Etomidat

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Etomidat handelt es sich um einen hochwirksamen und vorrangig hypnotisch wirkenden Arzneistoff. Die Substanz wirkt auf die sogenannten GABA-Rezeptoren sowie die Formatio reticularis (diffuses Neuronennetzwerk) im menschlichen Gehirn. Hierdurch wird Schlaf erzeugt ohne eine analgetische (d. h. schmerzstillende) Wirkung zu entfalten. Etomidat zählt zu den Anästhetika und wird verabreicht, um einen komatösen Zustand zur Durchführung von Operationen zu verursachen (Narkose).

Inhaltsverzeichnis

Was ist Etomidat?

Etomidat erlangt seine hypnotische Wirkung durch eine Beeinflussung der GABA-Rezeptoren im menschlichen Gehirn.
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Etomidat ist ein hypnotisch wirkender Stoff der Humanmedizin. Präparate, welche die Substanz enthalten, verursachen einen Schlafzustand ohne dabei analgetisch zu wirken. Das heißt, der Schlaf wird ausgelöst ohne dass es zum Stillen von etwaigen Schmerzen kommt.

Aufgrund seiner Wirkung zählt Etomidat zur Wirkstoffklasse der Anästhetika. Es wird also vor einer Operation verabreicht, um einen tiefen Schlaf zu verursachen, um dadurch wiederum einen ordnungsgemäßen Ablauf der Behandlung zu gewährleisten (Narkoseeinleitung). Seine Wirksamkeit erlangt Etomidat dadurch, dass es auf die GABA-Rezeptoren und die Formatio reticularis im menschlichen Gehirn einwirkt.

Der Stoff wird in Deutschland unter den Handelsnamen Etomidat Lipuro® und Hypnomidate® vertrieben. In der Chemie und Pharmakologie wird er durch die chemische Summenformel C 14 – H 16 – N 2 – O 2 beschrieben. Das entspricht einer moralen Masse von 244,29 g/mol.

Die Verabreichung von Etomidat erfolgt, wie es für ein Anästhetikum üblich ist, meist parenteral, d. h. die Arznei wird injiziert. Die sonst farblose, gelbliche oder kristalline Substanz ohne besonderen Geruch wird deshalb meist als Lösung gehandelt.

Pharmakologische Wirkung

Etomidat erlangt seine hypnotische Wirkung durch eine Beeinflussung der GABA-Rezeptoren im menschlichen Gehirn. Ungefähr eine Minute nach Verabreichung einer Injektion des Wirkstoffs kommt es zu einer Bewusstlosigkeit beim Behandelten. Je nach Dosis beträgt die Dauer der Wirkung zwischen 5 und 15 Minuten. Eine mehrfache Verabreichung kann deshalb sinnvoll sein.

Wichtig ist, dass Etomidat allein noch keine vollständige Anästhesie bewirkt. Denn die Substanz selbst hemmt keine Schmerzen, was für die Durchführung einer Operation jedoch essentiell ist. Eine vollständige Anästhesie, die durch einen absoluten Verlust der Empfindungen (insbesondere des Schmerzgefühls) gekennzeichnet ist, wird nur durch eine Kombination mit anderen Anästhetika oder Analgetika erreicht.

Etomidat beeinträchtigt weder das Herz noch den Kreislauf so stark wie andere Arzneien der gleichen Wirkstoffgruppe. Das Herzminutenvolumen nimmt nach der Verabreichung von Etomidat üblicherweise leicht zu, da der periphere Widerstand leicht abfällt. Das Atemminutenvolumen sinkt nach der Verabreichung von Etomidat allerdings ab. Bei Durchführung einer Dauerinfusion kann es deshalb zur Ausbildung einer Atemdepression kommen. Darüber hinaus senkt der Wirkstoff die Funktion der Nebennierenrinde. Der hierdurch ausgelöste Zustand ist allerdings reversibel (also aufhebbar).

Bei einigen Patienten kommt es nach der Verabreichung von Etomidat zu Myoklonien. Dies sind kurze ungesteuerte Zuckungen der Muskeln. Sie werden häufig durch die Vergabe von Opioiden (z. B. Fentanyl) unterdrückt.

Die Halbwertszeit von Etomidat beträgt 2 bis 5 Stunden. Werden Opioide verabreicht, kommt es zu einer Verlängerung der Halbwertszeit. Die Verstoffwechselung der Substanz erfolgt vorwiegend durch die Leber. Der Abbau wird renal (über die Niere) und fäkal (durch Kot und Urin) durchgeführt.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Etomidat zählt zur Gruppe der Anästhetika, da es einen Schlafzustand verursacht. Es wird deshalb ausschließlich zur Einleitung einer Narkose verabreicht. Es kommt vorwiegend bei Risikopatienten zum Einsatz (ASA 3 und aufwärts nach der ASA-Risikoklassifikation), da es im Vergleich zu anderen Anästhetika wenig belastend für das Herz ist. Dennoch sind Beeinträchtigungen des Herzens auch bei der Verabreichung von Etomidat nicht vollständig ausgeschlossen.

Da Etomidat keine schmerzstillende Wirkung entfaltet, kann es zur Einleitung einer vollständigen Narkose nur in Kombination mit schmerzstillenden Medikamenten (z. B. Opioiden) eingesetzt werden. Diese werden meist ohnehin zusammen mit Etomidat verabreicht, da der Wirkstoff zu unwillkürlichen Muskelzuckungen (Myoklonien) führen kann, die sich durch Opioide unterdrücken lassen.


Risiken & Nebenwirkungen

Da es sich bei Etomidat um ein Anästhetikum handelt, darf es ausschließlich von einem speziell ausgebildeten Arzt angewendet werden. Dieser muss die endotracheale Intubation beherrschen, was bei Anästhesisten der Fall ist. Der Wirkstoff darf nicht verabreicht werden, wenn eine Un- bzw. Überempfindlichkeit bekannt ist.

Da Etomidat in die Muttermilch übergeht, darf das Stillen erst 24 Stunden nach der Verabreichung wieder aufgenommen werden. In der Schwangerschaft sollte die Arznei nur in absoluten Ausnahmefällen verabreicht werden.

Etomidat kann zu Nebenwirkungen führen. Insbesondere kann es zu Atem- und Kreislaufbeeinträchtigungen kommen, was für Anästhetika typisch ist. Die Nebenwirkungen treten in unterschiedlichen statistischen Frequenzen auf:

  • Sehr häufig (bei mindestens einem von 10 Behandelten) kommt es zu unwillkürlichen Muskelbewegungen (Myoklonien). Diese werden jedoch üblicherweise durch die Vergabe von Opioiden unterdrückt.
  • Häufig (bei weniger als einem von 10, aber mehr als einem von 100 Behandelten) können außerdem Blutdruckabfall und Atemdepressionen, Übelkeit und Erbrechen auftreten. Diese sind meist allerdings auf die Vergabe eines Opioids zurückzuführen.
  • Gelegentlich (bei weniger als einem von 100, aber mehr als einem von 1.000 Behandelten) kann Schüttelfrost auftreten.
  • Sehr selten (bei weniger als einem von 10.000 Behandelten) sind Überempfindlichkeitsreaktionen und tonisch-klonische Krämpfe.

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