Hydrops fetalis
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Hydrops fetalis bezeichnet die Flüssigkeitsansammlung in mehreren fetalen Kompartimenten, serösen Höhlen oder Weichteilen. Es ist ein schwerwiegendes Symptom verschiedener konnataler Erkrankungen, die eine Anämie beim Fötus verursachen. Der Hydrops fetalis kann sonographisch diagnostiziert werden.
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Was ist Hydrops fetalis?
Der Hydrops fetalis ist ein Begriff der Pränataldiagnostik und beschreibt eine generalisierte Flüssigkeitsansammlung im Fötus. Die Flüssigkeit beziehungsweise das Ödem befinden sich in mindestens zwei fetalen Kompartimenten, in serösen Körperhöhlen wie Pleura, Peritonealhöhle und Herzbeutel oder in den Weichteilen.
Das Ödem kann über weite Teile des Körpers des ungeborenen Kindes ausgebreitet sein. Ein Hydrops fetalis tritt mit einer Häufigkeit von 1:1500 bis 1:4000 Schwangerschaften auf. Je nach Ursache unterscheidet man den immunologischen und den nicht-immunologischen Hydrops fetalis, eine Zuordnung ist jedoch nur in circa 50 Prozent der Fälle möglich.
Da das Auftreten der Flüssigkeitsansammlung im Kind für eine Chromosomenbesonderheit, eine organische Fehlbildung oder eine schwere Erkrankung des Fötus spricht, zählt der Hydrops fetalis zu den sonographischen Softmarkern während der Schwangerschaft. Anhand dieser können schon pränatal schwerwiegende Erkrankungen des Kindes diagnostiziert werden.
Ursachen
Zu den immunologischen Ursachen zählt die Rhesus-Inkompatibilität zwischen Mutter und Kind. Diese führt bei Zweitgebärenden zu einer massiven Hämolyse und Anämie beim ungeborenen Kind. Seltenere immunologische Ursachen sind das fetofetale Transfusionssyndrom und Thalassämie.
Mittlerweile verursachen überwiegend nicht-immunologische Ursachen einen Hydrops fetalis. So haben konnatale Missbildungen des Herzens häufig eine fetale Anämie zur Folge. Wird das Herz-Zeit-Volumen erhöht, um die Anämie auszugleichen, kann es zu Herzinsuffizienz und einer Verstärkung der Flüssigkeitseinlagerung kommen.
Infektionen mit Toxoplasmose, Syphilis connata, Ringelröteln oder Zytomegalievirus zählen ebenfalls zu den nicht-immunlogischen Ursachen. Weiterhin wird der Hydrops fetalis gehäuft bei einer Reihe von Krankheiten wie Turner-Syndrom, Trisomie 18 oder Down-Syndrom beobachtet.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das ungeborene Kind weist Flüssigkeitsansammlungen oder Ödeme in den fetalen Kompartimenten, den serösen Höhlen oder in den Weichteilen auf. Am häufigsten treten hierbei Aszites, Pleuraergüsse und Polyhydramnion auf.
Unter Aszites, auch Bauchwassersucht, versteht man die Wasseransammlung in der Bauchhöhle. Die Pleura ist eine zweiblättrige Haut, die die Lungen umhüllt und den Brustkorb auskleidet. Bei einem Pleuraerguss kommt es zu einer Flüssigkeitsansammlung im schmalen Spalt zwischen Lunge und Brustwand.
Das Polyhydramnion bezeichnet eine überdurchschnittlich große Menge an Fruchtwasser mit einem Fruchtwasserindex von über 20 Zentimeter oder einem Fruchtwasserdepot größer acht Zentimeter. Relativ früh treten die Flüssigkeitsansammlungen in den Weichteilen auf.
Der Fötus weist in den meisten Fällen eine Pumpschwäche des Herzens mit erhöhtem Herz-Zeit-Volumen auf. Nach der Geburt leiden die Kinder verstärkt unter Neugeborenengelbsucht; die Anämie und die Ödeme sind weiterhin vorhanden.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Das Vorliegen eines Hydrops fetalis wird intrauterin mittels Ultraschall festgestellt. Deutlich erkennbar ist beim Kind die Abhebung der Haut vom Körper durch das Ödem. Ist ein Risikofaktor für die Entstehung einer fetalen Anämie bekannt, so kann die Schwangerschaft durch regelmäßige sonographische Untersuchungen überwacht werden, um gegebenenfalls einem Hydrops fetalis entgegenwirken zu können.
Blutentnahmen aus der Nabelschnur können frühzeitig eine Anämie anzeigen. Ein Herzfehler kann mittels Echokardiographie identifiziert werden. Dank der modernen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten können circa 85 Prozent der Kinder einen Hydrops fetalis immunologischen Ursprungs überleben. Liegt eine nicht-immunologische Ursache vor, liegt die fetale Sterblichkeit jedoch bei über 80 Prozent.
Komplikationen
Ebenso kommt es zu Wasseransammlungen in den Weichteilen des Betroffenen. Das Herz wird durch den Hydrops fetalis stark belastet, sodass es zu Schädigungen und Einschränkungen am Herzen kommen kann. Weiterhin wird auch die Leber geschädigt, sodass die meisten Kinder mit einer Neugeborenengelbsucht auf die Welt kommen. Falls die Beschwerden nicht behandelt werden, kommt es in der Regel zum vorzeitigen Tode des Patienten.
Die Behandlung des Hydrops fetalis erfolgt in den meisten Fällen kausal und symptomatisch. Oft können die Beschwerden durch eine Bluttransfusion eingeschränkt werden. In schwerwiegenden Fällen ist allerdings der Abbruch der Schwangerschaft notwendig, falls die Gesundheit der Mutter ebenfalls gefährdet wird. Nach der Geburt müssen die Kinder eventuell künstlich beatmet werden, um zu überleben. Ob es zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt, kann in der Regel nicht vorausgesagt werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Das Vorliegen eines Hydrops fetalis wird meist bei den Ultraschall-Untersuchungen während der Schwangerschaft festgestellt. Spätestens nach der Geburt kann die Erkrankung anhand der typischen äußerlichen Merkmale erkannt werden. Ob nach der Diagnose weitere ärztliche Untersuchungen erforderlich sind, hängt in erster Linie von der Ausprägung der Krankheit ab. Leichte Flüssigkeitsansammlungen bilden sich manchmal von selbst zurück. In schweren Fällen muss bereits während der Schwangerschaft eine Behandlung eingeleitet werden.
Mütter, die unter Schmerzen im Bauch leiden, möglicherweise verbunden mit ungewöhnlichen Kontraktionen des Babys, sollten mit dem Gynäkologen sprechen. Sollten sich Anzeichen eines Wasserbauchs bemerkbar machen, muss umgehend der Arzt aufgesucht werden. Die Erkrankung muss abgeklärt und sofort behandelt werden, um schwerwiegende Komplikationen für Mutter und Kind auszuschließen. Verläuft die Therapie erfolgreich, sind keine weiteren Behandlungen erforderlich. Die Mutter sollte allerdings weiterhin auf etwaige Symptome achten und bei der Geburt, falls nicht bereits geschehen, die Geburtshelfer im Krankenhaus über den Hydrops fetalis informieren. So kann das Kind direkt nach der Geburt untersucht und gegebenenfalls mit den geeigneten Medikamenten versorgt werden.
Behandlung & Therapie
Der Hydrops fetalis muss über die Behebung der Ursache behandelt werden. Im Regelfall ist dies eine fetale Anämie, die bereits intrauterin über die Nabelschnur mit Bluttransfusionen behoben werden kann. Beim fetofetalen Transfusionssyndrom während einer Zwillingsschwangerschaft, können die Anastomosen im Blutkreislauf der Zwillinge, welche eine ungleichmäßige Blutverteilung zwischen den Kindern verursachen, mittels Laserkoagulation verschlossen werden.
Sollte der Hydrops fetalis Folge einer Ursache mit schlechter Prognose sein, so ist ein ärztliches Beratungsgespräch notwendig, um mit den Eltern die therapeutischen Möglichkeiten, die Folgen für das Kind und vor allem die Risiken für die Mutter zu besprechen. Unter Umständen muss ein Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation erwogen werden.
Unbehandelt hat der Hydrops fetalis nicht nur schwerwiegende Folgen für das Kind. Auch die Mutter kann in besonders schweren Fällen Symptome entwickeln, die den Hydrops fetalis wiederspiegeln. Dieses Krankheitsbild wird Maternales-Hydrops-Syndrom genannt und ist symptomatisch einer schweren Präeklampsie sehr ähnlich.
Postnatal benötigen die unter einem Hydrops fetalis leidenden Kinder intensivmedizinische Betreuung. Häufig müssen die Kinder intubiert und künstlich beatmet werden, erhalten Bluttransfusionen und werden mittels Phototherapie oder Blutaustausch gegen Gelbsucht behandelt. Aszites und Pleuraergüsse werden zur Entlastung punktiert. Anschließend erfolgt die Behandlung der ursächlichen Erkrankung soweit dies möglich ist.
Aussicht & Prognose
Die Prognose bei Hydrops fetalis hängt mit der Ursache der Wassereinlagerung zusammen. Liegt eine angeborene Erkrankung oder eine chromosomale Besonderheit des Fötus vor, wird er mit dieser Grunderkrankung auf die Welt kommen und es kann sein, dass sich die sichtbare Wassereinlagerung bis dahin auch nicht wieder zurückgebildet hat. Je nach Gesundheit von Mutter und Kind kann in solchen Fällen eine Schnittgeburt sinnvoll sein, damit sich beide bei der Geburt nicht verletzen.
Werden neben dem Hydrops fetalis so schwere Schäden des Kindes festgestellt, dass es nur behindert oder überhaupt nicht lebensfähig zur Welt käme, kann über einen späten Abbruch der Schwangerschaft nachgedacht werden. Dies ist eine sehr intime und schwere Entscheidung, bietet aber bei Krankheitsauslösern mit sehr schlechten Prognosen einen Ausweg aus einem Leben voller Leiden und Schmerzen für das ungeborene Kind. Bei der häufigen Ursache der fetalen Anämie kann bereits im Mutterleib eine Bluttransfusion über die Nabelschnur verabreicht werden, was die Prognose des Babys deutlich bessert.
Auch andere Auslöser eines Hydrops fetalis lassen sich bereits während der Schwangerschaft behandeln, sodass das Kind so gesund wie nur möglich zur Welt kommt und bestenfalls sogar eine natürliche Entbindung möglich ist, wenn die Frau sich diese Art von Entbindung wünscht und sich dabei sicher fühlt.
Vorbeugung
Ob einem Hydrops fetalis vorgebeugt werden kann, hängt maßgeblich von der Ursache der fetalen Anämie ab. Bei angeborenen Fehlbildungen hilft nur eine engmaschige sonographische Überwachung der Schwangerschaft, um frühzeitig therapeutisch eingreifen zu können. Einer Rhesus-Inkompatibilität kann durch eine Rhesus-Prophylaxe während der ersten Schwangerschaft entgegengewirkt werden.
Die kindlichen Erythrozyten im mütterlichen Blut werden dadurch maskiert und abgebaut, ohne dass es zur Antikörperbildung kommt. Schon bei Kinderwunsch sollten Impfschutz oder Antikörper gegen Infektionskrankheiten überprüft werden.
Nachsorge
Ob dem Betroffenen bei Hydrops fetalis besondere Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung stehen, kann nicht im Allgemeinen vorhergesagt werden, da diese stark von der zugrundeliegenden Krankheit abhängig sind. Es handelt sich dabei jedoch um eine schwerwiegende Krankheit, die auf jeden Fall schnellstmöglich durch einen Arzt erkannt und behandelt werden sollte. Eine selbstständige Heilung kann dabei nicht eintreten, wobei es im schlimmsten Fall zum Tod des Kindes kommen kann, wenn die Hydrops fetalis nicht behandelt wird.
In einigen Fällen muss bei der Hydrops fetalis ein Abbruch der Schwangerschaft erfolgen. Nach einem solchen Abbruch benötigen die Eltern in den meisten Fällen eine psychologische Unterstützung. Dabei ist vor allem die Hilfe und die Unterstützung durch die eigene Familie oder Freunde sehr wichtig, um Depressionen und andere psychische Verstimmungen zu verhindern.
Falls das Kind die Geburt überlebt, benötigt es eine dauerhafte medizinische Überwachung. Auch dann sind die Eltern meistens auf eine psychologische Unterstützung angewiesen. Die Eltern müssen das Kind in der weiteren Entwicklung stark fördern, um Schäden entgegenzuwirken und weitere Komplikationen zu vermeiden. Über die weitere Lebenserwartung des Kindes kann dabei keine allgemeine Voraussage getroffen werden.
Das können Sie selbst tun
Die Krankheit Hydrops fetalis kann nicht durch Mittel der Selbsthilfe behandelt werden. In diesem Falle ist immer ein Besuch bei einem Arzt notwendig. Sollte keine Behandlung eintreten, so können die ungeborenen Kinder an dieser Krankheit versterben. In einigen Fällen muss dabei auch ein vollständiger Abbruch der Schwangerschaft erfolgen, falls die Behandlung für die Mutter ein zu hohes Risiko darstellen würde.
Aus diesem Grund beschränkt sich die Selbsthilfe dabei auf die Behandlung von möglichen psychischen Beschwerden. Hierbei können ausführliche Gespräche mit dem eigenen Partner, der Familie oder natürlich auch mit Freunden sehr hilfreich sein, um Depressionen und weitere psychische Verstimmungen zu verhindern oder zu therapieren. Allerdings ersetzen solche Gespräche keine professionelle Therapie durch einen Therapeuten. Sollten sie daher nicht hilfreich sein, so ist ein Psychologe aufzusuchen.
Weiterhin kann auch der Kontakt zu anderen betroffenen Eltern hilfreich sein. Hierbei kommt es häufig zu einem Austausch von Informationen, welche eventuell die Lebensqualität des Betroffenen erhöhen und den Alltag damit erleichtern können. Ebenso kann sich ein Besuch einer Selbsthilfegruppe lohnen, um über die Erkrankung zu sprechen.
Quellen
- Rath, W., Gembruch, U., Schmidt, S. (Hrsg.): Geburtshilfe und Perinatologie: Pränataldiagnostik - Erkrankungen - Entbindung. Thieme, Stuttgart 2010
- Sohn, C. et al.: Ultraschall in Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2012
- Stiefel, A., Geist, C., Harder, U.: Hebammenkunde: Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf. Hippokrates, Stuttgart 2012