Ferguson-Reflex

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Ferguson-Reflex ist ein Geburtsreflex, der durch Rezeptoren in der Vagina und dem Gebärmutterhals ausgelöst wird. Sobald der Fötus auf die Organe drückt, vermitteln die Zellen eine Ausschüttung des Hormons Oxytocin, die die Wehen einleitet. Bei Läsionen im Rückenmark kann dieser Reflex aufgehoben oder vermindert sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Ferguson-Reflex?

Der Ferguson-Reflex ist ein Geburtsreflex, der durch Rezeptoren in der Vagina und dem Gebärmutterhals ausgelöst wird. Der Reflex leitet durch Oxytocin-Ausschüttung die Wehen ein.

Die Mechanorezeptoren des Tastsinns registrieren Berührungen, indem sie sich an Druck- und Dehnungsreize binden. Mechanorezeptoren und ihre Unterart der Dehnungsrezeptoren liegen in der Haut und sind dort für die Exterozeption von Reizen aus der Umgebung zuständig. Die Rezeptoren können zudem interozeptive Aufgaben erfüllen und damit an Dehnungs- und Druckreize aus dem eigenen Körper binden. Dehnungsrezeptoren liegen aus diesem Grund in vielen Organen des Menschen. Sie finden sich vor allem in Organen, in denen Messungen der Gewebespannung notwendig sind, so beispielsweise in den Blutgefäßen oder der Lunge.

Auch im Gebärmutterhals und der Scheide der Frau kommen Dehnungsrezeptoren vor. Diese Sinneszellen sind vor allem für den Vorgang der Geburt relevant. Sie lösen den sogenannten Ferguson-Reflex aus, sobald sie im Innern den Druck des heruntersinkenden Kindes registrieren.

Der Reflex wurde vom Kanadier Ferguson im 20. Jahrhundert erstmals beschrieben. Ein Reflex ist immer eine unbewusste und automatische Körperreaktion auf einen bestimmten Reiz. Im Falle des Ferguson-Reflexes löst der Dehnungsreiz auf die Dehnungsrezeptoren in der Vagina und am Gebärmutterhals die Ausschüttung von Oxytocin aus. Dabei handelt es sich um ein Hormon, das die Wehen auslöst und zusätzlich die soziale Interaktion beeinflusst.

Funktion & Aufgabe

Dehnungsrezeptoren sind Mechanorezeptoren, die auf Reize der Dehnung und Gewebeelongation durch eine Depolarisation reagieren. Diese Dehnungsrezeptoren sitzen unter anderem in der Gebärmutter und der Vagina, wo sie beim Geburtsvorgang den Druck der Kindes wahrnehmen. Die Sinneszellen binden an die mechanischen Druckreize und übersetzen diese Reize in die Sprache des zentralen Nervensystems.

Als bioelektrische Erregung wandert der Reiz über das Rückenmark in das Zwischenhirn der Frau. In einer reflektorischen Antwort auf die Druckreize löst das Zwischenhirn die Freisetzung des Hormons Oxytocin aus. Die Gebärmutter trägt Rezeptoren für dieses Hormon, an die sich das Hormon bindet und damit eine reflektorische Antwort auslöst. Dieser Reflex ist als Ferguson-Reflex bekannt und entspricht einem sogenannten Eigenreflex. Die Effektoren und Affektoren des Reflex-Kreises liegen also im gleichen Organ, nämlich in der Gebärmutter.

Der Reflex leitet durch die Oxytocin-Ausschüttung die Wehen ein. Nach der Ausschüttung des Oxytocins wird die Gebärmuttermuskulatur zur Kontraktion angeregt. Schließlich wird durch diese Kontraktionen die Geburt eingeleitet. Die Einleitung der Wehen durch das Oxytocin erhöht außerdem den Druck auf die Rezeptoren, sodass der Ferguson-Reflex zu einer Schleife wird und immer wieder zur Oxytocin-Ausschüttung führt, bis das Kind auf der Welt ist. Die sensorischen Informationen zur mechanischen Dehnung des Gebärmutterhalses wandern auf diese Weise immer wieder in die ableitenden Neurone des Hypothalamus und der Oxytocin-Spiegel im Blut der Mutter steigt weiter an.

Das Hormon Oxytocin spielt, neben dem Ferguson-Reflex, auch für das Stillen eine entscheidende Rolle. Der Reflex der Milchejektion wird beispielsweise von der Oxytocin-Konzentration im Blut der Mutter gesteuert.

Während und auch nach der Geburt bewirkt das Hormon außerdem einen Rückgang von Cortisol. Dieser Effekt verbessert die Stimmung der Mutter, die emotionale Bindung zum Kind wird verstärkt und der empfundenen Geburtsstress verringert.


Krankheiten & Beschwerden

In der Geburtshilfe kann es erforderlich sein, die Wehen einer Frau künstlich einzuleiten, so beispielsweise wenn der Ferguson-Reflex ausbleibt. Diese künstliche Einleitung der Wehen besteht meist in der Gabe von Oxytocin. Auf diese Weise wird der Ferguson-Reflex künstlich imitiert. Sein Ergebnis und damit die Hormonkonzentration im Blut der Mutter werden von außen nachgeahmt, bis die Wehen eingeleitet sind.

Kontrovers diskutiert wird die Frage, inwiefern sich die Periduralanästhesie bei der Geburt auf die Oxytocin-Ausschüttung auswirkt. Die Periduralanästhesie ist eine zentrale Leitungsanästhesie, die über eine Kanüle oder mithilfe eines Katheters in die Wirbelsäule gegeben wird. Verabreicht wird meist ein Lokalanästhetikum oder ein Opioidanalgetikum. Mit der Periduralanästhesie empfindet die Frau bei der Geburt weniger Schmerzen, da die Schmerzempfindung der Nerven im Periduralraum der Wirbelsäule ausgeschaltet wird. Da auch der Ferguson-Reflex über die Nerven der Wirbelsäule ausgelöst wird, liegt eine Beeinträchtigung des Reflexes unter Periduralanästhesie nahe. Deshalb steht die Vermutung im Raum, dass sich die Periduralanästhesie negativ auf die Konzentration von Oxytocin im Blut der Mutter auswirkt. Eine niedrige Oxytocin-Konzentration bewirkt nicht nur eine Verzögerung der Wehen, sondern zusätzlich einen hohen Cortisol-Spiegel. Damit könnte der Geburtsstress für die Mutter unter Periduralanästhesie ansteigen. Über die Zusammenhänge zwischen Periduralanästhesie, Ferguson-Reflex und Geburtsstress ist sich die Medizin bislang nicht einig. Allerdings sind die beschriebenen Negativzusammenhänge vorstellbar.

Negativ wirken sich auf den Ferguson-Reflex außerdem traumatische oder andersartige Verletzungen der reflexbeteiligten Nervenbahnen im Rückenmark aus. So können neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose beispielsweise entzündliche Läsionen in den reflexvermittelnden Bahnen hervorrufen, die die Nerven langsamer leiten lassen oder sogar vollständig ausschalten. Solche Zusammenhänge können unter Umständen Komplikationen bei der Geburt hervorrufen, die eine künstliche Einleitung der Wehen oder einen Kaiserschnitt erforderlich machen.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Goerke, K., Steller, J., Valet, A.: Klinikleitfaden Gynäkologie. Urban & Fischer, München 2003
  • Kaufmann, M., Costa, S.-D., Scharl, A. (Hrsg.): Die Gynäkologie. Springer, Berlin 2013

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