Atosiban
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Atosiban zählt zur Gruppe der Tokolytika. Als Oxytocin-Antagonist hemmt es die Wehentätigkeit und wird zum Abwenden von Frühgeburten verordnet. Das verschreibungspflichtige Mittel wird als Injektion und als intravenöse Infusion gegeben.
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Was ist Atosiban?
Der Wehenhemmer Atosiban wird in der geburtshilflichen Medizin eingesetzt und soll eine während der Schwangerschaft drohende Frühgeburt abwenden helfen. Es handelt sich hierbei um einen Ocytoxin-Antagonisten aus der Gruppe der Tokolytika, der die Wirkung der beiden Hormone Oxytocin und Vasopressin hemmt.
Die farblose, klare Flüssigkeit wird als Injektionslösung und intravenöse Infusion verabreicht. Eine Durchstechflasche Atosiban enthält 5 ml Lösung.
Für die Gabe von Atosiban müssen klar bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Das verschreibungspflichtige Medikament darf nur unter der Aufsicht von medizinischem Fachpersonal verwendet werden.
Pharmakologische Wirkung
Bei Atosiban handelt es sich um ein synthetisches Strukturanalogon des im Organismus vorhandenen Neuropeptids Oxytocin. Als kompetitiver Oxytocin-Antagonist wirkt das Arzneimittel an den Oxytocin-Rezeptoren im Myometrium.
Außerdem bindet es sich an den Vasopressin-V1a-Rezeptor und hemmt so die Wirkung von Vasopressin. Hierbei findet eine Inhibition der Ca2+-Ionen-Freisetzung aus intrazellulären Speichern im sarkoplasmatischen Retikulum statt.
Das Blockieren des Einströmens der Ca2+-Ionen in die Myometriumzelle hemmt den zur Uteruskontraktion benötigten intrazellulären Anstieg des Ca2+. Die Stärke der Hemmung der Uteruskontraktionen hängt von der verabreichten Atosiban-Dosis ab.
Nach den wie beschrieben erfolgten Bindungen des Atosiban und dessen wehenhemmender Wirkung erniedrigen sich folglich die Kontraktionsfrequenz sowie der Tonus der Uterusmuskulatur, der Uterus wird ruhiggestellt. Durch die empfohlene Dosis von Atosiban lässt sich eine Ruhigstellung des Uterus von bis zu zwölf Stunden erreichen.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Rund zwei Drittel aller Frühgeburten werden durch vorzeitige Wehen, verfrühten Blasensprung oder eine Zervixinsuffizienz verursacht. Atosiban wird bei vorzeitiger Wehentätigkeit eingesetzt.
Für die Gabe von Atosiban müssen bestimmte Kriterien vorliegen, und zwar: regelmäßige Kontraktionen des Uterus von mindestens 30 Sekunden Dauer und mit einer Häufigkeit von mehr als vier Wehen innerhalb von 30 Minuten; geöffneter Muttermund auf eine Weite von ein bis drei Zentimetern (null bis drei Zentimeter bei Erstgebärenden); Zervixverstreichung von mehr als 50 % innerhalb der 24. bis 33. abgeschlossener Schwangerschaftswoche; Schwangere über 18 Jahre; Fötus mit regulärer Herzfrequenz.
Atosiban ist verschreibungspflichtig und wird im Krankenhaus von einem Arzt, einer Hebamme oder weiterem medizinischen Fachpersonal verabreicht. Die Dosis legt der Arzt fest.
Das Medikament wird in drei aufeinanderfolgenden Schritten intravenös zugeführt: Die erste Injektion erfolgt langsam über einen Zeitraum von über einer Minute in die Vene. Die empfohlene Dosis beträgt 6,75 mg in 0,9 ml. Anschließend läuft das Mittel als Dauerinfusion über einen Tropf für über drei Stunden. Als stündliche Dosis werden 18 mg empfohlen. Eine verringerte Dosis Atosiban von empfohlenen 6 mg stündlich folgt für maximal 45 Stunden bzw. bis zum Nachlassen der Uteruskontraktionen. Pro Schwangerschaft sollte es zu nicht mehr als drei Behandlungswiederholungen kommen.
Atosiban ist bei bestimmten Erkrankungen beziehungsweise Zuständen kontraindiziert, wie in dieser Übersicht zu sehen: Allergie auf Medikamentenbestandteile; außerhalb der 24. bis 33. Schwangerschaftswoche; Fruchtblasensprung; irregulärer Herzfrequenz des Fötus; Vaginalblutungen; Eklampsie oder schwerer Präeklampsie; Uterusinfektion; gelöste oder den Geburtskanal verdeckende Plazenta; verstorbener Fötus; riskantes Fortbestehen der Schwangerschaft.
Verabreichung & Dosierung
Atosiban ist ein Arzneimittel, das zur Behandlung von vorzeitigen Wehen bei schwangeren Frauen eingesetzt wird. Es wirkt als Antagonist an Oxytocin-Rezeptoren, was die Wehenaktivität vermindert. Bei der Verabreichung und Dosierung von Atosiban sind spezifische Richtlinien zu beachten, um Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten:
Dosierungsschema: Die Behandlung mit Atosiban folgt einem spezifischen Schema, das mit einer initialen intravenösen Bolusinjektion beginnt, gefolgt von einer kontinuierlichen Infusion. Die typische Startdosis ist ein Bolus von 6,75 mg, verabreicht über 1 Minute. Dies wird gefolgt von einer ersten Infusionsphase mit 18 mg Atosiban pro Stunde für 3 Stunden. Danach wird die Infusion auf eine Erhaltungsdosis von 6 mg pro Stunde für bis zu 45 Stunden reduziert.
Behandlungsdauer: Die maximale Behandlungsdauer mit Atosiban sollte 48 Stunden nicht überschreiten.
Überwachung: Während der Behandlung sollte die Mutter sorgfältig überwacht werden, insbesondere in Bezug auf Wehenaktivität, fötale Herzfrequenz und Anzeichen von Nebenwirkungen. Atosiban sollte unter stationären Bedingungen verabreicht werden, um eine angemessene Überwachung zu gewährleisten.
Nebenwirkungen:' Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und gelegentlich allergische Reaktionen. Sollten diese auftreten, ist eine Anpassung der Therapie oder ein Abbruch der Behandlung zu erwägen.Kontraindikationen: Atosiban ist bei Frauen mit bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, bei vorzeitigem Blasensprung mit einer Gestationszeit von weniger als 24 Wochen, bei schweren Leber- oder Nierenproblemen, bei bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder bei unkontrolliertem Bluthochdruck kontraindiziert.
Die Anwendung von Atosiban sollte genau nach Vorgabe erfolgen und erfordert eine genaue Überwachung durch medizinisches Fachpersonal, um die Sicherheit für Mutter und Kind zu gewährleisten.
Risiken & Nebenwirkungen
Bei der Anwendung von Atosiban können verschiedene Nebenwirkungen auftreten. Beobachtet wurden vereinzelt Befindlichkeitsstörungen wie Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Hitzewallungen. Außerdem konnten eine erhöhte Herzschlagfrequenz, erniedrigter Blutdruck, erhöhte Blutzuckerwerte und Reaktionen an der Einstichstelle auftreten. Gelegentlich kam es zu Hautausschlag, Juckreiz, Fieber oder Schlaflosigkeit. Atosiban sollte nur nach einem ausführlichen ärztlichen Beratungsgespräch angewendet werden.
Kontraindikationen
Trotz seiner Nützlichkeit in bestimmten Situationen gibt es mehrere Kontraindikationen, bei denen der Einsatz von Atosiban nicht empfohlen oder sogar gefährlich sein kann. Zu den typischen Kontraindikationen gehören:
Überempfindlichkeit: Frauen, die bekannte Überempfindlichkeiten gegen Atosiban oder einen der Bestandteile des Medikaments haben, sollten Atosiban nicht verwenden.
Frühzeitiger Blasensprung vor 24 Schwangerschaftswochen: Bei einem vorzeitigen Blasensprung vor der 24. Schwangerschaftswoche ist die Verwendung von Atosiban kontraindiziert, da die Sicherheit und Wirksamkeit des Medikaments in dieser Situation nicht ausreichend untersucht wurden.
Schwere Präeklampsie oder Eklampsie: Frauen mit schwerer Präeklampsie oder Eklampsie sollten Atosiban nicht erhalten, da das Risiko für Mutter und Fötus in diesen Fällen anders bewertet und behandelt werden muss.
Intrauteriner Fruchttod: Atosiban wird nicht empfohlen, wenn der Fötus bereits verstorben ist, da es in diesem Fall keinen Nutzen bietet.
Schwere kardiovaskuläre Erkrankungen: Bei Frauen mit schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann die Verwendung von Atosiban aufgrund des potenziellen Risikos für kardiale Ereignisse kontraindiziert sein.
Unkontrollierte Hypertonie: Atosiban sollte bei unkontrolliertem Bluthochdruck vermieden werden, da es möglicherweise zu einer Verschlechterung des Zustands führen kann.
Schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörungen: Frauen mit schweren Störungen der Leber- oder Nierenfunktion sollten Atosiban nicht verwenden, da die Elimination des Medikaments beeinträchtigt sein könnte, was zu erhöhten Plasmakonzentrationen und potenziellen Toxizitäten führen kann.
Es ist wichtig, dass Ärzte eine umfassende Bewertung des Gesundheitszustands und der medizinischen Vorgeschichte der schwangeren Frau durchführen, bevor Atosiban verabreicht wird, um sicherzustellen, dass keine der oben genannten Kontraindikationen vorliegt.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Atosiban wird zur Behandlung vorzeitiger Wehen bei schwangeren Frauen eingesetzt und hat spezifische Interaktionen mit anderen Medikamenten, die bei der Verabreichung beachtet werden sollten. Allerdings sind die bekannten Arzneimittelinteraktionen von Atosiban im Vergleich zu anderen Medikamenten relativ begrenzt. Hier sind einige wichtige Aspekte zu den Interaktionen:
Magnesiumsulfat: Magnesiumsulfat wird häufig zur Behandlung vorzeitiger Wehen und zur Prävention von Eklampsie verwendet. Es gibt theoretische Bedenken, dass die gleichzeitige Anwendung von Atosiban und Magnesiumsulfat die Herz-Kreislauf-Effekte beider Medikamente verstärken könnte, was zu potenziellen Risiken für Mutter und Fötus führen kann. Obwohl klinische Studien keine signifikanten Wechselwirkungen gezeigt haben, sollte diese Kombination mit Vorsicht angewendet und die Patientin sorgfältig überwacht werden.
Betamimetika: Betamimetika wie Terbutalin werden ebenfalls zur Hemmung vorzeitiger Wehen verwendet. Die gleichzeitige Verwendung von Atosiban und Betamimetika ist nicht gut untersucht und könnte theoretisch zu unerwünschten kardiovaskulären Effekten führen. Daher sollte die Kombination dieser Medikamente mit Vorsicht erfolgen, und es ist ratsam, alternative Behandlungsoptionen zu erwägen.
Andere Medikamente: Da Atosiban primär über renale Mechanismen eliminiert wird und nicht stark an Plasmaproteine gebunden ist oder das Cytochrom P450-Enzymsystem in signifikanter Weise beeinflusst, sind andere direkte pharmakokinetische Wechselwirkungen mit Medikamenten, die durch diese Pfade metabolisiert werden, unwahrscheinlich.
Da die Datenlage zu Atosiban-Wechselwirkungen begrenzt ist, wird empfohlen, bei der Anwendung des Medikaments besonders aufmerksam zu sein und den klinischen Zustand der Patientin genau zu überwachen. Im Zweifelsfall sollte Rücksprache mit einem Facharzt gehalten werden, um das beste Vorgehen für die Patientin und das ungeborene Kind zu gewährleisten.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Atosiban, ein Oxytocin-Rezeptor-Antagonist zur Behandlung vorzeitiger Wehen, nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, gibt es mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe, die in Betracht gezogen werden können:
Betamimetika (Beta-Agonisten): Diese Medikamente wie Ritodrin oder Terbutalin sind traditionelle Therapien zur Hemmung vorzeitiger Wehen. Sie wirken durch die Entspannung der glatten Muskulatur des Uterus. Allerdings können sie kardiovaskuläre Nebenwirkungen wie Herzklopfen oder Brustschmerzen verursachen und sollten daher mit Vorsicht verwendet werden.
Magnesiumsulfat: Magnesiumsulfat wird nicht nur zur Prävention der Eklampsie eingesetzt, sondern auch zur Behandlung vorzeitiger Wehen. Es wirkt als natürlicher Kalziumkanalblocker und hilft, die Muskeln des Uterus zu entspannen. Die Verwendung von Magnesiumsulfat erfordert sorgfältige Überwachung, da es das Risiko für Nebenwirkungen wie Hypotonie und Atemdepression erhöhen kann.
Prostaglandin-Synthesehemmer: Nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAIDs) wie Indometacin können zur Behandlung vorzeitiger Wehen eingesetzt werden, indem sie die Produktion von Prostaglandinen hemmen, die eine Rolle bei der Auslösung von Wehen spielen. Die Anwendung von NSAIDs sollte jedoch aufgrund potenzieller Risiken für den Fötus zeitlich begrenzt sein, insbesondere in Bezug auf Auswirkungen auf das fetale Herz-Kreislauf-System.
Kalziumkanalblocker: Nifedipin, ein Kalziumkanalblocker, wird häufig verwendet, um die Kontraktion des Uterus zu hemmen. Es ist im Allgemeinen gut verträglich und kann eine wirksame Alternative für Patientinnen sein, die Atosiban nicht vertragen.
Progesteron: Obwohl nicht spezifisch für die akute Unterbrechung vorzeitiger Wehen, wird Progesteron oft präventiv bei Frauen mit einem hohen Risiko für Frühgeburten eingesetzt. Progesteron kann helfen, das Fortschreiten zu aktiven Wehen zu verzögern.
Es ist wichtig, dass jede alternative Behandlung sorgfältig unter Berücksichtigung der individuellen Umstände und der Schwangerschaftsdauer der Patientin abgewogen wird. Eine engmaschige Überwachung und eine enge Zusammenarbeit mit Fachärzten für Geburtshilfe und Neonatologie sind entscheidend, um optimale Ergebnisse zu erzielen und die Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor