Sulfonamide
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Sulfonamide stellen synthetische chemische Antibiotika dar, welche die Vermehrung von Bakterien verhindern. Heute werden sie aufgrund ihrer eher schwachen Wirkungsweise und vieler Nebenwirkungen nur noch selten beim Menschen eingesetzt. Um Resistenzen zu verhindern, werden meist Kombinationspräparate von Sulfonamiden mit Diaminopyrimidinen verwendet.
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Was sind Sulfonamide?
Sulfonamide werden aufgrund ihrer antimikrobiellen Wirkung als Antibiotika eingesetzt. Heute sind sie weitgehend durch Penicilline verdrängt, die eine bessere Wirksamkeit aufweisen. Trotzdem finden sie immer noch oft Anwendung bei unkomplizierten Harnwegserkrankungen. Besonders häufig werden sie noch in der Veterinärmedizin eingesetzt.
Sulfonamide besitzen die charakteristische Atomgruppe SO2NHR. Mithilfe dieser Atomgruppe entfalten sie ihre Wirkung gegen Bakterien. Von der Vielzahl der Sulfonamide werden heute nur noch wenige beim Menschen eingesetzt. Dazu gehören die Medikamente Sulfamethoxazol, Sulfamerazin, Silbersulfadiazin oder Sulfadiazin.
Die Wirksamkeit von Sulfanilamid gegen Bakterien wurde von dem Pathologen Gerhard Domagk im Jahre 1935 entdeckt. Unter den Markennamen Prontosil® kam Sulfanilamid als Antibiotikum auf den Markt. Allerdings wirkte Prontosil nur in vivo (im Organismus), weil es erst im Organismus in seine wirksame Form umgewandelt werden konnte.
Bereits im Zweiten Weltkrieg wurden die ersten Sulfonamide durch die wirksameren Penicilline abgelöst. Sie wurden aber nicht vollständig verdrängt und finden heute immer noch ihren Einsatz bei bestimmten Infektionen.
Pharmakologische Wirkung
Bakterien erzeugen im Gegensatz zu den eukaryontischen Zellen Folsäure im Rahmen ihres Stoffwechsels. Eukaryontische Lebewesen, darunter auch der Mensch, müssen Folsäure jedoch durch die Nahrung aufnehmen. Daraus ist die spezifische toxische Wirkung der Sulfonamide gegen Bakterien zu erklären.
Es gibt jedoch auch Bakterien, die keine Folsäure erzeugen. Diese Bakterienstämme sind gegen Sulfonamide resistent. Die Sulfonamide allein töten die Bakterien jedoch nicht ab. Sie verhindern allerdings durch die Hemmung der Nukleinsäurebildung die Bildung neuer Bakterien durch Zellteilung. Das Immunsystem des Organismus zerstört nun die vorhandenen Bakterien. Die Infektionsdauer verkürzt sich dadurch.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Die Sulfonamide wirken gegen verschiedene Bakterienstämme, wie etwa die Darmbakterien Pseudomonas, Escherichia coli, Shigella oder Salmonella. Des Weiteren zeigen sie eine Wirksamkeit gegen Streptokokken, Staphylokokken, Pneumocystis jirovecii, Neisseria, Toxoplasma gondii, Plasmodien oder Neospora caninum.
Mit dem Medikament Cotrimoxazol werden unkomplizierte Harnwegsinfektionen behandelt. Cotrimoxazol stellt eine Kombination von Sulfamethoxazol mit Trimethoprim dar. Das Medikament wird als Kombinationspräparat eingesetzt, um Resistenzen gegen Sulfonamide zu verhindern. Sowohl die Sulfonamide als auch Trimethoprim blockieren die Bildung von Folsäure. Sie greifen im gleichen Stoffwechselpfad jedoch an unterschiedlichen Stellen ein. Die Kombination beider Wirkstoffe erzeugt außerdem eine synergistische, bakteriozide Wirkung, das heißt, die Bakterien werden sogar abgetötet.
Zur Behandlung von Pneumocystis jirovecii wird Sulfamethoxazol jedoch allein eingesetzt. Weiterhin findet es Anwendung bei anderen Atemwegsinfektionen und Magen-Darm-Infektionen. Silbersulfadiazin wird zur antibiotischen Behandlung von Wunden und Verbrennungen verwendet. Dabei wird es an Ort und Stelle aufgetragen.
Sulfadiazin wiederum wird oral verabreicht bei Plasmodien, Toxoplasma gondii oder bei Pneumocystis jiroveci. Das Medikament Sulfamerazin findet bei Atemwegserkrankungen, Erkrankungen des Hals-Nasen-Ohren-Bereichs und bei Harnwegsinfektionen Anwendung. Sulfamerazin wird hier auch meist in Kombination mit Trimethoprim eingesetzt. Es wird in Form von Tabletten oder durch Infusion appliziert.
Während beim Menschen nur noch selten Sulfonamide angewendet werden, gelten sie in der Veterinärmedizin als gängige Antibiotika. Dort werden sie gegen Magen-Darm-Infektionen, Atemwegsinfektionen und Harnwegsinfektionen häufig eingesetzt. Im Geflügelbereich fanden sie lange Anwendung zur Bekämpfung von Kokzidien.
Risiken & Nebenwirkungen
Während der Schwangerschaft ist eine Anwendung von Sulfonamiden gefährlich. Der Bilirubinabbau des Fötus wird gestört, sodass es beim Neugeborenen zu einer gefährlichen Hyperbilirubinämie kommen kann. Sulfonamide erzeugen oft eine Allergie auf der Haut. In Kombination mit Sonnenlicht kann eine phototoxische Reaktion ausgelöst werden. Die Haut reagiert dabei mit Juckreiz, Rötung, Schuppung und Austrocknung.
Des Weiteren kann es zu Blutbildveränderungen kommen. Bei einer erblich bedingten Methämoglobinämie können unter Umständen schwere hämolytische Krisen ausgelöst werden. Eine Nebenwirkung ist auch die Senkung des Kammerwasserdrucks im Auge. Deshalb erfolgt heute die Behandlung eines Grünen Stars oft mit Augentropfen, die modifizierte Sulfonamide enthalten.
Sulfonamide dürfen mit einigen Medikamenten nicht zusammen verabreicht werden, weil es zu unerwünschten Wechselwirkungen kommt. Wenn Sulfonamide beispielsweise gleichzeitig mit Lokalanästhetika wie Procain oder Tetracain angewendet werden, wird ihre Wirkung aufgehoben. Es kommt auch zu unerwünschten Wechselwirkungen mit Urotropin, welches als Lebensmittelkonservierungsstoff verwendet wird. Auch mit Phenylbutazon, einem Antirheumamittel, finden unerwünschte Wechselwirkungen statt. Bei der gleichzeitigen Anwendung von Sulfonamiden mit Cyclosporin A drohen Nierenschäden.
Klare Kontraindikationen bestehen bei einer Unverträglichkeit gegen Sulfonamide, bei Nierenerkrankungen und beim sogenannten Long-QT-Syndrom. Das Long-QT-Syndrom ist eine Herzerkrankung, die durch Ionenkanalstörungen hervorgerufen wird. Es ist durch Herzrhythmusstörungen gekennzeichnet, die bis zum Herzkammerflimmern führen können. Antibiotika wie Sulfonamide können die Erkrankung hervorrufen oder verstärken.