Fluvoxamin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Fluvoxamin ist ein Antidepressivum, das zur Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer gehört. In Deutschland wurde der Wirkstoff für die Behandlung von Depressionen und Zwangsstörungen zugelassen, wird aber häufig auch zur Behandlung von Angst- und Panikstörungen sowie bei posttraumatischen Belastungsstörungen herangezogen. Beim Einsatz des Medikamentes müssen Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln wie Monoaminooxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) beachtet werden, und es können erhebliche Nebenwirkungen auftreten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Fluvoxamin?

Der Wirkstoff wird für die Behandlung von Depressionen und Zwangsstörungen eingesetzt.

Fluvoxamin ist ein Arzneistoff mit der chemischen Summenformel C15H21F3N2O2. Er enthält einen monozyklischen aromatischen Ring und ist seit Mitte der 1980er Jahre in Deutschland als Antidepressivum zugelassen. Das Arzneimittel gehört zu der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Das Kürzel SSRI leitet sich aus der englischen Bezeichnung „selective serotonin reuptake inhibitor“ ab.

Die monozyklische Struktur und seine besondere Bindungsfähigkeit und Affinität zu den σ-Rezeptoren (Sigma-Rezeptoren) unterscheiden Fluvoxamin von den meisten anderen Antidepressiva, die eine besondere Bindungsaffinität zu Opioidrezeptoren aufweisen.

Der Wirkstoff zeigt unter anderem eine starke Wechselwirkung mit reversiblen und irreversiblen MAO-Hemmern (Monoaminoxidase-Hemmer), die nicht-selektiv den Abbau von Neurotransmittern wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin hemmen und ebenfalls als Antidepressiva Verwendung finden. Fluvoxamin darf deshalb nicht zusammen mit MAO-Hemmern eingenommen werden. Vor einem Therapie-Wechsel von MAO-Hemmern zu Fluvoxamin oder umgekehrt müssen festgelegte Wartezeiten eingehalten werden.

Pharmakologische Wirkung

Als selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer beeinflusst Fluvoxamin ausschließlich die Wiederaufnahme bzw. den Rücktransport des Serotonins in die Vesikel bestimmter Zellen oder den Abbau dieses Neurotransmitters, so dass sich dessen Konzentration im synaptischen Spalt erhöht.

Aufgrund der selektiven Wirkungsweise des Medikaments werden Abbau oder Rücktransport der übrigen Neurotransmitter aus der Gruppe der Monoamine wie Adrenalin, Dopamin, Melatonin und andere nicht beeinträchtigt. Fluvoxamin führt daher zu einer einseitigen Konzentrationserhöhung von Serotonin im synaptischen Spalt durch dessen dortiger längerer Verweildauer.

Dem Monoamin Serotonin werden als Neurotransmitter im Zentralnervensystem (ZNS) psychische Wirkungen zugeschrieben. Serotonin gilt unter anderem als stimmungsaufhellend, motivierend und angstlösend. Bei depressiven Verstimmungen und Depressionen lässt sich häufig ein Mangel an Serotonin nachweisen. In der Annahme, dass die Behebung der verminderten Serotoninkonzentration auch die depressive Verstimmung auflöst, wird versucht, über die Zufuhr von zusätzlichem Serotonin oder durch die Verhinderung einer schnellen Inaktivierung des Botenstoffs den relativen Mangel zu beheben.

Die Einnahme von Fluvoxamin führt zu einer erhöhten Serotoninkonzentration über die Hemmung der schnellen Inaktivierung des Serotonins. Falls die Serotoninkonzentration ein bestimmtes Maß überschreitet, kann sich die Wirkung des Botenstoffs nahezu umkehren. Es stellt sich ein Serotoninsyndrom ein, das sich typischerweise durch Symptome wie Angstzustände, Innere Unruhe, Muskelanspannung, Zittern und Muskelzuckungen auszeichnet.

Ein Serotoninsyndrom kann sich beispielsweise einstellen, wenn die Wechselwirkung von Fluvoxamin mit MAO-Hemmern nicht beachtet wird und sich ein unkontrolliert hoher Serotoninspiegel einstellt.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Die Einnahme von Fluvoxamin führt in seiner Eigenschaft als selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer zu einem ansteigenden Serotoninspiegel im Blut und kommt daher zur Behandlung aller psychischen Erkrankungen in Betracht, die mit einem erniedrigten Serotoninspiegel in Zusammenhang gebracht werden. In erster Linie gilt das für krankhafte Depressionen.

Dabei ist noch nicht hinreichend bekannt, ob manifeste Depressionen Ursache oder Folge des Serotoninmangels sind. Fluvoxamin wird daher in erster Linie zur Behandlung von Depressionen verschrieben.

Gemäß ursprünglicher Zulassung Mitte der 1980er Jahre ist das Medikament ausdrücklich auch zur Verbesserung von Zwangsstörungen vorgesehen. Im Zuge weiterer Anwendungen, die deutlich über das ursprünglich erforschte Krankheitsspektrum hinausgehen, kommt das Medikament auch häufig für die Therapie von Angststörungen, Panikattacken, posttraumatischen Belastungsstörungen und bei sozialer Phobie zum Einsatz sowie bei Reizdarm. Auch bei diagnostiziertem Borderline-Syndrom, das in der Grenzregion zwischen Neurose und manifester Psychose eingeordnet werden kann, ist die Behandlung mit dem SSRI Fluvoxamin durchaus üblich.

Es hat sich die empirische Erkenntnis durchgesetzt, dass auch Angststörungen, die sich beispielsweise zu einer sozialen Phobie entwickeln können, von einem erniedrigten Serotoninspiegel begleitet werden. Um die soziale Phobie selbst zu behandeln und damit die Entwicklung einer Reihe von negativen Begleiterscheinungen zu unterbinden, wird von vielen Ärzten der Einsatz von Fluvoxamin erwogen und auch teilweise bevorzugt.

Häufig wird das Medikament neben seiner Wirksamkeit auch wegen seiner relativ geringen physiologischen Halbwertszeit von etwa 15 Stunden geschätzt. Die geringe Halbwertszeit gestattet bei einer festgestellten Unverträglichkeit des Mittels einen zügigen Umstieg auf ein alternatives Psychopharmakon innerhalb weniger Tage.


Risiken & Nebenwirkungen

Fluvoxamin greift, wie auch andere Hemmer von selektiven Serotonininhibitoren, relativ unsensibel, einseitig und systemisch in den Stoffwechsel der Monoamine ein. Es kommt zu einer einseitigen Erhöhung der Serotoninkonzentration im Nervensystem, ohne dass die damit zusammenhängenden systemischen Auswirkungen auf viele relevante Stoffwechselvorgänge vollständig verstanden wären.

Trotz der unzweifelhaften Behandlungserfolge zur Verbesserung einer Reihe von psychopathologischen Erkrankungen, wird der Einsatz von Fluvoxamin häufig von auftretenden unerwünschten Nebenwirkungen begleitet. So kann es nach der Einnahme von Fluvoxamin zu Angst, Benommenheit, Zittern und Schlafstörungen kommen. Ebenso kommt es häufig zu einer Erhöhung der Herzfrequenz sowie zu Schwitzen und Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut.

Besonders in Kombination mit Medikamenten, die auf anderem Wege zu einer Erhöhung des Serotoninspiegels führen, kann sich ein Serotoninsyndrom einstellen, eine toxische Überversorgung mit Serotonin. Das Serotoninsyndrom wird typischerweise von Bewusstseinstrübung, Muskelstarre, Zittern und Fieber begleitet und Bedarf sofortiger ärztlicher Behandlung.

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