Actinomycin D
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Actinomycin D ist ein zytotoxisches Antibiotikum, das auch unter dem Namen Dactinomycin bekannt ist. Da es als Zytostatikum das Zellwachstum und die Zellteilung hemmt, wird Actinomycin D zur Behandlung von Krebserkrankungen eingesetzt. Dabei ist es unter den Handelsnamen Lyovac-Cosmegen® und Cosmegen® erhältlich.
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Was ist Actinomycin D?
Das Peptid-Antibiotikum Actinomycin D wird aus den Bodenbakterien Streptomyces parvulus gewonnen. Der Wirkstoff ist aus zwei zyklischen Peptiden aufgebaut, die über eine Phenoxazin-Verbindung zusammenhängen. Erstmals beschrieben wurde das Zytostatikum im Jahr 1949.
Anfangs hofften die Wissenschaftler, mit Actinomycin D ein Antibiotikum zur Behandlung bakterieller Erkrankungen gefunden zu haben. Doch zeigte sich schnell, wie giftig das Medikament auch für menschliche Zellen ist.
Daher setzten Mediziner es stattdessen schon bald bei der Behandlung verschiedener Tumoren ein. Das Zytostatikum soll während einer Chemotherapie die schnelle Vermehrung der Krebszellen sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern verhindern.
Pharmakologische Wirkung
Actinomycin D bindet an die DNA (Desoxyribonukleinsäure) der Zellen, wodurch die Doppelhelix sich nicht mehr öffnen kann. Fachleute bezeichnen diesen Vorgang, bei dem ein Wirkstoff Moleküle in die DNA einhängt und sie vernetzt, als Interkalation.
Actinomycin D bindet dabei vor allem an die Guanin-Reste der DNA. Auf diese Weise hemmt Actinomycin D bei niedriger Dosierung zunächst die RNA-Synthese. Dies hat zur Folge, dass in den Zellen die Herstellung der Proteine minimiert wird. Bei höherer Dosierung ist auch die DNA-Replikation betroffen. Das Erbgut wird also nicht mehr vervielfältigt, wodurch auch die Zellteilung ausbleibt.
Der Tumor wird hierdurch am Wachstum gehemmt. Da Actinomycin D die Blut-Hirn-Schranke im menschlichen Körper nicht durchdringen kann, lassen sich Tumoren im Gehirn und im Rückenmark nicht mit dem Medikament behandeln. Alle anderen Zellen des Körpers, die DNA enthalten, können von dem Wirkstoff beeinflusst werden. Denn Actinomycin D wirkt nicht spezifisch auf den Tumor, sondern ebenso auf die gesunden Körperzellen.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Der Wirkstoff Actinomycin D wird bei verschiedenen soliden Tumoren eingesetzt. Unter anderem beim Ewing-Sarkom, einem recht häufigen Knochenkrebs sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Aber auch bei bösartigen Tumoren der Weichteile (Weichteilsarkom und Rhabdomyosarkom) nutzen Mediziner die zytostatischen Eigenschaften von Actinomycin D.
Ebenso kommt das Medikament bei Kindern und Jugendlichen während der Behandlung eines bösartigen Nierentumors (Nephroblastom) zum Einsatz. Erwachsene mit einem Hodenkarzinom, einem Chorionkarzinom oder dem Kaposi-Sarkom können ebenfalls mit Actinomycin D behandelt werden. Bei all diesen Chemotherapien wird Actinomycin D mit weiteren Zytostatika kombiniert.
Auch wird es über einen längeren Zeitraum in genau festgelegten Abständen mehrmals verabreicht. Denn bereits nach einer Woche sind etwa 30 Prozent des Wirkstoffs über den Urin und den Stuhl wieder ausgeschieden. Da Actinomycin D stark reizt, wird es lediglich intravenös gegeben und kann nicht oral eingenommen werden. Aufgrund der starken Gewebeschädigung kontrollieren die Mediziner die Injektionsstelle während der Behandlung sehr sorgfältig.
Verabreichung & Dosierung
Actinomycin D, auch bekannt als Dactinomycin, ist ein zytotoxisches Chemotherapeutikum, das hauptsächlich in der Behandlung verschiedener Krebsarten, einschließlich Wilms-Tumor, Rhabdomyosarkom, Ewing-Sarkom und anderen soliden Tumoren eingesetzt wird. Bei der Verabreichung und Dosierung von Actinomycin D sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten:
Dosierung: Die Dosierung von Actinomycin D muss sorgfältig berechnet werden, basierend auf dem Körpergewicht oder der Körperoberfläche des Patienten. Die spezifische Dosis und das Schema hängen von der zu behandelnden Krebsart, dem Behandlungsprotokoll und dem Zustand des Patienten ab.
Verabreichungsweg: Actinomycin D wird typischerweise intravenös verabreicht. Die Infusion muss langsam erfolgen, üblicherweise über einen Zeitraum von 15 bis 30 Minuten, um das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren.
Nebenwirkungen und Überwachung: Actinomycin D kann erhebliche Nebenwirkungen verursachen, darunter Myelosuppression, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Schleimhautentzündung. Aufgrund des Risikos einer schweren Myelosuppression müssen regelmäßige Blutbildkontrollen durchgeführt werden, um das Blutbild zu überwachen. Zudem sind Maßnahmen zur Infektionsprophylaxe und zur Überwachung der Nieren- und Leberfunktion erforderlich.
Schutzmaßnahmen bei der Handhabung: Aufgrund der Zytotoxizität des Medikaments müssen medizinisches Personal, das Actinomycin D handhabt, geeignete Schutzkleidung tragen, um direkten Kontakt zu vermeiden.
Interaktionen und Kontraindikationen: Es ist wichtig, mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu prüfen und bekannte Kontraindikationen zu beachten, einschließlich bestehender schwerer Leber- oder Nierenschäden.
Die sorgfältige Beachtung der Dosierungsrichtlinien und der Überwachung der Patienten ist entscheidend, um die therapeutische Wirksamkeit von Actinomycin D zu maximieren und das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren. Immer sollte die Verwendung von Actinomycin D unter strenger ärztlicher Überwachung stattfinden.
Risiken & Nebenwirkungen
Da Actinomycin D das Wachstum und die Teilung menschlicher Zellen hemmt, kann es zu unterschiedlichen Nebenwirkungen kommen. So stört das Medikament unter anderem die Entwicklung der Blutzellen. Hierdurch kann es vor allem zu einem vorübergehenden Mangel an Blutplättchen und weißen Blutkörperchen kommen.
Letzteres wiederum hat zur Folge, dass Infektionen durch Bakterien, Pilze und Viren gehäuft auftreten. Ein direkter Kontakt mit dem Medikament kann sowohl die Haut und die Augen als auch das Bindegewebe stark schädigen und sogar abtöten. Die Injektion darf daher nur in die Vene und nicht ins benachbarte Gewebe erfolgen. Besonders gravierend können die Schäden nach einer vorherigen Bestrahlung sein, weshalb Actinomycin D niemals nach einer Strahlentherapie eingesetzt werden darf.
Sehr häufig kommt es wenige Stunden nach der Gabe von Actinomycin D zu Übelkeit und Erbrechen. Ebenfalls können schmerzhafte Schleimhautschädigungen (Mukositis) in Mund, Speiseröhre und Darm auftreten. Auch kann das Mittel die Leber angreifen. Da Actinomycin D mutagen und embryotoxisch wirkt, kann es das Erbgut nachhaltig schädigen und darf während einer Schwangerschaft nicht eingesetzt werden.
Kontraindikationen
Actinomycin D, auch bekannt als Dactinomycin, ist ein potentes Chemotherapeutikum, das in der Behandlung verschiedener Krebsarten eingesetzt wird. Allerdings gibt es spezifische Kontraindikationen, die berücksichtigt werden müssen, um schwerwiegende Risiken und Nebenwirkungen zu vermeiden:
Schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörungen: Patienten mit signifikanten Leber- oder Nierenproblemen sollten Actinomycin D nicht erhalten, da das Medikament über diese Organe metabolisiert und ausgeschieden wird. Eine beeinträchtigte Funktion kann zu erhöhten Medikamentenspiegeln und damit zu einer erhöhten Toxizität führen.
Bestehende Knochenmarksuppression: Da Actinomycin D zu einer weiteren Suppression des Knochenmarks führen kann, ist seine Verwendung bei Patienten mit bestehender Knochenmarkdepression riskant und oft kontraindiziert.
Schwangerschaft und Stillzeit: Actinomycin D ist teratogen und kann schwere Fehlbildungen beim Ungeborenen verursachen. Es sollte während der Schwangerschaft nicht verwendet werden. Ebenso ist das Stillen während der Behandlung zu vermeiden, da das Medikament in die Muttermilch übergehen und dem Säugling schaden kann.
Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff: Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber Actinomycin D oder einem der Hilfsstoffe sollten das Medikament nicht erhalten.
Gleichzeitige Strahlentherapie: Bei Patienten, die eine Strahlentherapie erhalten, kann die Verwendung von Actinomycin D das Risiko für radiogene Nebenwirkungen wie Strahlenkrankheit erhöhen.
Rezente Impfungen: Die Anwendung von Actinomycin D bei Patienten, die kürzlich Lebendimpfstoffe erhalten haben, kann das Risiko von Impfkomplikationen erhöhen, da die Immunantwort durch das Medikament beeinträchtigt wird.
Die Beachtung dieser Kontraindikationen ist entscheidend, um die Sicherheit der Patienten während der Behandlung mit Actinomycin D zu gewährleisten. Ärzte müssen eine gründliche Anamnese und Bewertung durchführen, bevor sie eine Therapie mit diesem stark wirksamen Medikament beginnen.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Actinomycin D, auch bekannt als Dactinomycin, ist ein Chemotherapeutikum, das in der Krebstherapie eingesetzt wird und verschiedene Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aufweisen kann. Es ist wichtig, diese Interaktionen zu kennen, um potenzielle Risiken und Nebenwirkungen zu minimieren. Hier sind einige relevante Wechselwirkungen:
Zytotoxische Wirkungen: Die gleichzeitige Anwendung von Actinomycin D mit anderen zytotoxischen Wirkstoffen kann die toxischen Effekte, insbesondere auf das Knochenmark, verstärken. Dies erhöht das Risiko für schwere Neutropenien und Anämien.
Leberenzym-induzierende Arzneimittel: Medikamente, die Leberenzyme induzieren, können den Abbau von Actinomycin D beschleunigen, was zu einer verringerten Wirksamkeit des Chemotherapeutikums führen kann. Beispiele für solche Medikamente sind bestimmte Antiepileptika wie Phenobarbital und Phenytoin.
Strahlentherapie: Actinomycin D kann die Haut- und Schleimhauttoxizität einer gleichzeitig durchgeführten Strahlentherapie verstärken. Dieses Phänomen wird als "Recall-Phänomen" bezeichnet, bei dem frühere durch Strahlung verursachte Schädigungen erneut aufflammen.
Immunsuppressiva: Die Kombination von Actinomycin D mit Immunsuppressiva kann das Infektionsrisiko erhöhen und zu einer weiteren Unterdrückung des Immunsystems führen.
Lebendimpfstoffe: Während der Behandlung mit Actinomycin D sollten Patienten keine Lebendimpfstoffe erhalten, da das geschwächte Immunsystem zu einer unzureichenden Immunantwort oder zu einer aktiven Infektion führen kann.
Interaktionen mit Substanzen, die die Blutgerinnung beeinflussen: Actinomycin D kann potenziell die Wirkung von Antikoagulantien wie Warfarin verstärken, was das Blutungsrisiko erhöht.
Aufgrund dieser vielfältigen und potenziell schwerwiegenden Interaktionen ist es entscheidend, dass das medizinische Fachpersonal eine vollständige Medikamentenanamnese durchführt und die Behandlung sorgfältig überwacht, um Anpassungen vorzunehmen und die Patientensicherheit zu gewährleisten. Immer sollte bei der Verabreichung von Actinomycin D eine enge Absprache zwischen den beteiligten Ärzten und dem Patienten stattfinden, um Wechselwirkungen und deren Folgen zu vermeiden.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Patienten Actinomycin D nicht vertragen, können Ärzte auf andere Chemotherapeutika oder Behandlungsmethoden zurückgreifen, die besser geeignet sind oder weniger schwere Nebenwirkungen aufweisen. Hier sind einige alternative Wirkstoffe und Therapieansätze, die in Betracht gezogen werden können:
Vincristin: Ein weiteres Chemotherapeutikum, das häufig in Protokollen zur Behandlung von Krebsarten wie Wilms-Tumor und Rhabdomyosarkom eingesetzt wird. Vincristin gehört zur Klasse der Vinca-Alkaloide und wirkt, indem es die Zellteilung stört.
Ifosfamid: Dies ist ein Alkylanz, das in der Behandlung verschiedener maligner Erkrankungen, insbesondere bei Weichteilsarkomen, verwendet wird. Ifosfamid wird oft als Ersatz für andere Chemotherapeutika verwendet, die schlecht vertragen werden.
Doxorubicin: Ein Anthrazyklin, das eine breite Anwendung in der Krebstherapie findet und eine Alternative sein könnte, wenn Actinomycin D nicht geeignet ist. Doxorubicin ist wirksam bei vielen Krebsarten, kann aber auch erhebliche kardiale Toxizitäten verursachen.
Etoposid: Etoposid wird zur Behandlung von verschiedenen Krebsarten wie Lungenkrebs und Testikularkrebs eingesetzt und könnte eine Option sein, wenn andere Therapien nicht toleriert werden.
Cyclophosphamid: Ein weiteres Alkylans, das in zahlreichen Chemotherapie-Protokollen verwendet wird. Es ist wirksam bei der Behandlung einer Vielzahl von Krebsarten und kann eine alternative Option sein, besonders in Kombination mit anderen Wirkstoffen.
Zielgerichtete Therapie: Bei einigen Krebsarten können zielgerichtete Therapien eingesetzt werden, die spezifische Mutationen oder Wachstumsfaktoren im Krebs angreifen. Diese Therapien bieten oft eine spezifischere Behandlung mit möglicherweise geringeren Nebenwirkungen.
Immuntherapie: Neuere Therapieansätze wie die Immuntherapie, die das körpereigene Immunsystem aktivieren, um Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen, bieten Alternativen für Patienten, die herkömmliche Chemotherapien nicht vertragen.
Diese alternativen Wirkstoffe und Behandlungsmethoden sollten immer unter Berücksichtigung der spezifischen Krebsart, des Stadiums der Erkrankung und der individuellen Verträglichkeit des Patienten ausgewählt werden. Es ist wichtig, dass die Behandlung in enger Abstimmung mit einem Onkologen erfolgt, um die beste Therapieoption für den jeweiligen Patienten zu bestimmen.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor