Naltrexon

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Naltrexon ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Opioidantagonisten. Der verschreibungspflichtige Wirkstoff wird in der Opioidentwöhnung eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Naltrexon?

Naltrexon wird eingesetzt bei der Entwöhnung von Opioid-Abhängigen und in der Therapie gegen Alkoholsucht.

Naltrexon ist ein Opioidantagonist. Opioidantagonisten sind Arzneistoffe, die sich an Opioidrezeptoren binden und die Wirkung der Opioide teilweise oder komplett aufheben können. Doch der Wirkstoff kommt nicht nur bei Patienten mit einer Opioidabhängigkeit zum Einsatz. Er ist auch fester Bestandteil von umfassenden Therapieprogrammen gegen eine Alkoholsucht. So soll Naltrexon das Rückfallrisiko mindern und die Patienten in der Phase der Abstinenz unterstützen.

In Deutschland ist Naltrexon verschreibungspflichtig. Auch bei einer Langzeitbehandlung kommt es zu keinem Gewöhnungseffekt. Weder körperliche noch seelische Abhängigkeitssymptome werden beobachtet.

Pharmakologische Wirkung

Der genaue Wirkmechanismus von Naltrexon ist noch ungeklärt. Der Arzneistoff gehört zu den Opioidantagonisten. Diese fungieren als Rezeptorantagonisten an den Opioidrezeptoren. Sie binden sich an diese Rezeptoren und verdrängen schlagartig die Opiate von den Rezeptoren. Somit dient Naltrexon als Antidot bei Opioidvergiftungen.

Doch der Behandlung von Entzugserscheinungen liegt ein anderer Wirkmechanismus zugrunde. Es wird vermutet, dass sich durch den Wirkstoff eine Wechselwirkung mit dem körpereigenen Opioidsystem entwickelt. In diesem System schüttet der Körper bei tief greifenden emotionalen Ereignissen, bei Belastungen oder auch bei Schmerzen Endorphine aus. Diese wirken sowohl schmerzstillend als auch stimmungsaufhellend.

Vermutlich wird durch Alkoholmissbrauch dieses Belohnungssystem dauerhaft und grundlegend angeregt. Die Folge ist eine Stimmungsaufhellung. Jeder weitere Alkoholkonsum forciert diese Situation, sodass schlussendlich eine Abhängigkeit entsteht. Nach einem Entzug reichen dann schon geringe Mengen Alkohol, um einen Rückfall zu erleiden. Der Opioidantagonist senkt das Rückfallrisiko durch eine Beeinflussung des körpereigenen Opioidsystems. Er reduziert das Verlangen nach Alkohol bei abstinenten und nicht abstinenten Patienten.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Nach einer erfolgten Opioid-Entgiftung kann Naltrexon in der Entwöhnungsbehandlung von Opioid-Abhängigen genutzt werden. Es wird dabei ergänzend zur psychotherapeutischen und psychologischen Behandlung verabreicht. Doch der Wirkstoff wird nicht nur zu diesem Zweck genutzt. In Deutschland, den USA und in anderen europäischen Ländern ist Naltrexon auch zur Rückfallprävention bei Alkoholkrankheit zugelassen. Der Arzneistoff dient der Reduktion des Rückfallrisikos und der Minderung des Alkoholverlangens. Dadurch soll die Abstinenz ehemaliger Alkoholsüchtiger unterstützt werden.

Die Behandlung mit Naltrexon bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen und bei dissoziativen Störungen zeigt ebenfalls Erfolge. Allerdings ist der Wirkstoff für diese Indikation nicht zugelassen, sodass es sich um einen Off-Label-Use handelt. Auch bei Autismus und mentalen Entwicklungsstörungen wird Naltrexon im Off-Label-Use gelegentlich genutzt.

Neuere Studien zeigen zudem eine Wirksamkeit von Low-Dose Naltrexon bei multipler Sklerose. So berichteten die Teilnehmer der Studie nach einem halben Jahr von einer deutliche Reduktion der Spastiken. Der Wirkstoff scheint einen positiven Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung zu nehmen. Vermutlich liegt hier eine entzündungshemmende Wirkung zugrunde. Nur bei einem von 40 Teilnehmern zeigte sich ein fortschreitender Rückgang der Nervenscheiden. Die Fibromyalgie, die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Krebs und opiatinduzierte Verstopfungen sind weitere Krankheitsbilder, die mit Naltrexon behandelt werden können.


Risiken & Nebenwirkungen

Wenn Opioid-abhängige Menschen vor Beginn der Therapie mit Naltrexon nicht mindestens eine Woche opiatfrei sind, kann Naltrexon ein akutes Entzugssyndrom auslösen. Um dieser lebensgefährlichen Situation vorzubeugen und eine Opiatfreiheit zu bestätigen, wird deshalb in der Regel vor dem Beginn der Behandlung eine Urinprobe analysiert.

Häufige Nebenwirkungen, die in Zusammenhang mit Naltrexon auftreten, sind Schlafstörungen, Ängste und eine gesteigerte Erregbarkeit. Ferner kann es zu Übelkeit, Bauchschmerzen, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen und Kopfschmerzen kommen.

Falls Naltrexon zeitgleich mit Opiaten angewendet wird, kann eine Überdosierung entstehen. Diese geht mit potenziell tödlichen Atemstörungen einher. Deshalb dürfen Patienten während der Therapie mit Naltrexon keinerlei Opiate und andere opioidhaltige Medikamente wie Codein oder Loperamid einnehmen. Es ist zu beachten, dass während der Behandlung mit Naltrexon die Opioid-Analgetika nicht ihre volle Wirkung entfalten können. Zur Schmerzlinderung müsste die Dosis dieser Opioid-Analgetika erhöht werden. Dies kann jedoch gravierende Komplikationen zur Folge haben.

In hohen Dosen wirkt Naltrexon toxisch auf die Leber. Aufgrund dieser hepatotoxischen Wirkung ist die Verabreichung von Naltrexon bei schweren Lebererkrankungen, wie beispielsweise bei Leberzirrhose, kontraindiziert. Auch bei Patienten ohne eine Vorschädigung der Leber kann es jedoch zu einem Anstieg der Leber-Transaminasen und zu einer Schädigung der Leber kommen. Da für alkoholkranke Menschen unter 20 Jahren nur wenige Studiendaten vorliegen, wird bei ihnen in der Regel auf eine Behandlung mit Naltrexon verzichtet.

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