Photopisches Sehen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Mit dem photopischem Sehen wird das normale Farbsehen über die sogenannten M-, L- und S-Zapfen, die photosensorisch für den grünen, roten bzw. blauen Bereich optimiert sind, bezeichnet. Das photopische Sehen setzt eine Mindesthelligkeit von etwa 3 bis 30 cd/qm voraus und erfolgt hauptsächlich in der Fovea centralis, einem kleinen Bereich in der Netzhaut. In der Fovea centralis befindet sich die größte Dichte der Zapfen für scharfes Farbsehen, während in den Regionen außerhalb der Fovea centralis hauptsächlich sogenannte Stäbchen auf der Netzhaut angesiedelt sind, die wesentlich lichtstärker sind, aber nur skotopisches Sehen ermöglichen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das photopische Sehen?

Photopisches Sehen bedeutet scharfes Farbsehen. Es erfolgt sensorisch mithilfe der L-, M- und S-Zapfen, die jeweils für den roten, grünen und blauen Spektralbereich optimiert sind und ihre größte Dichte auf der Netzhaut im Bereich der Fovea centralis mit einem Durchmesser von etwa 1,5 Millimeter erreichen.

Das besonders scharfe Sehen in der Fovea centralis kommt durch die nervliche Verschaltung der Farbzapfen von nahezu 1:1 zustande. Fast jeder einzelne Zapfen ist mit einer separaten Nervenfaser verschaltet, so dass jedes einfallende Photon relativ präzise im Gehirn verortet werden kann.

Das Pendant zum photopischen Helligkeitssehen ist das skotopische Sehen bei relativer Dunkelheit, das mittels der lichtempfindlichen Stäbchen erfolgt, die hauptsächlich außerhalb der Fovea centralis auf der Netzhaut angesiedelt sind. Die Stäbchen sind zwar äußerst lichtempfindlich, sind aber nicht in der Lage Farben zu unterscheiden. Das bedeutet, dass skotopisches Sehen mit monochromatischem Sehen gleichzusetzen ist. Darüber hinaus ist das skotopische Nachtsehen mit einer gewissen Unschärfe verbunden, da sich jeweils viele Stäbchen eine Nervenfaser teilen müssen, so dass das Gehirn die einfallenden Photonen nicht so präzise verorten kann wie bei den Zapfen.

Funktion & Aufgabe

Wir Menschen zählen zu den tagaktiven Lebewesen, für die das Sehen eine der wichtigsten Informationsquellen darstellt. Die Fähigkeit zum scharfen Farbsehen erlaubt sogar bis zu einem gewissen Grad eine nonverbale Kommunikation. Starke Emotionen wie Erregung, Angst oder Wut drücken sich in der Mimik, an der Haut durch Erröten an bestimmten Arealen und in der sichtbaren Körpersprache aus. Die Erfassung von Nuancen der nonverbalen Kommunikation setzt möglichst scharfes Farbsehen, also photopisches Sehen, voraus.

Photopisches, binokulares Sehen ermöglicht darüber hinaus räumliches Sehen und erleichtert damit die Orientierung im dreidimensionalen Raum einschließlich Distanzabschätzungen. Photopisches Sehen wurde von der Evolution optimiert, um dem Menschen möglichst guten Schutz vor Feinden und anderen Gefahren zu bieten und um ihm die Nahrungssuche zu erleichtern.

Eine entsprechende Mindestbeleuchtung von 3 bis 30 cd/qm vorausgesetzt, stellt das photopische Sehen ein nahezu allumfassendes Hilfsmittel in (fast) allen Lebenslagen dar und dient dem Gehirn als Orientierungshilfe im Falle inkompatibler multisensorischer Informationen. Das photopische Sehen dient in derartigen Fällen als Masterimpuls, an dem im Zweifelsfall alle anderen sensorischen Eindrücke ausgerichtet werden, was in vielen Fällen zu Problemen wie räumlicher Desorientierung führen kann.


Krankheiten & Beschwerden

Photopisches Sehen ist einerseits von den umgebenden Lichtverhältnissen abhängig, wie auch von der Funktion der einzelnen organischen Komponenten, die mit der Funktionalität der L-, M-, und S-Zapfen im Zusammenhang stehen. Auch bei einwandfreier Beschaffenheit aller beteiligten Komponenten kann es zu optischen Täuschungen kommen, die uns eine Orientierung erschweren und sogar Unwohlsein bis zum Erbrechen auslösen können.

Während unser Gehirn kurzfristige Diskrepanzen zwischen Sehen und vestibulären Meldungen ausgleichen kann, stellen sich bei länger anhaltenden Inkompatibilitäten, die durch optische Täuschungen entstehen können, Probleme mit Unwohlsein ein. Das Unwohlsein bzw. ein nachfolgendes Erbrechen kann als Schutzmechanismus interpretiert werden. Es soll verhindern, dass eventuell eingenommene psychogene oder halluzinogene Stoffe, auf denen die Diskrepanzen zwischen den sensorischen Rückmeldungen möglicherweise beruhen, noch mehr Schaden anrichten.

Krankheiten und Beschwerden, die direkte Auswirkungen auf das photopische Sehen haben, decken ein breites Ursachenspektrum ab. Sehstörungen können sich aufgrund einer Mangelversorgung der Zapfen mit Sauerstoff und Nährstoffen auf Grund einfacher Durchblutungsstörungen einstellen. Die Sehstörungen können sogar als Indikator für Durchblutungsstörungen in eine Diagnose mit einbezogen werden.

In vielen Fällen sind Infektionskrankheiten oder genetisch bedingte Degenerationen der Netzhaut oder der Zapfen die Ursache für eine Verminderung des Sehvermögens, wie bei der altersbedingten Makuladegeneration (AMD). Sie beinhaltet eine allmählich fortschreitende Degeneration der Farbsensoren in der Makula, dem gelben Fleck oder Fovea centralis.

Eine andere Augenkrankheit, das sogenannte Glaukom, auch als grüner Star bezeichnet, führt zu Sehbeeinträchtigung bis hin zum Sehverlust aufgrund einer fortschreitenden Schädigung und Degeneration des Sehnervs.

Quellen

  • Augustin, A.J.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2007
  • Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
  • Grehn, F.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2012

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