Vincristin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Vincristin ist ein Zytostatikum, das zur Behandlung von Krebserkrankungen eingesetzt wird. Das Alkaloid fungiert als Mitosehemmer.
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Was ist Vincristin?
Vincristin ist ein Alkaloid. Alkaloide sind chemische heterogene Stoffe, die natürlich vorkommen. Sie sind meist stickstoffhaltig und entstehen im Sekundärstoffwechsel von Pflanzen oder Tieren. Sekundäre Stoffwechselprodukte sind chemische Stoffe, die von Pflanzen, Bakterien oder Pilzen produziert werden, von diesen Lebewesen aber weder für das Wachstum noch für ihr Überleben benötigt werden. Sekundäre Stoffwechselprodukte wie das Vincristin werden auch als Sekundärmetabolite bezeichnet.
Vincristin ist ein Alkaloid, das aus der Rosafarbenen Catharanthe (Catharantus roseus oder Vinca rosea) gewonnen wird. Es gehört somit zu den halbsynthetischen Vincaalkaloiden. Vincaalkaloide sind Wirkstoffe, die aus Pflanzen der Gattungen der Hundsgiftgewächse gewonnen werden.
Vincristin ist ein Zytostatikum, das zur Behandlung von Krebserkrankungen eingesetzt wird. Dafür wird es intravenös im Rahmen der Chemotherapie verabreicht.
Pharmakologische Wirkung
Wenn die Mikrotubuli innerhalb der Mitosephase ihrer Aufgabe nicht nachkommen können, ist die Bildung neuer funktionierender Zellen nicht mehr möglich. Die Zellen werden zwar gebildet, sie erleiden aber recht zügig den Zelltod (Apoptose). Innerhalb eines Tumors teilen sich die Zellen besonders schnell. Die Mitose ist also in den Krebszellen besonders stark vom Einsatz des Vincristins betroffen. So kann das Krebswachstum effektiv gehemmt oder zumindest verlangsamt werden. Des Weiteren hemmt bzw. stört Vincristin die DNA-Synthese und die RNA-Produktion innerhalb der Zellen. Somit ist keine Proteinbildung und auch keine Zellvermehrung möglich.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Vincristin ist ein Zytostatikum, das im Rahmen der Chemotherapie verabreicht wird. Es greift in die Mitose aller Zellen ein. Schnell verlaufende Mitosen werden jedoch eher beeinträchtigt. Deshalb kann Vincristin zur Behandlung aller bösartigen (malignen) Tumorerkrankungen eingesetzt werden.
Besonders häufig wird Vincristin zur Behandlung der akuten Leukämie eingesetzt. Auch andere bösartige Erkrankungen des Lymphsystems, wie der Morbus Hodgkin oder das Non-Hodgkin-Lymphom, werden mit Vincristin behandelt. Ferner kommt Vincristin beim Rhabdomyosarkom, beim Neuroblastom und beim Osteosarkom zum Einsatz. Auch das maligne Melanom stellt eine Indikation für das Zytostatikum dar.
Bei Kindern wird der Wilms-Tumor, ein embryonaler bösartiger Mischtumor der Niere, mit Vincristin behandelt. 10 Prozent aller bösartigen kindlichen Tumore sind Nephroblastome. Frauen mit Gebärmutterhalskrebs werden häufig ebenfalls mit Vincristin therapiert. Weitere Indikationen für den Einsatz des Zytostatikums sind das kleinzellige Lungenkarzinom, das Ewing-Sarkom und der Morbus Werlhof.
Der Morbus Werlhof ist keine Krebserkrankung, sondern eine Autoimmunkrankheit, die mit der Zerstörung von Thrombozyten in der Milz einhergeht. Durch den Mangel an Thrombozyten kommt es bei den Patienten zu Einblutungen. Bei dem Morbus Werlhof, der auch als idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) bekannt ist, wird Vincristin allerdings nur eingesetzt, wenn die Patienten weder auf eine Kurzzeittherapie mit Corticosteroiden noch auf eine Milzentfernung ansprechen.
Vincristin ist ein Chemotherapeutikum, das nur unter strengster ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden darf. Eine falsche Anwendung oder eine Überdosierung kann tödliche Folgen haben. Erwachsene erhalten pro Woche zwischen ein bis zwei Milligramm Vincristin pro Quadratmeter Körperoberfläche. Bei Kindern und Jugendlichen beträgt die Tagesdosis zwei Milligramm pro Quadratmeter Körperoberfläche. Patienten, die einen erhöhten direkten Bilirubin-Wert im Blutserum aufweisen, erhalten eine weit niedrigere Dosis Vincristin.
Risiken & Nebenwirkungen
Selten reagieren Patienten auf Vincristin mit einem allergischen Schock. Häufiger entwickeln sie Hautausschläge oder Ödeme. Es kann zu einer Störung der ADH-Sekretion kommen. Ein Mangel an dem antidiuretischen Hormon macht sich durch die Ausscheidung großer Wassermengen mit dem Harn bemerkbar. Dieses Phänomen wird auch als Diabetes insipidus bezeichnet. Mit dem Wasser geht auch Natrium über die Nieren verloren. Zudem können die Patienten unter Vincristin Nervenschmerzen und Parästhesien wie Kribbeln erleiden. Die neurologischen Ausfallerscheinungen sind unter Umständen irreversibel.
Des Weiteren werden Gangstörungen, Hirnnervenlähmungen und Myalgien beobachtet. Muskelschwund, Bluthochdruck, Verstopfung und kolikartige Bauchschmerzen sind weitere unerwünschte Wirkungen des Zytostatikums.
Da auch die Zellen der Mundschleimhaut von dem Chemotherapeutikum beeinträchtigt werden, leiden die Betroffenen unter starken Schmerzen in der Mundhöhle und im Rachen. Sie können zudem Lähmungen oder Spasmen der Atemwege mit starker Atemnot aufweisen. In einigen Fällen kommt es zu einer Atrophie des Nervus opticus. Dies führt zu einer vorübergehenden Erblindung. Selten treten orale Ulzerationen und Nekrosen im Darm auf. Eine häufige und charakteristische Nebenwirkung von Vincristin ist zudem Haarausfall.