Zwanghaftes Räuspern
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das zwanghafte Räuspern, das auch immer wieder als sogenanntes Globussyndrom bezeichnet wird, macht seinem Namen alle Ehre: Betroffene räuspern sich zwanghaft. Der Grund des Räusperns ist ein Fremdkörpergefühl, das vorwiegend im Hals auftritt.
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Was kennzeichnet zwanghaftes Räuspern?
Betroffene werden das Gefühl nicht los, dass sie einen Fremdkörper im Hals haben. Aus diesem Grund entsteht das sogenannte zwanghafte Räuspern oder Globussyndrom.
Betroffene möchten den „Kloß“ beziehungsweise den Schleim, der sich ihrer Meinung nach im Hals gebildet hat, loswerden. Aus diesem Grund räuspern sich Betroffene permanent. Viele versuchen auch durch ein Husten oder ein Würgen das Fremdkörpergefühl loszuwerden.
Doch das Gefühl des Fremdkörpers verbleibt; in weiterer Folge treten weitere Beschwerden auf, die im Halsbereich lokalisiert werden. Das zwanghafte Räuspern kann sogar so weit gehen, dass der Betroffene über Atemnot sowie Panikattacken klagt.
Ursachen
Die Ursachen sind vielfältig. In einigen Fällen befindet sich ein Fremdkörper im Rachen- sowie Halsbereich. Das kann mitunter ein Tumor sein; in einigen Fällen ist auch eine Entzündung vorhanden, die das Fremdkörpergefühl auslöst. Mitunter kann auch eine Seitenstrangangina das zwanghafte Räuspern auslösen. Des Weiteren wurden bei einigen Patienten auch Störungen der Schilddrüsen diagnostiziert, die in weiterer Folge für das Globussyndrom verantwortlich waren.
Da der Betroffene sich immer wieder räuspert, schwellen in weiterer Folge die Mandeln an. Somit entsteht das klassische „Kloßgefühl“ im Hals; jenes beschreibt der Betroffene als äußerst unangenehm. Liegt tatsächlich eine Infektion vor (oftmals eine Pilzinfektion), wird ebenfalls der Drang zum Räuspern ausgelöst.
Die Schleimproduktion ist erhöht, sodass der Effekt, dass etwas „im Hals ist“, noch weiter verstärkt. Mitunter muss die Ursache aber nicht immer direkt im Hals vorzufinden sein. In einigen Fällen kann auch eine Herzveränderung ein Druckgefühl auslösen. Selbst eine Form des Tourette-Syndroms kann bei einem Räusperzwang nicht ausgeschlossen werden.
Der Betroffene entwickelt sogenannte „Ticks“, die er weder kontrollieren, noch deren Umfang er steuern kann. In wenigen Fällen können auch psychische Gründe vorliegen. Vor allem Personen, die zudem noch unter Depressionen leiden, verspüren immer wieder ein Enge-Gefühl im Hals. Organische Ursachen gibt es hier nicht.
Krankheiten mit diesem Symptom
Diagnose & Verlauf
Klagt der Betroffene immer wieder über ein „Kloßgefühl“ oder ein „Enge-Gefühl“ im Hals, muss dieser einen Arzt aufsuchen. Nur durch verschiedene Untersuchungen ist es möglich, dass die Ursache für das zwanghafte Räuspern herausgefunden wird. Der Mediziner muss zudem im Vorfeld feststellen, ob es eine Phase oder eine dauerhafte Störung ist.
Des Weiteren nimmt der Mediziner auf die Beschwerden Rücksicht und versucht - im Rahmen eines Fragenkatalogs - etwaige Verbindungen zu anderen Krankheiten zu finden. Liegt eine mögliche Ursache vor, kann die Region mittels Spiegelung untersucht werden. Dabei kann der Mediziner einen tatsächlichen Fremdkörper, eine Entzündung oder auch eine gesteigerte Schleimentwicklung feststellen. Mitunter können auch Ultraschalluntersuchungen zu einem Ergebnis führen.
Inwiefern das zwanghafte Räuspern das weitere Leben bestimmt oder welche Entwicklung die Störung mit sich bringt, kann nicht pauschal gesagt werden. Mitunter hängt es davon ab, welche Ursachen für das zwanghafte Räuspern vorliegen. Liegt etwa ein Fremdkörper vor, kann das zwanghafte Räuspern von selbst verschwinden. In einigen Fällen ist aber auch die Entwicklung einer Zwangsstörung möglich.
Entzündungen, die immer wieder auf Grund hoher Belastungen auftreten, können in weiterer Folge bösartig werden. So entstehen beispielsweise Tumore, die sogar zu einer Gefahr für das Leben des Patienten werden. Das Globussyndrom muss daher in allen Fällen behandelt werden, damit eine Verschlechterung der Situation verhindert werden kann.
Komplikationen
In der Regel ist Räuspern eine ganz normale Angelegenheit, um lästigen Schleim loszuwerden, der sich auf die Stimmbänder legt und dadurch eine belegte Stimme verursacht. Wird das Räuspern aber zwanghaft, kann es zu Komplikationen kommen. Wer sich ständig räuspern muss, leidet unter einer chronischen Reizung oder Entzündung der Schleimhaut im Hals.
Dahinter können sich sowohl harmlose als auch schwerwiegende Ursachen verstecken. So führt unter anderem die sogenannte Refluxkrankheit durch die aufsteigende Magensäure zu ständigen Entzündungen im Hals. Die chronischen Reizungen verursachen ein ständiges Kratzen im Halsbereich, welches wiederum zum Räuspern veranlasst.
Gleichzeitig führen die Auswirkungen der dauernden Verätzungen durch die Magensäure oft zu krankhaften Veränderungen und sogar Krebs in Speiseröhre oder Kehlkopf. Aber auch bei harmloseren Ursachen kann das Räuspern zu einer chronischen Reizung der Schleimhaut und der Stimmbänder führen. Das ist dann der Fall, wenn es zwanghaft wird. Bei jedem Räuspern entsteht ein starker Luftstrom, der die empfindliche Schleimhaut des Kehlkopfes belastet.
So entwickelt sich ein Teufelskreis. Die gereizte Schleimhaut animiert zum Räuspern. Das Räuspern wiederum reizt bei ständiger Wiederholung die Schleimhaut weiter, sodass chronische Entzündungen entstehen, die schließlich eine chronische Heiserkeit hervorrufen. In ganz seltenen Fällen kann ein zwanghaftes Räuspern auch durch einen gut- oder gar bösartigen Tumor ausgelöst werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Zwanghaftes Räuspern sollte grundsätzlich von einem Arzt abgeklärt werden, da den Beschwerden meist eine ernste Ursache zugrunde liegt. Medizinischer Rat ist vor allem bei starken Beschwerden gefragt, die sich durch die üblichen Maßnahmen nicht lindern lassen und im Verlauf rasch zunehmen. Kommt es etwa zu Problemen beim Schlucken oder zu Sprachaussetzern, sollte ein Arzt die Ursache abklären. Womöglich liegt ein Pilz- oder Bakterienbefall vor, der umgehend behandelt werden muss.
Generell gilt: sobald das Räuspern zwanghaft wird und das Wohlbefinden beeinträchtigt, ist medizinischer Rat gefragt. Ansonsten können sich weitere psychische Störungen und Zwangserkrankungen bilden. Sollten sich weitere Beschwerden wie zum Beispiel Halsschmerzen, Fieber oder Husten einstellen, muss ein HNO-Arzt konsultiert werden.
Kommt ein geschwollener Hals hinzu, liegt möglicherweise eine lebensbedrohliche bakterielle Entzündung der Schleimhäute (Epiglottitis) vor, die umgehend behandelt werden muss. Zwanghaftes Räuspern, dass mit schwerer Atemnot verbunden ist, sollte von einem Rettungsdienst abgeklärt werden. Zwanghaftes Räuspern bei Säuglingen und Kleinkindern muss mit dem zuständigen Kinderarzt besprochen werden.
Behandlung & Therapie
Je nach Art und Weise richtet sich sodann auch die Therapie und Behandlung. Dabei helfen in vielen Fällen psychotherapeutische Behandlungen, mitunter können auch Medikamente dafür sorgen, dass das zwanghafte Räuspern kontrolliert wird. Liegt die Ursache etwa in einer Störung der Schilddrüsen, kann der Mediziner ebenfalls Medikamente verordnen, wobei hier in erster Linie das unangenehme Gefühl im Hals, das auch als „Kloßgefühl“ beschrieben wird, bekämpft wird.
Liegt eine Entzündung vor oder konnte der Mediziner eine Zyste feststellen, müssen ebenfalls Medikamente verabreicht werden. In einigen Fällen raten Mediziner auch zu einer Operation. Dies deshalb, wenn im Rahmen der Diagnose ein Tumor oder eine Geschwulst festgestellt wurde. Im Falle der Krebserkrankung wird auch eine Chemotherapie gestartet. Liegt eine Erkältung vor, können leichte Medikament ausreichen, damit das Fremdkörpergefühl verschwindet.
Mitunter ist es möglich, dass - auf Grund der Erkältung - ein ausgeprägter Räusperzwang auftritt, der jedoch behandelt werden muss. Dabei wird gerne die Schlucktherapie eingesetzt. Bei der Schlucktherapie muss der Patient das Räuspern sowie das Schlucken verbessern. Somit ist es möglich, dass der Zwang kontrolliert werden kann.
Aussicht & Prognose
Zwanghaftes Räuspern kann ganz unterschiedlich verlaufen. Liegt dem ständigen Räuspern eine Erkältung oder Grippe zugrunde, verschwinden die Beschwerden meistens wieder, sobald sich die Atemwege erholt haben. Bei einer ursächlichen Erkrankung hängt die Aussicht davon ab, inwieweit das Grundleiden bereits behandelt wurde und welche Behandlungsmöglichkeiten noch bestehen. So kann eine chronische Stimmbandentzündung oder gar eine chronische Bronchitis äußerst langwierig sein, während Zysten durch eine Operation sofort entfernt werden können.
Die eigentlichen Räusperattacken lassen sich durch therapeutische Maßnahmen und eine Reihe von Präparaten in den meisten Fällen zumindest lindern. Sollte aus dem Räuspern bereits eine Entzündung der Stimmbänder oder ein anderweitiges Leiden resultiert sein, muss dieses begleitend dazu behandelt werden.
Liegt den Beschwerden ein Fremdkörper zugrunde, genügt es zumeist, diesen zu entfernen. Bleibt der Fremdkörper allerdings über einen längeren Zeitraum im Lungenraum, kann sich eine ausgeprägte Zwangsstörung entwickeln. Außerdem können Entzündungen entstehen, die sich bisweilen zu einer bösartigen Erkrankung entwickeln. Es empfiehlt sich deshalb, Probleme mit den Stimmbändern und insbesondere zwanghaftes Räuspern abklären zu lassen.
Vorbeugung
Das zwanghafte Räuspern kann vorgebeugt werden. Da es sich in erster Linie um einen sogenannten neurotischen Effekt handelt, kann mittels Therapie ein positives Ergebnis erzielt werden. Ist jedoch das Tourette-Syndrom der Grund für das zwanghafte Räuspern, kann jener „Tick“ nicht vorgebeugt oder verhindert werden.
Chronische Ursachen können im Rahmen einer gesunden Lebensweise ebenfalls verhindert werden. Das Geheimrezept ist ein starkes Immunsystem, sodass etwaige Erreger keinen Platz vorfinden und somit keine Entzündungen auslösen können, die sehr wohl das Fremdkörpergefühl im Hals auslösen.
Das können Sie selbst tun
Die Möglichkeiten einer Selbstbehandlung bei zwanghaftem Räuspern richten sich nach der Ursache dieser Beschwerde. Sollte ein Infekt ursächlich sein, ist die Stärkung der eigenen Abwehrkräfte ratsam. Durch eine gesunde, vitalstoffreiche Ernährung, regelmäßig Sport sowie Ausgleich durch Entspannungsphasen, besitzt der Körper ausreichende Abwehrkräfte.
Wird das zwanghafte Räuspern durch ein Kloßgefühl im Hals – bei Funktionsstörung der Schilddrüse – hervorgerufen kann eine vermehrte Flüssigkeitszufuhr zunächst helfen. Erkrankungen der Schilddrüse stellen einen dauerhaften Entzündungsprozess im Körper dar. Auch in diesem Fall ist eine gesunde Lebensweise mit wenig Stress hilfreich. Neben der benötigten medikamentösen Behandlung kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln wie Selen unterstützen. Verringert sich die Entzündung in der Schilddrüse, so nimmt auch das unangenehme Gefühl im Hals ab.
Bei einem zugrundeliegenden neurotischen Problem – einer Zwangsstörung – ist die Selbstbehandlung eingeschränkt. Hier sollte ein Psychotherapeut oder ein Psychologe konsultiert werden. Psychische Belastungen können jedoch durch leicht in den Alltag zu integrierende Maßnahmen gemildert werden. Dazu zählen Maßnahmen wie Pausen in den Berufsalltag einbauen, Atemtechniken erlernen, Entspannungsmethoden wie Yoga oder Tai Chi praktizieren, einen Ausgleich in Sport oder Handarbeit finden.
Ebenfalls eingeschränkt sind die Handlungsmöglichkeiten bei einer diagnostizierten Zyste oder einem Tumor. Neben der medikamentösen Behandlung ist hierbei oft eine Operation nötig. Resultiert das zwanghafte Räuspern aus einer Fehlbelastung der Stimmbänder oder liegt eine anatomische Veränderung der Stimmbänder vor, kann der Besuch einer logopädischen Therapie helfen.
Quellen
- Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
- Dilling, H., Mombour, W., Schmidt, M.H.(Hrsg.): Internationale Klassifikation psychischer Störungen – ICD 10, Kapitel V (F), klinisch-diagnostische Leitlinien. Huber, Bern 2011
- Morschitzky, H.: Somatoforme Störungen – Diagnostik, Konzepte und Therapie bei Körpersymptomen ohne Organbefund. Springer, Wien 2007