Pyrazinamid

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 24. Oktober 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Pyrazinamid handelt es sich um ein Medikament zur Behandlung von Tuberkulose (Tuberkulostatikum). Die Substanz kommt bereits seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum Einsatz, um die Lungenerkrankung im Rahmen einer Kombinationstherapie zu bekämpfen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Pyrazinamid?

Obwohl PZA bereits seit den 1950er Jahren zur Bekämpfung von Tuberkulose eingesetzt wird, war der exakte Wirkmechanismus der Substanz lange nicht geklärt. Es wurde allein auf die Effektivität der Behandlung vertraut.
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Pyrazinamid (kurz: PZA) ist ein Antibiotikum, welches bereits seit den 1950er Jahren eingesetzt wird, um Tuberkuloseerkrankungen zu bekämpfen. Die Arznei wird häufig auch als Pyrazincarboxamid bezeichnet, ist wasserlöslich und weiß. Aufgrund seiner Zweckbestimmung als Tuberkulosemedikament wird es den Tuberkulostatika zugerechnet.

In der Chemie wird die Summenformel C5-H5-N3O zur Bezeichnung der Substanz verwendet. Die morale Masse von Pyrazinamid beträgt 123,11 g•mol−1. Der Wirkstoff Pyrazinamid wird u. a. unter den Handelsnamen Pyrafat®, Rifater®, Rimstar® und Tebesium Trio® vertrieben.

PZA wirkt ausschließlich auf den Erreger der Tuberkulose (Mycobacterium tuberculosis). Eine Wirksamkeit besteht damit nicht in Bezug auf die Rinderform des Bakteriums (Mycobacterium bovis) oder vom Grundtypus abweichende Formen (atypische Mykobakterien).

Pharmakologische Wirkung

Obwohl PZA bereits seit den 1950er Jahren zur Bekämpfung von Tuberkulose eingesetzt wird, war der exakte Wirkmechanismus der Substanz lange nicht geklärt. Es wurde allein auf die Effektivität der Behandlung vertraut. Der Wirkmechanismus von Pyrazinamid wurde erst im Jahr 2011 nahezu vollständig aufgeklärt. Während herkömmliche Antibiotika vor allem Bakterien töten, die sich noch im Wachstum befinden, tötet PZA vorrangig wachsende Bakterien. Damit stellt sein Wirkmechanismus eine Abweichung von der Norm dar. Denn wachsenden Bakterien (sogenannte Persister) sind in der Regel weitaus unempfindlicher gegen Antibiotika als diejenigen, die sich bereits in einem Stadium der Ruhe befinden.

Pyrazinamid entfaltet seine Wirkung jedoch ausschließlich im Körper. In Reagenzgläsern konnte keine Wirkung festgestellt werden, was dazu beitrug, dass der Wirkmechanismus so lange unbekannt blieb. Schon vor dem Jahr 2011 war allerdings bekannt, dass PZA als Prodrug wirkt. Die Substanz wandelt im Körper Pyrazinoidsäure um und wirkt im sauren Milieu. Pyranizid bindet sich an ein Zellprotein (RspA S1) und unterbindet somit die trans-Translation im Tuberkulose-Bakterium. Diesem ist es dadurch nicht weiter möglich, sich gegen giftige Eiweißfragmente zu schützen.

Diese Fragmente werden durch das Bakterium selbst gebildet, wenn es unter Stress steht. Aufgrund dieses Wirkmechanismus verkürzt PZA die Behandlung einer Tuberkuloseerkrankung von 9 bis 12 Monaten auf in der Regel 6 Monate.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Pyrazinamid kommt bereits seit den 1950er Jahren zum Einsatz, um die Lungenerkrankung Tuberkulose zu bekämpfen. Die Substanz zählt zu den Antibiotika und ist ein Tuberkulostatikum. Eine Indikation besteht ausschließlich für eine Tuberkuloseerkrankung des Menschen.

Pyrazinamid ist nicht auf atypische Formen des Bakteriums (atypische Mykobakterien) oder die Rinderform der Bakterien (MYcobacterium bovis) anwendbar. Bei einer frühzeitigen Einnahme verkürzt es die durchschnittliche Behandlungsdauer einer Tuberkulose von ca. 9 bis 12 Monaten auf 6 Monate.

Der Arzneistoff wird üblicherweise in einer Kombinationstherapie eingesetzt. Patienten nehmen im Zuge ihrer Therapie häufig auch Isoniazid, Ethambutol und Rifampicin ein. Die exakte Kombination kann jedoch je nach gewählter Therapieform variieren. Die Therapieform richtet sich nach Dauer und Schwere der Erkrankung sowie nach dem Alter der Patienten. Von diesen Faktoren hängt auch die durchschnittliche Behandlungsdauer ab.


Verabreichung & Dosierung

Pyrazinamid ist ein antituberkulöses Medikament, das in der Behandlung von Tuberkulose (TB) eingesetzt wird. Es ist besonders wirksam in der Anfangsphase der Therapie und wird in Kombination mit anderen Tuberkulose-Medikamenten verabreicht, um Resistenzen zu vermeiden. Bei der Verabreichung und Dosierung von Pyrazinamid müssen einige wichtige Faktoren beachtet werden.

Die Dosierung richtet sich nach dem Körpergewicht des Patienten. In der Regel liegt die empfohlene Tagesdosis bei 20 bis 30 mg pro Kilogramm Körpergewicht, meist über einen Zeitraum von zwei Monaten in der Initialphase der Therapie. Pyrazinamid wird normalerweise als Einmaldosis verabreicht, die entweder täglich oder dreimal wöchentlich eingenommen wird, je nach Behandlungsprotokoll.

Es ist wichtig, die Leberfunktion des Patienten während der Behandlung zu überwachen, da Pyrazinamid hepatotoxisch sein kann und zu Leberschäden führen kann. Vor allem bei Patienten mit vorbestehenden Lebererkrankungen oder Alkoholmissbrauch ist besondere Vorsicht geboten. Regelmäßige Blutuntersuchungen sind notwendig, um Leberenzymwerte zu kontrollieren.

Neben der Leberfunktion sollte auch die Nierenfunktion überwacht werden, da Pyrazinamid über die Nieren ausgeschieden wird. Bei eingeschränkter Nierenfunktion kann eine Anpassung der Dosierung erforderlich sein, um das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren. Auch mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die die Leber oder Nieren betreffen, sollten beachtet werden.

Risiken & Nebenwirkungen

Pyrazinamid kann zu Nebenwirkungen führen. Zwingend ist dies jedoch nicht der Fall. Vor der erstmaligen Einnahme sollte geprüft werden, ob eine Unverträglichkeit gegen Pyrazinamid oder ihm verwandte Stoffe besteht. Im Falle einer Allergie ist eine Anwendung bzw. Einnahme untersagt.

Darüber hinaus besteht bei Pyrazinamid eine Kontraindikation bei schweren Störungen der Leberfunktion, bei Funktionsstörungen der Nieren, bei akuten Gichtanfällen sowie während einer bestehenden Schwangerschaft und in der Stillzeit. Erhöhte Vorsicht ist außerdem bei Patienten geboten, die regelmäßig hohe Mengen an Alkohol konsumieren.

Da Pyrazinamid Auswirkungen auf die Leber- und Nierenfunktion haben kann, ist während der Therapie in regelmäßigen Abständen eine Funktionsüberwachung der Organe durchzuführen. Diese Überprüfung sollte auch einige Wochen nach der Behandlung weitergeführt werden.

Ferner sind die folgenden Nebenwirkungen bekannt: Häufig (weniger als 1 von 10 Patienten, aber mehr als 1 von 100): Appetitlosigkeit, Übelkeit, Brechreiz, Gewichtsabnahme, Schädigungen der Leber, Sodbrennen, Lichtempfindlichkeit sowie eine Erhöhung des Harnsäuregehalts im Blut.

Seltene Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Erregbarkeit, Schlaflosigkeit und Schwindel. Als seltene Nebenwirkungen gelten solche, die bei weniger als 1 von 1.000 Behandelten auftreten, aber bei mehr als 1 von 10.000.

In weniger als 1 von 10.000 Fällen kam es auch zu Störungen des Blutbildungssystems (z. B. Blutarmut) sowie Thrombozytopenie (sehr selten) kommen. Die Anweisungen eines Arztes sowie eines Apothekers sind zwingend zu beachten. Sie sind beim Auftreten von diesen und weiteren Nebenwirkungen umgehend zu kontaktieren.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen für die Verwendung von Pyrazinamid betreffen vor allem Patienten mit bestimmten Lebererkrankungen oder Stoffwechselstörungen. Da Pyrazinamid eine potenziell hepatotoxische Wirkung hat, ist es bei Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert. Dies gilt insbesondere bei akuten oder chronischen Lebererkrankungen, da das Risiko einer Leberschädigung durch die Einnahme des Medikaments erhöht wird.

Auch bei Patienten mit einer bekannten Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Pyrazinamid sollte das Medikament nicht eingesetzt werden, da dies zu schweren allergischen Reaktionen führen kann.

Eine weitere wichtige Kontraindikation betrifft Patienten mit akuter Gicht oder einer Vorgeschichte von Gichtanfällen. Pyrazinamid erhöht den Harnsäurespiegel im Blut, was das Risiko eines Gichtanfalls signifikant steigern kann. Aus diesem Grund sollte das Medikament bei Gichtpatienten mit Vorsicht oder gar nicht angewendet werden.

Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz sollte Pyrazinamid ebenfalls nicht ohne genaue ärztliche Überwachung eingesetzt werden, da die Nieren das Medikament verstoffwechseln und ausscheiden. In solchen Fällen kann es notwendig sein, die Dosierung anzupassen oder alternative Therapien in Betracht zu ziehen. Bei leichten bis mäßigen Nierenschäden ist eine enge Überwachung der Nierenfunktion während der Behandlung entscheidend.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Pyrazinamid kann bei gleichzeitiger Anwendung mit anderen Medikamenten zu verschiedenen Wechselwirkungen führen, die bei der Therapie berücksichtigt werden müssen. Eine der wichtigsten Interaktionen besteht mit Medikamenten, die ebenfalls die Leberfunktion beeinträchtigen. Da Pyrazinamid hepatotoxisch sein kann, sollte bei der gleichzeitigen Einnahme von anderen leberschädigenden Substanzen, wie beispielsweise Isoniazid oder Rifampicin (beide werden oft ebenfalls bei Tuberkulose eingesetzt), die Leberfunktion engmaschig überwacht werden, um Leberschäden zu vermeiden.

Pyrazinamid kann auch den Harnsäurespiegel im Blut erhöhen, weshalb bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten gegen Gicht wie Allopurinol, Febuxostat oder Probenecid Vorsicht geboten ist. Die Wirksamkeit dieser Gichtmedikamente könnte durch den Anstieg der Harnsäure verringert werden, was das Risiko von Gichtanfällen erhöht.

Darüber hinaus kann Pyrazinamid die Wirkung von Antidiabetika beeinflussen. Es wurde beobachtet, dass Pyrazinamid den Blutzuckerspiegel erhöhen kann, was bei Diabetikern zu einer verminderten Wirksamkeit oraler Antidiabetika führen könnte. Hier ist eine regelmäßige Kontrolle des Blutzuckerspiegels erforderlich, und gegebenenfalls muss die Dosis der Antidiabetika angepasst werden.

Schließlich kann die gleichzeitige Einnahme von Pyrazinamid mit Immunsuppressiva oder anderen Medikamenten, die das Immunsystem beeinflussen, die Wirksamkeit dieser Medikamente beeinträchtigen, weshalb ärztliche Überwachung notwendig ist.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Pyrazinamid aufgrund von Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen nicht eingesetzt werden kann, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, um die Tuberkulose-Therapie fortzusetzen. Die Behandlung von Tuberkulose basiert immer auf der Kombination mehrerer Medikamente, um Resistenzen zu verhindern und die Krankheit effektiv zu bekämpfen.

Eine häufige Alternative zu Pyrazinamid ist Ethambutol, ein weiteres Tuberkulose-Medikament, das die Vermehrung der Tuberkulose-Bakterien hemmt. Ethambutol wird oft in Kombination mit anderen Wirkstoffen wie Rifampicin und Isoniazid verwendet, um die Bakterien auf mehreren Ebenen zu bekämpfen. Ethambutol hat jedoch eigene Nebenwirkungen, vor allem in Bezug auf das Sehvermögen, weshalb regelmäßige Augenkontrollen notwendig sind.

Auch Streptomycin, ein Antibiotikum der Aminoglykosid-Gruppe, kann als Ersatz verwendet werden. Es wird normalerweise als Injektion verabreicht und wirkt gegen die Tuberkulose-Bakterien, indem es deren Proteinsynthese hemmt. Streptomycin ist besonders nützlich bei resistenten TB-Stämmen, hat jedoch potenzielle Nebenwirkungen, wie Nierenschäden und Hörprobleme.

Für Patienten mit multiresistenter Tuberkulose (MDR-TB) oder wenn Standardmedikamente wie Pyrazinamid nicht eingesetzt werden können, kommen oft neuere Medikamente wie Bedaquilin oder Delamanid zum Einsatz. Diese Wirkstoffe gehören zu den wenigen neuen Entwicklungen in der TB-Therapie und bieten Hoffnung für komplexe und resistente Fälle.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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