Amidotrizoesäure
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 30. Juli 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das jodhaltige Kontrastmittel Amidotrizoesäure wird vor allem bei Untersuchungen des Magen-Darm-Traktes sowie bei urologischen Untersuchungen bevorzugt eingesetzt. Für Untersuchungen und kleine Eingriffe in diesem Bereich zählt Amidotrizoesäure zu den bevorzugten Präparaten, weil sich die Nebenwirkungen in Grenzen halten und der Wirkstoff schnell über die Niere abgebaut werden kann.
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Was ist Amidotrizoesäure?
Amidotrizoesäure ist ein Röntgenkontrastmittel, welches Jod enthält und wasserlöslich ist. Darüber hinaus besitzt das Präparat eine hohe Osmolalität, die zwischen fünf- und achtmal so hoch ist wie die des Blutes.
Mit diesem Begriff wird in Körperflüssigkeiten die Verteilung von Wasser zwischen den einzelnen Zellen bezeichnet. Dieses Kontrastmittel kann sowohl oral als auch rektal oder durch Injektionen verabreicht werden, was in Form von unterschiedlichen Salzlösungen geschieht. Üblicherweise handelt es sich um Meglumin-, Natrium oder L-Lysin-Verbindungen.
Diese Salze weisen eine geringe Tendenz zur Proteinbindung auf, weshalb die Gabe von Amidotrizoesäure mit vergleichsweise wenig Nebenwirkungen einhergeht. Verwendet wird Amidotrizoesäure ausschließlich bei radiologischen Untersuchungen, hauptsächlich für Untersuchungen im Magen-Darm-Bereich sowie in der Urologie.
Pharmakologische Wirkung
Wie alle anderen Kontrastmittel dient Amidotrizoesäure dazu, um Funktionen und Strukturen des Körpers bei radiologischen Untersuchungen, Ultraschall oder MRT besser darstellen zu können. Auf molekularer Ebene enthält Amidotrizoesäure drei Iodatome je Molekül.
Diese bewirken, dass die Gefäße, in welche das Präparat injiziert wurde, einen Röntgenschatten werfen und dadurch auf dem Bild sichtbar werden. In der Amidotrizoesäure sind die Iodatome symmetrisch angeordnet, wodurch die notwendige Kontrastdichte entsteht. Zudem enthält das Präparat eine Carboxygruppe, die als funktionelle Gruppe für die Salzbildung verantwortlich ist. Charakteristisch für Carboxygruppen ist ein doppelt gebundenes Sauerstoffatom sowie eine Hydroxgruppe mit einfacher Bindung.
Es handelt sich bei Carboxtgruppen um diejenigen funktionellen Gruppen, welche in der Natur am häufigsten vorkommen. Darüber hinaus verfügt Amidotrizoesäure über Acetylaminogruppen, welche die Fettlöslichkeit des Wirkstoffmoleküls reduziert. Dadurch nimmt die Tendenz zur Proteinbindung erheblich ab. Durch die geringe Neigung zur Proteinbindung kommt es bei der Gabe von Amidotrizoesäure zu geringeren Schädigungen der Membrane und Enzyme werden seltener in ihrer Wirkungsweise gehemmt.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Kontrastmittel, die Amidotrizoesäure enthalten, werden in der Radiologie vor allem für folgende Zwecke verwendet: Zur Darstellung des Magen-Darm-Traktes auf Röntgenbildern. Das gilt insbesondere, wenn der Verdacht darauf besteht, dass Magen oder Darm perforiert sein könnten.
Gegenüber Kontrastmitteln, die Bariumsulfat enthalten, bietet Amidotrizoesäure den Vorteil, dass es nicht zur chemischen Bauchfellentzündung kommen kann, falls das Präparat in den Bauchraum dringen sollte. Durch die Verwendung von Amidotrizoesäure lässt sich also ein operativer Eingriff, um die Bauchfellentzündung zu behandeln, vermeiden. Weil diese mögliche Nebenwirkung bei Amidotrizoesäure entfällt, kann das Präparat auch in relativ hohen Konzentrationen genutzt werden, wodurch eine detailreichere Darstellung des Magen-Darm-Traktes möglich ist.
Außerdem wird Amidotrizoesäure als Kontrastmittel im urologischen und endoskopischen Bereich verwendet, etwa wenn die ableitenden Harnwege wie Nierenbecken, Harnleiter, Harnblase oder Harnröhre untersucht werden sollen. Mit Hilfe von Amidotrizoesäure werden zudem Gallenblase, Gallenwege oder Pankreasgang näher untersucht. Hierbei wird die Methode der endoskopisch retrograden Cholangiopankreatikographie verwendet. Bei diesem Verfahren ist neben der Diagnose auch ein therapeutischer Eingriff möglich.
Typische therapeutische Maßnahmen, die mit der endoskopisch retrograden Cholangiopankreatikographie durchgeführt werden, sind die Öffnung des Gallenganges oder die Entfernung von Gallensteinen. Üblicherweise wird für diese Art von Eingriffen ein Endoskop, das über einen Seitblickoptik verfügt, oral eingeführt. Amidotrizoesäure wird für die Untersuchung entgegen der Flussrichtung der Gallenflüssigkeit in das betroffene Organ injiziert.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Amidotrizoesäure, einem iodhaltigen Kontrastmittel, sind mehrere wichtige Faktoren zu beachten, um die Sicherheit und Effektivität zu gewährleisten. Zunächst sollte die Anamnese des Patienten sorgfältig überprüft werden, insbesondere hinsichtlich Allergien auf iodhaltige Substanzen, da eine Kontrastmittelunverträglichkeit oder -allergie zu schweren Reaktionen führen kann. Vor der Verabreichung sollte eine Risikobewertung für jodinduzierte Schilddrüsenfunktionsstörungen durchgeführt werden, insbesondere bei Patienten mit bestehender Schilddrüsenerkrankung.
Die Dosierung von Amidotrizoesäure richtet sich nach dem spezifischen diagnostischen Verfahren, dem Körpergewicht des Patienten und der zu untersuchenden Körperregion. Es ist wichtig, die empfohlene Dosierung nicht zu überschreiten, um das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren. Bei der intravenösen Verabreichung sollte auf eine langsame Injektion geachtet werden, um mögliche kardiovaskuläre Reaktionen zu vermeiden.
Hydratation vor und nach der Verabreichung ist entscheidend, insbesondere bei Patienten mit Niereninsuffizienz, um das Risiko einer Kontrastmittel-induzierten Nephropathie zu reduzieren. Eine Überwachung der Nierenfunktion sollte bei gefährdeten Patienten vor und nach der Anwendung erfolgen.
Bei der Anwendung von Amidotrizoesäure bei schwangeren oder stillenden Frauen ist Vorsicht geboten, da Kontrastmittel durch die Plazenta und in die Muttermilch übergehen können. Eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung ist erforderlich.
Risiken & Nebenwirkungen
Amidotrizoesäure darf nicht bei Patienten angewendet werden, die unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einer Störung des Wasser- oder Elektrolysehaushalts oder der Schilddrüsenfunktion leiden oder die überempfindlich auf jodhaltige Kontrastmittel reagieren.
Der Grund: Diese Probleme können sich durch die Verabreichung von Amidotrizoesäure noch erheblich steigern, bei Patienten mit Kreislaufproblemen kann im Extremfall sogar ein Herzstillstand auftreten. Zu den weiteren Nebenwirkungen, die auftreten können, gehören verschiedene allergische Reaktionen, Krämpfe und Atemstörungen. Häufig treten außerdem Störungen des Magen-Darm-Traktes auf. Zu den genannten häufigen Nebenwirkungen in diesem Bereich gehören Übelkeit und Erbrechen sowie Diarrhoe.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Amidotrizoesäure, einem iodhaltigen Kontrastmittel, beinhalten vor allem bekannte Allergien oder Überempfindlichkeiten gegenüber iodhaltigen Substanzen. Patienten mit einer solchen Allergie können schwere anaphylaktische Reaktionen entwickeln, weshalb eine alternative Kontrastmittelwahl oder eine prophylaktische Medikation in Betracht gezogen werden sollte.
Eine weitere Kontraindikation ist eine bestehende Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) oder ein autonomes Adenom der Schilddrüse. Amidotrizoesäure kann eine jodinduzierte thyreotoxische Krise auslösen, da es den iodreichen Zustand verschlimmern könnte. Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion, insbesondere bei schwerer Niereninsuffizienz, sollten ebenfalls kein Amidotrizoesäure erhalten, da das Risiko einer Kontrastmittel-induzierten Nephropathie erhöht ist.
Zusätzlich sollte Amidotrizoesäure bei Patienten mit schwerem Herzinsuffizienz oder dekompensierter Herzinsuffizienz mit Vorsicht verwendet werden, da die Belastung durch das Kontrastmittel den Zustand verschlechtern kann. Bei Patienten mit einer Vorgeschichte von multiplen Myelomen ist ebenfalls Vorsicht geboten, da diese ein erhöhtes Risiko für Nierenfunktionsstörungen haben könnten.
Schließlich ist auch die Schwangerschaft eine relative Kontraindikation, da iodhaltige Kontrastmittel die Schilddrüsenfunktion des Fötus beeinflussen können. Die Verabreichung sollte nur erfolgen, wenn der diagnostische Nutzen das potenzielle Risiko überwiegt.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Bei der Verwendung von Amidotrizoesäure können mehrere wichtige Interaktionen mit anderen Medikamenten auftreten, die berücksichtigt werden müssen. Eine wesentliche Interaktion besteht mit Metformin, einem häufig eingesetzten Medikament zur Behandlung von Typ-2-Diabetes.
Die gleichzeitige Anwendung von Amidotrizoesäure und Metformin kann das Risiko einer Kontrastmittel-induzierten Nephropathie erhöhen, was zu einer Akkumulation von Metformin und dem seltenen, aber ernsten Risiko einer Laktatazidose führen kann. Daher sollte Metformin vor der Verabreichung des Kontrastmittels abgesetzt und erst nach ausreichender Nierenfunktionserholung wieder begonnen werden.
Zudem können Schilddrüsenmedikamente, wie Levothyroxin, durch die jodhaltige Natur von Amidotrizoesäure beeinflusst werden. Das Kontrastmittel kann die Aufnahme von Jod in die Schilddrüse stören und somit die Schilddrüsenhormonspiegel beeinflussen, was insbesondere bei Patienten mit Schilddrüsenfunktionsstörungen relevant ist.
Wechselwirkungen können auch mit nephrotoxischen Medikamenten wie NSAIDs (nichtsteroidale Antirheumatika), Aminoglykosiden oder Cisplatin auftreten, da diese das Risiko einer Kontrastmittel-induzierten Nierenschädigung erhöhen können.
Darüber hinaus sollten Patienten, die Betablocker einnehmen, vorsichtig beobachtet werden, da diese die Behandlung von allergischen Reaktionen, einschließlich Anaphylaxie, erschweren können, die durch das Kontrastmittel ausgelöst werden könnten.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Amidotrizoesäure nicht vertragen wird, stehen mehrere alternative Kontrastmittel und Techniken zur Verfügung. Eine gängige Alternative sind nicht-ionische, iodhaltige Kontrastmittel wie Iohexol oder Iopamidol, die eine geringere osmotische Aktivität aufweisen und oft besser verträglich sind. Diese Mittel reduzieren das Risiko von Nebenwirkungen, insbesondere allergischen Reaktionen und Nierenfunktionsstörungen.
Für Patienten mit einer bekannten Jodallergie können nicht-iodhaltige Kontrastmittel, wie gadolinium-basierte Mittel (z.B. Gadobutrol) für MRT-Untersuchungen, eine Alternative darstellen. Diese sind besonders bei der Weichteildiagnostik effektiv und bieten ein geringes allergisches Potenzial. Allerdings sollten sie bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz vorsichtig eingesetzt werden, da sie das Risiko einer nephrogenen systemischen Fibrose bergen.
Als weitere Option kommen CO2-Angiografie in Betracht, besonders bei vaskulären Untersuchungen. CO2 ist ein gut verträgliches, nicht-iodhaltiges Kontrastmittel, das insbesondere bei Patienten mit Niereninsuffizienz oder Jodallergien nützlich ist.
In bestimmten Fällen, wie bei der Beurteilung der Gallenwege, kann auch die Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) ohne Kontrastmittel verwendet werden. Diese Methode ermöglicht eine detaillierte Darstellung ohne Risiko für jodinduzierte Komplikationen.
Zusätzlich kann die Ultraschalldiagnostik mit Kontrastmitteln auf Basis von Mikrobläschen verwendet werden, die keine nephrotoxischen Eigenschaften besitzen und somit für Patienten mit Nierenfunktionsstörungen geeignet sind.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor