Atemtiefe

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Dieser Artikel befasst sich mit der Atemtiefe. Neben der Begriffsbestimmung geht es einerseits um die Funktionen und den Nutzen. Andererseits soll beleuchtet werden, welche Krankheiten und Beschwerden beim Menschen im Zusammenhang mit der Atemtiefe auftreten können.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Atemtiefe?

Die Atemtiefe ist ein entscheidender Faktor für die ausreichende Versorgung des Blutes mit Sauerstoff und die Abgabe von Kohlendioxid in die Lunge.

Die Atemtiefe ist abhängig von verschiedenen Größen, insbesondere von dem Verhältnis zwischen Atemzugvolumen und Atemfrequenz. Das Atemzugvolumen ist die Menge an Luft, die bei einer Einatmung aufgenommen wird. Unter normalen Bedingungen beträgt sie in Ruhe 0,5 l. Bei erhöhtem Sauerstoffbedarf, z.B. durch Anstrengung, kann sie deutlich gesteigert werden.

Die Atemfrequenz ist die Anzahl an Atemzügen pro Zeiteinheit und wird üblicherweise pro Minute gemessen. Der normale Wert eines gesunden, erwachsenen Menschen beträgt 12 - 18 Atemzüge pro Minute.

Aus beiden Werten kann das Atemminutenvolumen als Produkt ermittelt werden. So ergeben 12 Atemzüge pro Minute bei einem Atemzugvolumen von 0,5 l ein Atemminutenvolumen von 6 l, was bei einem gesunden Menschen ausreicht, um den Sauerstoffbedarf in Ruhe zu decken.

Zur Kompensation bei erhöhter Anforderung können sowohl das Volumen als auch die Frequenz gesteigert werden. Diejenige der beiden Größen, die überwiegt, bestimmt die Atemtiefe. Wird die Frequenz mehr gesteigert, sinkt das Atemzugvolumen und man spricht von einer flachen Atmung. Wird umgekehrt der Mehrbedarf eher über eine Steigerung des Volumens gedeckt, haben wir es mit einer tiefen oder vertieften Atmung zu tun.

Funktion & Aufgabe

Die Atemtiefe ist ein entscheidender Faktor für die ausreichende Versorgung des Blutes mit Sauerstoff und die Abgabe von Kohlendioxid in die Lunge. Dieser Vorgang wird als Gasaustausch bezeichnet.

Bei der Einatmung gelangt die Luft über den Mund oder die Nase in den Rachen und wird von dort über den Kehlkopf, die Luftröhre und die Bronchien weitergeleitet. Dieser Teil des Atemsystems ist nur für die Leitung, die Erwärmung und die Anfeuchtung des Atems zuständig.

Der Transfer, bei dem Sauerstoff ins Blut abgegeben und CO2 in die Lunge aufgenommen wird, findet ausschließlich in den Lungenbläschen (Alveolen) statt, die sich am Ende der Atemwege befinden. Grundvoraussetzung dafür, dass dieser Prozess ausreichend funktioniert, ist eine ausreichende Belüftung dieses Bereiches. Bei verringerter Atemtiefe ist diese Bedingung nicht erfüllt, es gelangt keine oder nicht genug sauerstoffgesättigte Luft dorthin und die Zeit für den Austausch ist zu kurz. Die Folge ist, dass nicht genug O2 ins Blut aufgenommen werden kann und der Bedarf nicht gedeckt wird. Die Luft wird dann lediglich, ohne Nutzen für den Körper, in den Atemwegen hin und her bewegt.

Ein solche Störung führt zu einer chemischen Veränderung der Blutzusammensetzung, die von Rezeptoren registriert und an das Atemzentrum gemeldet wird. Von dort wird versucht, durch eine Steigerung des Atemminutenvolumens das Defizit auszugleichen. Es kann dabei jedoch eine Verschärfung der Situation eintreten, wenn die Kompensation vorwiegend durch eine Erhöhung der Frequenz erfolgt. Die einzelnen Atemzüge werden immer kürzer, das Atemzugvolumens sinkt und es gelangt immer weniger Luft zu den Alveolen.

Genau umgekehrt stellt sich die Situation dar, wenn der Mehrbedarf an Sauerstoff vorwiegend durch Vertiefung der Atmung bewerkstelligt wird. Das Atemzugvolumen steigt, viel O2-gesättigtes Blut gelangt zu dem Bereich, in dem der Gasaustausch stattfindet und bleibt lange genug dort. Dies ist auch der Grund, warum bei manchen Atemtechniken am Ende der Ein- und der Ausatmung eine Pause eingelegt wird: um die Austauschphasen zu verlängern.


Krankheiten & Beschwerden

Erkrankungen, die die Funktion der Atmung beeinträchtigen, können das Lungengewebe selbst oder umliegende Strukturen betreffen. Die Atemwegserkrankungen werden nach verschiedenen Kriterien eingeteilt. Ein Faktor ist die Dauer der Erkranktung, gegliedert in akute und chronische Lungenerkrankungen. Ein anderes Kriterium orientiert sich an dem Ort der Erkrankung. Ist das Lungengewebe befallen, spricht man von restriktiven Erkrankungen, bei Beeinträchtigung der Atemwege von obstruktiven. Bei den restriktiven Krankheiten ist zunächst die Einatmung eingeschränkt, bei den obstruktiven zunächst die Ausatmung.

Typische restriktive Erkrankungen sind die Lungenentzündung (Pneumonie) und die Lungenfibrose. Bei der Pneumonie ist das Lungengewebe durch Erreger akut entzündet, seine Dehnfähigkeit ist dadurch reduziert und die Einatmung vermindert. Lungenfibrosen entwickeln sich über einen längeren Zeitraum infolge des Einatmens von schädlichen Substanzen und werden dann chronisch. Bekannt sind aus früheren Zeiten die Silikose der Bergleute oder die Asbestose bei Arbeitern, die sich viel mit dem Dämmstoff Asbest umgeben haben. Die Folgen sind die gleichen wie bei der Lungenentzündung, unterscheiden sich aber durch den chronischen Verlauf, mit einer fortschreitenden Verschlimmerung.

Ein klassisches obstruktives Leiden ist die chronisch obstruktive Bronchitis (COPD). Wiederkehrende Entzündungen der Atemwege führen zu einer Verengung derselben durch das Anschwellen der Wände der Bronchialschleimhaut und die Mehrproduktion von Schleim. Betroffene Menschen haben vorwiegend Probleme bei der Ausatmung, wodurch mehr verbrauchte Luft in der Lunge verbleibt als normal gesättigte.

Eine weitere typische obstruktive Erkrankung ist das Asthma bronchiale, ein akutes Leiden, das anfallsweise auftritt. Durch eine Überreaktion auf bestimmte Reize kommt es zu einem Spasmus (Krampf) der Bronchialmuskulatur, wodurch der Querschnitt der Bronchien deutlich eingeschränkt wird.

Unabhängig von der Ursache haben alle Erkrankungen eine mehr oder weniger starke Atemnot (Dyspnoe) zur Folge. Die Stärke der Atemnot kann allerdings je nach Schwere der Krankheit sehr unterschiedlich ausfallen. Schwere Asthmaanfälle können beispielsweise lebensbedrohlich sein.

Die Ursache einer Beeinträchtigung der Atemtiefe kann auch eine Störung der Atemmechanik sein. Die Lunge folgt bei der Einatmung aufgrund der besonderen Konstruktion den Exkursionen des Brustkorbs. Eine Einschränkung der Beweglichkeit führt dadurch zu einer Beeinträchtigung der Atemtiefe und wenn die Kompensation nicht mehr ausreichend funktioniert, ebenfalls zur Atemnot. Typische Erkrankungen sind der Morbus Bechterew, die Osteoporose und andere Erkranktungen, die zu einer Versteifung der Brustwirbelsäule führen.

Quellen

  • Bungeroth, U.: BASICS Pneumologie. Urban & Fischer, München 2010
  • Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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