Post-Zoster-Neuralgie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Post-Zoster-Neuralgie ist eine Komplikation der Gürtelrose. Sie ist vermutlich die Folge einer dauerhaften Schädigung des Nervs durch das Varizella-Zoster-Virus.
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Was ist eine Post-Zoster-Neuralgie?
Die Post-Zoster-Neuralgie (PZN) tritt bei 10 bis 15 Prozent aller Patienten mit Gürtelrose (Herpes zoster) auf. Die Betroffenen leiden unter neuropathischen Schmerzen im Bereich der vorhergegangenen Zoster-Infektion. Bei einem Herpes Zoster im Gesicht tritt die PZN deutlich häufiger auf als bei anderen Zoster-Lokalisationen.
Auch mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, nach einer Gürtelrose eine Post-Zoster-Neuralgie zu erleiden. Die Schmerzen sind zum Teil sehr stark. Auch Schmerzmittel helfen nicht oder nur wenig. Eine Heilung der Post-Zoster-Neuralgie ist nicht möglich, die Schmerzen persistieren. Aufgrund der dauerhaften starken Schmerzen sind Patienten mit PZN häufig selbstmordgefährdet.
Ursachen
Die Erreger verursachen nur selten Erkrankungen mit einem tödlichen Verlauf. Daraus wird ersichtlich, wie stark sich die Viren an ihren Reservoirwirt, den Menschen, angepasst haben. Die Erstinfektion mit dem Virus äußert sich meist durch die Windpocken. Die Erreger werden per Tröpfcheninfektion übertragen. Auch Schmierinfektionen sind möglich. Nach dem Abklingen der Windpockenerkrankung sind die Erkrankten ein Leben lang immun gegen die Windpocken.
Das Varizella-Zoster-Virus verbleibt allerdings im Körper. Durch ein supprimiertes Immunsystem kann das Virus später jederzeit reaktiviert werden. Häufige auslösende Faktoren sind Stress oder starke Sonneneinstrahlung. Die Viren persistieren in den Nervenwurzeln des Rückenmarks, in den sogenannten Spinalganglien, und in den Ganglien der Hirnnerven.
Bei einer Reaktivierung des Virus kommt es nicht erneut zu Windpocken, sondern zu einer Gürtelrose. Die Post-Zoster-Neuralgie entsteht durch eine gestörte Reizübertragung, die an den Nerven von den Viren hervorgerufen wird. Dabei können die Viren an den betroffenen Nerven bleibende Schäden hinterlassen. Diese verursachen die chronischen Schmerzen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Post-Zoster-Neuralgie ist immer die Folge einer Gürtelrose. Die Viruserkrankung tritt durch einen schmerzhaften Hautausschlag mit Blasen auf einer Seite des Körpers in Erscheinung. Dabei verläuft der Hautausschlag streifenförmig auf einem bestimmten Dermatom. Ein Dermatom ist ein Hautgebiet, das von einem Spinalnerv innerviert wird.
In den meisten Fällen geht der Gürtelrose ein sogenanntes Prodromalstadium voraus. In diesem Frühstadium zeigen sich Symptome wie Abgeschlagenheit, Fieber und Müdigkeit. Brennen, Schmerzen und Missempfindungen können in dem betroffenen Dermatom ebenfalls auftreten. Erst einige Tage später bildet sich der typische Hautausschlag. Das Nervengewebe ist entzündet und die Betroffenen leiden unter Brennen und starken Schmerzen in dem Dermatom, das durch den entzündeten Nerv versorgt wird.
Auch der Nervenstrang selber kann schmerzen. Innerhalb von einigen Tagen füllen sich die entstandenen Bläschen und brechen auf. Die Abheilung kann zwei bis vier Wochen dauern. Normalerweise bilden sich auch die Schmerzen innerhalb von einigen Wochen zurück. Durch bleibende Nervenschädigungen können jedoch noch sehr lange neurologisch bedingte Schmerzen auftreten.
Diese werden als Post-Zoster-Neuralgie bezeichnet. Der Schmerz kann dabei in unterschiedlichen Formen in Erscheinung treten. Er kann dauerhaft brennend und bohrend sein oder in Form von kurzen und heftigen Schmerzattacken auftreten. Auch starke Berührungsschmerzen sind typisch für eine Post-Zoster-Neuralgie.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Diagnose wird anhand der vorliegenden Symptome, der Krankengeschichte und anhand einer körperlichen Untersuchung gestellt. Tritt die Post-Zoster-Neuralgie bei jüngeren Patienten auf, sollte immer nach den Gründen der Immundefizienz gesucht werden. Bei jungen Patienten tritt die Post-Zoster-Neuralgie nur in sehr seltenen Fällen ohne immunsupprimierende Ursache auf.
Die Störungen des Immunsystems können erworben oder angeboren sein. Maligne Erkrankungen wie Tumorleiden und Leukämien müssen in jedem Fall abgeklärt werden. Auch Systemerkrankungen und Infektionskrankheiten wie AIDS sollten ausgeschlossen werden.
Komplikationen
Eine hohe Schmerzintensität erhöht ebenfalls die Wahrscheinlichkeit für Spätfolgen. Da die Therapie der Post-Zoster-Neuralgie symptomatisch nach Schmerzqualität erfolgt, können Komplikationen auch durch eine unzureichende oder nicht korrekt durchgeführte schmerztherapeutische Behandlung entstehen.
Dies trifft besonders auf Antidepressiva mit den Wirkstoffen Nortriptylin, Duloxetin und Venlafaxin zu, die sowohl zur Behandlung von Depressionen als auch in der Schmerztherapie angewandt werden. Dosierungen, die üblicherweise für die Behandlung von Neuralgien gewählt werden, sind für eine Depressionsbehandlung oft nicht ausreichend und müssen gegebenenfalls angepasst werden.
Antikonvulsiva mit den Wirkstoffen Gabapentin und Pregabalin, die ebenfalls zur Minderung postherpetischer Schmerzzustände eingesetzt werden, können bereits bestehende Komplikationen wie Müdigkeit und Konzentrationsschwächen verstärken.
Das gilt in noch stärkerem Ausmaß für Schmerzmittel aus der Wirkstoffklasse der Opioide (Tramadol, Oxycodon, Morphin). Ihre teilweise erwünschte sedierende Wirkung kann in Wechselwirkung mit bestehenden Komplikationen und anderen Schmerzmitteln zu starker Müdigkeit, Benommenheit und Verwirrtheit führen. Zur Komplikationsvermeidung sollte deshalb eine regelmäßige Anpassung der Schmerztherapie erfolgen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn plötzlich starke Nervenschmerzen auftreten, empfiehlt sich ein Arztbesuch. Die Post-Zoster-Neuralgie kann gut behandelt werden, insofern sie frühzeitig erkannt wird. Deshalb sollten bereits anfängliche Nervenbeschwerden, Probleme beim Bewegen der Glieder und andere ungewöhnliche Erscheinungen untersucht und gegebenenfalls von einem Arzt behandelt werden. Wer kürzlich an dem Varizella-Zoster-Virus erkrankt ist, sollte den Hausarzt einschalten. Womöglich wurde die Neuralgie durch den Erreger ausgelöst. Auch Personen mit einem geschwächten Immunsystem, Nervenerkrankungen und einer ausgeprägten Gürtelrose sollten den Arzt konsultieren, wenn die beschriebenen Symptome auftreten.
Ärztlicher Rat ist spätestens dann gefragt, wenn sich die Symptome sehr negativ auf das Wohlbefinden auswirken oder zu weiteren körperlichen oder seelischen Beschwerden führen. Neben dem Allgemeinarzt kann mit der Post-Zoster-Neuralgie zu einem Neurologen oder Internisten gegangen werden. Chronische Erkrankungen bedürfen unter Umständen einer stationären Behandlung in einer Fachklinik. Die Betroffenen sollten mit dem Arzt besprechen, welche Maßnahmen im Hinblick auf das Symptombild und etwaige Vorerkrankungen die besten Heilungsaussichten versprechen.
Behandlung & Therapie
Eine Post-Zoster-Neuralgie kann nur in sehr seltenen Fällen geheilt werden. Wenn die Erkrankung vor weniger als sechs Wochen begonnen hat, kann eine Sympathikusblockade durchgeführt werden. Bei der intravenösen regionalen Sympathikusblockade wird ein Medikament in eine Vene gespritzt, die direkt neben dem betroffenen Hautareal liegt. Das verabreichte Sympathikolytikum kann die Schmerzen lindern.
Wenn die Erkrankung länger als sechs Wochen besteht, ist diese Methode nicht erfolgsversprechend. Die betroffenen Patienten erhalten Schmerzmittel wie Tramadol oder Pregabalin. Auch Antidepressiva oder Gabapentin werden in niedrigen Dosierungen verabreicht. Sie können die Schmerzweiterleitung im Gehirn hemmen und lindern zeitgleich depressive Verstimmungen. Viele Patienten mit Post-Zoster-Neuralgie leiden aufgrund der starken Schmerzen unter Depressionen.
Um den Patienten den Umgang mit ihrer Erkrankung zu erleichtern, kann auch eine Psychotherapie durchgeführt werden. In einigen Fällen kommen lokal anästhesierende Salben oder Pflaster zum Einsatz. Einige Ärzte behandeln die Post-Zoster-Neuralgie auch mit Capsaicin-Creme. Das Capsaicin, ein Wirkstoff des Chili-Pfeffers, bindet sich an die Schmerzrezeptoren in der Haut und stört die Reizweiterleitung.
Begleitend zur Schmerzmedikation kann eine transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) durchgeführt werden. Dabei trägt der Patient ein kleines Gerät, das über eine Elektrode mit der betroffenen Hautstelle verbunden ist. Wenn Schmerzen auftreten, kann der Patient elektrische Impulse abgeben. Diese reizen die Hautnerven und behindern die Weiterleitung der Schmerzimpulse.
Vorbeugung
Um einer Post-Zoster-Neuralgie vorzubeugen, sollte jede Gürtelrose frühzeitig mit antiviralen Arzneimitteln wie Valaciclovir und Aciclovir behandelt werden.
Nachsorge
Nachdem die eigentliche Herpes-Infektion abgeklungen ist, kann es bei einigen Patienten zu Missempfindungen oder auch Schmerzen im betroffenen Bereich kommen. Die Behandlung dieser Symptome erfordert die aktive Mithilfe des Patienten, da die Beschwerden ansonsten chronisch werden können. Wichtig ist zunächst einmal die korrekte Einnahme der vom Arzt verschriebenen Medikamente.
Darüber hinaus helfen schmerzlindernde Gele. Auch Akupunktur und die TENS–Therapie haben bei der Behandlung Erfolge gezeigt. Bei der TENS–Therapie handelt es sich um eine schonende Variante der Elektrotherapie. Durch ein Stimulationsgerät wird Reizstrom erzeugt, der die Erregungsleitung der Nervenfasern blockiert, sodass sie den Schmerzimpuls nicht an das Gehirn weiterleiten können. TENS–Geräte sind auch für den Gebrauch zuhause erhältlich, was ihren Einsatz deutlich vereinfacht.
Entsprechende Entspannungstechniken, wie beispielsweise die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, können ebenfalls gegen die Missempfindungen und Schmerzen helfen. Auch Yoga, Reiki oder bestimmte Atemübungen ermöglichen es dem Patienten, die Beschwerden der Post-Zoster-Neuralgie zu lindern und gelassener mit ihnen umzugehen. In besonders schweren Fällen oder wenn der Schmerz bereits chronisch geworden ist, kann neben der medikamentösen Behandlung eine psychotherapeutische Therapie eingesetzt werden, die dem Patienten helfen soll, ein weitestgehend eigenständiges und unbeschwertes Leben zu führen.
Das können Sie selbst tun
Diese nach einer Herpes-Infektion auftretenden Missempfindungen oder Schmerzen sind für die Patienten besonders ärgerlich, weil die eigentliche Infektion bereits abgeklungen ist. Dennoch sollten sie an der Behandlung aktiv mitarbeiten, da die Beschwerden sonst chronisch werden könnten.
Zur Behandlung gehört die korrekte Einnahme der Medikamente, die vom Arzt verschrieben wurden. Zusätzlich können schmerzlindernde Gele zum Einsatz kommen. Darüber hinaus haben sich IGEL-Leistungen wie Akupunktur und die TENS-Therapie bewährt. Bei der TENS-Therapie werden an die schmerzenden Stellen Elektroden geheftet, durch die danach ein Reizstrom von 80 bis 120 Hertz geleitet wird. Das Prickeln auf der Haut, das dabei entsteht, überlagert einerseits den Schmerz und lässt den Körper andererseits Endorphine ausschütten. Diese Endorphine docken an die Schmerzrezeptoren an. Auf diese Weise kann die Reizstromtherapie Schmerz abschalten. TENS-Geräte sind auch für den Heimgebrauch erhältlich, was ihren Einsatz vereinfacht.
Auch Entspannungstechniken können gegen die Schmerzen und Missempfindungen helfen. Hierzu empfiehlt sich beispielsweise die wirksame und einfach zu erlernende Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Auch Meditationen, Atemübungen, Reiki, Yoga und die Klopfakupressur EFT sind gute Möglichkeiten, Akzente gegen den Schmerz zu setzen und um gelassener mit der Post-Zoster-Neuralgie umzugehen.
Ist der Schmerz besonders heftig oder bereits chronisch geworden, empfiehlt sich neben der medikamentösen Therapie auch eine psychotherapeutische Begleitbehandlung.
Quellen
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013