarten wie Laufen, Radfahren oder Yoga erhöhen die Produktion von Wachstumsfaktoren wie BDNF, die für die Plastizität des Gehirns wichtig sind.

Sorge für ausreichend Schlaf:

Erholsamer Schlaf ermöglicht es dem Gehirn, sich zu regenerieren und Gelerntes zu verarbeiten. Schlafmangel beeinträchtigt das Gedächtnis und die Konzentration. Erwachsene sollten mindestens 7–8 Stunden pro Nacht schlafen.

Trainiere dein Gehirn:

Geistige Aktivität wie das Lösen von Rätseln, Lesen oder das Erlernen neuer Fähigkeiten hält das Gehirn flexibel. Herausforderungen fördern die Bildung neuer neuronaler Verbindungen und beugen kognitivem Abbau vor.

Pflege soziale Kontakte:

Regelmäßige soziale Interaktion stärkt nicht nur die emotionale Gesundheit, sondern auch das Gehirn. Gespräche, gemeinsames Lachen und Unterstützung durch Freunde fördern die Freisetzung von Neurotransmittern, die das Wohlbefinden steigern.

Reduziere Stress:

Chronischer Stress schädigt das Gehirn, insbesondere den Hippocampus, der für das Gedächtnis wichtig ist. Entspannungstechniken wie Meditation, Atemübungen oder Achtsamkeit helfen, den Cortisolspiegel zu senken und das Gehirn zu schützen.

Schütze dein Gehirn vor Verletzungen:

Trage bei Sportarten oder risikoreichen Aktivitäten einen Helm, um Kopfverletzungen zu vermeiden. Vermeide außerdem Substanzen wie Drogen und übermäßigen Alkohol, die die Gehirnzellen schädigen können.

Bleibe geistig neugierig:

Das Lernen neuer Dinge und das Ausprobieren ungewohnter Aufgaben halten das Gehirn aktiv. Aktivitäten wie das Erlernen einer neuen Sprache oder eines Instruments fördern die neuronale Flexibilität.

Trinke ausreichend Wasser:

Das Gehirn besteht zu etwa 75% aus Wasser. Dehydration kann die Konzentration und das Denken beeinträchtigen. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist essenziell für die Funktion der Nervenzellen.

Vermeide Rauchen und reduziere Alkohol:

Nikotin und Alkohol schädigen das Gehirn und erhöhen das Risiko für Demenz und andere neurologische Erkrankungen. Ein rauchfreier Lebensstil und moderater Alkoholkonsum fördern die langfristige Gehirngesundheit.

Die Rolle der Neuroplastizität für die Gesundheit

Neuroplastizität beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, sich anzupassen, neue Verbindungen zwischen Nervenzellen zu bilden und sich sogar nach Schäden zu reorganisieren. Diese Eigenschaft ist essenziell für Lernen, Gedächtnis und die Rehabilitation nach neurologischen Erkrankungen. Aus gesundheitlicher Perspektive ist die Förderung der Neuroplastizität eine Schlüsselstrategie, um die geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten und neurologische Krankheiten abzumildern.

Neuroplastizität spielt eine entscheidende Rolle im Alltag. Beim Lernen oder bei neuen Erfahrungen entstehen neue synaptische Verbindungen im Gehirn. Beispielsweise formt das Erlernen eines Musikinstruments oder einer neuen Sprache neue neuronale Netzwerke. Je häufiger diese Netzwerke genutzt werden, desto stärker und stabiler werden sie, was das Gedächtnis und die kognitiven Fähigkeiten verbessert.

Ein weiteres faszinierendes Beispiel ist die Rehabilitation nach einem Schlaganfall. Das Gehirn kann geschädigte Bereiche teilweise kompensieren, indem es andere Regionen aktiviert. Diese Fähigkeit wird durch gezielte physiotherapeutische oder kognitive Übungen gefördert, die das Gehirn anregen, alternative Wege für verlorene Funktionen zu schaffen.

Stress und schlechte Lebensgewohnheiten wie Schlafmangel, Bewegungsmangel oder ungesunde Ernährung können die Neuroplastizität jedoch hemmen. Chronischer Stress führt zu erhöhten Cortisolspiegeln, die den Hippocampus, eine Region, die für Lernen und Gedächtnis verantwortlich ist, schädigen können. Ebenso können Alkohol und Drogen die Anpassungsfähigkeit des Gehirns negativ beeinflussen.

Auf der anderen Seite fördern bestimmte Lebensstilfaktoren die Neuroplastizität. Regelmäßige körperliche Aktivität erhöht die Produktion von Wachstumsfaktoren wie BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor), die für das Überleben und die Entwicklung von Nervenzellen wichtig sind. Ebenso trägt ausreichender Schlaf zur Konsolidierung von neuronalen Verbindungen bei, während mentale Herausforderungen wie Puzzles oder das Erlernen neuer Fähigkeiten das Wachstum neuer Synapsen anregen.

Neuroplastizität ist auch ein Schlüsselthema in der Prävention von neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson. Studien zeigen, dass geistig aktive Menschen ein geringeres Risiko für kognitive Erkrankungen haben, da ein "stärker verdrahtetes" Gehirn widerstandsfähiger gegenüber Schädigungen ist. Die Pflege und Förderung der Neuroplastizität durch Bewegung, mentale Aktivität und einen gesunden Lebensstil ist somit essenziell, um die Gehirngesundheit langfristig zu unterstützen.

Quellen

  • Lippert, H. et al: Anatomie. Text und Atlas. Urban & Fischer/ Elsevier, München 2017
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
  • Weniger, W.: Gehirn und Nervensystem. Facultas, Wien 2019

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