Hypoglykämischer Schock

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Diabetiker können nicht nur an zu hohem Blutzucker leiden, sondern auch an zu niedrigem. Ist der Spiegel extrem niedrig und tritt aus diesem Grund Bewusstlosigkeit ein, sprechen Fachleute von einem hypoglykämischen Schock (umgangssprachlich: Unterzuckerung). Dieser kann lebensbedrohlich sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Hypoglykämischer Schock?

Der hypoglykämische Schock ist durch das plötzliche Eintreten eines Komas gekennzeichnet. Es handelt sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, der sofort behandelt werden muss.
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Bei Diabetikern kann der Blutzuckerspiegel aus verschiedenen Gründen stark schwanken. Sinkt der Wert unter 40 bis 50 mg/dl, besteht akute Gefahr. Ein solcher Fall tritt ein, wenn zu viel Insulin im Blut vorhanden ist.

Da das Gehirn Glukose benötigt, um lebenswichtige Funktionen aufrechtzuerhalten, kann ein solcher Zustand äußerst gefährlich werden. Wird der Patient bewusstlos, handelt es sich um ein Koma. Aber schon im Vorfeld kündigt sich Unterzuckerung an:

Die Betroffenen sind blass, schwitzen, haben Heißhunger, bekommen unter Umständen Krampfanfälle, zittern, sind unruhig und eventuell psychisch auffällig, was sich in Erregtheit, Verwirrtheit oder Halluzinationen äußern kann. Der Pulsschlag beschleunigt sich und der Blutdruck ist erhöht. Tritt ein hypoglykämischer Schock ein, muss noch schneller gehandelt werden als beim diabetischen Koma.

Ursachen

Die Frage ist: Wie kommt es zu einer so gefährlichen Unterzuckerung? Eine Möglichkeit ist, dass ein Diabetiker seine blutzuckersenkenden Medikamente oder Insulin zu stark dosiert hat.

Auch wenn Betroffene zu wenig essen (vor allem Kohlenhydrate) bzw. zu viel Sport treiben ohne die Insulin- oder Medikamentengaben anzugleichen, kann ein hypoglykämischer Schock eintreten. Aus diesem Grunde ist eine optimale Dosisanpassung elementar. Übermäßiger Alkoholgenuss wiederum kann auch für Menschen ohne Diabetes kritisch werden. Da die Leber damit beschäftigt ist, Alkohol abzubauen, kann sie unter Umständen nicht genug Glukose (Traubenzucker) produzieren und das Gehirn erleidet Mangel.

Auch dann tritt eine Hypoglykämie ein. Doch auch beim übermäßigen Verzehr von Lebensmitteln mit hohem glykämischen Index, die eine starke Insulinausschüttung auslösen, kann der Blutzuckerspiegel in der Folge rapide absinken.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Der hypoglykämische Schock ist durch das plötzliche Eintreten eines Komas gekennzeichnet. Es handelt sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, der sofort behandelt werden muss. Die Behandlung besteht in der Gabe von Glukose in Form von Traubenzucker oder bei Bewusstlosigkeit in Form einer Infusion. Neben dem Koma besteht die Neigung zu Krämpfen und gesteigerter Reflexbereitschaft.

Hinzu kommen heftiges Schwitzen sowie feuchte und blasse Haut. Außerdem tritt häufig Herzrasen auf. Im Gegensatz zu einem diabetischen Koma fehlt jedoch das Symptom der völligen Austrocknung. Da sich das Koma bei einem hypoglykämischen Schock ansonsten nicht von einem diabetischen Koma unterscheidet, kann nur durch die auftretenden Vorzeichen zwischen beiden Krankheitszuständen unterschieden werden.

Bei Laboruntersuchungen werden sehr niedrige Blutzuckerwerte gefunden. Außerdem kündigt sich der hypoglykämische Schock durch verschiedene Symptome an, die bereits bei einer moderaten Unterzuckerung auftreten. Es handelt sich zwar um Symptome, die auch bei anderen Erkrankungen vorkommen können. Im Zusammenhang mit einem Diabetes geben sie jedoch wertvolle Hinweise auf eine eventuell bevorstehende Bewusstlosigkeit.

Zu diesen Vorzeichen gehören unter anderem plötzlich auftretende Unruhe, Heißhungerattacken, Konzentrationsstörungen, Schwindelgefühle, Nervosität, Sehstörungen, Panik, Zittern oder Herzklopfen. Hinzu kommen Wahrnehmungsstörungen, Schwierigkeit beim Sprechen, Kribbeln, kalte Schweißausbrüche, weiche Knie und ein pelziger Geschmack im Mund. Nach der Gabe von Glukose bilden sich die Symptome sofort zurück.

Diagnose & Verlauf

Lebensbedrohlicher Unterzucker kann über Stunden und Tage anhalten. Darin besteht die klinische Problematik. Er kündigt sich zunächst durch Symptome des autonomen Nervensystems und des zentralnervösen Nervensystems an.

Heißhunger, Schwitzen, Übelkeit, Zittern, Erbrechen sowie Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche, eine gesteigerte Reizbarkeit und Verwirrtheit sind erste Anzeichen. Sinkt der Blutzuckerspiegel noch weiter ab, kann es zu primitiven Ausdrucksformen wie Schmatzen, Grimassieren und Greifen kommen.

Anschließend treten Sprachstörungen, Doppelbilder, Krampfanfälle, Lähmungen sowie Atem- und Kreislaufprobleme auf. Schließlich tritt der hypoglykämische Schock in Form von Bewusstlosigkeit ein. Der Betroffene fällt ins Koma. Der Ablauf der Symptome ist dabei sehr schnell. Aus diesem Grunde müssen Diabetiker sich selbst genau beobachten. Bereits bei den ersten Anzeichen muss der Blutzuckerspiegel kontrolliert werden.

Komplikationen

In der Regel kommt es bei diesem Schock zu einer Reihe unterschiedlicher Beschwerden und Symptome. Der Betroffene leidet dabei in erster Linie an Erbrechen und an einer starken Übelkeit. Es tritt ein allgemeines Krankheitsgefühl auf und der Patient fühlt sich in der Regel müde und erschöpft. Körperliche Belastungen oder sportliche Aktivitäten sind damit nicht mehr möglich, sodass es zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität kommt.

Weiterhin kommt es zu einem Zittern am gesamten Körper und zu Schweißausbrüchen. Der Betroffene leidet auch nicht selten an Störungen der Koordination und der Konzentration. Im weiteren Verlauf kann der Patient auch das Bewusstsein verlieren, wenn die Symptome schwerwiegend sind. Wird der Schock nicht behandelt, so kommt es in der Regel auch zum Tode. Sollte es zur Bewusstlosigkeit kommen, so kann sich der Patient bei einem Sturz verletzen.

Die Behandlung des Schocks erfolgt in der Regel durch die Einfuhr von Traubenzucker und führt relativ schnell zu einem positiven Krankheitsverlauf. Es treten dabei keine weiteren Komplikationen auf, wenn die Behandlung schnell und frühzeitig erfolgt. Der Patient kann allerdings ersticken, wenn er das Bewusstsein verliert und keine andere Person Hilfe leistet.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein leichter hypoglykämischer Schock geht in aller Regel von selbst zurück, sobald eine kleine Mahlzeit mit genügend Kohlenhydraten eingenommen wird. Eine schwere Unterzuckerung muss dagegen immer ärztlich behandelt werden. Ist die Person noch bei Bewusstsein, kann ihr Traubenzucker oder ein entsprechendes Notfall-Medikament verabreicht werden. Die Maßnahmen müssen in einem Abstand von 15 Minuten wiederholt werden, bis der Blutzuckerspiegel wieder stabil ist oder ein Arzt eintrifft.

Bei Bewusstlosigkeit ist umgehend der Rettungsdienst zu rufen. Bis fachliche Hilfe zur Verfügung steht, muss der Betroffene intravenös mit dem notwendigen Wirkstoff (z.B. Glukagon oder Glukose) versorgt werden. Ein hypoglykämischer Schock muss immer mit dem zuständigen Arzt besprochen werden. Die Anamnese ist notwendig, um die Ursache für die Unterzuckerung zu ermitteln und die Therapie entsprechend anzupassen. Zudem kann der Arzt bei Bedarf ein stärkeres Medikament verschreiben, um zukünftige Anfälle zu vermeiden. Womöglich ist auch eine gestörte Hypoglykämie-Wahrnehmung ursächlich, die erkannt und medikamentöse behandelt werden muss.

Behandlung & Therapie

Kündigt sich ein hypoglykämischer Schock an, sollten sofort Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Stellt sich der Blutzuckerspiegel als zu niedrig heraus, muss der Betroffene umgehend Traubenzucker zu sich nehmen.

Eine Möglichkeit ist, ein bis vier Täfelchen Traubenzucker zwischen Zähne und Wange zu klemmen. Der Traubenzucker löst sich langsam auf und gelangt somit in den Blutkreislauf. Der Patient, der noch bewusstseinsklar ist, kann auch andere kohlenhydratreiche Speisen zu sich nehmen, die den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lassen. Zuckerhaltige Getränke wie Fruchtsäfte sind ebenfalls eine Option. Light-Getränke sind hingegen zu vermeiden, weil sie zu noch mehr Insulin-Ausschüttung führen und somit den Blutzuckerspiegel weiter senken.

Genügen diese Maßnahmen nicht, dann ist eine intravenöse Glukoseinfusion angezeigt. Dies gilt dann, wenn der Patient schon bewusstlos ist, weil dann der Schluckreflex nicht mehr funktioniert und es somit zu einer Aspiration kommen kann. Auch ist es möglich, dass der Notarzt oder Rettungsdienst intramuskulär Glucagon zuführt, wahlweise auch ins Unterhautfettgewebe. Letzteres funktioniert allerdings nicht bei übermäßigem Alkoholkonsum. Tritt Unterzucker ein, ist sofort ein Notarzt zu verständigen. Glukoseinfusionen oder die intramuskuläre Zuführung von Glucagon dürfen nur Fachleute vornehmen.


Vorbeugung

Damit bedrohlicher Unterzucker erst gar nicht eintritt, besteht die beste Vorbeugung darin, die Insulin- und Medikamentengabe genau an die Erfordernisse des Körpers anzupassen. Dies gilt dann, wenn ein Patient im Rahmen einer Diät weniger isst und mehr Sport treibt oder im Alltagsgeschehen weniger zu sich nimmt und sich mehr bewegt.

Sowohl die Art und Menge des Essens als auch die Bewegung sind Faktoren, die ein Patient im Auge behalten sollte. Sowohl zu wenig Essen als auch zu viel Essen bzw. Essen mit einem hohen glykämischen Index sind keine guten Optionen für Betroffene.

Ein Diabetiker sollte seinen Blutzuckerspiegel deswegen ständig überwachen, um schnell eingreifen zu können, bevor der Blutzuckerspiegel zu weit absinkt. Auch sollte er bei der Insulin- oder Medikamentengabe sehr vorsichtig vorgehen. Aus Angst vor den Folgen des Diabetes neigen viele Betroffene nämlich dazu, mehr zu spritzen als notwendig. Die genaue Dosisanpassung von Insulin oder Medikamenten nimmt daher am besten ein Arzt vor.

Nachsorge

Der hypoglykämische Schock steht im Zusammenhang mit Diabetes mellitus Typ 2. Die Nachsorge ist eng mit der lebenslangen medizinischen Betreuung verknüpft. Das bedeutet für die Patienten, dass sie nach der Medikamenteneinstellung regelmäßige Kontrolltermine bei ihrem Arzt wahrnehmen müssen. Hier werden die Blutwerte kontrolliert, um die Entwicklung zu verfolgen.

Die Patienten können auch selbst ihre Werte messen und über bestimmte Veränderungen in ihren Lebensgewohnheiten ihre Gesundheit stärken. Die Umstellung auf eine ausgewogene Ernährung ist in diesem Zusammenhang ein sehr wichtiger Punkt. Eventuell hilft eine entsprechende Schulung, also eine Teilnahme an einem Ernährungskurs.

Mit mehr Gesundheitsbewusstsein und einem Ernährungsberater gelingt es den Diabetes-Patienten, vitaminreicher und fettärmer zu essen. Das führt allmählich zu einem besseren Körpergefühl. Neben der Ernährungsberatung, die gelegentlich erneuert werden sollte, stehen auch andere Termine an. Der Augenarzt ist einmal im Jahr aufzusuchen und auch der Podologe stellt eventuelle Verschlechterungen frühzeitig fest.

So lässt sich verhindern, dass die Diabetes zu Sehbeschwerden oder zu Problemen an den Füßen führt. Die Krankheit selbst kann zwar weder aufgehalten noch geheilt werden, doch der Verlauf lässt sich verlangsamen. Dabei hilft die richtige Lebensweise, die der Patient mit den Ärzten und einem Ernährungsberater absprechen sollte.

Das können Sie selbst tun

Bei einer leichten Unterzuckerung genügt es in den meisten Fällen, wenn der Betroffene reichlich Traubenzucker und Kohlenhydrate aufnimmt. Ein Glas Limonade oder einige Kräcker gleichen den Blutzuckerspiegel aus und lindern die Beschwerden.

Ein hypoglykämischer Schock muss auf jeden Fall ärztlich behandelt werden. Ein Notarzt ist dringend erforderlich. Insulin darf in dieser Situation nicht gespritzt werden. Falls der Betroffene bei Bewusstsein ist, sollte er sich setzen, die Beine nach oben lagern und ausreichend Wasser trinken (mindestens einen Liter pro Stunde). Körperliche Anstrengung gilt es vorerst zu vermeiden. Ergänzend dazu sollten alle zwei Stunden die Blutzuckerwerte kontrolliert werden. Hat sich der Blutzuckerspiegel nach sechs Stunden nicht normalisiert , muss der Betroffene ins Krankenhaus gebracht werden. Bei Bewusstlosigkeit oder Erbrechen muss umgehend Erste Hilfe geleistet werden, bis der Notarzt eintrifft. Der Diabetiker muss in die stabile Seitenlage gebracht werden und nicht festsitzende Zahnprothesen müssen entfernt werden. Falls vorhanden, sollte Glukagon gespritzt werden.

Nach einem Krankenhausaufenthalt muss der Betroffene sich für einige Tage schonen. Zudem sollte die Ursache für den hypoglykämischen Schock festgestellt werden, damit weitere Komplikationen zukünftig vermieden werden können.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Schmeisl, G.-W.: Schulungsbuch für Diabetiker. Urban & Fischer bei Elsevier, München 2009
  • Usadel, K.-H., Wahl, P.: Diabetologie und Stoffwechsel. In: Bob, A. u. K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2009

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