Doxorubicin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 29. Juli 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Doxorubicin ist ein Arzneistoff aus der Stoffgruppe der Anthracycline, die in der Chemotherapie als Zytostatika zur Behandlung verschiedener Krebsarten eingesetzt werden. Der Wirkstoff gehört zu den Interkalantien.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Doxorubicin?

Doxorubicin weist eine recht geringe Rate an resistenten Tumoren auf und wird deshalb zusammen mit anderen Interkalantien bei fast allen soliden Tumoren eingesetzt.
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Doxorubicin ist ein Zytostatikum. Zytostatika sind Substanzen, die die Zellteilung und/oder das Zellwachstum hemmen. Sie werden deswegen überwiegend zur Therapie von Krebserkrankungen oder von Autoimmunerkrankungen genutzt.

Doxorubicin ist ein sogenanntes Hydroxyderivat des natürlichen Antibiotikums Daunorubicin, das von den Bakterien Streptomyces peuceticus und Streptomyces coeruleorubidus produziert wird.

Da die Wirkung des Zytostatikums auf einer Einlagerung von Molekülen in die DNA basiert (Interkalation) wird Doxorubicin den Interkalantien zuordnet. Die Substanz wird dem Körper zur Therapie von Tumoren wie dem Mammakarzinom oder dem Bronchialkarzinom intravenös oder intraarteriell, also über eine Infusion oder Injektion, zugeführt.

Pharmakologische Wirkung

Doxorubicin bindet sich an die DNA der Körperzellen und verhindert dort eine Anbindung der Polymerasen, die wiederum der Kopie der Erbsubstanz dienen. Durch diese Störung blockiert der Wirkstoff sowohl die Synthese der DNA als auch die Synthese der RNA, hemmt dadurch die Zellteilung und ruft schlussendlich den Zelltod hervor.

Insbesondere die Körperzellen in der S-Phase reagieren sehr empfindlich auf die Substanz. Die S-Phase ist die Replikationsphase des Zellzyklus, in der die DNA-Neusynthese stattfindet. Da sich Tumorzellen vermehrt teilen, sind sie deutlich häufiger von der toxischen Wirkung des Arzneistoffes betroffen als gesunde Körperzellen.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Doxorubicin weist eine recht geringe Rate an resistenten Tumoren auf und wird deshalb zusammen mit anderen Interkalantien bei fast allen soliden Tumoren eingesetzt. Dazu gehören zum Beispiel Krebserkrankungen der weiblichen Brust oder des Bronchialsystems. Auch Lymphome zählen zu den typischen Indikationen für Doxorubicin. Bei Patienten, die eine starkwirksame kombinierte Chemotherapie nicht vertragen, eignet sich Doxorubicin auch als Mono-Therapie.

Bei einfacheren Tumorerkrankungen wird das Mittel intravenös, also in eine Vene hinein, verabreicht. Das hepatozellulläre Karzinom (HCC), eine bösartige Krebserkrankung der Leberzellen, erfordert hingegen eine intraarterielle Anwendung im Rahmen einer transarteriellen Chemoembolisation (TACE). Die Behandlung erfolgt hier über ein spezielles Kathetersystem durch die Arterien. So kann die Wirksubstanz direkt in jene Gefäße, die den Tumor versorgen, appliziert werden.

Chemotherapeutika wie das Doxorubicin werden mit jodhaltigen Ölen oder Stärkepartikeln vorübergehend embolisiert, um so die Wirkung der Therapeutika im Tumor zu verlängern. Durch die Embolisationsmittel wird die Blutversorgung des Tumors verringert und das Chemotherapeutikum verbleibt länger im Krebsgeschwür.

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Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Doxorubicin, einem Anthracyclin-Antibiotikum zur Behandlung verschiedener Krebsarten, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie zu gewährleisten.

Dosierung: Die Dosierung von Doxorubicin hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Art des Krebses, dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten, der Nieren- und Leberfunktion sowie der individuellen Ansprechempfindlichkeit. Die übliche Dosis für Erwachsene liegt zwischen 60-75 mg/m² Körperoberfläche, verabreicht in einer einzelnen Dosis alle drei Wochen. Bei bestimmten Indikationen kann die Dosis angepasst werden, und eine niedrigere Dosis kann bei vorbestehenden Leber- oder Nierenerkrankungen notwendig sein.

Verabreichung: Doxorubicin wird intravenös verabreicht, entweder als langsame Injektion oder als Kurzinfusion. Es ist entscheidend, dass das Medikament korrekt verabreicht wird, um extravasale Injektionen zu vermeiden, die schweres Gewebeschädigung verursachen können. Die Verabreichung sollte durch erfahrenes medizinisches Personal erfolgen.

Überwachung: Während der Behandlung mit Doxorubicin ist eine regelmäßige Überwachung erforderlich. Dies umfasst die Überprüfung der Blutbildwerte, um eine Knochenmarkdepression zu erkennen, sowie regelmäßige Herzuntersuchungen, da Doxorubicin kardiotoxisch wirken kann. Eine kumulative Dosis von 450-550 mg/m² sollte in der Regel nicht überschritten werden, um das Risiko einer irreversiblen Herzschädigung zu minimieren.

Nebenwirkungen: Häufige Nebenwirkungen von Doxorubicin sind Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall und Myelosuppression. Patienten sollten über diese möglichen Nebenwirkungen informiert und entsprechende unterstützende Maßnahmen sollten bereitgestellt werden.

Prämedikation und Unterstützung: Antiemetika können vor der Verabreichung gegeben werden, um Übelkeit und Erbrechen zu kontrollieren. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und unterstützende Pflege sind wichtig, um die Nierenfunktion zu unterstützen und die allgemeine Verträglichkeit der Therapie zu verbessern.

Sicherheitsvorkehrungen: Aufgrund der möglichen kardiotoxischen Effekte von Doxorubicin sollten Patienten mit bestehenden Herzerkrankungen oder Risikofaktoren für Herzerkrankungen besonders sorgfältig überwacht werden. Eine Echokardiographie oder MUGA-Scan vor Beginn der Therapie und in regelmäßigen Abständen während der Behandlung wird empfohlen.

Durch die sorgfältige Beachtung dieser Aspekte können die Risiken minimiert und die therapeutischen Vorteile von Doxorubicin maximiert werden.

Risiken & Nebenwirkungen

Zu den bedeutendsten Nebenwirkungen gehört die Knochenmarksdepression. Hier setzt die normale Blutbildung im Knochenmark, die sogenannte Hämatopoese, aus. Dadurch kommt es zu einem Mangel an roten und weißen Blutkörperchen sowie an Blutplättchen. Infolge ist das Immunsystem deutlich geschwächt, sodass die Betroffenen häufiger unter Infektionen leiden.

Die Thrombozytopenie, der Mangel an Blutplättchen, hat ein erhöhtes Blutungsrisiko zur Folge. Die Patienten können selbst bei kleinen Verletzungen schwere Blutungen entwickeln.

Typische Symptome der Anämie sind Leistungsabfall und schnelle Ermüdung. Jede Knochenmarksdepression ist potenziell lebensbedrohlich.

Doxorubicin kann sowohl nephrotoxisch als auch kardiotoxisch wirken. Nephrotoxine schädigen die Zellen der Niere und können so eine Glomerulonephritis auslösen. Bei dieser beidseitigen Form der Nierenentzündung sind zuerst die Nierenkörperchen betroffen. Die Glomerulonephritis ist eine der häufigsten Ursachen für eine chronische Niereninsuffizienz.

Kardiotoxische Wirkstoffe schädigen hingegen den Herzmuskel. Dabei kann eine Kardiomyopathie entstehen. Einer solchen Doxorubicin-induzierten Kardiomyopathie kann auch noch Monate nach der ersten Verabreichung mit der Gabe von Dexrazoxan entgegengewirkt werden. Dieser Wirkstoff kann die zytotoxische Wirkung von Doxorubicin mindern.

Auch Ulzerationen gehören zu den potenziellen Nebenwirkungen von Doxorubicin. Die tief liegenden Substanzdefekte der Haut oder der Schleimhaut werden auch als Geschwür bezeichnet. Eine narbenlose Abheilung dieser schmerzhaften Hauterscheinungen ist nicht möglich. Im schlimmsten Fall müssen stark betroffene Extremitäten amputiert werden.

Auch Infektionen der offenen Wunden gehören zu den potenziellen Komplikationen.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Doxorubicin umfassen mehrere medizinische Zustände und Umstände, die die Sicherheit und Wirksamkeit des Medikaments beeinträchtigen könnten.

Vorbestehende Herzkrankheiten: Patienten mit schweren Herzproblemen, einschließlich kongestiver Herzinsuffizienz, kürzlich aufgetretenem Herzinfarkt oder schwerer unkontrollierter Herzrhythmusstörung, sollten Doxorubicin nicht verwenden. Das Medikament kann kardiotoxisch wirken und bestehende Herzerkrankungen verschlimmern.

Schwere Leberinsuffizienz: Da Doxorubicin hauptsächlich über die Leber metabolisiert wird, ist die Anwendung bei Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert. Eine beeinträchtigte Leberfunktion kann zu einer erhöhten Toxizität und schweren Nebenwirkungen führen.

Knochenmarkssuppression: Patienten, die bereits eine ausgeprägte Knochenmarkssuppression aufweisen, sollten Doxorubicin nicht erhalten. Das Medikament kann die Blutbildung im Knochenmark weiter unterdrücken und das Risiko für Infektionen, Blutungen und Anämie erhöhen.

Überempfindlichkeit: Bekannte Überempfindlichkeit oder allergische Reaktionen gegen Doxorubicin oder andere Anthracycline stellen eine absolute Kontraindikation dar. Allergische Reaktionen können schwerwiegend und lebensbedrohlich sein.

Schwangerschaft und Stillzeit: Doxorubicin ist teratogen und kann schwerwiegende Geburtsfehler verursachen. Es sollte während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, der potenzielle Nutzen überwiegt die Risiken. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung und für einige Zeit danach zuverlässige Verhütungsmethoden anwenden. Das Stillen sollte während der Behandlung mit Doxorubicin vermieden werden, da das Medikament in die Muttermilch übergehen und dem Säugling schaden kann.

Schwere Infektionen: Bei Patienten mit akuten schweren Infektionen sollte die Behandlung mit Doxorubicin zurückgestellt werden, bis die Infektion unter Kontrolle ist. Das Medikament kann das Immunsystem weiter schwächen und die Infektionsbekämpfung erschweren.

Diese Kontraindikationen müssen sorgfältig berücksichtigt werden, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten und schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden. Eine gründliche Anamnese und eine umfassende Bewertung des Gesundheitszustands des Patienten sind unerlässlich, bevor die Therapie mit Doxorubicin begonnen wird.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Doxorubicin kann mit einer Vielzahl von Medikamenten interagieren, was die Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie beeinflussen kann. Hier sind einige wichtige Interaktionen zu beachten:

'Andere Chemotherapeutika: Die gleichzeitige Anwendung von Doxorubicin mit anderen Chemotherapeutika kann die Toxizität erhöhen. Insbesondere kann die Kombination mit Cyclophosphamid, Mitomycin-C oder anderen Anthracyclinen das Risiko für kardiotoxische Effekte und myelosuppressive Nebenwirkungen verstärken. Eine sorgfältige Überwachung der Herzfunktion und Blutbildparameter ist notwendig.

Strahlentherapie: Patienten, die gleichzeitig oder kurz nach einer Strahlentherapie mit Doxorubicin behandelt werden, haben ein erhöhtes Risiko für Strahleninduzierte Schäden an Herz und Gewebe. Eine sorgfältige Planung und Überwachung sind erforderlich, um das Risiko von Strahlenpneumonitis und kardiovaskulären Komplikationen zu minimieren.

CYP3A4-Inhibitoren und -Induktoren: Medikamente, die das Enzym CYP3A4 hemmen (z.B. Ketoconazol, Verapamil) oder induzieren (z.B. Rifampicin, Phenytoin), können die Metabolisierung von Doxorubicin beeinflussen. Inhibitoren können die Plasmakonzentrationen von Doxorubicin erhöhen und das Risiko für Nebenwirkungen steigern, während Induktoren die Wirksamkeit verringern können.

Antikoagulanzien: Doxorubicin kann die Wirkung von Antikoagulanzien wie Warfarin verstärken, was das Blutungsrisiko erhöht. Eine regelmäßige Überwachung der Gerinnungswerte ist notwendig, und gegebenenfalls muss die Dosierung der Antikoagulanzien angepasst werden.

Hepatotoxische Medikamente: Da Doxorubicin über die Leber metabolisiert wird, kann die gleichzeitige Anwendung von anderen hepatotoxischen Medikamenten das Risiko für Leberschäden erhöhen. Eine regelmäßige Überprüfung der Leberfunktionstests ist wichtig, um Anzeichen von Lebertoxizität frühzeitig zu erkennen.

Trastuzumab: Die Kombination von Doxorubicin mit Trastuzumab (einem monoklonalen Antikörper) kann das Risiko für kardiotoxische Effekte signifikant erhöhen. Diese Kombination sollte vermieden oder mit strenger Überwachung der Herzfunktion angewendet werden.

Digoxin: Doxorubicin kann die Plasmaspiegel von Digoxin verringern und somit dessen therapeutische Wirkung abschwächen. Die Digoxin-Spiegel sollten überwacht und die Dosierung bei Bedarf angepasst werden.

Diese Interaktionen unterstreichen die Notwendigkeit einer sorgfältigen Medikationsanamnese und einer engen Überwachung während der Behandlung mit Doxorubicin, um unerwünschte Wirkungen und Therapiekomplikationen zu vermeiden.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Doxorubicin nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, die je nach Art und Stadium der Krebserkrankung eingesetzt werden können:

Epirubicin: Epirubicin ist ein Anthracyclin, das eine ähnliche Wirksamkeit wie Doxorubicin hat, aber tendenziell weniger kardiotoxisch ist. Es wird häufig bei Brustkrebs und anderen soliden Tumoren verwendet.

Mitoxantron: Mitoxantron ist ein Anthrazen-Derivat, das bei bestimmten Krebsarten wie akuter myeloischer Leukämie (AML) und Prostatakrebs eingesetzt wird. Es hat eine geringere Kardiotoxizität im Vergleich zu Doxorubicin, kann aber myelosuppressive Wirkungen haben.

Liposomales Doxorubicin: Diese Form von Doxorubicin ist in Liposomen eingeschlossen, was zu einer geringeren Toxizität und einer besseren Verträglichkeit führt. Es wird insbesondere bei Patientinnen mit Brustkrebs und Kaposi-Sarkom verwendet.

Paclitaxel: Paclitaxel ist ein Mitosehemmer, der bei verschiedenen soliden Tumoren wie Brust-, Eierstock- und Lungenkrebs eingesetzt wird. Es hemmt die Zellteilung und hat ein anderes Nebenwirkungsprofil als Doxorubicin.

Gemcitabin: Gemcitabin ist ein Nukleosidanalogon, das bei Bauchspeicheldrüsenkrebs, nicht-kleinzelligem Lungenkrebs und anderen Tumoren verwendet wird. Es wirkt, indem es die DNA-Synthese stört.

Etoposid: Etoposid ist ein Topoisomerase-II-Hemmer, der bei Lungenkrebs, Hodenkrebs und anderen malignen Erkrankungen eingesetzt wird. Es hemmt die DNA-Replikation und Zellteilung.

Immuntherapien: Neue Behandlungsansätze wie Checkpoint-Inhibitoren (z.B. Pembrolizumab, Nivolumab) nutzen das Immunsystem, um Krebszellen anzugreifen. Diese Medikamente haben ein anderes Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil als traditionelle Chemotherapeutika.

Zielgerichtete Therapien: Molekulare zielgerichtete Therapien wie Tyrosinkinase-Inhibitoren (z.B. Imatinib, Erlotinib) greifen spezifische molekulare Ziele auf Krebszellen an und haben oft weniger systemische Nebenwirkungen.

Die Wahl der geeigneten Alternativtherapie hängt von der spezifischen Krebsart, dem Stadium der Erkrankung, dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten und den bisherigen Behandlungserfahrungen ab. Eine sorgfältige Abwägung durch das onkologische Team ist entscheidend, um die bestmögliche Behandlungsstrategie zu entwickeln.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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