Neisseria

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheitserreger Neisseria

Neisseria sind Bakterien aus der Gruppe der gramnegativen Bakterien. Sie gehören zur Familie der Neisseriaceae.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Neisseria?

Neisseria gonorrhoeae, der Erreger der Gonorrhoe (Tripper), ist weltweit verbreitet. Der Tripper ist mit weltweit mehr als 100 Millionen Erkrankungsfällen pro Jahr eine der häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen (STI).
© designua – stock.adobe.com

Die Neisseriabakterien sind sogenannte Proteobacteria. Sie bilden eine eigene Gruppe innerhalb der Neisseriaceae und gehören zu den gramnegativen Bakterien. Gramnegative Bakterien erscheinen in der Gramfärbung rot. Sie besitzen im Gegensatz zu den grampositiven Bakterien keine Zellwand, sondern sind nur von einer dünnen Mureinschicht umhüllt. Die Unterscheidung zwischen grampositiv und gramnegativ ist für die Wahl des richtigen Antibiotikums entscheidend.

Entdeckt wurde die Bakteriengruppe von dem Bakteriologen Albert Neisser. Er entdeckte als erstes Bakterium der Gruppe den Erreger der Gonorrhoe, Neisseria gonorrhoeaea.

Neisserien liegen als Diplokokken vor. Kokken sind kugelförmige Bakterien. Diplokokken sind paarweise gelagert. Unter den vielen verschiedenen Arten der Neisseria befinden sich vier, die für den Menschen pathologisch sind: Neisseria gonorrhoeae, Neisseria flavescens, Neisseria meningitidis und Neisseria sicca.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Neisseria gonorrhoeae, der Erreger der Gonorrhoe (Tripper), ist weltweit verbreitet. Der Tripper ist mit weltweit mehr als 100 Millionen Erkrankungsfällen pro Jahr eine der häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen (STI). Die Erkrankung betrifft überwiegend Menschen zwischen 15 und 25 Jahren. In Deutschland erkranken jährlich etwa 14 von 100.000 Einwohnern.

Der Mensch ist das einzige bekannte Erregerreservoir für Neisseria gonorrhoeae. Die Übertragung erfolgt nur durch direkten Schleimhautkontakt. Dieser entsteht beispielsweise beim Geschlechtsverkehr oder beim Geburtsvorgang. Neisseria gonorrhoeae fühlt sich insbesondere in den Zellen der weiblichen und männlichen Harnröhre, im Gebärmutterkanal, im Enddarm und in den Bindehäuten des Auges wohl.

Der Erreger der eitrigen Meningitis, Neisseria meningitidis, ist ebenfalls weltweit verbreitet. Die Bakterien sind auch als Meningokokken bekannt. Auch für Neisseria meningitidis ist der Mensch der einzige Wirt. Außerhalb des Körpers sterben die Erreger schnell ab. Somit ist für die Infektion ein sehr enger Kontakt erforderlich. Die Übertragung erfolgt in der Regel durch Nasen-Rachen-Sekret. So wird der Erreger beim Niesen, Küssen oder beim Anhusten übertragen.

Die Meningokokken können sich mit kleinen Pili an die Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum heften und dort über Wochen oder Monate verbleiben. Wenn das Immunsystem geschwächt ist, vermehren sich die Bakterien, durchdringen die Schleimhäute und gelangen über das Blut ins Gehirn. Dort können sie Hirnhautentzündungen verursachen. Gefürchtet ist eine Blutvergiftung, die durch die Erreger ausgelöst wird.

Neisseria flavescens und Neisseria sicca leben beide in den Schleimhäuten der oberen Atemwege. Bisher ist noch nicht geklärt, welche Rolle sie als Krankheitserreger spielen. Neisseria flavescens taucht bei vielen unterschiedlichen Entzündungen auf. Neisseria sicca scheint bei Hirnhautentzündungen beteiligt zu sein.


Krankheiten & Beschwerden

Bei einer Infektion mit Neisseria gonorrhoeae entwickelt sich die Gonorrhoe, die umgangssprachlich auch als Tripper bezeichnet wird. Sie gehört zu den sexuell übertragbaren Erkrankungen. Die Inkubationszeit beträgt zwei bis drei Tage. In einzelnen Fällen kann aber auch eine Woche vergehen. Fünf Prozent der Infizierten bilden keinerlei Symptome aus. Insbesondere diese symptomlosen Krankheitsträger spielen eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung der Gonorrhoe.

Beim Mann zeigt sich die Erkrankung normalerweise durch eine Entzündung der Harnröhre (Urethritis). Es kommt zu Juckreiz und eitrigem Ausfluss. Durch die Entzündung ist das Wasserlassen schmerzhaft (Algurie). Ohne Behandlung hält die Entzündung der Harnröhre zwei Monate an. In seltenen Fällen können sich zusätzlich die Nebenhoden oder die Prostata entzünden. Es kann sich auch eine Unfruchtbarkeit entwickeln.

Bei Frauen treten die ersten Symptome nach ungefähr zehn Tagen auf. Neben der Entzündung der Harnröhre liegt in der Regel auch eine Entzündung des Gebärmutterhalses vor. Beide Entzündungen verursachen einen eitrigen Ausfluss. Selten sind die Vaginalschleimhaut oder die Bartholinschen Drüsen ebenfalls entzündet. Gebärmutter und Eileiter können durch die Infektion verkleben, was zu Infertilität führen kann.

Die Gonokokkeninfektion der Augen ist bei Erwachsenen sehr selten. Bei Neugeborenen, die sich bei der Mutter angesteckt haben, kann sich jedoch die Gonoblennorrhoe entwickeln. Die Gonoblennorrhoe ist eine eitrige Bindehautentzündung, die zur Erblindung führen kann. Um dem vorzubeugen, werden den Kindern nach der Geburt antibakterielle Augentropfen verabreicht (Credé-Prophylaxe).

Meningokokken (Neisseria meningitidis) können eine Hirnhautentzündung hervorrufen. Die Erkrankung kann leicht verlaufen und spontan abheilen oder einen hochakuten Verlauf mit tödlichem Ausgang nehmen. Die Erkrankung beginnt mit hohem Fieber, Erbrechen, Schüttelfrost und Krämpfen. Charakteristisches Symptom der Meningitis ist Nackensteife. Auch ein Opisthotonus wird häufig beobachtet. Der Opisthotonus ist ein Krampf der Rückenmuskulatur, der zur Überstreckung von Rumpf und Beinen führt. Säuglinge fallen zudem durch Apathie oder Unruhe auf. Sie verweigern die Nahrung und sind berührungs- und lichtempfindlich.

Eine gefürchtete Komplikation der Meningokokken-Meningitis ist das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom. Bei ihrem Zerfall setzen die Meningokokken Endotoxine frei. Dieser Prozess hat eine Aktivierung des Gerinnungssystems mit massiver Thrombenbildung in den Blutgefäßen zur Folge. Durch den thrombotischen Verschluss der Gefäße werden die peripheren Gebiete nicht mit ausreichend Blut versorgt. Zudem werden bei der Gerinnung die Gerinnungsfaktoren im Blut verbraucht. Dies führt zu starken Blutungen in die Haut, in die Schleimhäute und in die inneren Organe. Besonders stark ist die Nebennierenrinde betroffen. Sie kann komplett zerstört werden, sodass es zu einem akuten Mangel an dem Hormon Cortisol kommt. Ohne einen direkten Therapiebeginn versterben fast 100 Prozent der Patienten.

Quellen

  • Kayser, F. H. et al.: Medizinische Mikrobiologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Studt, H. H.: Allgemeine und spezielle Infektionslehre. Lehrbuch für Pflegeberufe. Kohlhammer, Stuttgart 2003
  • Weiß, A., Barth, H., Schmidt, H.: Bakterielle Toxine. Behr's Verlag, Hamburg 2018

Das könnte Sie auch interessieren