Kryotherapie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. Juni 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Kryotherapie oder Kältetherapie handelt es sich um ein Verfahren, bei dem extremniedrige Temperaturen eingesetzt werden, um einen positiven Effekt auf den Körper zu erzielen. Dies reicht von Schmerzlinderung für Entzündungen in den Gelenken über Eisbeutel für Schwellungen bis hin zur Vereisung von Pigmentflecken, Warzen oder Tumoren.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Kryotherapie?

Jede Behandlung, bei der Temperaturen unter 0°C eingesetzt werden, bezeichnet man als Kryotherapie.

Folglich ist Kryotherapie zunächst lediglich ein Sammelbegriff für eine Vielzahl an Therapien für unterschiedliche Beschwerden.

Jede Behandlung, bei der Temperaturen unter 0°C eingesetzt werden, bezeichnet man als Kryotherapie. Wird mit Kälte gearbeitet, ohne dass die angewandte Temperatur unter 0°C liegt, spricht man von Kältetherapie. Hierzu gehören die als Hausmittel weit verbreiteten Quark- oder Alkoholwickel. Diese niedrigen Temperaturen können auf unterschiedliche Art erreicht werden.

Vereisungen führt man häufig mit einer Kältesonde durch, die auf oder in das zu vereisende Gewebe eingebracht wird. In selteneren Fällen wird ein kältetragendes Medium direkt in das Gewebe injiziert. Auch Anwendungen in der Kältekammer zählen zur Kryotherapie, bei denen Patienten kurzfristig außergewöhnlich niedrigen Temperaturen ausgesetzt werden, um etwa Stoffwechselvorgänge zu beeinflussen.

Schließlich zählt auch der Eisbeutel, mit dem ein geschwollenes Knie gekühlt wird, in den Bereich der Kryotherapie.

Geschichte & Entwicklung

Die Kryotherapie, auch Kältetherapie genannt, hat eine lange Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht, als Kälte zur Behandlung von Schmerzen und Entzündungen eingesetzt wurde. Die moderne Entwicklung der Kryotherapie begann jedoch im 20. Jahrhundert.

Die systematische Anwendung von Kälte zur Behandlung von Krankheiten wurde in den 1960er Jahren populär, insbesondere durch die Arbeit des japanischen Arztes Dr. Toshima Yamauchi. Er entwickelte die Ganzkörper-Kryotherapie (WBCT) als Behandlung für rheumatoide Arthritis. Dr. Yamauchi stellte fest, dass extreme Kälteanwendungen die Schmerzen und Entzündungen bei seinen Patienten signifikant reduzierten.

In den 1970er und 1980er Jahren verbreitete sich die Kryotherapie in Europa, insbesondere in Deutschland und Polen, wo weitere Forschungen und klinische Studien durchgeführt wurden. Die Methode wurde verfeinert und die ersten Kryosaunen entwickelt, die es ermöglichten, den gesamten Körper kurzzeitig extrem niedrigen Temperaturen auszusetzen.

Seit den 2000er Jahren hat sich die Kryotherapie weiterentwickelt und umfasst nun verschiedene Anwendungen, einschließlich der lokalen Kryotherapie für spezifische Körperteile, die Ganzkörper-Kryotherapie und die Kryochirurgie, bei der extreme Kälte verwendet wird, um abnormales Gewebe, wie Tumore oder Warzen, zu zerstören. Kryochirurgie wird insbesondere bei Hautkrebs und anderen dermatologischen Bedingungen eingesetzt.

Die Kryotherapie hat in den letzten Jahren zunehmend an Popularität gewonnen und wird häufig in der Sportmedizin zur schnellen Erholung nach Verletzungen sowie in Wellness-Einrichtungen zur allgemeinen Gesundheitsförderung und zur Reduktion von Entzündungen und Schmerzen genutzt. Heute wird die Kryotherapie weltweit als wirksame Methode zur Schmerz- und Entzündungsreduktion anerkannt.

Einsatz & Indikation

Die Kryotherapie wird in einer Vielzahl von medizinischen und kosmetischen Kontexten durchgeführt, insbesondere zur Behandlung von Schmerzen, Entzündungen und bestimmten Hauterkrankungen.

In der Sportmedizin wird die Kryotherapie häufig eingesetzt, um Muskelkater zu lindern, die Erholung nach intensiven Trainingseinheiten zu beschleunigen und Sportverletzungen wie Verstauchungen, Zerrungen und Prellungen zu behandeln. Die Anwendung von Kälte kann Schwellungen reduzieren und die Heilung fördern.

In der Dermatologie wird die lokale Kryotherapie verwendet, um Hautläsionen wie Warzen, aktinische Keratosen und bestimmte Arten von Hautkrebs zu entfernen. Durch die Anwendung von flüssigem Stickstoff auf die betroffenen Stellen werden abnormale Hautzellen zerstört, die dann vom Körper abgestoßen werden.

Ganzkörper-Kryotherapie (WBCT) wird bei chronischen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis und Fibromyalgie angewendet. Sie hilft, Schmerzen und Entzündungen zu lindern, die Beweglichkeit zu verbessern und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Diese Therapieform findet auch Anwendung bei Patienten mit Depressionen und Angstzuständen, da die extremen Kälteexpositionen positive Effekte auf die Stimmung und das Stressniveau haben können.

Kryochirurgie ist eine spezielle Form der Kryotherapie, die zur Behandlung von Tumoren, insbesondere in der Prostata und der Leber, sowie zur Entfernung von präkanzerösen Zellen in der Zervix verwendet wird. Hierbei wird extrem kaltes Gas oder Flüssigkeit direkt auf das abnormale Gewebe angewendet, um es zu zerstören.

Die Notwendigkeit für eine Kryotherapie ergibt sich in der Regel aus der Diagnose spezifischer medizinischer Bedingungen, bei denen die Anwendung von Kälte nachweislich therapeutische Vorteile bietet. Dies kann die Verringerung von Entzündungen, Schmerzlinderung, Verbesserung der Heilung oder die gezielte Zerstörung von krankhaftem Gewebe umfassen.

Vorteile & Nutzen

Die Kryotherapie bietet gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden mehrere Vorteile, insbesondere durch ihre nicht-invasive Natur und die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten.

Schmerzlinderung und Entzündungsreduktion: Kryotherapie ist besonders effektiv bei der schnellen Linderung von Schmerzen und der Reduktion von Entzündungen. Dies ist vorteilhaft für Patienten mit akuten Verletzungen oder chronischen Schmerzen, da die Kältebehandlung schnell wirkt und oft weniger Nebenwirkungen hat als medikamentöse Schmerzmittel.

Minimalinvasivität: Im Vergleich zu chirurgischen Eingriffen ist die Kryotherapie weniger invasiv. Bei der Behandlung von Hautläsionen oder kleinen Tumoren wird das Gewebe durch Kälte zerstört, ohne dass größere Einschnitte erforderlich sind. Dies führt zu kürzeren Erholungszeiten und geringeren Risiken von Infektionen oder Narbenbildung.

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten: Kryotherapie kann sowohl lokal als auch systemisch angewendet werden. Lokale Anwendungen sind ideal für spezifische Probleme wie Warzen oder bestimmte Hautkrebse, während die Ganzkörper-Kryotherapie bei systemischen Beschwerden wie rheumatoider Arthritis und chronischen Schmerzen hilfreich ist.

Förderung der Heilung: Die Anwendung von Kälte kann die Durchblutung und den Stoffwechsel anregen, was die Heilung von Geweben beschleunigen kann. Dies ist besonders vorteilhaft bei Sportverletzungen, wo eine schnelle Genesung wichtig ist .

Stimmungsverbesserung und Stressabbau: Es gibt Hinweise darauf, dass Ganzkörper-Kryotherapie die Freisetzung von Endorphinen fördert, was zu einer Verbesserung der Stimmung und einem Abbau von Stress führen kann. Dies macht die Methode attraktiv für Menschen mit Depressionen oder Angstzuständen.

Insgesamt bietet die Kryotherapie eine wirksame, schnelle und weniger invasive Alternative zu vielen herkömmlichen Behandlungsformen, mit zusätzlichen Vorteilen für die psychische Gesundheit und die allgemeine Genesung.

Funktion, Wirkung, Anwendung & Ziele

Für die Kryotherapie gibt es vielfältige Anwendungsgebiete. Sehr häufig wird sie von Dermatologen eingesetzt, um unerwünschte Hautpartien zu entfernen. Hierzu gehören Pigmentflecken, Blutschwämmchen, Warzen und Narben genau so wie Haut-Tumoren.

Die betroffene Stelle wird für wenige Sekunden punktgenau vereist, in der Folge zersetzt sich das Gewebe, zerfällt und wird im Heilungsprozess durch gesundes Gewebe ersetzt. Der eigentliche Eingriff dauert häufig nur wenige Minuten, der Heilungsprozess in den meisten Fällen eine bis sechs Wochen. Zurück bleiben höchstens minimale unauffällige Narben. Auch Warzen werden oft auf diese Weise entfernt.

Auch im Bereich der Schmerztherapie erfreut sich die Kryotherapie großer Beliebtheit. Kleinere Schwellungen und Entzündungen kann man zuhause mit einem Kühlpack oder einem Eisbeutel selber behandeln. Professionell angewandt bedeutet Kryotherapie im Bereich der Schmerzlinderung beispielsweise, die Hüllen von Nervenfasern im Bereich des Rückens mittels einer Kältesonde zu vereisen, um chronische Rückenschmerzen zu behandeln.

Da sich die Hüllen der Nervenfasern regenerieren, muss eine solche Behandlung in regelmäßigen Abständen, etwa alle sechs bis achtzehn Monate, wiederholt werden. Diese Behandlung findet ebenfalls ambulant statt. Sie gilt als minimal invasives Vorgehen. Anschließend muss keine Schonungsphase eingehalten werden, eine Krankschreibung ist nicht notwendig.


Durchführung & Ablauf

Eine Kryotherapie kann auf verschiedene Arten durchgeführt werden, abhängig von der spezifischen Behandlung und dem zu behandelnden Bereich. Hier sind die grundlegenden Abläufe für die häufigsten Formen der Kryotherapie:

Ganzkörper-Kryotherapie (WBCT): Diese Form der Kryotherapie erfolgt in einer speziellen Kammer oder Kryosauna. Der Patient trägt minimale Kleidung (meist nur Unterwäsche, Handschuhe, Socken und Ohrenschutz) und tritt in die Kammer, die mit flüssigem Stickstoff oder gekühlter Luft gefüllt ist. Die Temperatur in der Kammer sinkt auf etwa -110 bis -140 Grad Celsius. Der Aufenthalt in der Kammer dauert in der Regel 2-4 Minuten. Während dieser Zeit wird der Körper extrem niedrigen Temperaturen ausgesetzt, was eine Vielzahl physiologischer Reaktionen auslöst, darunter die Freisetzung von Endorphinen und eine Reduktion von Entzündungen.

Lokale Kryotherapie: Bei der lokalen Kryotherapie wird flüssiger Stickstoff direkt auf das zu behandelnde Gewebe aufgetragen. Dies geschieht oft mit einem Wattestäbchen oder einem speziellen Sprühgerät. Diese Methode wird häufig zur Behandlung von Hautläsionen wie Warzen, aktinischen Keratosen und bestimmten Hautkrebsarten verwendet. Der flüssige Stickstoff gefriert das betroffene Gewebe, wodurch es abstirbt und schließlich abfällt. Der gesamte Vorgang dauert nur wenige Minuten und kann in einer Arztpraxis durchgeführt werden.

Kryochirurgie: Diese Methode wird bei der Behandlung von tiefer liegenden Geweben oder inneren Organen angewendet. Der Arzt führt eine Kryosonde (ein dünnes, hohles Instrument) durch einen kleinen Einschnitt in das betroffene Gewebe ein. Flüssiger Stickstoff wird durch die Sonde geleitet, um das Zielgewebe zu gefrieren und zu zerstören. Diese Methode wird oft bei der Behandlung von Leber- oder Prostatatumoren verwendet und erfolgt normalerweise unter örtlicher Betäubung oder leichter Sedierung.

Nachbehandlung: Nach einer Kryotherapie können leichte Schwellungen, Rötungen oder Blasenbildung auftreten. Es wird empfohlen, den behandelten Bereich sauber und trocken zu halten und jegliche Anweisungen des Arztes zu befolgen, um eine optimale Heilung zu gewährleisten.

Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Durch dermatologische Kryotherapie entstandene Wunden heilen für gewöhnlich unkompliziert und ohne Nebenwirkungen ab. Während des Auftauprozesses verspürt man für gewöhnlich ein Kribbeln oder Stechen, das jedoch nur wenige Minuten anhält.

Im Rahmen der Regeneration des abgestorbenen Gewebes kann sich darüber hinaus eine Blase bilden, die mit Gewebsflüssigkeit gefüllt ist, ähnlich einer Brandblase. Die Wunde kann, je nach Größe, mit einem Pflaster oder kleinen Verband abgedeckt und mit antibakterieller Salbe behandelt werden. Gelegentlich kommt es im Bereich der Vereisung zu einer Schwellung, die sich jedoch bald zurückbildet.

Eine Gefahr beim Gebrauch von Kältepacks aus dem Gefrierfach, welches die am häufigsten angewandte Form von Kryotherapie im eigenen Haushalt ist, besteht darin, dass man sich unbemerkt kleinere Erfrierungen zuzieht, wenn man nicht sachgemäß mit dem Kältepack umgeht. Es empfiehlt sich daher, eine dünne Lage Stoff, beispielsweise ein Geschirrtuch, als Barriere zwischen Haut und Kühlpack zu legen.

Vermeiden lässt sich diese Gefahr, wenn man statt eines Kühlpacks einen herkömmlichen Eisbeutel verwendet. Am besten zerkleinert man das Eis in der Küchenmaschine, um den Beutel besser den Konturen des betroffenen Körperteils anpassen zu können.

Umstritten ist der Gebrauch der Ganzkörper-Kryotherapie. Während einige Ärzte hervorragende Ergebnisse etwa bei der Behandlung von Rheumapatienten verzeichnen, erhoffen beispielsweise Leistungssportler sich davon einen erhöhten Testosteronspiegel. Andere Anbieter berufen sich auf eine angeblich aus Japan kommende Tradition. Kurze Aufenthalte in der Kältekammer, so wird behauptet, dienen der Stärkung des Immunsystems und zum Stressabbau. Diese Wirkung ist wissenschaftlich jedoch umstritten.

Alternativen

Wenn eine Kryotherapie nicht möglich ist oder alternative Verfahren bevorzugt werden, gibt es verschiedene andere Behandlungsoptionen, die in Abhängigkeit von der spezifischen Erkrankung und dem Zustand des Patienten eingesetzt werden können.

Lasertherapie: Bei der Lasertherapie wird intensives Licht verwendet, um Hautläsionen, Tumore oder andere Gewebe präzise zu behandeln. Diese Methode wird oft zur Entfernung von Warzen, Pigmentflecken und kleinen Tumoren verwendet. Laser können auch in der ästhetischen Medizin zur Hautverjüngung und zur Entfernung von Narben oder Tätowierungen eingesetzt werden​.

Elektrokauterisation: Dieses Verfahren nutzt elektrischen Strom, um Gewebe zu erhitzen und zu zerstören. Elektrokauterisation wird häufig in der Dermatologie zur Behandlung von Warzen, Hautläsionen und kleinen Tumoren verwendet. Es kann auch zur Blutstillung während chirurgischer Eingriffe eingesetzt werden​​.

Chemotherapie: Bei der Behandlung von Krebs kann Chemotherapie als Alternative zur Kryotherapie eingesetzt werden. Hierbei werden Medikamente verwendet, um Krebszellen zu zerstören oder deren Wachstum zu hemmen. Diese Methode ist systemisch und kann auf verschiedene Krebsarten angewendet werden, insbesondere wenn der Krebs nicht lokalisiert ist oder Metastasen vorhanden sind.

Radiotherapie: Radiotherapie nutzt hochenergetische Strahlung, um Krebszellen zu zerstören. Diese Methode wird häufig bei verschiedenen Krebsarten eingesetzt, insbesondere bei Tumoren, die schwer zugänglich sind oder operativ nicht entfernt werden können. Radiotherapie kann auch prä- oder postoperativ angewendet werden, um die Größe des Tumors zu reduzieren oder verbleibende Krebszellen zu eliminieren .

Topische Behandlungen: Für oberflächliche Hauterkrankungen können topische Behandlungen wie Salicylsäure, Imiquimod oder 5-Fluorouracil verwendet werden. Diese Medikamente werden direkt auf die Hautläsionen aufgetragen und helfen, das abnormale Gewebe abzubauen oder das Immunsystem zu aktivieren, um die Läsion zu bekämpfen.

Chirurgische Entfernung: Bei größeren oder tiefer liegenden Tumoren kann eine chirurgische Entfernung notwendig sein. Diese Methode wird oft bei Hautkrebs, gutartigen Tumoren und bestimmten inneren Tumoren eingesetzt. Sie bietet den Vorteil, dass das gesamte abnormale Gewebe entfernt werden kann, erfordert jedoch eine Erholungszeit und birgt das Risiko von Narbenbildung und Infektionen.

Diese alternativen Verfahren bieten eine Vielzahl von Optionen, die individuell auf die Bedürfnisse und gesundheitlichen Bedingungen des Patienten abgestimmt werden können. Es ist wichtig, dass Patienten gemeinsam mit ihrem Arzt die beste Behandlungsstrategie auswählen.

Quellen

  • Abeck, D.: Häufige Hautkrankheiten in der Allgemeinmedizin. Springer, Berlin Heidelberg 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Seeber, S.: Therapiekonzepte Onkologie. Springer, Berlin 2007

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