Erythromycin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 17. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Erythromycin ist ein Antibiotikum und wird zur Vorbeugung oder Behandlung von bakteriellen Infektionen eingesetzt. Die Anwendung kann auf der Haut, also äußerlich, oder oral, also innerlich, erfolgen. Erythromycin unterliegt in Deutschland der ärztlichen Verschreibungspflicht, es ist somit nicht frei verkäuflich in Apotheken.
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Was ist Erythromycin?
Bei Erythromycin handelt es sich um ein sogenanntes Makrolid- Antibiotikum. Es gehört damit zu einer bestimmten Wirkstoffgruppe innerhalb der Antibiotika. Weitere bekannte Vertreter aus dieser Antibiotika Gruppe sind beispielsweise Clarithromycin oder Azithromycin.
Typische Einsatzgebiete von Makroliden sind Entzündungen der Nasennebenhöhlen, akute Bronchitis oder Syphilis. Einige Bakterienarten haben die Eigenschaft, sich in den Körperzellen zu verstecken, daher sind diese für Antibiotika normalerweise nur schwer erreichbar. Erythromycin hat jedoch die Eigenschaft, die Zellmembran zu durchdringen und deshalb auch intrazellulär, also innerhalb der Zelle, gegen Bakterien zu wirken.
Erythromycin tötet die Erreger nicht direkt ab, hemmt aber effektiv deren Wachstum und Vermehrung. Medikamente mit dem antibiotischen Wirkstoff Erythromycin werden sowohl ambulant als auch stationär in Kliniken häufig eingesetzt. Über die Dauer der Behandlung, welche abhängig ist von Art und Schwere der Infektion, entscheidet der Arzt.
Pharmakologische Wirkung
Es ist nachgewiesen, dass Erythromycin Bakterien daran hindert, neue Eiweißmoleküle zu produzieren, welche jedoch für das Wachstum dieser Krankheitserreger unerlässlich sind. Die so in ihrem Wachstum und in ihrer Vermehrung gehemmten Bakterien können nach einer Behandlung mit Erythromycin vom Immunsystem besser erkannt und beseitigt werden. Erythromycin ist also deshalb so effektiv, weil es die Eiweißsynthese der Bakterien direkt angreift.
Makrolid-Antibiotika sind oft nur die zweite Medikamenten-Wahl, nämlich dann, wenn zur Behandlung bestimmter bakterieller Infekte Penicillin nicht verabreicht werden kann.
Es konnte nachgewiesen werden, dass sich das Erythromycin Molekül direkt an die Ribosomen heftet und somit die Eiweißsynthese blockiert. Gegenüber anderen Antibiotika hat Erythromycin zwei entscheidende Vorteile. Zum einen kann es in Körperzellen diffundieren und zum anderen erfolgt der Abbau im Körper nur sehr verzögert. Dies führt zu einer verhältnismäßig langen Wirkdauer. Im Vergleich zu anderen Antibiotika muss die Einnahme deshalb nicht so häufig oder nur kurz geschehen. Um eine Infektion effektiv zu bekämpfen, ist deshalb in vielen Fällen oft schon eine dreitägige Gabe in hoher Dosierung ausreichend.
Erythromycin kann, je nach Schweregrad einer Infektion, auch mit anderen antibiotischen Wirkstoffgruppen kombiniert werden.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Erythromycin kommt innerlich und äußerlich in verschiedenen Darreichungsformen zur Anwendung. Bei bakteriellen Hautinfektionen gilt Erythromycin nicht selten als Mittel der Wahl. So werden beispielsweise Hautverletzungen, Operationswunden oder Verbrennungen äußerlich mit Erythromycin behandelt. Das Antibiotikum dringt dabei tief in die Hautschichten ein. Eine oberflächliche Behandlung ist deshalb auch bei Akne gut geeignet. Unter der Behandlung mit Erythromycin klingen die Hautentzündungen innerhalb weniger Tage wieder ab.
Zur inneren Behandlung wird Erythromycin gegen ein Vielzahl von bakteriellen Infektionen, aber auch zur Vorbeugung gegen Reinfektionen, eingesetzt. Typische innerliche Anwendungsgebiete von Erythromycin sind beispielsweise Mandelentzündungen, Mittelohrentzündung oder Lungenentzündungen.
Auch Harnwegsinfektionen, Bindehautentzündungen am Auge sowie chronische Bronchitis und bakterielle Erkältungskrankheiten werden mit Erythromycin behandelt. In den infizierten Geweben lassen sich bereits nach kurzer Therapiezeit ausreichend hohe Wirkstoffkonzentrationen nachweisen.
Streptokokken, eine bestimmte Bakterienart, entwickeln gegen Erythromycin rasch eine ausgeprägte Resistenz. Die Resistenzentwicklung von Bakterienstämmen ist jedoch nicht nur im Rahmen der Therapie mit Makrolid- Antibiotika ein zunehmendes Problem.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Erythromycin, einem Makrolid-Antibiotikum, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten. Die Dosierung hängt von der Art der Infektion, dem Alter des Patienten und dessen Nieren- und Leberfunktion ab. Typischerweise wird Erythromycin in Dosierungen von 250 bis 500 mg alle 6 bis 12 Stunden verabreicht. Bei schweren Infektionen kann die Dosis erhöht werden, wobei die Maximaldosis in der Regel 4 g pro Tag nicht überschreiten sollte.
Da Erythromycin über die Leber metabolisiert wird, muss bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion Vorsicht geboten sein, und gegebenenfalls ist eine Dosisanpassung erforderlich. Ebenso kann es bei Patienten mit Nierenproblemen notwendig sein, die Dosis anzupassen, um eine Akkumulation des Medikaments zu vermeiden.
Erythromycin sollte auf nüchternen Magen eingenommen werden, um die Aufnahme zu optimieren, idealerweise 1 Stunde vor oder 2 Stunden nach einer Mahlzeit. Allerdings kann die Einnahme mit Nahrung bei gastrointestinalen Nebenwirkungen helfen, die häufig bei Erythromycin auftreten, wie Übelkeit, Erbrechen oder Bauchschmerzen.
Wegen möglicher Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, insbesondere solchen, die den Cytochrom-P450-Stoffwechselweg beeinflussen, wie Warfarin, Statine oder Antiarrhythmika, ist eine sorgfältige Überprüfung der Medikation notwendig. Zudem kann Erythromycin das QT-Intervall verlängern, weshalb es bei Patienten mit Herzerkrankungen oder solchen, die andere QT-verlängernde Medikamente einnehmen, mit Vorsicht angewendet werden sollte.
Risiken & Nebenwirkungen
Das größte Risiko bei der Behandlung mit Erythromycin stellt die Gefahr einer Resistenzentwicklung der Krankheitserreger dar. Darüber hinaus birgt die Behandlung mit Erythromycin weitere Gefahren, Risiken und Nebenwirkungen. Wird der Wirkstoff zusammen mit anderen Antibiotika verabreicht, dann kommt es leicht zu sogenannten Kreuzresistenzen nach einer gewissen Behandlungsdauer.
Erythromycin zeichnet sich, trotz guter Wirksamkeit, leider auch durch eine überaus hohe Wechselwirkungsrate mit anderen Medikamenten aus. So wird beispielsweise die Wirkung von Theophyllin, bestimmten Antikoagulantien und Schmerzmitteln verstärkt. Bei gleichzeitiger Verabreichung von Antihistaminika gegen Allergien oder von Schlafmitteln können Herzrhythmusstörungen auftreten.
Wird Erythromycin zusammen mit Ergotamin eingenommen, dann kann es zu plötzlich einsetzenden, spastischen Gefäßverengungen kommen, die eine stationäre Einweisung in ein Krankenhaus erfordern. Zudem sind Überdosierungen des Mittels aufgrund der Lebertoxizität auf jeden Fall zu vermeiden.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Erythromycin betreffen mehrere gesundheitliche Zustände und Medikamenteninteraktionen. Eine der wichtigsten Kontraindikationen ist eine bekannte Überempfindlichkeit oder Allergie gegenüber Erythromycin oder anderen Makrolid-Antibiotika, da dies zu schweren allergischen Reaktionen wie Anaphylaxie führen kann.
Patienten mit einer schweren Lebererkrankung sollten Erythromycin nicht verwenden, da das Medikament hauptsächlich in der Leber metabolisiert wird. Eine bestehende Leberfunktionsstörung kann die Gefahr von Leberschäden erhöhen. Zudem wird Erythromycin bei Patienten mit einer bekannten QT-Verlängerung oder anderen Herzrhythmusstörungen, wie etwa ventrikulären Arrhythmien, nicht empfohlen. Das Medikament kann das QT-Intervall weiter verlängern und das Risiko für lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, wie Torsades de Pointes, erhöhen.
Erythromycin sollte auch bei gleichzeitiger Anwendung von Medikamenten, die das QT-Intervall verlängern oder den Stoffwechsel über das Cytochrom-P450-System beeinflussen, wie Statine, Antiarrhythmika oder bestimmte Antidepressiva, vermieden werden. Diese Kombinationen können das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen erhöhen.
Zudem ist Vorsicht geboten bei Patienten mit Myasthenia gravis, da Erythromycin die Muskelschwäche verschlimmern kann. Schließlich sollte Erythromycin bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz mit Vorsicht angewendet werden, obwohl es hauptsächlich über die Leber ausgeschieden wird, um mögliche toxische Wirkungen zu vermeiden.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Erythromycin weist zahlreiche Interaktionen mit anderen Medikamenten auf, vor allem aufgrund seiner Hemmung des Cytochrom-P450-Enzymsystems, insbesondere CYP3A4. Dies kann die Plasmaspiegel anderer Medikamente erhöhen, die über diesen Weg metabolisiert werden, was das Risiko von Nebenwirkungen verstärkt.
Eine wichtige Interaktion besteht mit Statinen wie Simvastatin und Lovastatin, da Erythromycin deren Abbau verlangsamt und somit das Risiko für Rhabdomyolyse (schwere Muskelschädigung) erhöht. Auch bei Warfarin kann Erythromycin die Blutspiegel erhöhen, was das Blutungsrisiko verstärkt. Eine engmaschige Überwachung der Gerinnungsparameter ist hier erforderlich.
Antiarrhythmika wie Amiodaron und Quinidin sind ebenfalls problematisch, da Erythromycin das QT-Intervall verlängern und damit das Risiko lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen, wie Torsades de Pointes, erhöhen kann.
Erythromycin kann auch die Plasmakonzentrationen von Benzodiazepinen (z. B. Midazolam, Triazolam) und Ciclosporin erhöhen, was zu verstärkten sedativen Effekten oder nephrotoxischen Wirkungen führen kann.
Darüber hinaus sollte Erythromycin nicht zusammen mit Ergotalkaloiden (z. B. Ergotamin) eingenommen werden, da dies zu einer schweren Vasokonstriktion führen kann, was als Ergotismus bekannt ist.
Auch bei der gleichzeitigen Anwendung von Theophyllin und Carbamazepin kann es durch die Hemmung ihres Abbaus zu toxischen Plasmaspiegeln kommen.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Erythromycin nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen verschiedene Alternativen zur Behandlung bakterieller Infektionen zur Verfügung. Eine häufige Alternative aus der gleichen Wirkstoffklasse sind andere Makrolid-Antibiotika, wie Azithromycin oder Clarithromycin, die ähnliche Wirkungsmechanismen haben, aber oft besser vertragen werden. Azithromycin hat den Vorteil, dass es eine kürzere Behandlungsdauer erfordert und weniger gastrointestinale Nebenwirkungen verursacht.
Für Patienten mit Makrolid-Allergien oder spezifischen Kontraindikationen bieten sich Tetracycline wie Doxycyclin an. Diese Antibiotika sind wirksam gegen eine ähnliche Bandbreite an bakteriellen Erregern und werden oft bei Atemwegsinfektionen oder Hautinfektionen eingesetzt.
Eine weitere Option sind Penicillin-ähnliche Antibiotika, wie Amoxicillin oder bei Penicillin-Allergie Cephalosporine der 2. oder 3. Generation (z. B. Cefuroxim oder Ceftriaxon), die breiteres Wirkspektrum und eine gute Verträglichkeit aufweisen.
Auch Fluorchinolone wie Levofloxacin oder Ciprofloxacin sind potenzielle Alternativen, insbesondere bei Infektionen der Atemwege oder Harnwege, allerdings sollte ihre Verwendung aufgrund möglicher schwerer Nebenwirkungen, wie Sehnenschäden oder Herzrhythmusstörungen, sorgfältig abgewogen werden.
Die Wahl der Alternative hängt von der Art der Infektion, der Verträglichkeit und den individuellen Gesundheitsbedingungen des Patienten ab.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor