Β-Acetyldigoxin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Β-Acetyldigoxin stellt ein Herzglykosid dar, welches bei Herzschwäche Anwendung findet. Es besitzt gleich mehrfache positive Wirkung auf das Herz. Als sogenanntes Prodrug wird es im Körper erst in die wirksame Form Digoxin umgewandelt.
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Was ist Β-Acetyldigoxin?
Β-Acetyldigoxin gehört zu den sogenannten Glykosiden. Glykoside setzen sich aus einer Verbindung zwischen zuckerähnlichen Bausteinen und Nichtzuckerbestandteilen zusammen. Dabei entstehen komplizierte Moleküle, die im Organismus als wichtige Wirkstoffe fungieren. Aus Β-Acetyldigoxin entsteht im Körper Digoxin, welches erst den eigentlichen Wirkstoff darstellt. Β-Acetyldigoxin enthält noch eine Acetylgruppe, die bei der Umwandlung in Digoxin entfernt wird.
Im menschlichen Organismus wirkt Digoxin als Hormon. Β-Acetyldigoxin wird aus bestimmten Fingerhutarten gewonnen. Pharmakologisch stellt es ein sogenanntes Prodrug dar, welches in der Darmschleimhaut deacetyliert wird. Dabei entsteht der eigentliche herzwirksame Wirkstoff Digoxin.
Der Einsatz bei Herzschwäche soll das Herz entlasten. Die Herztätigkeit gestaltet sich effektiver. So werden ganz allgemein kreislaufwirksame Herztätigkeiten unterstützt und ineffektive Herzfunktionen abgeschwächt. Damit kann sich das Herz effektiver auf die lebenserhaltende Funktionsweise beschränken.
Fünf bis zehn Prozent des Digoxins werden in der Leber metabolisiert. Der Rest wird über die Nieren unverändert ausgeschieden. Β-Acetyldigoxin ist biologisch besser verfügbar als Digoxin. Deshalb wird statt Digoxin zunächst dieses Glykosid verabreicht, welches sich zur Vorbereitung auf die Wirkung im Körper erst noch umwandelt.
Pharmakologische Wirkung
Bei der positiven inotropen Wirkung wird das aktive Einströmen von Kaliumionen in die Zelle und das gleichzeitige Ausströmen von Natriumionen aus der Zelle gehemmt. Die höhere Natriumionenkonzentration in der Zelle bewirkt wiederum eine Hemmung des Kalziumausstoßes aus der Zelle. Eine erhöhte Kalziumionenkonzentration verstärkt die Kontraktilität von Muskeln, hier speziell des Herzmuskels.
Die nächste Wirkung der Herzglykoside, die negative chronotrope Wirkung, stellt die Verringerung der Schlagfrequenz des Herzens dar. Die Kombination dieser beiden Wirkungen bedeutet schon die Konzentration auf weniger, aber effektivere Herzschläge. Bei der daran anschließenden Wirkungsweise, der negativen dromotropen Wirkung, wird die Erregungsleitung des Herzens verlangsamt. Schließlich wird durch die positive bathochrome Wirkung die Schwelle für die Erregbarkeit des Herzens erniedrigt.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Β-Acetyldigoxin wird bei chronischer Herzinsuffizienz, welche sich bereits im Stadium 3 oder gar 4 befindet, eingesetzt. Es soll die Herzkraft bei einer Herzmuskelschwäche stärken. Des Weiteren soll bei bestimmten Formen von beschleunigter Herztätigkeit die Herzfrequenz erniedrigt werden. Neben der manifesten und chronischen Herzinsuffizienz sollen auch dauerhafte Formen des anfallsartigen Vorhofflatterns und Vorhofflimmerns behandelt werden.
Die Kombination der vier verschiedenen Wirkungsweisen sorgt für eine Entlastung des Herzens, welches nun zwar mit geringerer Kraft, aber doch effektiv, eine stabile Herzleistung erbringt. Dadurch kann die Herzleistung sogar wieder etwas gesteigert werden, sodass manche Patienten wieder in eine höhere Herzleistungsstufe gelangen können. Allerdings sind die Bereiche zwischen positiver und negativer Wirkung oft sehr schmal, was eine genau abgestimmte Dosierung der Medikation erforderlich macht.
Risiken & Nebenwirkungen
Selbstverständlich gilt ein Anwendungsverbot auch bei einer bestehenden Überempfindlichkeit gegen Herzglykoside. Kontraindikationen gelten auch bei Schwangerschaft und Stillzeit. Zwar wurden bisher bei Schwangerschaften noch keine Komplikationen beim Einsatz von Β-Acetyldigoxin beobachtet. Sicherheitshalber sollte in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft jedoch auf den Einsatz des Medikaments verzichtet werden.
Beim Einsatz von Β-Acetyldigoxin wurden relativ häufig Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit, gelegentlich Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Müdigkeit und seltener auch Verdauungsbeschwerden, Albträume, Verwirrtheit, Depressionen oder Psychosen beobachtet.
Seltene Nebenwirkungen sind unter anderem auch das Entstehen einer Gynäkomastie (Brustdrüsenvergrößerung), Hautausschlag oder Blutplättchenabfall. Die Nebenwirkungen richten sich auch nach der Applikationsform der Medikamente. Auch die Wechselwirkung mit anderen Medikamenten muss beachtet werden. So steigern intravenöse Kalziumgaben die Toxizität von Β-Acetyldigoxin. Entwässerungsmittel oder Abführmittel können zu Kalium- oder Magnesiummangel führen. Auch in diesem Fall ist der Einsatz von Β-Acetyldigoxin kontraproduktiv.
Verschiedene Medikamente verringern zudem die Wirksamkeit von Herzglykosiden oder können sogar in Kombination mit diesen Herzrhythmusstörungen auslösen. Dazu zählen unter anderem Mittel zur Blutdrucksenkung wie Reserpin, Mittel zur Muskelerschlaffung wie Succinylcholin, trizyklische Antidepressiva, Asthmamittel oder Mittel zur Potenzsteigerung.
Die gleichzeitige Aufnahme mit absorbierenden Substanzen wie Aktivkohle oder Kaolin-Pektin gegen Durchfall, Cholesterinsenkern oder Antazida (Säurebinder) hemmen die Aufnahme durch den Körper und schwächen dadurch die Wirkung ab. Schließlich besteht noch in Einzelfällen die Gefahr von allergischen Reaktionen auf das Medikament.