Spermienkonkurrenz

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Von Spermienkonkurrenz ist beim Kampf von Spermien um eine Eizelle die Rede. Jeder Samenerguss des Mannes beinhaltet zum Beispiel Millionen von Spermien, wobei nur ein Ei zur Befruchtung bereit steht und das schnellste, vitalste und beweglichste Spermium die Befruchtung für sich entscheidet.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Spermienkonkurrenz?

Die Spermienkonkurrenz entspricht dem konkurrierenden Verhalten, mit dem sich Spermien um die Befruchtung einer Eizelle streiten.

Die Spermienkonkurrenz entspricht dem konkurrierenden Verhalten, mit dem sich Spermien um die Befruchtung einer Eizelle streiten. Männer produzieren deutlich mehr Spermien, als Frauen Eizellen zur Befruchtung besitzen. Beim Menschen stellt die Gebärmutter in jedem Menstruationszyklus meist nur ein befruchtungsfähiges Ei bereit. Beim Samenerguss gibt ein Mann durchschnittlich jedoch mehrere Millionen Spermien ab. Die beweglichsten und damit schnellsten Spermien erreichen das Ziel als erstes.

Zuweilen ist mit dem Begriff der Spermienkonkurrenz auch die Konkurrenz von Spermien verschiedener Individuen gemeint. Geoffrey Parker dokumentierte diese Art der Spermienkonkurrenz in den 1970er Jahren als Ursache für die extreme Überzahl an Spermien bei begrenzter Zahl an Eizellen. Er hielt die eng aufeinanderfolgenden Begattungsversuche verschiedener Männchen an nur einem Weibchen fest und bewies, dass Männchen mit einer höheren Spermienanzahl ihren Konkurrenten in dieser Situation weit überlegen sind und eine dementsprechend höhere Befruchtungswahrscheinlichkeit besitzen.

Funktion & Aufgabe

Bei einem Samenerguss gelangen bis zu fünf Milliliter Sperma in die weibliche Vagina und schwimmen von dort aus mithilfe ihres Schwanzes (Geißel) den Eileiter hinauf. Erst auf dem Weg werden die Spermien zeugungsfähig, da weibliche Enzyme bestimmte Proteine der Spermien entfernen. Der Großteil aller abgegebenen Spermien überlebt das saure Milieu der Vagina nicht. Einige hundert Spermien schaffen es in den Eileiter und wandern in Richtung der befruchtungsfähigen Eizelle.

Spermien überleben mehrere Tage im Eileiter und können daher für eine gewisse Zeit auf einen Eisprung warten. Nach dem Eisprung bewegen sie sich zur Eizelle und werden dabei hormongesteuert, so zum Beispiel durch Progesteron, das das Schlagmuster der Geißeln verändert und so eine Richtung vorgibt.

Über der Eizelle liegt mit der Zona pellucida eine Schicht verschieder engmaschiger Glykoproteine, durch die die Spermien hindurchmüssen. Einzelne Glykoproteine binden an die Spermienköpfe und verursachen eine Verschmelzung von Akrosom und Zona pellucida. Die Enzyme des Akrosoms führen zur Auflösung der Zona pellucida und lassen die Spermien die darunter angesiedelte Plasmamembran erreichen. Diese Reaktionen wirken sich auf die Proteine der Spermien aus, die schließlich nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an die Rezeptoren auf der Zellmembran der Eizelle binden.

Spermium und Eizelle verschmelzen bei einem Kontakt und die Eizellmembran wird depolarisiert, damit keine weitere Befruchtung erfolgt.

Die Beweglichkeit und Vitalität der Spermien entscheiden darüber, welches Spermium den Kampf um die Befruchtung der Eizelle für sich entscheidet. Das hat evolutionsbiologische Vorteile. Schnelle und bewegliche Spermien stammen in der Regel von gesünderen und "stärkeren" Männern als langsame oder unbewegliche. Damit spielen sich schon mittels Spermienkonkurrenz Prozesse der natürlichen Selektion ab, die einen möglichst gesunden Nachwuchs zur Folge haben sollen.

Samenergüsse eines gesunden Mannes enthalten allerdings nicht nur bewegliche und vitale Spermien. In jedem Samenerguss gibt der Mann auch unbewegliche Spermien ab, die etwaigen Fremdspermien den Weg zum Ziel versperren sollen oder Fremdspermien sogar chemisch abtöten können.


Krankheiten & Beschwerden

Durch ein Spermiogramm lässt sich die Konkurrenzfähigkeit der männlichen Spermien und so letztlich die Zeugungsfähigkeit des Mannes bestimmen. Untersucht werden die Spermien in Form einer Ejakulat-Probe im verflüssigten Stadium. Nach einer zwei- bis dreitägig sexuellen Enthaltung wird eine Spermaprobe des Patienten mittels Masturbation gewonnen und nach ihrer Verflüssigung im Labor untersucht. Die Untersuchung entspricht vor allem einer Betrachtung unter dem Mikroskop.

Verschiedene Parameter spielen bei der Beurteilung der Zeugungsfähigkeit und Konkurrenzfähigkeit der Spermien eine Rolle. Bei der mikroskopischen Analyse steht die Beweglichkeit im Mittelpunkt. Mindestens 65 Prozent der Spermien sollten normal beweglich und rund 25 Prozent deutlich beweglich sein. Die Stufe A der WHO steht für schnell progressive Beweglichkeit. Die Stufe D für fehlende Beweglichkeit. Neben der Beweglichkeit wird unter dem Mikroskop die Form der Spermien betrachtet. Zumindest 65 Prozent an Spermien sollten pro Samenerguss eine normale Form aufweisen.

Auch die Konzentration ist für die Zeugungsfähigkeit entscheidend. Als Untergrenze gelten 20 Millionen pro Milliliter. Darüber hinaus entscheidet die Vitalität, also der Anteil an lebenden Spermien, über die Konkurrenzfähigkeit. Mindestens 50 Prozent an lebenden Spermien gibt ein gesunder Mann pro Samenerguss ab. Tote Spermien werden mittels Eosin angefärbt und lassen sich auf diese Weise unter dem Mikroskop zählen.

Quellen

  • Finke, F., Piechota, H., Schaefer, R.M., Sökeland, J., Stephan-Odenthal, M., Linden, P.: Die urologische Praxis. Uni-Med, Bremen 2007
  • Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016

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