Delirium
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Delirium ist ein Zustand geistiger Verwirrung. Menschen, die darunter leiden, verlieren unter anderem ihre kognitiven und geistigen Fähigkeiten und müssen umgehend behandelt werden. Auch vorbeugen lässt sich dem Delirium.
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Was ist ein Delirium?
Unter einem Delirium, häufig auch als Delir bezeichnet, versteht man in der Medizin einen Zustand geistiger Verwirrung. Betroffene leiden unter Störungen des Bewusstseins und Denkvermögens und sind häufig auch körperlich angeschlagen. Die Ursachen der Erkrankung sind vielfältig und reichen von Alkohol- und Drogenmissbrauch über Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Frakturen und Unterernährung.
Ebenso vielfältig sind die möglichen Symptome, die mit einem Delirium einhergehen können. Die Behandlung konzentriert sich auf die Behebung der eigentlichen Ursache, wobei einzige Medikamente auch die spezifischen Symptome eines Deliriums beheben.
Ursachen
Die Ursachen eines Deliriums hängen von verschiedenen Faktoren ab. Im Normalfall entsteht das Symptom unter anderem durch zentralnervöse Erkrankungen. Darunter fallen Blutungen, vaskuläre Erkrankungen und Tumore ebenso wie Epilepsie, Meningitis, Enzephalitis oder Migräne. Auch Schlafentzug kann eine Form des Deliriums auslösen. Ebenso systemische Erkrankungen, also Infektionen sowie Fieber, Deprivation oder Elektrolytstörungen.
Stoffwechselstörungen wie Hyperglykämie, Nierenversagen oder Anämie sind ebenfalls als Ursachen eines Deliriums bekannt. Dasselbe gilt für Azidose, Alkalose, Vitaminmangel und verschiedene Arten der obstruktiven Schlafapnoe. Auch Medikamenten und Delirantia sowie Drogen und deren Entzug sind mögliche Auslöser eines Deliriums. Ebenso Unterernährung, Frakturen, Kopfverletzungen und Hypoxie.
Die häufigste Ursache ist der Alkoholentzug bei einer Alkoholkrankheit. Dieses sogenannte Delirium tremens wird auch als Alkoholentzugsdelirium bezeichnet. Darüber hinaus kann ein Delirium auch durch Erkrankungen des Herzens wie etwa Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz sowie Schock ausgelöst werden. Selbst eine Lungenembolie oder ein Myokardinfarkt kann ein Delirium zur Folge haben. Aufgrund der Vielzahl möglicher Ursachen ist es umso wichtiger, bei den ersten Anzeichen einen Arzt aufzusuchen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Ein Delirium geht mit unterschiedlichsten Beschwerden einher. Betroffene leiden in erster Linie unter einer Störung des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit. Dadurch kommt es zu Wahrnehmungsstörungen, das Gedächtnis ist beeinträchtigt und die Orientierungsfähigkeit lässt nach.
Überdies kann es zu psychomotorischen Störungen kommen, welche von übermäßigen Emotionen über Konzentrationsschwäche bis hin zu einer kompletten Veränderung der Persönlichkeitsstruktur reichen können. Menschen, die sich in einem Delirium befinden, sind nicht mehr in der Lage, abstrakte Denkvorgänge durchzuführen und haben ein eingeschränktes Kurzzeitgedächtnis.
Ist das Delirium voll ausgeprägt, kommt es zusätzlich noch zu Schlafstörungen, Halluzinationen und affektiven Störungen wie Depression, Angst oder Reizbarkeit. Dadurch wiederum, entsteht eine Agitation, also eine krankhafte Unruhe, welche genannte Symptome noch einmal verstärkt. Eine rasche Behandlung des Deliriums ist aus diesen Gründen unbedingt notwendig.
Diagnose & Verlauf
Die Diagnose kann von einem Arzt meist bereits anhand der Symptomatik gestellt werden. Zusätzlich werden bestimmte Testverfahren wie CAM durchgeführt, anhand welcher sich der Schweregrad des Deliriums messen lässt. Die eigentliche Ursache lässt sich aufgrund der Vielzahl möglicher Faktoren und Erkrankungen nur schwerlich ergründen. Aus diesem Grund konzentriert sich die Diagnose zunächst auf eine sorgfältige Erfassung der Krankengeschichte.
Innerhalb der Anamnese wird geklärt, ob und welche Vorerkrankungen vorliegen, ob ein Alkohol- oder Drogenmissbrauch besteht und wie die allgemeine Lebenssituation des Patienten aussieht. Dadurch lässt sich ein umfassendes Bild erstellen, welches bei der Suche nach der Ursache ebenso hilfreich ist wie bei der anschließenden Behandlung. Frühzeitig behandelt, ist die Chance auf eine komplette Genesung relativ hoch. Der Krankheitsverlauf eines Deliriums kann jedoch je nach Ursache auch tödlich verlaufen.
Komplikationen
Da das Delirium verschiedene Symptome zusammenfasst, kommt es in der Regel auch zu vielen verschiedenen Komplikationen. In den meisten Fällen leidet der Patient an einer starken Versiertheit und an Wahrnehmungsstörungen. Dies kann den Alltag und das Leben stark beeinflussen und die Lebensqualität mindern.
Durch das Delirium treten auch Schlafstörungen, Kopfschmerzen und nicht selten Schwindelgefühle auf. Der Patient fühlt sich müde und erschöpft und ist nicht mehr in der Lage, schwere körperliche Tätigkeiten auszuüben. Auch die Aufmerksamkeit wird durch ein Delirium verringert, sodass es zu Störungen der Konzentration kommt.
In den meisten Fällen wirkt sich das Symptom negativ auf die sozialen Kontakte und das persönliche Umfeld aus. Durch das Trüben des Bewusstseins kann es sogar zum Koma kommen. Dieser Fall tritt allerdings häufig nur bei Drogenmissbrauch auf und kann durch einen Entzug gelöst werden.
Sollte das Delirium durch ein Infekt oder eine schwere Entzündung entstehen, so ist eine medizinische Behandlung notwendig und führt in der Regel zum Erfolg. In vielen Fällen wird das Delirium erst spät durch einen Arzt diagnostiziert, wodurch die Behandlung erschwert wird. Vor allem bei Entzügen kann es durch ein Delirium zu lebensbedrohlichen Situationen kommen, die ärztlich überwacht werden müssen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Ungewöhnliche Zustände einer geistigen Verwirrtheit müssen von einem Arzt grundsätzlich untersucht und behandelt werden. In vielen Fällen sind die Betroffenen dabei auf Hilfe von Personen des nahen Umfeldes angewiesen. Zum Krankheitsbild des Deliriums gehört, dass die erkrankten Menschen oftmals nicht ausreichend verstehen, was um sie herum geschieht oder wo sie sich gerade befinden.
Sobald die Orientierung für mehrere Minuten verloren geht oder es zu ungewöhnlichen Störungen des Gedächtnisses kommt, wird ein Arzt benötigt. Treten über mehrere Tage oder Wochen aus nicht nachvollziehbaren Gründen Schlafstörungen auf oder kommt es zu Unterbrechungen der Psychomotorik, sollten ärztliche Untersuchungen eingeleitet werden.
Menschen, die unter epileptischen Anfällen leiden, sind gut beraten, wenn sie sich in regelmäßigen Abständen vorbeugend untersuchen lassen. Hält Fieber über mehrere Tage an, gilt dies als egenartig und muss ebenfalls untersucht werden. Bei einer starken Gewichtsabnahme sowie einer Unterversorgung des Organismus wird eine medizinische Kontrolluntersuchung benötigt.
Befindet sich der Betroffene in einem Alkohol- oder Drogenentzug, sollte er dauerhaft und lückenlos ärztlich beobachtet werden. Bei den ersten Hinweisen auf Komplikationen muss eingegriffen werden können, um eine Lebensgefahr zu vermeiden. Bei Störungen des Bewusstseins muss ein Notarzt gerufen werden. Hierbei handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, der ein sofortiges Eingreifen erfordert.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung eines Deliriums hängt ganz von der Ursache und dem Fortschritt der jeweiligen Symptome ab. Generell ist es wichtig, schnell zu reagieren, da ein Delirium unter Umständen lebensbedrohlich ist. Speziell bei älteren Patienten ist es notwendig, frühzeitig mögliche Ursachen wie Exsikkose oder Pneumonie auszuschließen und mit der Behandlung zu beginnen.
Die eigentliche Therapie kann mit verschiedenen Medikamenten wie etwa Clonidin oder Dexmedetomidin durchgeführt werden. Auch Neuroleptika sowie Benzodiazepine kommen zum Einsatz und sorgen oft für eine Besserung der Beschwerden. Davon einmal abgesehen, ist die Therapie von der Ursache abhängig. Ein Delirium tremens wird mit erwähnten Arzneimitteln behandelt, ein Delirium, welches in Folge einer Fraktur entsteht, kann erst nach der Behandlung der Verletzung behoben werden.
Erregungszustände, welche in Folge eines Schocks oder Traumas entstehen, lassen sich mit Haloperidol und ähnlichen Neuroleptika behandeln. Im Falle eines Deliriums in Folge von Unterernährung ist eine klinische Behandlung unabdingbar. Auch bei einem Alkoholdelirium ist es notwendig, den Patienten in der Klinik zu behandeln. Die Vitalfunktionen müssen aufgrund der atemdepressiven Wirkung einiger Medikamente dauerhaft überwacht werden.
Aussicht & Prognose
Das Delirium gilt in den meisten Fällen als eine vorübergehende Erscheinung und hat daher eine günstige Prognose. Sobald die Ursache behandelt wurde und abklingt, verschwinden die Beschwerden. Nicht immer bedarf es dafür einer medizinischen Behandlung.
Kommt es aufgrund von Alkoholeinfluss zu einem Zustand der geistigen Verwirrtheit, kehren die kognitiven Fähigkeiten mit dem natürlichen Abbau des Alkohols im Blut zurück. Innerhalb eines Tages erlangt der Patient seine Kompetenzen zurück.
Bei schwerwiegenden Ursachen wird eine medizinische Versorgung benötigt, da es sonst zu einer lebensbedrohlichen Situation kommen kann. Die meist reversible Störung ist häufig ein Warnsignal des menschlichen Organismus. Daher ist die Prognose des Deliriums im Normalfall gut. Innerhalb weniger Tage reduziert sich das Vollbild der Erkrankung. Im Durchschnitt dauert das Delirium ungefähr eine Woche. Die Prognose verbessert sich bei einer raschen Behandlung.
Die Grunderkrankung kann hingegen auf komplexe Störungen hindeuten und unter Umständen nicht heilbar sein. In schweren Fällen leidet der Patient unter einer degenerativen Hirnerkrankung. Bei dieser Erkrankung kann das Delirium mehrere Wochen anhalten und im ungünstigsten Fall zum Tod führen. Bei einer schweren Grunderkrankung kann die geistige Verwirrtheit ein Anzeichen für ein finales Stadium der Krankheit sein. Bei diesen Betroffenen handelt es sich um einen irreparablen gesundheitlichen Zustand.
Vorbeugung
Einem Delirium lässt sich vorbeugen, indem die Risikofaktoren erkannt und minimiert werden. Da der Missbrauch von Medikamenten, Alkohol oder Drogen häufig zu einem Delirium führt, gilt es, den Konsum dieser Mittel einzuschränken. Medikamente wie Antidepressiva oder Herzmedikamente sollten außerdem erst nach Absprache mit einem Arzt eingenommen werden.
Auch ein möglicher Alkohol- oder Drogenentzug muss immer in enger Begleitung durch einen Arzt stattfinden, um das Risiko eines Deliriums zu minimieren. Ältere Menschen können einem Delirium zusätzlich vorbeugen, indem sie auf eine ausgewogene und reichhaltige Ernährung achten. Nicht nur ältere Menschen sollten regelmäßig einen Arzt aufsuchen, um eventuelle Erkrankungen, die ein Delirium auslösen können, frühzeitig zu entdecken.
Nachsorge
Die Nachsorge nach einem Delirium umfasst Gespräche mit dem Betroffenen sowie allgemeine Begleitmaßnahmen. Wirksam ist vor allem Zuwendung durch Angehörige und Ärzte, welche ein Gefühl der Geborgenheit vermitteln. Begleitend dazu müssen etwaige Ein- und Durchschlafstörungen behandelt werden, indem der Patient geeignete Entspannungstechniken erlernt.
Bewährt haben sich zum Beispiel Techniken wie autogenes Training, Yoga oder klassische Krankengymnastik. Bei anhaltenden Beschwerden empfiehlt sich die Einnahme einer natürlichen Einschlafhilfe aus dem Bereich der Naturheilkunde. Wirksame Mittel enthalten beispielsweise Gaba, Johanniskraut oder Rotöl.
Um die Entstehung von Angststörungen zu vermeiden, muss der Betroffene sich sorgfältig über das Delirium informieren beziehungsweise informiert werden. Bei postoperativen Verwirrtheitszuständen werden in der Regel Informationsblätter angeboten, welche dem Patient und seinen Angehörigen eine Orientierung bieten. Die Nachsorge umfasst außerdem die Aufarbeitung der ursächlichen Erkrankung.
Ein Delirium infolge eines Alkoholismus etwa kann nur im Zusammenhang mit einer ursächlichen Therapie behandelt werden. Die Betroffenen benötigen eine umfassende Nachsorge, die an die Umstände des Deliriums angepasst ist. Zumeist kann psychotherapeutischer Beistand die psychische Belastung deutlich reduzieren und beim Patient zu mehr Wohlbefinden beitragen. Die Aufarbeitung des Deliriums ist ein wesentlicher Bestandteil der Selbsthilfe.
Das können Sie selbst tun
Ob und was ein Betroffener im Falle eines Deliriums selbst tun kann, hängt vor allem von dessen Ursachen ab. Weit verbreitet sind Deliria, die auf den Missbrauch von Alkohol und anderen bewusstseinsverändernden Drogen zurückzuführen sind. Wer drogenabhängig ist oder dies befürchtet, sollte sich deshalb unverzüglich professionelle Hilfe suchen. Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt. Wurde die Drogensucht durch seelische Probleme ausgelöst, ist in aller Regel eine Psychotherapie angezeigt. Selbsthilfegruppen, wie zum Beispiel die anonymen Alkoholiker, unterstützen Betroffene beim Entzug.
Die Begleiterscheinungen eines Deliriums, insbesondere Wahrnehmungsstörungen und Halluzinationen, sorgen oftmals für eine soziale Isolation des Betroffenen, deren psychische Folgen die Grunderkrankung noch verstärken können. Patienten sollten sich deshalb ihrem sozialen Nahfeld anvertrauen und ihre Erkrankung offen ansprechen.
Symptome wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Übelkeit können mit rezeptfreien Medikamenten aus der Apotheke bekämpft werden, was aber nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen sollte. Patienten, die unter einer Störung des Gleichgewichtssinns leiden, können die dadurch bedingte Unfallgefahr durch die Verwendung eines Rollstuhls oder einer Gehhilfe senken.
Ist das Delirium auf ständige Unterernährung oder akuten Vitaminmangel zurückzuführen, ist eine Anpassung der Diät sowie die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln angezeigt. Sofern der Grund für die Unterernährung psychischer Natur ist, sollte die Hilfe eines Therapeuten in Anspruch genommen werden.
Quellen
- Gesenhues, S., Zisché, R.H., Breetholt, A. (Hrsg.): Praxisleitfaden Allgemeinmedizin. Urban & Fischer, München 2013
- Grüne, S., Schölmerich, J.: Anamnese, Untersuchung, Diagnose. Springer, Heidelberg 2007
- I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015