Hypoglykämie (Unterzuckerung)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter Hypoglykämie versteht man ein Absinken des Blutzuckerspiegels unter einen Wert von ca. 60 mg/dl oder 3,3 mmol/l. Die Unterzuckerung ist im medizinischen Sinne keine eigene Krankheit, sondern eher ein durch andere Umstände oder Erkrankungen hervorgerufener Zustand.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Hypoglykämie?

Nach der ersten Untersuchung erfolgt gleich zu Beginn ein sog. Blutzuckertest. Mit einem kleinen Stich in die Fingerspitze nimmt man mittels eines Teststreifens eine kleine Menge Blut auf, der vor Ort mithilfe eines Blutzuckermessgerätes gleich ausgewertet werden kann.
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Man spricht von einer Hypoglykämie, wenn der Zuckerspiegel des Blutes unter bestimmte Werte sinkt. Hierbei werden wichtige Organe wie das Gehirn nicht ausreichend mit Glukose (Zucker) versorgt, was zu neurologischen Defiziten führen kann.

Eine Hypoglykämie erkennt man i.d.R. an ihren Symptomen, jedoch muss nicht immer eine Symptomatik vorliegen. Je nach Ausprägung der Hypoglykämie werden die Symptome in drei Gruppen eingeteilt.

Erste Symptome - auch autonome oder adrenerge Zeichnen genannt - manifestieren sich als Heißhunger, Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen und Herzrasen. Im weiteren Verlauf kommen neurologische Defizite hinzu wie z. B. Verwirrtheit, Koordinations- und Sehstörungen. Die Symptome sind Anzeichen dafür, dass der Glukosemangel bereits das Zentrale Nervensystem beeinträchtigt hat. Diese Gruppe der Symptome werden als neuroglykopenische Zeichen bezeichnet.

Wird die Hypoglykämie im weiteren Verlauf nicht behandelt, kann dies zu Lähmungen, hypoglykämischem Schock und Krampfanfällen führen. Die dritte Gruppe der Symptome nennt sich unspezifische Zeichen. Es sind Begleitsymptome, die nicht charakteristisch für eine Hypoglykämie sind. Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen können jedoch erste Hinweise auf eine Unterzuckerung sein.

Ursachen

Die Ursachen für eine Hypoglykämie sind sehr vielfältig. Oftmals liegen Grunderkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus vor. Hierbei kann eine übermäßig hohe Dosis an Insulin Auslöser der Unterzuckerung sein, so dass man hier von einer sog. diabetisch bedingten Hypoglykämie spricht.

Eine weitere Form ist die sog. reaktive Hypoglykämie. Diese betrifft häufig übergewichtige und adipöse Menschen. Durch eine hohe Aufnahme von Kohlehydraten wird kurzfristig zu viel Insulin ins Blut ausgeschüttet, was den Zuckergehalt sinken rapide sinken lässt.

Weitere Ursachen sind starke körperliche Belastungen im Beruf als auch im Sport, da hierbei die Energiereserven des Körpers aufgebraucht werden, so dass bei einem Nichtausgleich eine Unterzuckerung auftreten kann. Alkoholmissbrauch hat zur Folge, dass der Körper einen Mehrbedarf an Zucker hat, da die Organe die Energie benötigen, um den Alkohol abzubauen. In Folge des Alkoholmissbrauchs ist die Leber meist stark geschädigt, so dass diese nicht mehr oder nur noch eingeschränkt in der Lage ist, Glukose zu speichern bzw. neu zu bilden.

Auch die Hormone haben einen Einfluss auf den Blutzuckergehalt, sind sie doch notwendige Helfer um aus Aminosäuren Glukose herzustellen. Bei verschiedenen Erkrankungen wie z. B. Krebs, Nierenerkrankungen und Pankreatitis, können verschiedene Hormone wie Kortisol nicht mehr gebildet werden, was eine Hypoglykämie zur Folge haben kann.

Medikamente, Gluten- und Fruktoseunverträglichkeit sowie Nahrungsmittelallergien können ebenfalls Ursachen für eine Hypoglykämie sein.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Hypoglykämie äußert sich durch Symptome wie Heißhunger, Zittern und Konzentrationsstörungen. Bei vielen Patienten ruft eine Unterzuckerung starke Müdigkeit und Abgeschlagenheit hervor, oft verbunden mit Bewusstseinsstörungen. Begleitet werden diese Symptome von einer erhöhten Reizbarkeit und innerer Unruhe. In Einzelfällen ruft eine Unterzuckerung Hautirritationen hervor.

Die Betroffenen leiden dann vorübergehend an starkem Juckreiz und Rötungen, die am gesamten Körper auftreten können. Die Hypoglykämie kann jedoch auch schwerwiegende Komplikationen hervorrufen. Wird die Unterzuckerung nicht rasch ausgeglichen, kann der Betroffene das Bewusstsein verlieren oder sogar ins Koma fallen.

In weniger schweren Fällen führt eine Unterzuckerung zu einem sehr starken Unwohlsein beim Betroffenen. Meist kommt ein Krankheitsgefühl hinzu, dass nach Stabilisierung des Blutzuckerspiegels langsam zurückgeht. Eine Hypoglykämie tritt meist plötzlich oder im Verlauf weniger Stunden auf und bleibt für einige Stunden bestehen.

Wird der Blutzuckerspiegel frühzeitig ausgeglichen, können die Symptome und Beschwerden zwar reduziert werden, die Konzentrationsstörungen und der Schwindel bleiben oft aber noch einige Zeit bestehen. Bei Diabetes-Patienten kann eine Unterzuckerung lebensbedrohliche Folgen haben. Wir dem Patient nicht umgehend Insulin zugeführt, verliert er unter Umständen das Bewusstsein und fällt in ein diabetisches Koma.

Diagnose & Verlauf

Diagnostiziert wird die Hypoglykämie durch den Allgemeinmediziner. Symptome wie Zittern, Schwitzen, Heißhunger, Konzentrationsstörungen sind erste Hinweise. Nach der ersten Untersuchung erfolgt gleich zu Beginn ein sog. Blutzuckertest. Mit einem kleinen Stich in die Fingerspitze nimmt man mittels eines Teststreifens eine kleine Menge Blut auf, der vor Ort mithilfe eines Blutzuckermessgerätes gleich ausgewertet werden kann.

Bei der Auswertung ist darauf zu achten, ob es sich bei dem Patienten um einen Diabetiker handelt oder nicht. Bei Nicht-Diabetikern spricht man von einer Hypoglykämie von unter 60 mg/dl. Bei Diabetikern kann jedoch schon ein Wert von unter 80 mg/dl als Hypoglykämie gelten, da diese meist an höhere Blutzuckerspiegel gewöhnt sind.

Leichte Hypoglykämien wie sie z. B. nach sportlicher Aktivität vorkommen können, sind relativ harmlos. Bei häufigerem Auftreten kann es jedoch zu einer Gewöhnung kommen, so dass daraus lebensbedrohliche Komplikationen in Form von Hypertonie und KHK (Koronare Herzerkrankung) entstehen können.

Da die Hypoglykämie manchmal keine Symptome aufweist, kann eine leichte Unterzuckerung übersehen werden und sich daraus unmittelbar eine schwere Hypoglykämie bilden. Der Verlauf bei einer schweren Unterzuckerung mit hypoglykämischem Schock kann u. U. lebensbedrohlich sein. Da dieser Zustand häufig mit Lähmungen und Bewusstlosigkeit einhergeht, ist sofortige notärztliche Hilfe notwendig.

Studien bei Typ-2-Diabetikern haben ergeben, dass wiederholt auftretende schwere Hypoglykämien das Risiko erhöhen, später an Demenz zu erkranken.

Komplikationen

Durch die Hypoglykämie kommt es zu starken Einschränkungen im Leben des Patienten. Nicht selten fallen Betroffene in Ohnmacht und verlieren das Bewusstsein, was vor allem durch anstrengende körperliche Tätigkeiten oder durch sportliche Aktivitäten auftreten kann. Es kommt zu einer Konzentrationsstörung und zu einer Koordinationsstörung. Der Betroffene leidet an Heißhunger und zittert dabei oft.

Weiterhin tritt eine innere Unruhe auf und der Patient leidet an Schweißausbrüchen oder an Panikattacken. Sollte es zur Bewusstlosigkeit kommen, so kann sich der Patient bei einem möglichen Sturz verletzen oder danach ersticken. In der Regel ist immer Hilfe durch eine andere Person notwendig. Sollte die Hypoglykämie über einen längeren Zeitraum andauern, so kann es auch zu Schäden an den Organen oder zu Lähmungen kommen.

Diese sind in vielen Fällen nicht reversibel und können daher auch nicht nachträglich behandelt werden. Ebenso kommt es durch die Hypoglykämie zu einem erhöhten Risiko der Demenzerkrankung. Die Behandlung der Hypoglykämie erfolgt in den meisten Fällen akut durch die Zugabe von Glukose. Dabei treten keine weiteren Komplikationen auf. Die Beschwerden und Folgeschäden hängen allerdings von der Dauer der Unterzuckerung ab.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Symptome wie Heißhunger, Schwäche und Zittern bemerkt werden, liegt womöglich eine Hypoglykämie zugrunde. Ein Arzt sollte konsultiert werden, wenn die Beschwerden über mehrere Tage bestehen bleiben oder innerhalb weniger Wochen immer wieder auftreten. Sollten sich weitere Symptome wie Reizbarkeit, innere Unruhe oder Konzentrationsschwäche einstellen, ist ebenfalls ärztlicher Rat gefragt. Ein niedriger Blutzuckerspiegel deutet auf Diabetes oder eine andere ernste Erkrankung hin, die, falls nicht bereits geschehen, diagnostiziert und behandelt werden muss. Darum sollte bereits bei ersten Anzeichen einer Hypoglykämie ein Arzt aufgesucht werden.

Wenn Lähmungserscheinungen, Panikattacken oder Koordinationsstörungen auftreten, wird am besten der Notarzt gerufen bzw. muss der Betroffene umgehend in die nächstgelegene Klinik gebracht werden. Personen, die an Diabetes mellitus, Krebs, Pankreatitis oder hormonellen Störungen leiden, sollten bei Anzeichen einer Hypoglykämie mit dem zuständigen Arzt sprechen. Auch übergewichtige Menschen und Alkoholkranke gehören zu den Risikogruppen, die genannte Symptome umgehend abklären sollten. Mit Kindern, die Anzeichen eines niedrigen Blutzuckerspiegels zeigen wird am besten zum Kinderarzt gegangen.

Behandlung & Therapie

Bei der Behandlung von Hypoglykämie kann man zwischen einer Akuttherapie und einer Langzeittherapie unterscheiden. Die Therapieform ist abhängig von den Blutzuckerwerten.

Die Soforttherapie kann wie folgt aussehen:

Liegt der Blutzuckerwert bei weniger als 80 mg/dl genügt meist eine Mahlzeit, um den Glukosehaushalt wieder auszugleichen.

Bei Werten unter 60 mg/dl helfen ein bis zwei Stück Traubenzucker (1 BE), so dass sich die Symptome der Hypoglykämie zurückbilden. Nach ca. 30 Minuten sollte eine Blutzuckermessung erfolgen.

Bei einer schweren Hypoglykämie mit Werten unter 50 mg/dl ist eine notärztliche Versorgung dringend erforderlich, da hier nur eine intravenös verabreichte Dosis Glukose helfen kann, den Blutzuckerhaushalt wieder auszugleichen. Des Weiteren sind engmaschige Blutzuckerkontrollen über einen längeren Zeitraum erforderlich.

Die Langzeittherapie beinhaltet zu Beginn eine intensive Aufklärung des Betroffenen. Liegt eine Hypoglykämie bei einem Diabetiker vor, so sollten auch die Angehörigen den Umgang mit Glukagon-Fertigspritzen erlernen, so dass diese im Notfall in den Oberschenkel oder in das Gesäß des Betroffenen injiziert werden können.


Vorbeugung

Vorbeugende Maßnahmen bei einer Hypoglykämie sind u.a. die Aufklärung und Schulung der Betroffenen und deren Angehörigen. Wer häufig an Unterzuckerung leidet, sollte regelmäßig seinen Blutzuckerwert kontrollieren. Hierfür gibt es günstige Geräte für den Hausgebrauch, die aufgrund ihrer Handlichkeit auch mit sich geführt werden können.

Wichtig ist, dass sich Betroffene regelmäßig und gesund ernähren, vor allem wenn körperliche Belastungen anstehen. Auf Alkohol sollte verzichtet werden. Patienten sollten stets Traubenzucker für eine Soforttherapie mit sich führen. Des Weiteren ist es sinnvoll ein Hypoglykämie-Tagebuch zu führen, in dem vermerkt wird, wann und bei welchen Aktivitäten die Hypoglykämie auftritt.

Nachsorge

Eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) erfordert auch nach rechtzeitiger und erfolgreicher Behandlung eine Nachsorge. Diese gilt einerseits der Regeneration des geschwächten Organismus und andererseits der Prävention einer erneuten Hypoglykämie. Zunächst gönnen sich die von Unterzuckerung betroffenen Patienten körperliche Ruhe und vermeiden auch psychische Aufregung.

Beides wirkt sich auf den Blutzuckerspiegel aus, der jedoch nach erfolgreich therapierter Hypoglykämie auf einem stabilen Level gehalten werden soll, solange sich die Person von der Erkrankung erholen muss. Teil der Nachsorge ist deshalb der anfängliche Verzicht auf Sport, der über längere Zeit aufrecht gehalten werden muss. Außerdem sind im Hinblick auf die Zukunft Maßnahmen zu planen, die einer Unterzuckerung bei sportlicher Betätigung entgegenwirken.

Dazu gehören vor allem regelmäßige Essenspausen und gegebenenfalls das Messen des Blutzuckerspiegels. Ähnliches gilt auch für das Arbeitsleben der Patienten, insbesondere dann, wenn dabei körperlich mehr oder weniger anstrengende Tätigkeiten ausgeübt werden. Zur Nachsorge einer krankheitsbedingten Unterzuckerung gehört auch, einen adäquaten Speiseplan zu erarbeiten.

Dieser beinhaltet nicht nur Art und Umfang der Mahlzeiten, sondern auch die Zeiten ihrer Einnahme. Ein professioneller Ernährungsberater kann dabei sinnvolle Unterstützung anbieten. Zudem vereinbaren die Betroffenen mit ihrem Arzt regelmäßige Kontrolltermine, um auch die Langzeitwert-Zuckerwerte im Blut dauerhaft im Blick zu behalten und bei Bedarf rasch einlenken zu können.

Das können Sie selbst tun

Unterzuckerung kann auf eine Reihe verschiedener Ursachen zurückzuführen sein. Welche Selbsthilfemaßnahmen der Patient ergreifen kann, hängt davon ab, was der Auslöser für diese Störung ist.

Unterzuckerung kann zum Beispiel aus einer Diabetes mellitus resultieren. Gerade bei medikamentös schlecht eingestellten Diabetikern kann es immer wieder zu einer Hypoglykämie kommen. Die Betroffenen können dem entgegenwirken, indem sie ihren Blutzuckerspiegel regelmäßig testen lassen und die verordneten Medikamente auch vorschriftsmäßig anwenden.

Übergewichtige, die zu Essattacken neigen, leiden oftmals an einer reaktiven Unterzuckerung. Werden während einer Essattacke zu viele Kohlenhydrate aufgenommen, reagiert der Körper darauf mit einer übermäßigen Insulinausschüttung, was den Blutzuckerspiegel drastisch absinken lassen kann. Kommt dies öfter vor, müssen die Betroffenen ihre Ernährungsweise umstellen. Dazu kann bei Suchtverhalten die Hilfe eines Therapeuten erforderlich sein. Das gilt auch für Personen, deren Zuckerspiegel aufgrund von fortgesetztem Alkoholmißbrauch regelmäßig zu niedrig ist. Werden hohe Mengen Alkohol zugeführt, verbraucht der Körper mehr Zucker, um den Giftstoff wieder abzubauen. Eine durch Alkohol vorgeschädigte Leber kann darüber hinaus nur mehr wenig Glukose speichern, was das Problem noch verschärft.

Darüber hinaus kann starke körperliche Anstrengung, zum Beispiel beim Sport, dazu führen, dass mehr Zucker verbraucht als zugeführt wird. Dem kann durch regelmäßige Pausen und kleine Zwischenmahlzeiten vorgebeugt werden.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Schmeisl, G.-W.: Schulungsbuch für Diabetiker. Urban & Fischer bei Elsevier, München 2009
  • Usadel, K.-H., Wahl, P.: Diabetologie und Stoffwechsel. In: Bob, A. u. K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2009

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