Loperamid

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Loperamid ist ein Arzneistoff, der zur Wirkstoffklasse der Opioide gehört und zur Behandlung von Durchfallerkrankungen eingesetzt wird. Er steht auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO (Weltgesundheitsorganisation).

Inhaltsverzeichnis

Was ist Loperamid?

Loperamid ist ein Arzneistoff, der zur Wirkstoffklasse der Opioide gehört und zur Behandlung von Durchfallerkrankungen eingesetzt wird.

Der Arzneistoff Loperamid wurde erstmalig von Paul Janssen für die Firma Janssen Pharmaceutica synthetisiert. Aus chemischer Sicht ist Loperamid ein Diphenyl-Piperidin. Es gehört zu den Scheinopioiden. Die erste klinische Studie mit dem Wirkstoff erschien 1973 in einem amerikanischen Fachmagazin. Im selben Jahr wurde Loperamid auf den Markt gebracht und ist noch immer unter dem Handelsnamen Imodium® erhätlich.

Seit 1976 ist Loperamid auch auf dem deutschen Markt erhältlich. In Deutschland ist es das am häufigsten verkaufte, nicht rezeptpflichtige Mittel gegen Durchfall. Es wird zur symptomatischen Behandlung bei akuten Durchfällen empfohlen. Der Arzneistoff wird oral zugeführt und ist zudem in einigen Kombinationspräparaten zusammen mit dem Wirkstoff Simeticon enthalten. In allen erhältlichen Formen ist Loperamid apothekenpflichtig.

Pharmakologische Wirkung

Loperamidhydrochlorid bindet sich an die µ-Opioid-Rezeptoren im Plexus myentericus. Der Plexus myentericus, auch Auerbach-Plexus genannt, durchzieht fast die gesamte Muskulatur des Magen-Darm-Trakts. Er ist Teil des Enterischen Nervensystems (ENS) und reguliert die Peristaltik des Darms. Er reguliert auch die Sekretion von Verdauungsenzymen in das Darminnere.

Über die µ-Opioid-Rezeptoren reduziert Loperamid die Aktivität der glatten Muskulatur der Darmwand. Insbesondere die longitudinale und die zirkuläre Dünndarmmuskulatur werden in ihrer Tätigkeit gehemmt. Durch die abgeschwächte Peristaltik verbleibt der Darminhalt länger im Dünndarm. Der Darminhalt hat somit über einen längeren Zeitraum Kontakt mit der Schleimhaut des Dünndarms, sodass Elektrolyte und Flüssigkeit vermehrt aufgenommen werden können. Der Stuhl wird fester. Zudem erhöht Loperamid die Muskelspannung des Afterschließmuskels. Dadurch wird eine verbesserte Stuhlkontinenz erreicht.

Da Loperamid die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann, erreicht es die Opioidrezeptoren nicht und wird deshalb zu den Scheinopioiden gezählt. Loperamid ist ausschließlich lokal wirksam.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Hauptindikationen für den Einsatz von Loperamid sind Durchfälle jeder Art. Das Mittel wird oral eingenommen bei Reisedurchfällen, unspezifischen Durchfällen, Durchfällen bei Reizdarmsyndrom oder bei Durchfällen infolge von Störungen der Darmperistaltik.

Unter ärztlicher Aufsicht wird Loperamid auch zur Therapie von Durchfällen genutzt, die durch Zytostatika oder sogenannte Proteaseinhibitoren im Rahmen einer chemotherapeutischen Behandlung hervorgerufen werden. In Kombination mit dem Wirkstoff Simeticon wird Loperamid bei akuten Durchfällen mit Bauchkrämpfen verabreicht.


Risiken & Nebenwirkungen

Es ist zu beachten, dass Loperamid ausschließlich symptomatisch wirkt und somit nicht die Ursache der Durchfallerkrankung bekämpft. Es kann zwar helfen den Verlust von Flüssigkeit und Elektrolyten zu stoppen, sollte aber dennoch nur kurzzeitig bei einer bekannten Grunderkrankung oder parallel zu einer ursächlichen Therapie eingenommen werden.

Loperamid ist nicht zur Behandlung von infektiösen Durchfallerkrankungen geeignet. Diese machen sich meist durch Schleim, Blut oder Eiter im Stuhl bemerkbar. Loperamid stellt den Darm ruhig und verlängert die Darmpassage. Dieser Effekt ist bei einigen Durchfallerkrankungen gewünscht, bei infektiösen Dysenterien verlängert er jedoch die Aufenthaltsdauer der Erreger im Darm. Während die Erreger im Darm verweilen, können sie weiter Toxine in den Darm abgeben. Insbesondere bei einer Infektion mit enterohämorrhagischen E. coli (EHEC) kann das gefährlich werden. Durch die Toxine kann das Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) ausgelöst werden.

Loperamid sollte auch nicht bei akuten Schüben der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa angewandt werden. Weitere Kontraindikationen sind die Colitis pseudomembranosa, die Einnahme von Breitband-Antibiotika und alle Erkrankungen, bei denen die Darmperistaltik pathologisch gehemmt ist. Dazu gehören der Darmverschluss (Ileus), das Megakolon und das toxische Megakolon.

Im Allgemeinen wird Loperamid sehr gut vertragen. Durch die Störung der Darmbewegungen können jedoch Bauchschmerzen, Übelkeit und Verstopfungen auftreten. Der Bauch kann aufgebläht sein. Sollte sich bei einem akuten Durchfall innerhalb von 48 Stunden nach der Einnahme von Loperamid keine Besserung einstellen, muss ein Arzt aufgesucht werden. Eine längere Anwendung sollte ausschließlich nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen.

Im Normalfall kann Loperamid die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren. Bei einer beeinträchtigten Blut-Hirn-Schranke gelangt der Arzneistoff jedoch ins Gehirn und kann dort schwere Nebenwirkungen hervorrufen. In wechselseitiger Wirkung mit anderen Arzneistoffen kann Loperamid die Blut-Hirn-Schranke jedoch leichter passieren.

Bei gleichzeitiger Einnahme von Ketoconazol, Verapamil und Chinidin kann Loperamid Atemstörungen auslösen. Auch mit Ritonavir, einem HIV-Proteinase-Inhibitor, können Wechselwirkungen auftreten. Es ist zudem zu beachten, dass Loperamid die saure Sphingomyelinase funktionell hemmt (FIASMA). Eine dadurch entstehende Fehlregulierung kann schwerwiegende klinische Krankheitsbilder zur Folge haben.

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